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URKUNDEN UND ACTENSTÜCKE
ZUR GESCHICHTE
DES
KURFÜRSTEN FRIEDRICH WILHELM
VON BRANDENBURG.
AUF VERANUSSUNG SEINER HOCHSELIGEN MAJESTÄT DES KAISERS
FRIEDRICH ALS KRONPRINZEN VON PREUSSEN.
VIERZEHNTER BAND.
BERLIN.
DRÜCK UND VERLAG VON GEORG REIMER.
1891.
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URKUNDEN UND ACTENSTÜCKE
ZUR GESCHICHTE DES
KÜRFÜRSTEN FRIEDRICH WILHELM
VON BRANDENBURG.
AUSWÄRTIGE ACTEN.
DRITTER BAND.
ZWEITER THEIL.
(OESTERREIOH.)
HERADSCBGEBEN
DB- ALFRED FRANCIS PRIBRAM,
PBIVATDOCBMTBN AN DBR DNITBRSITÄT ZU WIBN.
BERLIN.
DROCK UND VERLAG VON GEORG REIHER.
1891.
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DD49I
B913U7
v.l4-:2.
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Inhalt
Inhalt V
VII. Der Krieg gegen Schweden. Oct 1674— Febr. 1679.
Einleitung 787
Acten 793
yni. Erste Hission des Grafen Johann Philipp Lamberg. Febr. 1680 bis
Febr. 1682.
Einleitung 905
Acten 911
rX. Lamberg in Beriin, Anhalt in Wien. 1682—1684.
Einleitung 1025
Acten 1031
X. Mission Franz Heinrichs von Fridag. Dec. 1684 — April 1688.
Einleitung 1143
Acten 1146
Personenregister 1407
Gorrigenda 1429
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Gorrigenda.
p. 49 1. 23 von oben lies statt Partheien, Parteien,
p. 53 l. 2 „ unten , , Eurärsten, Kurfürsten,
p. 216 Anm. 3 » » Briefwechsel, Briefwechsel,
p. 289 1. 10 von oben « « Churförstcn, Ghurforsten.
p. 351 l. 3 , , , , Churfurst, Kurfürst
p. 361 I. 18 , „ 9 „ spanische, spanischen,
p. 873 Ueberschrift « « Confratermität, Gonfratemität.
p. 1050 1. 10 von unten « „ Lamburg, Lamberg.
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vn.
Der Krieg gegen Schweden.
Oct. 1674-Febr. 1679.
Mater, t. Qesob. d. Q. KurfonteD. IClV. 9. 50
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Einleitung.
Als eine seiner wichtigsten zugleich aber auch schwierigsten Aufgaben
hat Goess während seines letzten Aufenthaltes am Berliner Hofe die Verhin-
derung einer brandenburg- schwedischen Verbindung angesehen, zu welcher
Friedrich Wilhelm unablässig durch den Vertreter des Königs von Schweden
aufgefordert wurde. Insbesondere hatten die Bemühungen des » schwedischen
Gesandten Wangelin den Kurfürsten von Brandenburg zum Anschlüsse an die
^dritte Partei^ zu vermögen den kaiserlichen Gesandten mit grosser Besorgnis
erfüllt. Denn da er an die friedliche Gesinnung der Schweden nicht glaubte,
fürchtete er — wie er dem Kurfürsten gegenüber wiederholt erklärte — , dass
dem Anschlüsse Brandenburgs an diese scheinbar zur Wiederherstellung des
Friedens geplante dritte Partei der Uebertritt desselben zu des Kaisers Gegnern
folgen werde, was ihm um so bedenklicher erscheinen musste, als er der Ent-
schliessung des Kurfürsten ein überaus grosses Gewicht für den weiteren Ver-
lauf des gegen Frankreich geführten Ejieges beimass. Seine Bemühungen den
Kurfürsten von diesem Schritte abzuhalten, waren, wie bereits erwähnt wurde,
von Erfolg begleitet, vornehmlich deshalb, weil Friedrich Wilhelm selbst an
eine dauernde Freundschaft mit Schweden nicht glaubte und den Eintritt in
einen Bund, dessen Führung die Schweden unverhohlen in Anspruch nahmen,
mit der von ihm im Laufe der Jahre errungenen Stellung für unvereinbar hielt.
Dagegen scheiterten des Goess Bemühungen den Kurfürsten zur Verzichtleistung
auf jede Art von Verbindung mit Schweden zu vermögen, weil die verbündeten
Mächte trotz aller Geneigtheit des Kurfürsten Wünsche zu befriedigen dessen
Forderungen allzuhoch gegriffen fanden und um eine Ermässigung zu erzielen
mit einer bindenden Erklärung zögerten, währenü Frie^lrich WilL«lm es im Hin-
blicke auf die seinem Staate von allen Seiten droliendini GefnUreti für allza ge-
fährlich hielt, die ihm von den Schweden angetragüne Erueueraag d^r Allianz
von 1666 zurückzuweisen und dies um so mehr, als der Tod Wksiiowicrki's
und der Sieg Sobieskfs über die Türken ihm einen Rückhalt an den durcli die
polnischen Verhältnisse gleichfalls berührten S^^liwedenköni» lüi^^raus zweck-
mässig erscheinen Hessen. Unter solchen VerhältniHHen ka teich er
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788 VII. Der Krieg gegen Schweden. Oct. 1674— Febr. 1679.
in seinen Bemühungen nicht nachliess und den Eorförsten ond dessen Rathe
principiell zum gänzlichen Anschlüsse an den Kaiser und die Verbündeten des-
selben geneigt fand, nicht verhindern, dass am 10. December 1673 ein Vertrag
zwischen Schweden und Brandenburg zu Stande kam, durch den sich die beiden
Fürsten zu gemeinsamer Aufrechterhaltung der Sicherheit des Reiches, zu ge-
meinsamen Bemühungen um Herbeiführung des Friedens und zu gegenseitiger
Vertheidigung ihrer, auch der ausserhalb des Reiches gelegenen, Provinzen ver-
banden, während jeder der beiden Mächte die Wahl der Partei, falls ihre Be-
mühungen zur Herstellung des Friedens erfolglos bleiben sollten, vorbehalten
wurde*). Allein nur allzubald zeigte sieh wie richtig Goess geurtheilt, als er
die friedlichen Aeusserungen der Schweden für unaufrichtige erklärt und den
Kurfürsten vor jeder Verbindung mit dieser Nation gewarnt hatte. Denn je
rascher die Truppen der Alliirten vordrangen, je gefährdeter die Lage Lud-
wig XIV. und je dringender dessen Begehren an die Schweden wurde ihm
durch eine Diversion gegen Deutschland Erleichterung zu verschaffen, desto
deutlicher enthüllten sich die wahren Pläne der schwedischen Regierung, desto
klarer wurde dem Kurfürsten, dass Schweden ihn durch die Verpflichtung den
Frieden, sei es auch mit Gewalt den Widerstrebenden gegenüber, zu Stande zu
bringen, zum Kampfe gegen den Kaiser und dessen Verbündete zu vermögen
geplant hatte. In diese Richtung wollte er sich aber unter keiner Bedingung
drängen lassen. Seine Sympathieen waren seit langem auf der Seite der Ver-
bündeten und die Hoffnung, es konnte denselben gelingen den Kampf siegreich
zu Ende zu führen, wuchs, seitdem sein Neffe, Prinz Wilhelm von Oranien,
dessen Ansichten bezüglich der wesentlichsten politischen Fragen mit den seinen
übereinstimmten, eine hervorragende Rolle unter den Verbündeten spielte. Um
80 leichter gelang es daher diesen den |Brandenbnrger zum Eintritt in den
Bund zu vermögen. Seit dem 1. Juli 1674 war Friedrich Wilhelm der erklärte
Gegner Frankreichs»).
Unter den Verpflichtungen, welche die Alliirten bei dem Uebertritte des
Brandenburgers auf sich nahmen, befand sich auch die, dem Kurfürsten, &ll8
er ob seines Verhaltens in diesem Kriege von irgend einer Seite her angegriffen
werden sollte, Beistand zu leisten und dafür zu sorgen, dass demselben für den
im Verlaufe des Krieges erlittenen Verlust eine Entschädigung zu Theil werde.
Es scheint nicht, dass die vertragschliessenden Mächte daran gedacht haben, dass
dieser Fall der Unterstützung Brandenburgs sich alsbald ergeben werde. Man rech-
nete ziemlich allgemein darauf, dass es gelingen werde die Schweden, sei es
durch Drohungen, sei es durch Aufreizung der benachbarten Mächte, wenigstens
für's erste von jedem offensiven Vorgehen abzuhalten und man dachte unter-
des den Franzosen eine so empfindliche Niederlage beizubringen, dass es den
Schweden bedenklich erscheinen werde für Ludwig XIV. zu den Waffen zu
greifen. Wie bekannt gestalteten sich die Verhältnisse ganz anders. Der Feld-
zug im Elsass, mit grossen Hoffnungen eröffnet, endete mit der gänzlichen
») Vergl. Momer 1. c. 377.
^ Der Vertrag Tom 21. Juni/ 1. Juli 1674 bei Moraer I.e. 383 ff.
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Einleitung. 789
Niederlage der Verbündeten nnd die Schweden, dnrch Frankreichs Geld ge-
wonnen, fielen in das Land des Karfürsten von Brandenborg ein, dessen Tmppen
der französische König am meisten fürchtete nnd deren Entfernung ihm am
wunschenswerthesten schien.
Die im Nachfolgenden mitgetheilten Actenstücke geben über die Beziehungen
des Wiener und Berliner Hofes während der Daner des schwedisch-branden-
borgischen Krieges Aufschlnss. Dieselben sind freilich sehr lückenhaft, da die
Verhandlungen fast ausschliesslich am Hofe des Kaisers gepflogen worden sind und
die im Folgenden mitgetheilten ProtocoUe der mit den kurfürstlichen Gesandten
gehaltenen Gonferenzen, sowie die überdies unvollständig erhaltene Gorrespon-
denz der beiden Fürsten keinen vollen Ersatz für den Ausfall der im Berliner
Archive befindlichen Berichte der kurfürstlichen Gesandten bieten können.
Doch lässt sich aus den fragmentarischen Mittheilungen, die im Folgenden ge-
boten werden, mit Heranziehung der bei Pufendorf und Droysen angeführten
Stellen aus den Berichten der kurfürstlichen Gesandten ein ziemlich genaues
Bild der zwischen beiden Mächten herrschenden Beziehungen gewinnen.
Dieselben waren — darüber kann kein Zweifel bestehen — nicht besonders
herzliche. Das verhinderten schon die verschiedenartigen Interessen, welche
die beiden Fürsten in diesen Jahren wahrzunehmen hatten. Denn der Wiener
Hof hielt den Krieg gegen die Schweden für eine Angelegenheit von minderer
Bedeutung, suchte denselben zu localisiren nnd glaubte nach den ersten grossen
Erfolgen des Kurfürsten, nach der Vertreibung der Schweden aus dem branden-
burgischen Gebiete nicht nur von jeder weiteren, erheblichen Unterstützung
absehen, sondern auch die energische Theilnahme Friedrich Wilhelms an dem
Kampfe gegen den gefährlichen Gegner im Westen beanspruchen zu dürfen.
Der Kurfürst von Brandenburg aber, der gleich bei der Nachricht von dem
Einfidle der Schweden den Plan gefasst hatte diese Gelegenheit wenn möglich
zur gänzlichen Vertreibung der Schweden vom Reichsboden und zur Eroberung
ihres innerhalb der Reichsgrenzen gelegenen Besitzes zu benützen, wünschte die
Mitwirkung der Alliirten in vollem Umfange und forderte, je grössere Erfolge
er erzielte, um so dringender vom Kaiser und von den übrigen Verbündeten die
Unterstützung seines Unternehmens und die Garantie für die von ihm im Laufe
der Jahre gemachten Eroberungen. Dieser verschiedenen Ansicht über die Be-
deutung und über die Ziele des schwedischen Krieges entsprangen die vielfachen
Differenzen zwischen dem Kaiser und dem Kurfürsten, die ihren Ausdruck in
dem schreienden Misverhältnisse zwischen den Forderungen Friedrich Wilhelms
und den Zugeständnissen des Kaisers fanden. Denn wenn Leopold sich gegen-
über den immer erneuerten Bitten des Kurfürsten und dessen am Wiener Hofe
weilenden Gesandten Grockow schon zu Beginn des Feldzuges zurückhaltend
gezeigt, erst nach längerem Zögern seine Zustimmung zur Ausfertigung von
Abmahnungsschreiben an Schweden, zur Garantirang der kurfürstlichen Länder
seitens des Reiches wie gegen Frankreich, so auch gegen alle übrigen Mächte
gegeben und erst auf die dringende Aufforderung der Mitverbündeten — ins-
besondere der Staaten — hin sich zur wirklichen Unterstützung des Kurfürsten
und zur Proclamirung Schwedens als Reichsfeind entschlossen hatte, so weigerte
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790 VII. Der Krieg gegen Schweden. Oct. 1674— Febr. 1679.
er sich nach den ersten Erfolgen Friedrich Wilhelms anf das entschiedenste
die immer grösser werdenden Forderungen des Kurfürsten za erfüllen. Und
wenn es den kaiserlichen Ministern aach gelang die Zugeständnissen wenig
geneigte Stimmung Leopolds dem kurfürstlichen Gesandten gegenüber, soweit
die Satisfactionsfrage in Betracht kam, zu verbergen, indem sie auf die Anträge
des Kurfürsten — der bald nach dem Beginne des Krieges die üeberlassung
von Stettin und Vorpommern, freie Seefahrt, Gutheissung der Erhebung einer
Accise in all seinen Ländern, Secularisation der geistlichen Güter in den ihm
zugefallenen Domstiften zu Magdeburg, Halberstadt, Minden und Kamin und
noch manches andere forderte und dafür eine beständige Allianz mit Spanien
und mit dem Kaiser, sowie die Verzichtleistung auf seine Ansprüche bezüglich
Jägemdorfs anbot — mit der Erklärung antworteten, dass der Kaiser dem Kur-
fürten jede Macht- und Gebietserweiterung gerne gönne, aber kein bindendes
Versprechen geben könne ohne mit den übrigen A Härten Rücksprache genom-
men zu haben; so waren derartige Ausflüchte unmöglich als nach Schluss der
ersten Campagne die Frage der Winterquartiere die beiden Regierungen be-
schäftigte. Die Heftigkeit, mit der seitens der Brandenburger die Verhandlungen
in dieser Angelegenheit geführt wurden, Hess vielmehr deutlich erkennen, wie
wenig der Kurfürst mit dem Benehmen der Wiener Regierung zufrieden war.
Und wenn es auch den Bemühungen des Grafen Stemberg*), der zu Beginn
des Jahres 1676 am Berliner Hofe erschien, schliesslich gelang dieser Quartier-
frage eine beide Parteien wenigstens theilweise befriedigende Lösung zu geben,
so hinderte das nicht, dass die Differenzen bezüglich dieser Angelegenheit sich
von Jahr zu Jahr wiederholten und wesentlich zur Entfremdung der beiden
Höfe beitrugen. Aber mehr noch als diese Quartierfrage gab der Wunsch des
Kurfürsten die sämmtlichen schwedischen Besitzungen im Reiche für sich zu
gewinnen Anlass zu erregten Debatten und heftigen Conflioten. Aus den im
Nachfolgenden mitgetheiiten Actenstücken ist zu ersehen, wie der Kurfürst, je
glänzendere Erfolge er in dem Kampfe gegen die Krone Schweden davontrug,
um so nnverhüllter mit seinen Forderungen an den Kaiser herantrat, wie er
diesen durch das Versprechen zu gewinnen suchte, ihm zu einem Theile der
im westphälischen Frieden verloren gegangenen Besitzungen — es war damit
das Elsass gemeint — zu verhelfen. Und als alle seine Bemühungen gescheitert
waren Leopold zu einem bestimmten schriftlichen Versprechen zu vermögen,
nach welchem er dem Kurfürsten zur Eroberung von ganz Pommern verhelfen
und nicht früher die Waffen niederlegen sollte bis der Besitz dieses Landes
dem Kurfürsten gesichert sei, da fasste Friedrich Wilhelm seine Anträge dahin
zusammen, der Kaiser möge sich verpflichten, falls durch den Kurfürsten oder
die Alliirten Pommern gewonnen werden sollte, ihn in diesem Besitze zu er-
halten, zu investiren und dahin zu wirken, dass auch die übrigen alliirten
Graf Adolf Wratislaw Stemberg diente dem Kaiser als Gommiss&r in ver-
schiedenen Reich sangelegenbeiten, dann als Botschafter in Schweden. Zuletzt be-
kleidete Stemberg, der einer der Vertrauten Leopolds war, die Stelle eines Statthalters
und Obersten Burggrafen von Böhmen. Er starb 1703. Vergl. Wurzbach Biog. Lex.
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EiDleitung. 791
MSchte ihre Ziistimmang tn dieser Abmachang gäben, wogegen der Earfurst auf
jeden Ersatz für J&gemdorf verzichten ond alles thnn wolle, om dem Kaiser
Satisfaction von Frankreich zu verschaffen. Allein aoch dazu wollte sich der
Wiener Hof nicht verstehen, vornehmlich um bei einem eventnellen Friedens-
schlnsse mit Frankreich, der im Hinblicke anf die Ueberlegenheit der franzosi-
schen WafiFen, anf die Imingen in Spanien und anf das zögernde Vorgehen der
Staaten nicht aasgeschlossen schien, in keiner Weise gebunden zu sein. So
kam es, dass Leopold auf das inuner erneuerte Drängen des Kurförsten hin im
April des Jahres 1678 blos das Versprechen gab dem Enrfürsten Vorpommern
und was er noch erobern sollte zn gönnen und für diesen Besitz die Investitur
zu ertheilen, falls derselbe dem Kurfürsten beim Friedensschlüsse zugesprochen
werden sollte, ein Versprechen, durch das er die Uebemahme jeder Verpflich-
tung den Kurfürsten im Kampfe gegen die Schweden zu unterstützen oder seine
Mitverbfindeten zur Anerkennung der Eroberungen Friedrich Wilhelms zu ver-
mögen von sich wies. Der Kurfürst aber, der den so glücklich begonnenen
und weitergeführten Kampf gegen die Schweden auch ohne die weitere Unter-
stützung des Kaisers siegreich beendigen zu können glaubte und in diesem
Augenblicke an den Abschluss eines Separatfriedens seiner Verbündeten mit
Frankreich nicht dachte, erklärte sich mit den Versprechungen des Kaisers
vollauf zufrieden und bereit seinerseits alles zur Förderung der Interessen
Leopolds beizutragen, entwarf Pläne für ein gemeinsames Vorgehen gegen Frank-
reich und versprach, sobald die Schweden gänzlich aus Deutschland vertrieben
sein würden, mit all seinen Truppen gegen Frankreich zu Felde zu ziehen.
Um so empfindlicher musste ihn in dieser gehobenen Stimmung die Nachricht
von der Absicht der Staaten berühren mit den Franzosen Frieden zu schliessen.
Er fürchtete auch Spanien werde durch das Beispiel der Niederländer verführt
mit Ludwig XIV. zu einer Einigung zu gelangen suchen und diesem damit die
Gelegenheit geboten werden, Rache an ihm — seinem ehemaligen Bundes-
genossen — zu nehmen. Um so nothwendiger schien es Friedrich Wilhelm
den Kaiser, der den holländisch-französischen Frieden nicht billigte und mit der
in Spanien herrschenden Partei nicht im besten Einvernehmen sich be^d, für
die allgemeine Sache, die zugleich seine eigene war, zu erhalten. Allein weder
seine eigenen noch die Bemühungen Crockows, den er neuerdings an den kai-
serlichen Hof absandte und der nicht müde wurde des Kaisers Theilnahme an
dem Kampfe gegen Frankreich zn fordern, hatten Erfolg. Denn wenn auch
Leopold das Vorgehen seiner Verbündeten nicht billigte, wenn auch eine mäch-
tige Partei an seinem Hofe für die Fortsetzung des Kampfes eintrat, so überwog
doch schliesslich die Erwägung, dass es bei der geringen Aussicht, von Branden-
burg allein unterstützt, den Kampf gegen den überlegenen Gegner mit Erfolg
zu führen — ein Erfolg, der in erster Linie dem Brandenburger zu Gute gekom-
men wäre, dessen Ansehen und Macht im Reiche und in Europa zn vergrössem
durchaus nicht in der Absicht des Kaisers lag — zweckmässiger sei, den Frie-
den unter den von Frankreich in Vorschlag gebrachten Bedingungen zu
schliessen, als durch die Fortsetzung des Krieges Ludwig XIV., dessen Einfluss
in Polen ond in Ungarn der Kaiser nur zu gut kannte, zum äussersten zu
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792 VII. Der Krieg gegen Schweden. Oci 1674— Febr. 1679.
treiben. So erfolgte denn am 5. Febmar 1679 die Untersdchnong des öi
reich-franzSsischen Friedensvertrages^).
Ueber die in der letzten Zeit (Ende 1678— Febr. 1679) zwischen den
serliehen und kurfürstlichen R&then geführten Verhandinngen haben sict
Wiener Archive keine Aufzeichnungen vorgefunden. Auszüge aus Crock
Berichten finden sich bei Pufendorf und Droysen').
^ Vergl. Du Mont 1. c. VH.i 376ff.
») Puf. 1. c. XVI. 79E; XVn.i 10t, 33ft; Droysen 1. c. III., öSOff.
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VIL Der Krieg gegen Schweden.
Oct. 1674— Febr. 1679.
Der Kurfürst an den Kaiser. Dat Hauptquartier zu Neekars-
ulm 20./30. September 1674 (Or.)
[Von Schweden drohende Gefahr.]
Der Kaiser wird Bericht über des französischen Gesandten za Stockholm, 30. Sept
Mu de Feaqoi^res *), Anbrigen daselbst erhalten haben. Wann nun daraus
ohnachwer zu ersehen, wie dass Frankreich sich mit allen Kräften dabin
bearbeiten werde, um die Krön Schweden wider mich und das Reich
aufzubringen und neue motus im Reiche anzustiften, dadurch E. E. M*
and andere wohlgesinnte Stände von Fortsetzung ihres guten Intento
zurückgezogen werden möchten, als zweifele ich nicht E. E. M. werden
bedacht sein solche Menees zu hintertreiben und kraftlos zu machen-
Crockow wird sagen, wohin des Earforsten Absichten diesbezäglich zielen.
Protocoll der mit Crockow am 19. October 1674 gehaltenen
Conferenz. (Conc.)
[Grockows Erklärungen. Rostangen der Schweden. Gefahr för Brandenburg. Mittel
diese Gefahr abzuwenden. Abmahnungssebreiben an Schweden. Unterstützung des
Kurfürsten. Bloquirung von Philippsburg. Erwiderung der kaiserlichen Commissäre.
Rathschläge derselben, wie den Schweden zu begegnen sei. Rüstung. Verhandlungen
mit Russland, mit Dänemark, mit Münster. Verwendung der sächsischen EreisYÖIker.]
Crockow erklärt, die starken Rüstungen Schwedens beunruhigen den Kur- 19. Oct.
fürsten, Schweden habe bereits über 24000 Mann auf dem Reichsboden und
I) Für Feuquieres* Verhandlungen in Schweden Mignet 1. c. IV. 338 ff.; die Er-
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794 VII. Der Krieg gegen Schweden. Oct 1674— Febr. 1679.
die schwedischen Minister erklären, Schweden sei verpflichtet Frankreich zu
Hilfe zn kommen. Schweden sei auch bestrebt den Frieden zwischen den
Polen und Türken zu bewerkstelligen, damit Polen dann mit Schweden ge-
meinsam operiren könne. Dass aber die Rüstungen Schwedens insbesondere
gegen Brandenburg gerichtet, sei aus den Reden der schwedischen Minister
mit dem kurfürstlichen Gesandten Brandt zu ersehen'); wie denn der Kanzler
Schwedens') dem Brandt erklärt habe, der Marsch der Brandenburger durch
das Gebiet des hannoverischen Herzogs werde die bewaffnete Intervention Schwe-
dens zur Folge haben. Crockow glaubt nun, es gebe 2 Wege diesen Gefahren
zu begegnen ; entweder indem man Schweden auf gütlichem Wege zur Nieder-
legung der Waffen bewege, oder indem man sich mit Kraft gegen Schweden wende.
Man könnte also vorerst ein Schreiben an Schweden seitens des Kaisers ergehen
lassen, in welchem das Benehmen des Brandenburgers gerechtfertigt werden,
den Schweden von jedem Angriffe auf des Kurfürsten Länder abgerathen und im
Falle des Angriffes mit entschiedener Vertheidigung des Brandenburgers seitens
der Wiener Regierung gedroht werden mfisste. Auch möge der Kaiser bewirken,
dass Schreiben gleichen Inhaltes von Holland, Spanien und von dem Reiche an
Schweden erlassen werden. In jedem Falle aber sei von Seite des Kaisers
schon jetzt darauf Bedacht zu nehmen, dass im Falle die gütliche Beilegung
nicht zu erreichen sei, eine energische Unterstützung Brandenburgs gegen Schwe-
den seitens des Kaisers und des Reiches*^ erfolge. Femer halte der Kurfürst
für gut, dass die ober- und niedersächsische Kreisinfanterie für dieses Jahr
nicht mehr nach dem Rhein geschickt, sondern im Kreise gehalten werde, da-
mit in allen Fällen die Plätze in Schlesien und die Stadt Bremen besetzt wer-
den könnten; auch möge der Kaiser ein kleines Corps nach Schlesien senden
und die Sache mit anderen Mächten, insbesondere mit Dänemark, berathen. Der
Kurfürst glaube, Schweden werde, wenn seine Gegner gerüstet sind, nichts be-
ginnen. Ferner fordert der Kurfürst die Bloquirung von Philippsburg. Bezug-
lich dieses letzteren Punktes erhält Crockow von den kaiserlichen Commissären
die Antwort, dass der Kaiser ganz der Ansicht Brandenburgs sei, auch die
entsprechenden Befehle bereits ertheilt habe *). Die Bedenken des Kurfürsten be-
züglich Schwedens Benehmen finden die kaiserlichen Commissäre ganz gerecht-
fertigt; wenn es sich auch noch nicht offen für Frankreich erklärt habe, so sei
doch zu furchten, dass dies geschehen werde, da Schweden grosse Subsidien
von Frankreich erhalte. Die Räthe sind auch dafür, dass alles mögliche vor-
gesehen werde; sie rathen ein scharfes Abmahnungsschreiben an Schweden er-
gehen zu lassen und mit dem in Wien anwesenden schwedischen Gesandten^)
klärung desselben gegen Brandenburg vom 17. Aug. ist gedruckt bei Pachner 1. c. I.
758 f.; Auszug bei Puf. l. c. XH. 53.
') üeber Brandts Verbandlungen Puf. 1. c. XII. 56; vergl. auch den Brief des
Scbwedenkönigs an den Kurfürsten bei Puf. 1. c. XII. 58.
^ Magnus de la Gardie.
5) Vergl. Pachner 1. c. I. 749f.
*) Oxenstjerna.
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Verhandlangfen mit Crockow über der Schweden Vorgehen. 795
ZQ verhandeln. Aach eine Verbindnng mit Rnssland halten die Rathe für sehr
zweckm&ssig und empfehlen nicht nur dlesbezngliche Unterhandlungen mit dem
demnächst in Wien zu erwartenden rassischen Bevollmächtigten*), sondern
aoch eine Gesandtschaft des Kaisers und des Kurfürsten nach Moskau, was bei
Schweden in jedem Falle tiefen Eindruck machen würde. Endlich sei den Reichs-
ständen schleunigst Mittheilung des Geschehenen zu machen und von denselben
Vorkehrungen zu fordern. Femer halten die Räthe dafür, dass man sich
rüsten und insbesondere Dänemark auffordern solle, sich in Bereitschaft zu
halten, wozu eine eigene Gesandtschaft sich empfehle. Auch die Staaten
könnten durch Actionen zu Meer die Sache der Verbündeten sehr fördern. Da
der Bischof von Münster zur kaiserlichen Partei überzutreten wünscht und
12000 Mann in's Feld zu stellen sich bereit erklärt, halten die kaiserlichen
Commissäre dafür, man möge vergessen, was Münster früher gethan und mit
dem Bischöfe abschliessen, da diese 12 000 Mann gegen Schweden ausgezeich-
nete Dienste leisten könnten. Bezüglich der Truppen des ober- und nieder-
sächsischen Kreises sind> die kaiserlichen Commissäre ganz der Ansicht des
Kurfürsten, dass dieselben nicht nach dem Rheine gesendet, sondern im Kreise
bleiben sollen ; da dies nun für den Kreis eine Erleichterung sei, wäre zu sehen,
ob man dafür nicht die Vermehrung der Truppenzahl erlangen könnte. Sonst
habe der Kaiser auch auf Schlesiens Sicherung zu sehen und daran zu denken,
wie die Unruhen in Ungarn gestillt werden könnten. Endlich halten die
kaiserlichen Commissäre für gut über diese Dinge mit den hier anwesenden
Vertretern der AUürten Berathungen zu pflegen.
Crockow ist mit diesen Erklärungen zufrieden, welche die kaiserlichen
Commissäre dem Kaiser referiren zu wollen sich bereit erklären.
Dem Kaiser wurde dieses ProtocoU am 31. Oct mitgetheilt in Gegenwart
von Schwarzenberg , Hocher, Lamberg, Königsegg und Abele und beschlossen,
wie eingerathen.
Memorial Crockows über die Conferenz vom 9./19. Oetober
1674. (Conc.)
[Hassregeln gegen Schweden.]
Des Kaisers Schreiben an Schweden möge so abgefasst werden, wie es in 19. Oct.
der Conferenz beschlossen worden sei und den kaiserlichen Bevollmächtigten
Befehl ertheilt werden, von den Ständen ein ähnliches zu erwirken; auch bei
Dänemark und den Staaten soll der Kaiser auf ähnliche Weise wirken. Man
möge auf Mittel denken, wie das Reich den Kurfürsten von Brandenburg
assistiren könnte, wenn es nothwendig sein sollte. Es müsse berathen wer-
den, was man eigentlich von den AUiirten begehren und wie man verhindern
solle, dass Schweden die Krone Dänemark nicht der Allürten abspenstig macht
oder lahm legt; ob man die Abfahrt einer Flotte nach der Ostsee für das kom-
lieber dessen Mission vergl. Tbeat. Eur. XI. 543 f.
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796 VII. Der Krieg gegen Schweden. Oct 1674— Febr. 1679.
mende Frühjahr von Holland fordern solle; ob zn hoffen, dass die ober- und
nieders&chsischen Ereisvölker in den Kreisen bleiben; wie mit dem Rossen zu
tractiren sei. Grockow betont femer die Nothwendigkeit die brannschweigischen
Alliirten zn ermahnen die versprochene Hilfe bereit zo halten. Femer ersucht
Crockow nm Communication der mit dem schwedischen Gesandten geführten
Verhandlungen *) und der Nachrichten, die man in Wien über die Pläne des
polnischen Hofes habe. Endlich bittet Crockow im Interesse der Sache um
möglichst baldige Entscheidung des Kaisers.
Der Kaiser an den Kurfürsten. Dat Wien 27. October 1674.
(Conc.)
[Schwedens Einfall betreffend.]
27. Oct. Aus des Kurfürsten Schreiben vom 30. Sept. und Crockows Erklärangen
hat der Kaiser des Kurfürsten Gedanken über Schwedens Vorhaben ersehen.
Da nun der Kurfürst die Sache auch in Regensburg zur Sprache bringen will,
hat der Kaiser seinen dort befindlichen Gesandten aufgetragen die Sache des
Kurfürsten in jeder Weise zu unterstützen'). Wie der Kaiser über die Sache
denkt, wird der Kurfürst aus Crockows Berichten und aus des Goess Auseinan-
dersetzungen erfahren.
Credenzschreiben für Crockow vom 28. October 1674. (Or.)
28. Oct Da der Kurfürst erfahren hat, dass der König von Frankreich sich bemüht
einige Stände des Reichs zum Bunde mit Frankreich und zur Theilnahme an
dem Kampfe gegen die Alliirten zu vermögen, hält er es für nothwendig, sich
dagegen in Verfassung zn setzen und hat zu diesem Zwecke Crockow beauf-
tragt, die Ansichten des Kaisers zu erforschen.
Votum vom 12. November über Brandenburgs Begehren be-
treffe Vorkehrungen gegen Schweden. (Conc.)
[Schreiben des Kaisers an Schweden.]
12. Nov. Die Räthe sind dafür, dass auf Brandenburgs Bemühungen in Wien und
Regensburg wegen Vorkehrungen gegen Schweden Rücksicht genommen werde.
Für ein Schreiben des Kaisers an den König von Schweden sind sie auch;
doch davon möge abgesehen werden, dass der Kaiser sich bemühe ein ähn-
liches Schreiben von den gesammten Ständen zu erlangen, da dies sehr lange
>) Vergl. für diese Verhandlungen Th. Europ. XI. 539 ff.; Londorp 1. c. X. 222 ff.;
Pachner 1. c. 1.770 ff.
^ Vergl. Pachner 1. c. I. 755 ff.
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Schwedens Einfall betreffend. 797
daaern nnd überaus grosse Mühe veniTsachen würde. Das Sehreiben an Schwe-
den wire so einxnriehten: Man habe mit Staunen von Fenqni^res' Eroffiiungen
in Stockholm Kunde erhalten und begreife nicht, wie der Schwedenkonig
seine durch den Vertrag vom 4./14. April 1672 Frankreich gegenüber einge-
gangenen Verpflichtungen in diesem Falle als Grund für einen Angriff gegen
Brandenburg yerwerthen wolle, da in jenem Bündnisse doch nur von einer
Unterstützung, im Falle der Verbündete angegriffen werden sollte, nicht aber
im Falle er angreife und seine Gegner sich vertheidigen, die Rede sei. Der
Kaiser hoffe daher, dass Schweden sieh durch Frankreich nicht zu einem unge-
rechten Friedensbruche werde verldten lassen '). Von dem Inhalte des Schrei-
bens wSien, in einer Schweden nicht verletzenden Form, die Stande zu ver-
ständigen und zur Rüstung auÜEufordem ') und zwar zur selben Zeit, wo man
dem in Wien weilenden schwedischen Gesandten eine Copie des an Schweden
übersendeten Schreibens übergibt; jedoch soll dem schwedischen Gesandten von
der Verständigung der Stände nichts mitgetheilt werden.
So beschlossen den 17. Nov. 1674, praesentibus: Sohwarzenberg, Hocher,
Königsegg, Forstenberg, Oettingen, Abele und |H5geIl; am 19. Nov. vor dem
Kaiser im geheimen Rathe vorgebracht und beschlossen wie eingerathen.
Promemoria Crockows vom 20. November 1674. (Aut.)
[ünterstützang des Karfarsten gegen Schweden. Beratbungen im Haag. Forderungen
an die Staaten und an Dänemark. Ermahnung an den westpbäliscben Kreis und an
die Stadt Bremen. Verwendung der Reichstruppen. Massregeln gegen die Truppen-
werbungen der Franzosen in der Schweiz.]
Der Kaiser wird sich überzeugt haben, wie nothwendig es ist, ohne Verzug 20. Nov.
alle Massregeln zu ergreifen, um sich in den nöthigen Vertheidigungszustand zu
setzen. Es wird dem Ermessen des Kaisers anheimgestellt, ob es nicht zweck-
Hiissig wäre, dass in Schlesien eine Truppenmacht zusammengeführt und den
kaiseriichen Gener&len am Rhein Befehl ertheilt würde, im Nothfalle ein be-
tntchtliches Corps dem Kurfürsten zu Hilfe zu senden. Es wird sehr vortheil-
haft sein, wenn, was die kaiserlichen Gommissare selbst empfohlen haben, im
Haag, wo die Vertreter aller Mächte beisammen sind, über diese Angelegenheit
berathen würde. Man vermeint, man könne von den Generalstaaten fordern,
Das Schreiben an den König von Schweden ist vom 19. Nov. datirt (gedruckt
bei Pachner 1. c. I. 757 f.; Theat. Kur. XI. 542 f.; Londorp 1. c. 236 f.), das Antwort-
schreiben Schwedens vom 15. Febr. 1675, in welchem Karl XI. nochmals seine Nei-
gung zum Frieden betont und die Zumuthung zurückweist, als ob er Frankreichs
Macht Tergrössem wolle ; niemals habe er und werde er Frankreichs Vorgehen billigen.
In der Strdtfrage mit Brandenburg sei das Recht auf seiner Seite, trotzdem ist er
dem Ausgleiche nicht abgeneigt, was der Kaiser erfahren werde, wenn er einen solchen
versuchen wird.
*) Diese Mittheilung erfolgte am 23. Nov./3. Dec 1674; Pachner 1. c. 755ff.
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798 VII. Der Krieg gegen Schweden. Oct. 1674— Febr. 1679.
dass sie eine Truppenabtheilung an den westphälischen Grenzen bereit halten
und eine Flotte in den Sund schicken, am sich mit den dänischen Schiffen zn
verbinden. Vom Könige von Dänemark könne begehrt werden, dass er eine
Armee von 18 oder 20000 Mann in Holstein zusammenfahre nnd eine Flotte
aasrüste, am die Ostsee zu behaupten. Hiezu wird nöthig sein, dass Spanien
und die Staaten dem Könige von Dänemark sowohl wegen Elnddation ;des
Artikels lb% als Erhöhung der Subsidien') Satisfiaction geben; insbesondere
bei Spanien soll sich der Kaiser dafür einsetzen. Der Kaiser möge femer den
westphälischen Kreis nicht nor ersuchen sich in gute Postar zu setzen, viel-
mehr zu diesem Behnfe ein Particnlarschreiben oder eine „Schickung^ an die
Stände gelangen lassen. Bremen soll vom Kaiser aufgefordert werden auf der
Hut zu sein, die Garnison zu verstärken und sich nach einem geeigneten Führer
umzusehen. Die Reichsstände, die noch frei sind, als Baiem, Hannover, Hol-
stein, Gottorp sollen von Reichswegen ersucht werden ihre Truppen mit den
übrigen zu coninngiren. Man fragt an, ob nicht dem hiesigen schwedischen
Bevollmächtigten gesagt werden könnte, man wundere sich über die Rüstungen
Schwedens, das ja von keiner Seite einen Ueberfidl zu befürchten habe. Da
man Nachricht habe, dass die Schweizer den Franzosen gestattet haben 11 000
Mann zu werben, glaubt man, es wäre zweckmässig, wenn der Kaiser die ka-
tholischen Cantone auffordern liesse, dies zu verbieten, Brandenburg und Lüne-
burg wollten dasselbe bei den evangelischen Cantonen thun*).
Crockow an den Kaiser. Dat Wien 26. Dec. 1674. (Ant.)
[Dank für des Kaisers Erklärungen. Pläne der Schweden. Nothwendigkeit einer
raschen, ausgiebigen Unterstützung des Kurfürsten. Sendung eines starken Truppen-
körpers an die schlesiscbe Grenze. Abschluss mit Dänemark. Bescbluss über die
Verwendung der Reichstnippen.]
26. Dec. Crockow dankt im Namen des Kurfürsten für das ihm bei der Audienz vom
Kaiser gemachten Anerbieten S'. Gh. D. Lande und Leuthe gegen alle be-
sorgende feindliche gewald kräftigst zu schützen andt zu manuteniren
und bittet ihm zu gestatten einige höchst wichtige Mittheilungen dem Kaiser
auf diesem schriftlichen Wege zu machen.
Ich glaube gewiss, dass sowohl dass starcke undt ungewöhnliche
armement der Erohn Schweden, alss auch die Declarationes, welche die-
*) Art. 15 des Vertrages Tom 10. Juli enthält die Verpflichtung der mit Däne-
mark verbündeten Mächte dem Dänenkonige bei Angriffen auf sein Land die zur
Vertheidigung nothwendigen Geldmittel zur Verfügung zu stellen „pourvu que Sa dite
M^ Danoise eüt requis d'entrer dans la rupture avec les autres. Dumont 1. c.
VII., 274.
^ Vergl. § 4 und 5 des Vertrages vom 10. Juli ; Dumont 1. c. 270f.
') Für die Beziehungen des Kurfürsten zu den Schweizern Puf. 1. c. XII. 48.
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Unterstatzimg Brandenburgs gegen Schweden. 799
selbe im Haag') undt an andern Ohrten durch Ihre Ministros gethahn,
ja alle undt jede apparentzen keinen zweiffell mehr übrig lassen, dass
gemeldete Erohn die ruptur in favorem des Königs in Franckreich fest-
gestellet; Es sei, dass Sie alsofort dazu schreitte oder noch auf eine
kleine Zeit undt eine noch bequemere gelegenheit damit anstehen undt
vohrerst abwahrten wolle, dass etwa eine oder andere negotiation oder
armatur zum stände gebracht, oder auch, dass die Alliirte armeen Sich
noch weiter von dem Reinstrohm entfernet undt durch einige Eriegs-
Action mercklich geschwechet undt wass dergleichen contingentia mehr
seyn können, welche alle undt jede zu verhuhten sehr schwehr ja un-
muglich fallen wird.
Crockow hält es für unnöthig auszufahren, dass der Angriff Schwedens,
wenn auch zunächst gegen Brandenburg gerichtet, mit in erster Linie dem
Kaiser gelte und wie nöthig es fdr letzteren sei den Kurfürsten zu unterstützen.
Nuhr allein. Aller Gnädigster Kayser undt Herr, muss ich deshalben
in Sorgen undt Bekummemus seyn, dass die Assistentz gahr zu späte
kommen undt S. Ch. D. dadurch in einen unwiederbringlichen Schaden,
dass Gemeine Wesen aber in grossen hazard gesetzet werden möchte.
Der Feindliche Einbruch ist täglich zu vermuthen, die Zeit aber undt der
modus der Assistentz seyn S'. Gh. D. noch diese Stunde nicht bewusi
Ess haben S. Ch. D. die Gefahr so lange vohrhehrgesehen undt die noth-
wendigkeit der Gegen- Verfassung zeitig genug durch meine Wenigkeit
vohrstellen lassen. Ess ist aber zu beklagen, dass man in denen mit
mihr gehaltenen conferentzen weiter nicht geschritten, alss dass man
bloss allein die Gefahr verkleinern undt S. Ch. D. auf allen fall E'. K. M.
Protection ohne specification der Zeit undt andrer umbstande gantz
generaliter versichern wollen, welches S. Ch. D. in einer so augenschein-
lichen gefahr nicht gäntzlich hat consoliren können. Zwahr hat man
mihr bedeutet, dass etzliche compagnien von einigen Regimentern zu
Fuess und ein Regiment zu Pferde nach Schlesien beordret, daselbst auch
einige Werbungen sollen vohrgenommen werden; Gleichwie aber dises
seinen effect erstlich nach einer geraumen Zeit haben wird; also kan
jenes bloss allein zu besetzung der alldortigen platze, nicht aber S. Ch.
D. zu assistiren sufficient seyn undt wird also dieses daraus erfolgen,
dass der Feind ehender an einen andern Ohrt gehen wird, nicht aber.
Vergl. für diese Erklärungen der Schweden im Haag Londorp 1. c. 187 ff.; Bas-
nage ]. c. U. 540; Urk. u. Act UI. 452 ff
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800 VII. Der Krieg gegen Schweden. Oct 1674— Febr. 1679.
dass er von der wieder S. Ch. D. lande vehrhabenden impresa zurfick-
gehalten werden, weniger, dass ihm einiger Widerstand solte geschehea
können.
E. E. M. geruhen Aller-Gnädigst zu judiciren, wie unveFhofTt undt
schmertzlich es S'. Gh. D. seyn, wie verwunderlich es der gantzen Weld
vohrkommen wurde, wan eben zu der Zeit, da S. Ch. D. mit allen
Kräften in eigner Persohn gegen E'. E. M. Feinde einen Feldzug thuhn,
welcher S^ Ch. D. bereits ein so thewres Pfand gekostet, da Sie noch
stets ohngeachtet der jetzigen Jahres-Zeit mit grossem hazard undt Ver-
lust dero armee E'. E. M. undt dero hohem hause zu dienst operiren,
dero eigne lande undt leuthe ohne hülfe der äussersten ruin undt deso*
lation exponiret undt alssdan allein succurriret werden selten, wan der
Feind dass gahraus damit gemachet undt zwahr ein solcher Feind,
welcher S. Ch. D. deshalben allein angreiffet, weill dieselbe E'. E. M. mit
so grosser devotion zugethahn seyn. E. E. M. gelieben Aller-Gnädigst
zu consideriren, wie schwehr es S'. Ch. D. seyn würde vohr dero poste-
ritet zu verantworten, wan Sie ohne hofnung eines schläunigen succurses
dero lande undt leuthe in so grosse ruin stürtzeten, wie gefahrlich es
vohr dass gemeine wesen undt sonderlich vohr E^ E. M. Erblande wehre,
wan S. Ch. D. zu der extremitet gebracht undt diso Yohrmauhr dem
Hertzogthumb Schlesien benommen würde. E'. E. M. Feinde würden
überall publiciren, dass der succurs mit fleiss retardiret wehre, damit
S. Ch. D. undt der Feind sich vohrhehr mit einander aufreiben undt
consumiren möchten. Zwahr Sein S. Ch. D. gnugsam persuadiret, dass
E. E. M. von dergleichen Intentionen weit entfernet seju; ich glaube
auch nicht, dass jemandt sey, welcher E'. E. M. so unbillige undt ge-
fahrliche consilia suggeriren dürfe oder wolle; Jedennoch ist es an dehm,
dass wieder E^ E. M. Alier-Gnädigsten Willen undt Meinung dass Werck
von sich selbsten einen solchen aussschlag nothwendig nehmen muss
undt dass S^ Ch. D. lande gäntzlich müssen ruiniret werden, ^o nicht
zu derselben Rettung schleunige undt sufßciente anstalt gemachet wird.
Hingegen ist zu glauben, dass, wan der Feind diserseits einige gegen-
verfassung sehe, es würden ihm dise undt andere reflexiones dass Schwerd
in der Scheide halten. Nichts kan ihm aber einen grossem stimulum
geben seine böse intentiones zu exequiren, alss wan er siehet, dass
S. Ch. D. Lande diserseits von aller defension undt Hülfeleistung ent-
blösset seju,
Disem nach gereichet an E. E. M. nahmens S. Ch. D. Meines Gnä-
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Memorial Crockows bezaglicb der Unterstatzung Brandenburgs gegen Schweden. 801
digsten Herren, mein Aller-ÜDterthäDigstes bitten, E. E. M. geruhen Aller-
Gnädigst
l■'^ die kräftige undt ernstliche Verordnung ergehen zu lassen, dass
ohne weitere Zeit-Versäumnus aufs schleunigste in der Schlesie ausserhalb
die guamisonen ein corpus von 9 ä 10 tausend Mann zusammengeführet
werde, welches parat undt die generalitet beordret sey ohne weitere ordre
S^ Gh. D. landen auf requisition S^ Ch. D. oder dero hinterlassenen Herren
Stadthalters Forstlichen D.*) fordersamst zu assistiren undt zu hälfe zu
kommen. Damit auch S. Ch. D. dessen gesichert seyn undt dero mesures
darnach nehmen können, alss ist femer mein Aller-Unterthänigstes bitten,
E. E. M. geruhen Alier-Gnädigst durch dero vohrnehme Ministros mihr
andeuten zu lassen, wie balde sothahne armee an den Schlesischen
Gräntzen parat seyn könne undt wass inmittelst vohr anstalt dazu ge-
machet werde.
2^^. Erfodert die unumbgängliche Nothwendigkeit, dass P. E. M.
von dennemarck satisfaction gegeben undt dieselbe obligiret werden
mit der krohn Schweden, so bald dieselbe jemandts von den Alliirten
angreift, zu Wasser undt zu lande zu brechen. Ausser dehm ist es
nicht müglich, dass die benachbahrte undt Interessirte den krieg gegen
Schweden auf Sich nehmen undt dass E^ E. M. Erblande bedecket, we-
niger dass die gefahrliche disegni, welche die beede krohnen Franck-
reich undt Schweden wider E. E. M. undt dero hohes Hauss fahren,
können gesteuret werden, undt ist umb desto nötiger die Tractaten mit
P. E. M. von dennemarck zu beschläunigen undt diejenige difficulteten,
welche dass Werck protrahiren, auss dem Wege zu räumen, weill zu
befurchten, dass durch einen langem Verzug höchstgedachte I. E. M.
möchten veranlasset werden auf Ihre Sicherheit zu gedencken undt die
von Franckreich undt Schweden durch anseenliche Ambassaden offerirte
avantagose conditiones einer neutralitet oder gahr einer Alliantz anzu-
nehmen, zu einem unsäglichen praejuditz der guthen partey.
Iir. wird es nuhmehro zeit seyn, dass die übrige Alliirten Sich
wegen disposition der armeen näher mit einander vemehmen undt resol-
viren, welche derselben gegen Franckreich undt welche gegen Schweden
auf den fall der raptur sollen employiret werden undt zwahr umb desto
mehr, weill ich vernehme, dass der Spanische Herr Bothschafter ') durch
dergleichen Vohrschläge praeoccupiret ist. Welche nicht werden können
') Fürst von Anhalt.
*) Balbesos.
Mat«r. z. Gesch. d. O. Karfureten. XIV. 2. 51
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Googk
802 VII. Per Krieg gegen Schweden. Oct. 1674— Febr. 1679.
in efifectum deduciret werden. Weill aber S'. Ch. D. Gnädigste sentimenti
mihr hierüber noch nicht gäntzlich wissend, alss will ich hierin so lange
anstehen, biss ich die erwartende ordre empfangen undt E. K. M. mit
meinen unwürdigen speculationen nicht beschwehrlich fallen.
Die Importantz undt Wichtigkeit obiger dreyer puncten ist so gross,
dass, wo Sie nicht alle undt jede Ihre richtigkeit bekommen, dass ge-
meine Wesen in einen unsäglichen Schaden wird gesetzet werden. Ein
Inconveniens wird dass andre nach sich ziehen undt dadurch die gantze
partey in sothahne confusion gerathen, dass ich mihr solches ohne er-
schrecken nicht vohrstellen kan. Ja, wan ich mihr solte einbilden
können, dass an einem von den obbesagten dreyen puncten ein mangel
erscheinen solte, so wolte ich auss getrewster zu E. E. M. undt dero
Hohem Hause tragenden devotion von hertzen wünschen, dass noch bey
itziger coniunctur der Friede dergestalt, wie man ihn haben könte,
schläunigst gemachet würde, ehe undt bevohr die Sachen in einen so
gefahrlichen Zustand gerathen, welcher in entstehung obbenanter remedien
gewiss erfolgen würde.
Wegen der übrigen Punkte, wie der obersächsischen Kreisvölker, Armatur
des westphälischen Kreises, Zufahr des Proviantes für die Armee etc. will
Grockow den Kaiser nicht beschweren, umsomehr da er sicher ist, dass die
Minister, denen er darüber Mittheilungen gemacht, darüber dem Kaiser be-
richtet haben werden.
Memorial Crockows an den Kaiser. Dat. Wien 4. Jan. 1675.
(Or.)
[Dank für das kaiserliche Schreiben an Schweden. Erfolglosigkeit desselben. Bitte
um neue Schreiben an Schweden und um Garantirung der karfürstlichen Länder.]
4. Jan. Crockow dankt dem Kaiser im Namen des Kurfürsten für das auf die kurfürst-
lichen Klagen gegen Schweden vom Kaiser erlassene Schreiben vom 16. Nov. 1674
an den König von Schweden, in welchem dieser energisch vor jedem Unternehmen
gegen Brandenburg gewarnt wird. Der Kurfürst habe einen £rfolg von diesem
Schreiben erhofft, sehe sich aber getäuscht; die Schweden zeigen vielmehr
immer deutlicher ihre Neigung in das kurfürstliche Gebiet einzufallen. Der
Kurfürst hat nichts gethan, was Schwedens Vorgehen rechtfertigen könnte; er
ersucht daher den Kaiser um das Versprechen, ihn, falls er von Schweden an-
gegriffen werden sollte, mit ganzer Kraft zu unterstützen und bittet um Erlass
stärkerer dehortatorischer Schreiben an Schweden. Schliesslich ersucht Crockow
im Namen des Kurfürsten, auch zu Regensburg zu veranlassen, dass dem Kurfürsten
seitens des Reiches seine Reichsländer garantirt werden.
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Memorialien Crockows bezoglich des schwedischen Einfalles. 803
Memorial Crockows an den Kaiser, Dat Wien 8. Jan, 1675.
(Or.)
[Vorgehen Schwedens. Bitte um Schutz des Kurfürsten. Geldunterstützung. Ver-
wendung der bischoflich-strassburgischen Intraden.]
Wie berechtigt die von Crockow in dem Ifemoriale vom 4. Januar ge- 8. Jan.
machten Vorstellungen wegen der von Schweden drohenden Gefahr gewesen sind
nnd welch' ein grosser Verlust dem Gemeinwesen daraus entsteht, dass seine
Vorstellungen keinen Glauben gefunden, erhellt daraus, dass der schwedische
Reichsfeldherr, Graf Wrangel, dem Statthalter des Kurfürsten, dem Fürsten von
Anhalt, hat erklären lassen, er habe Befehl mit der ganzen Armee aufzubrechen
and in der Kurmark Brandenburg die Quartiere zu nehmen, — was auch bereits
geschehen — auch dieselben nicht eher zu verlassen, als bis der Kurfürst sich
von den AUiirten zurückgezogen '). Da dies nun offene Feindschaft ist, welche
dem ,4nstrumentum pacis" und dem allgemeinen Reichsfrieden zuwiderläuft, bittet
Crockow im Namen des Kurfürsten den Kaiser, zu veranlassen, dass über die
dem Kurfürsten zu gewährende Assistenz mit ihm — Crockow — berathen
werde; femer dass der Kaiser der Reichsversammlung zu Regensburg proponire,
von Reichswegen Massregeln zum Schutze der brandenbnrgischen Länder zu
ergreifen«), den Obersten des ober- und niedersächsischen Kreises zu befehlen,
dem Kurfürsten alsogleich zu Hilfe zu kommen, an den König von Schweden
inhibitorialia sub poena fractae pacis publicae wie auch nicht weniger avoca-
toria ergehen zu lassen.
Ungeföhr zur selben Zeit ersucht Crockow im Namen des Kurfürsten den
Kaiser in einem besonderen Schreiben um eine Unterstützung mit 100 000 Gol-
den, die der Kurfürst zum Schutze seiner Länder dringend bedürfe. In einem
weiteren Schreiben wird der Kaiser angegangen, zu veranlassen, dass die bischöf-
lich-strassbnrgischen Intraden, so weit sie aus den von Brandenburgs Truppen
besetzten Gebieten herrühren, der Verwendung der Brandenburger anheim ge-
stellt werden.
Der Karftirst an den Kaiser. Dat Kappenheim 6./16. Janaar
1675- (OrO
[Bitte um Hilfe gegen Schweden, um Anordnung an die fränkischen Kreisst&nde be-
züglich der Brandenburg zu gewährenden Quartiere und um Intenrention beim Her-
zoge Jobann Friedrich.]
Der Kaiser wird von Crockow vernommen haben, dass Wrangel mit der 16. Jan.
schwedischen Armee in die Kur- und Mark Brandenburg feindlich eingebrochen
ist nnd nicht allein die Uckermark ganz rninirt hat, sondern gegen Berlin
') Vergl. Droysen 1. c. m.t 514.
^ Das Reichsgutachten erfolgte in der That schon am 17. Jan. 1675; Pachner
I.e. 786f.
51*
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804 VII. Der Krieg gegen Schweden. Oct. 1674 -Febr. 1679.
ziehe'). Da nun diese Invasion ohne Verschulden des Kurfürsten erfolgt ist
und nur deshalb, weil er zum Kaiser treu gehalten hat, bittet er den Kaiser
ihm nach den Bestimmungen der Wahlcapitulaüon, des instrumentnm pacls,
und der Sonderbündnisse ohne Verzug zu Hilfe zu kommen, vom Reiche die
Garantie für des Kurfürsten Länder zu fordern, die inhibitorialia und avoca-
toria sub poena fractae pacis zu publiciren und mit Schweden nicht weiter zu
verhandeln.
Vom selben Datum existirt ein anderes Schreiben des Kurfürsten, in wel-
chem er den Kaiser ersucht, die frankischen Kreisstände, in deren Gebiet nach
getroffener Abmachung unter den Kriegsbetheiligten seine Truppen sich erholen
sollen, aufzufordern, den kurfürstlichen Truppen die Ruhestätte zu gönnen.
Femer bittet der Kurfürst beim Herzoge Johann Friedrich dahin wirken zu
wollen, dass dieser Fürst sich nicht auf die Seite Schwedens schlage. Der
Kurfürst hat zwar selbst mit diesem Herzoge darüber Verhandlungen gepflogen,
doch seien dessen Antworten allzu zweifelhaft gewesen.
Der Kaiser an Goess. Dat. Wien 24. Januar 1675. (Conc.)
[Einfall der Schweden.]
24. .Tan. Oxenstjema, Schwedens Botschafter in Wien, hat an Hocher bezüglich des
schwedischen Einfialles in Brandenburg berichtet und behauptet, Karl XI. habe
alle Ursache gegen Friedrich Wilhelm vorzugehen, da dieser gegen die Be-
stimmungen des Vertrages in's Feld gezogen sei und viele Reichsfürsten durch
gewaltthätige Durchzüge und Einquartierungen geschädigt habe ^).
Der Kurfürst an den Kaiser. Dat. Marbach 16./26. Jan. 1675.
(Or.)
[Dank für die durch den Kaiser bewirkte Extendirung der Garantie der brandenburgi-
schen Länder seitens des Reiches. Vorgehen der Schweden. Bitte um eine Erklärung
des Reiches gegen Schweden. Unrichtigkeit der schwedischen Behauptungen. P. S.
Beziehungen Hamburgs zu Schweden.]
26. Jan. Gegen E. E. M. thue ich mich unterthänigst bedanken, dass sie
gnädigst geruhen wollen, es dahin zu richten, dass das ReichscoDclusum,
so den 1. Dec. des verflossenen Jahres wegen der Reichsgarantie, so
meinen Landen wider Frankreich zu leisten '), auch auf andere, so wider
mich und meine Lande einige Thätligkeit förnehmen möchten, auPm
^ Vergl. Qansauge, Veranlassung und Gesch. des Krieges in der Mark Brand.,
28 ff.; Carlson 1. c. IV. 601 ff.; Puf. 1. c. XIII. 3.
>) Vergl. E. Pufendorfs Bericht bei Heibig I.e. 36 f.; Puf. I.e. XII. 64; Th.
Europ. XI. 539ff.; Londorp 1. c. X. 222 ff.
») Pachner 1. c. I. 754.
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Einfalt der Schweden Gurantirunf der kurfürstlichen L&nder 805
BeictiKcouvent zu Regeuüburg den 17* Jüu, cxtoüdiret würden^), AI« ich
uUQ aber bei allen Posten vcrnehmej vie die ia meine churmärkische
und pommerische Lande gewalteamer WeisG eingefallene Schweden es
immer ärger darin treibcüj bis an meine Resident Berlin sich verlegt
und alles aufm Grund verderbten, nicht allein vivrei*, sondern auch Geld-
contributianes und zwar beides in solcher Quantität, daas es der arme
Land mann unmöglich abstattea köane, eigenmächtig au^sgeschriebea, meine
Soldaten aber, so zu Beitreibung des Unterhalts für meine Soldatesca
in 's Land ge^chicket, schimpflich ab* und zurückgewiesen und darzu aus
solcher öffentlichen Gewalt ein Affen- oder Kinderspiel machen wollten,
indem sie fiirgeben, es wäre nicht übel gemeinet; als oti^uche E. K. M.
ich unterthänigst, «ie wollen forner aufm Reichstag zu Regensburg es
dahin richten ^ dass die Reichsconclusa, so vorhin wider Frankreich ge-
machet, in selbigen terminis auch wider Schweden in diesem Fall publi-
ciret und exequiret worden mögen. Die Behauptungen Schwedens, es habe
keine Feindseligkeit vor, vielmehr habe Brandenburg den mit Schweden ge~
sclilosienen Vertrag gebrochen, sucht dor Kurfürst als unwahre hinzustellen und
bittet den Kaiser den gleissnerischen Worten des in Wien weilenden schwedi-
sehen Gesandten keinen Giaaben bei2uniessen ')*
In einem P. S, vom 26. Jan. meldet der Kurfürst^ er habe sichere Nachricht^
dass Hamburg mit dem Schwedenkönige in ein enges Verständnis sich einge-
lassen, aach versprochen habe, schwedische Garnison anfzunchmen und dieser
Macht bei Uebermachung von Geldeni und sonst behilflich m sein. Da nun
der Kurfürst diese Haltung Hamburgs ftir höchst schädlich für das Reich hält,
schlägt er dem Kaiser vur, derselbe möge Hamburg von solchem Vorgehen
energisch abratben und mit Gewalt drehen ; zur Vorsorge kennten ähnliche Er-
klärungen an Lübeck und Bremen gerichtet werden.
Goess an den Kaiser. Dat. Heilbronn 30. Jan, 1675, (Or.)
[ Verb aß dl un gen des Gües« bezüglich der münst^rischen Truppen mit dem Kurfürsten
unü mit dessen Räthen. ßath des GoejjS in dieser Sache.]
Brandenburg will sich noch immer nicht mit den Werbungen des Bischofes 30* Jan*
von Münster einverstanden erklären, besonders da der Tractat mit dem Kaiser
auf 60 viele 1000 Mann laute, während Goess ursprünglich nur von Recrutirung
des bei der kaiserlichen Armee gestandenen Corps gesprochen habe. Nach vielen
Bemühungen gelingt es dem Goess ^ Somnitz damit zu beruhigen, daas er er^
klÄrt^ der Kaiser werde in dieser Angelegenheit nichts ohne vorherige Com-
') Pacbner I. c* l 78Bf.
Fnr dk Verhandlungen üjcenstjerna's in Wien In dieser Zeit; Pacbner Lc.
L 782 £; Puf. I, c. XllL 11; Tk Europ. Xl. 738 £
806 Vir. Der Krieg gegen Schweden* Oct 1674--Febr. 1679.
munlcation mit dem Kurfürsten thnn. Allein Goess sieht ganz klar, dass Brau-
denburg dem Unternehmen nicht wohl will. Um diese Abneignng Brandenburgs
zu beseitigen, hält Goess für nützlich, wenn die Lüneburger Fürsten und Hol-
land dem Kurfürsten vorstellen würden, wie nützlich die Truppen des Bischofes
von Münster der allgemeinen Sache werden könnten*). Im übrigen befinden
sich die Truppen des Bischofes von Münster in sehr schlechtem Zustande.
Der Kurfürst an den Kaiser. Dat. Hauptquartier zu Feucht-
wangen 26. Jan./6. Febr. 1675. (Or.)
[Quartierfrage.]
6. Febr. I^er Kurfürst meldet, dass er zur Erleichterung des frankischen Kreises
einige Regimenter in das Voigtland, wie auch in der Grafen von Schwarzburg,
Mansfeld und Stollberg Gebiete, in die erfurtischen Dörfer und in Mühl- und
Nordhausen einquartirt hahe und bittet den Kaiser bei den betreffenden Mächten
und Fürsten für die gutwillige Leistung zu wirken').
Der Kurfürst an den Kaiser. Dat Schweinfurt 2./12. Februar
1675. (Or.)
[Quartierfrage.]
12. Febr. I^er Kurfürst hat mit den ihm zugewiesenen Quartieren nicht auskommen
können und sich daher genothigt gesehen einige Truppen in mainzische Aemter,
nach der Abtei Fulda und in's Coburgische zu legen, in der Zuversicht, dass
die dadurch betroffenen dieses Opfer für das allgemeine Wohl gerne tragen
werden. Wollte der Kaiser nun diese Stande auffordern, dieses Opfer zu bringen,
so hielte der Kurfürst dies für überaus nützlich.
Goess an den Kaiser. Dat. Schweinfurt 12. Febr. 1675. (Or.)
[Quartierfrage. Erklärungen des Kurfürsten. Klagen desselben über Spanien. Hoffnung
auf den Herrscher von Russland. Geplante Gesandtschaft zum Herzoge von Hannover.]
12. Febr. Goess berichtet über die Einquartierung in den fränkischen Kreis; 24 Regi-
menter hat der Kreis trotz der grossen Lasten, die derselbe schon früher getragen,
über sich genommen, doch beklagen sich einzelne über ungleiche Vertheilung
der Lasten. Goess sucht bei Meinders Abhilfe dagegen zu schaffen. Der Kur-
^ Die Verbandlungen des Kaisers mit dem Bischöfe von Münster fahrten am
7. Juni 1675 zu einem Vertrage, durch den sich Christoph Bernard zur Stellung von
9000 Mann verpflichtete; Dumont 1. c. VII., 295 f.; Tücking 1. c. 237 f.
^) Ueber diese Quartierfrage und die aus derselben folgenden Streitigkeiten
Puf. 1. c. XIIL 2; Pachner 1. c. I. 794f.
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Quartierfrage. Derfflinger. Massregeln gegen Schweden. 807
fürst betont Goess gegenüber, dass er, trotz aller Umgriffe Schwedens, beim
Kaiser aasharren wolle; klagt jedoch über Spanien, dass es bei den herrschen-
den Verhältnissen Monterey abberufen habe und nun schon an 6 Monate die
Sabsidien nicht zahle. Auf Moskau hofft der Kurfürst und glaubt, dass der
Czar in Liefland einfallen wird. Der Kurfürst hat vor, zum Herzoge von Hannover
za senden, um ihn auf die Seite der Alliirten zu bringen oder wenigstens zur
Neatralitat zu vermögen.
Der Kaiser an Goess- Dat. Wien 14. Febr. 1675. (Copie.)
[Frage der Absetzung Derfflingers. Französisch-brandenburgiscbe Beziehungen. Siebe-
ning Strassburgs und der Rheinbrocke. Rath des Kaisers an den Kurfürsten, selbst
den Krieg gegen die Schweden zu fähren und rasch nach den Marken zu mar-
schiren. Die in diesem Falle vom Kaiser« Holland und Dänemark zu erwartende
Unterstützung. Belassung braunscbweigischer Truppen am Oberrhein. Avocatoria
gegen Schweden. Dessen Mediation.]
Erstlich finden wir diejenige, welche nnsem Dienst und dem ge- 14. Febr.
meinen Wesen zuwider handlen und schädliche consilia einblasen, auch
die gute actiones verhindern, wie der DerfiTlinger in offenen Praedicat
ist, auf alle Weis, wann es änderst sein kann, zu amoviren; dahero wir
in die Gedanken gerathen, ob nicht ermelter Derfflinger bei des Chur-
furstens zu Brandenburg L^^. pro dissidente zu erklaren und dessen
Amotion zu begehren seie; wollen also hierüber deine Gemuthsmeinung
vernehmen, an expediat und ob es zu erheben oder zu erhalten sein
möchte und wer etwa an dessen Stell vorgeschlagen werden konnte')
Was wohl in Acht zu nehmen, ist, dass dahier und im Reich die
Suspicion gar zu festen Platz findet, als ob des Ghurfurstens L^^. nicht
gar zu aufrechte intentiones führten, sondern zu wanken anfiengen und
mit der Eron Frankreich abermal in Tractaten begriffen wären, auf die
Weis, wie es hiebevor beschehen; massen zu solchem End der Stratman
wieder in Frankreich gereiset sein solle. Weiln nun hieran viel ge-
legen, als wirdest du des Ghurfurstens L^^. Gedanken und fuhrende con-
silia wohl erkundigen, auf alle andamenti ein wachtsambes Aug haben und
uns die Beschaffenheit berichten, auch da was im Werk sein sollte,
solches auf alle Weis suchen zu divertiren, damit I. L"*^". wegen der
widrigen successus das gemeine Wesen nicht sogleich verlassen und bei
gegenwärtigen gefahrlichen Coniuncturn quocunque modo erhalten werden
^ Zwischen Derfflinger und Boumonville war es zu heftigen Debatten gekom-
men, bei denen gegenseitig die heftigsten Beschuldigungen erhoben wurden; Tergl.
Peter 1. c. 355.
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VIT. Der Krieg gegen Schweden. Oct. 1674 — Febr. 1679.
können. Der Kaiser hat die entsprechenden Befehle an Bournonville, an den
Herzog von Celle and an den Markgrafen zu Baaden-Darlach gegeben, sich
Strassbargs, der Rheinbrücke and was noch jenseits haltbar, mit Eifer anza-
nehmen und vor dem Feinde zu schützen.
Wir consideriren bei dem jetzigen verwirrten statu, dass unsere
Völker ans ober- und untern Rhein mit dem Feind continuirlich zu
thuen haben und dass hergegen des Churfürstens L***»". Völker spat in's
Feld kommen, mit dem Feind keine Action gehabt, jetzo gleichwohl in
dem fränkischen Kreis die Quartier nehmen, welcher der erste gewesen,
seine Treu und Devotion gegen uns und dem Reich zu erweisen und
woraus die meiste Mittel zu den Magazinen auf die künftige Campagna
sollen genommen werden, so jetzo die brandenburgische gänzlich absu-
miren. Nun haben sie den Feind, wie sie melden, in ihrem Land und
die unserige, wie gedacht, am obem und untern Rhein denselben auch
auf dem Hals, gleichwohl wollen sie allein müssig und ruhig ohne einige
Operation in den fränkischen Quartieren still liegen. Diese Inconvenien-
zien geben uns billigen Anlass bei P. L^*°. anhalten und durch dich dero-
selben beweglich vorstellen zu lassen, welchergestalt es die unumgäng-
liche Notdurft erfordere, dass I. L**'". sich mit dero Völkern in dero
Landen begeben und als principalis in dieser Sachen selbsten wider die
Schweden zu agiren anfangen; auf solchen Fall würde der Feldmarschall-
lieutenant Graf Coob in Befelch haben, I. L^®". zu assistiren, sich mit
deroselben zu conjungiren und die Schweden austreiben zu helfen. L U*°.
könnten bei Magdeburg über die Elb, sodann über die Spree und fol-
gends bis gen Frankfurt an der Oder ihren Marsch nehmen und denen
Schweden in den Rücken gehen; wir wollen darob sein, dass die ober-
sächsische Ereisvölker zu ihr stosseten, wie auch die andere chursächsi-
sche Völker, welche des Churfürstens L***»°. ohne das vigore pacti mit
unserer Armada zu conjungiren haben und dieselbe in der Lausitz zu
solchem End in Bereitschaft zu halten ersucht worden, sich conjungiren;
dergestalt könnte ausser unsere Garnisonen in Schlesien ein Corpo von
20 000 Mann zusammengesetzt werden und solches denen Schweden ge-
nugsam bastant und gewachsen sein. Es bestehe aber dieses alles an
der Geschwindigkeit und dass I. L^®". mit dero eilenden Marsch solches
Selbsten befordern, seie hauptsächlich daran gelegen, weiln gewisse
Nachricht eingelangt, dass die Schweden festen Fuss zu Landsberg an
der Warthe und anderstwo zu setzen willens, neue Werb- und Recru-
tirungen anstellen, neue Freundschaften und sich dortherum zu fermiren
suchen. Diesem nun bei Zeiten vorzukommen, würden ja L L***". ge-
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Massregeln gegen Schweden. 809
meint sein, weiln es die Defension ihrer eigenen Landen betrifft, keine
Zeit, Muhe, noch Kräften za sparen, oder sollte es endlich auf unser
Herzogthum Schlesien angesehen sein, so seind I. L"*®". vermög der Pac-
taten obligirt den Durchzug durch ihr Land zu verhindern, consequenter
zu solchem End mit dero ohne das wohl ausgerasten Armada mehr
gedachten Marsch zu beschleunigen. Ueber dieses thuen wir alle mög-
liche Diligenz, sowohl bei des Königs in Dänemark L^^., als auch wegen
Osnabrück, die Hilf und Diversion zu maturiren. Die Holländer werden
das ihrige sowohl zu Land als zu Wasser auch thuen, allein müssen sie,
indeme der Feind sich stark am untern Rhein zusammenziehet und auf
die unserige, sie zu vertreiben, zugehet, nothwendig unumgängliche Re-
flexion thuen und wirkliche Hilf dorthin schicken, damit man den Maass-
und Rheinstrom, woran alles gelegen, nit verliere. Goess soll sich femer
dafür einsetzen, dass im Falle des Abzuges der brandenbnrgischen Trappen die
braunschweigischen am Oberrhein belassen werden. Ist dies nicht zu erlangen,
so soll wenigstens ein Theil der brandenburgisch-braanschweigiscben Truppen
dort gelassen und der kaiserlichen Generalität, oder einem der kaiserlichen
Generalität genehmen Führer, untergeordnet werden.
Die Avocatorien und die Erklärung Schwedens als Feind betreffend, hat
der Kaiser zu Regensburg die Sache vorzabringen befohlen, weil es mehr Fin-
dnick machen wird, wenn es durch ein allgemeines Reichsconclusum geschieht.
Schweden alsogleich von der Mediation zu amoviren gehe nicht an, weil es
scheint, dass des Kaisers Alliirte dieselbe acceptirt und der Kaiser stündlich der
schwedischen Antwort gewärtig sei, ob Schweden gemelte Mediation mit der
Bedingnng durante belle neutral zu bleiben und consequenter die Völker aus
des Kurfürsten Landen zurückzuziehen, acceptire, oder nicht. Goess soll als
Gesandter zum Friedepscongress, bis die Hauptgesandtschaft eintrifft.
Protocoll der Conferenz mit Crockow vom 14. Februar 1675.
(Conc.)
[Bereitwilligkeit des Kaisers den Kurfürsten zu unterstützen. Crockow fordert die Er-
klärung Schwedens als Reicbsfeind. Erwiderung der Vertreter des Kaisers. Debatte
über diese Frage, über die Mittel Brandenburg zu schützen, über Avocatoria, Ver-
theilung der Armee, Subsidien.]
Die Räthe theilen dem Crockow mit, der Kaiser erkenne, dass der Schwe- 14. Febr.
den Vorgehen ein feindliches sei und wolle alles thun, wozu ihn das Amt und
die Bündnisse verpflichten; er lasse unterdes die Völker in Schlesien zusam-
menziehen.
Crockow bedankt sich für die Resolution, erklärt aber, es sei nöthig Schwe-
den in specie pro hoste imperii zu erklären; dann weilen der Schluss contra
quoscanque aggressores gefallen, so könnten ja I. K. M. sagen, Schweden
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810 VII. Der Krieg gegen Schweden. Oct 1674— Febr. 1679.
sei aggressor, ergo hostis imperii. Crockow beschwert sich auch darüber,
dass in der nach Regensbnrg abgegangenen Resolution Schweden nicht einmal
genannt sei, es stehe auch nichts von Jena darin — wie man ihm gesagt habe —
dass derselbe in seinen Propositionen secundirt werden solle. Brandenburg sei
aber ein Stand des Reiches, wie Trier; Frankreich sei aber wegen seines Vor-
gehens gegen Trier pro hoste imperii erklärt worden*). Crockow bittet um
einen ebenso klaren Ausspruch bezüglich Schwedens. So lange der Kaiser den
Schwedenkönig pro mediatore agnoscire, könne er allerdings denselben nicht
pro hoste erklären. Die kaiserlichen Räthe erwidern, ihr Herrscher erkenne
Schweden nicht als Vermittler an, hätte ihn auch nicht als solchen anerkannt,
daher keine Aufkündigung nöthig sei; der Kaiser könne aber ohne vorherigen
Entschluss der Stände Schwedens Vorgehen nicht als Reichsfriedensbruch er-
klären; es lasse sich die Sache auch nicht so strict mit Trier vergleichen. Dort
habe man geplündert, gesengt und verbrannt, die Stadt Trier und andere Plätze
weggenommen, was alles in Brandenburg noch nicht geschehen. Das Schreiben
an die Stände könnte so eingerichtet werden, approbando das heilsame con-
clusum contra qacscanque aggressores; weil nun der Kurbrandenburger
sich beklage, dass er von Schweden wider den Frieden invadirt worden, ver-
lange der Kaiser das Gutachten der Stände, was zu Folge solchen conclusi
weiter zu thun und welchergestalt Kurbrandeuburg zu retten sei.
Crockow: Dies habe der Kaiser wider Frankreich nicht gesagt; wenn der
Kurfürst nicht genügende Assistenz erhalte, werde er wissen, was er zu thun
habe; es sei von der zuletzt abgegangenen Resolution nichts zu hoffen; wenn
der Kaiser nicht sage, dass Schweden Feind des Reiches sei, würden es die
Stände auch nicht thun. Die kaiserlichen Commissäre antworten, man habe
damals auch nicht eine Declaration von dem Reiche erhalten können, bis die
vires praesentes gewesen; wenn der Kaiser jetzt voran die Declaration thäte,
würde es wider das instrumentum pacis geschehen. Man halte das Vorgehen
kaiserlicherseits für einen Bruch; man brauche aber keine Ermächtigung des
Reiches um Brandenburg zu unterstützen, wohl aber eine Universalapprobation
um Schweden für einen Reichsfeind zu erklären. Der Kaiser werde thun was
seines Amtes sei; aber allein werde er nicht gehen, Brandenburgs Truppen
müssten dort sein.
Crockow erklärt, Brandenburg werde nichts gegen die Schweden unter-
nehmen, wenn nicht Dänemark und Holland die See sperren, doch könne man
sich auf Dänemark nicht verlassen, auch von den sächsischen Kreisvölkem halte
er nicht vieP). Ferner dringt Crockow auf avocatoria, auf Vertheilung der
Armee und fordert Subsidien. Die Kaiserlichen erklären, bezüglich der avoca-
toria sei es besser, wenn sie eines auf das andere folgen lassen; die Verthei-
lung der Armee werde von der Gestaltung der Dinge abhängen ; Subsidien aber
sei der Kaiser unter keiner Bedingung zu zahlen im Stande.
») Pacbner I.e. I. 676 ff., 705 f.
5) Vergl. Puf. 1. c. Xni. 17.
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Erklärung Schwedens als Reicbsfeind. Unterstätzung des Königs von Dänemark. 811
Der Kaiser an den Kurfürsten, Dat Wien 14 Febn 1675.
(Conc.)
[Bereitwilligkeit den Kurfürsten' zu unterstützen.]
Auf die Schreiben des Kurfürsten vom 30. Dec. 1674 und 16. Jan. 1675 14. Febr.
erwidert der Kaiser, er habe mit Bedauern von Schwedens Einfall vernommen,
habe dem fränkischen Kreise wegen der Einquartierung der brandenburgischen
Truppen geschrieben, auch vor Einlangen des kurfürstlichen Schreibens seinen
Vertretern in Regensburg befohlen, das Begehren Brandenburgs wegen Garan-
tirung und sonstiger Assistenz seitens des Reiches zu unterstützen. Der Kaiser
ist bereit alles zu thun, um Brandenburg zu unterstützen; wie er sich die
Operationen gegen die gemeinsamen Feinde denke, werde Goess dem Kurfürsten
berichten ').
Der Kurfürst an den Kaiser. Dat. Schweinfurt 8./18. Februar
1675. (Aut.)
[Bitte um Unterstützung des Königs von Dänemark.]
Obzwahr Ew. Kay. May^^ mitt meinen anligen nicht gerne behelligen 18. Febr.
weite, So dringet mich denoch die umbgeDgliche nodt undt werden Ew.
Kay. May**, von meinem Rahdt, dem von Erakaven, allergnedigst ver-
nommen haben, welcher gestaldt unvermutter weisse die Chron Schwe-
den meine Chur Brandenburg aberfallen, darin noch biss dato sehr ubell
haussen, Stette undt dorffer verödet undt verwüstet, die Stadt Landts-
berg zu fortifidren angefangen undt mich nuhmer in die groste min
gebracht, auch innutill machen Ew. Kay. May^. wie auch meine Alligirte
bey diessen gefehrlichen coniuncturen nach gebühr zu assistiren undt
beizustehen; Derhalben Ich in diessem meinem betrübten zustande keinen
besseren trost undt hülffe zu suchen weis als bey Ew. Kay. May^., in
der gewissen Zuversicht, dieselbe werden meinen zustandt behertzigen.
Mich als dero getreuen Churfnrsten, welcher schon unterschidene proben
gethan undt noch inskünftige zu thun Sich verpflichtet, nicht verlassen,
sonderen baldt baldt gnedigste rettung verschaffen. Undt weill Ich von
Coppenhagen diesse gewisse Versicherung erlangt, das der Eonig von
Dennemarck, dafeme Ihm nur in etwas geholffen werden mochte, Er auff
die Schweden lossbrechen undt dadurch mich von der Schweden unbe-
grüntten feiudtlichen uberfall befreien*). So ersuche Ew. Eay. May^.
Ich hiemitt underthenigst, dieselbe wollen, damitt Ich nicht auss aller
Der Inhalt dieses Schreibens im Th. Eur. XI. 715.
>) üeber Dänemarks Haltung Puf. 1. c. XIII. 23 ff.; Basnage 1. c. II. 598.
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812 VII. Der Krieg gegen Schweden. Oct 1674 — Febr. 1679.
coDsideration gesetzet, freunden undt feinden zum schimpffe leben undt
andere Sich nicht ahn mich zu Spiegallen haben mögen, ein geringes
nicht ansehen, Sonderen dahin zu sehen, auf das man den Konig be-
fridige undt Ihn desto williger mache seine Wapffen gegen Schweden
zu gebrauchen, wodurch Ew. Kay. M^. mich undt mein Churfurstliches
hauss jemehr undt mehr verbinden; werde es auch gegen Ew. Kay. May^.
gehorsambst zu verschulden mir höchstes fleisses angelegen sein lassen ').
Goess an den Kaiser. Dat. Schweinfurt 19. Febr. 1675. (Or.)
[Quarlierfrage. Klagen des Kurfürsten über die Spanier. Hollands Benehmen. Reichs-
tag zu Gothenburg.]
19. Febr. Goess berichtet, dass die fränkischen Stände zum grössten Theile bezüglich
der Quartiere schon mit dem Kurfürsten abgeschlossen hätten, daher zu be-
denken sei, ob er dem kaiserlichen Befehle vom 7. Februar^ gemäss beim
Brandenburger, dem immer schlimmere Zeitungen aus den Kurlanden zugehen,
wegen Verlegung einiger Quartiere nach diesen Ländern anhalten soll. Goess
hält diese Zumutbung nicht für thunlich. Der Baron von Clairvaux') theilt
dem Goess mit, wie heftig sich der Kurfürst über die Spanier ausgelassen, als
er vernommen, dass auch zu Regensburg der Versuch gemacht werde von
Brandenburg die Selbstverpflegung der Armee zu fordern, woraus der Kaiser
zu ersehen habe, dass es nothwendig sei, in diesem Punkte vorsichtig vorzu-
gehen und mehr auf eine billige Moderation und Sublevirung als auf gänzliche
Enthebung von der Verpflegung anzutragen. Mit der Holländer Intention der
Mark Brandenburg zu Hilfe zu kommen ist der Kurfürst zufrieden. Blaspeil
hat dem Goess das Schreiben Brandts aus Stockholm vorgelesen, in welchem
dieser erwähnt, dass auf den 26. Februar ein Reichstag nach Gothenburg aus-
geschrieben sei und erklärt, es würde gut sein, wenn der Kaiser, Spanien,
Brandenburg und Holland Vertreter dahin senden würden, da ein grosser Theil
der Senatoren friedliebend gesinnt sein soll.
Unter dem 12./22. Febr. 1675 schreibt der Kurfürst dem Kaiser über die in-
timen Beziehungen der Stadt Strassburg zu den Franzosen. Vergl. Grimoard 1. c. II.
638, 643.
^ Liegt nicht vor.
^ Der Baron von Clairvaux war von Monterey zum Kurfürsten gesendet worden;
vergl. den Bericht des Goess vom 6. Aug. 1674 p. 780.
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Quartierfrage. Spanien. Vertbeidigung der Marken gegen die Schweden. 813
Goess an den Kaiser. Dat Schweinfiirt 22. Febr. 1675. (Or.)
[Des Karforsten Erklärungen bezüglich seiner Yertheidigung gegen die Schweden.
Unterredung des Kurfürsten mit dem Prinzen von Oranien.]
Auf was ich T. Ch. D. proponirt, das« nemlich S. Ch. D. die Schwe- 22. Febr.
den nit langer in dero Landen einnesten, noch sich verstarken lassen*
sondern dieselbe ohne Zeitverlierung daraus zu vertreiben und was E.
E. M. sich erbieten auf ihrer Seiten darbei zu thun, haben sie einige
Bewegnus des Gemuths verspüren lassen, also dass ihro das Wasser in
die Augen gelegen. Haben sich demnach um diese treu kaiserliche
Ffirsorg unterthänigst bedankt. Sie vermeineten darbei, dass das Werk
mit ihren AUiirten vorhero zu concertiren, welchergestalt nemlich es von
allen Seiten anzugreifen, dolirten, dass ihre Feinde, sie in Mistrauen zu
setzen, ausgaben, dass sie sich mit Schweden vergleichen; das thäten
sie nit, würdens auch nit thun, hätten dessen aufs neu den Eonig in
Dänemark und den Herrn Bischof zu Osnabrück versichert. Ihre Lan-
den wurden zwar ruinirt, das wäre nun nit zu verhüten; sie müssten
sich gleichwohl die Zeit nehmen, das Werk recht, wie es die Notdurft
erfordert, zu fassen. . . . Der Kurfürst wird nach Cleve reisen, um sich mit
dem Prinzen von Oranien zu berathen').
Der Kurfürst an den Kaiser. Dat. Schweinfurt 22. Fe-
bruar/4. März 1675. (Or.)
[Ornnde des Benehmens des Kurfürsten. Bitte desselben um genaue Angabe der
Truppenzabl, die der Kaiser ihm senden will. Massregeln des Kurfürsten in den
Marken. Bitte um Unterstützung des Prinzen von Oranien. Schwedens Vermittlerrolle.
Gewünschte Massnahmen des Kaisers. Bedeutung des Verhaltens des Kaisers. Grund-
losigkeit der Nachricht von schwedisch -brandenburgischen Beziehungen. Rechtferti-
gung der Haltung des Kurfürsten im letzten Feldzuge. Beförderung der spanischen
Subsidienzahlangen.]
Der Kurfürst dankt für das Schreiben vom 14. Feb. und für die durch 4. März.
Goess erfolgten Erklärungen.
Belangend die eröffnete Rettungsmittel, wäre mir wohl nichts lieber,
als dass ich bereits mit meinen Truppen in meinen oder des Feindes
Landen stehen und mittels göttlicher Hülfe ferneres Unheil abwenden
möchte. Gestalt ich dann, sobald dieselben nur ein wenig im Stande
und was E. E. M. wegen der Eriegesoperationen mit dero hohen Älliirten
Vergl. Droysen 1. c. III., 520f.
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814 VII. Der Krieg gegen Schweden. Oct 1674— Febr. 1679.
femer werden gut gefunden, vernommen, ich auch mit des Prinzen von
Orange L*«". mich werde besprochen haben') und darauf mit solcher
Assistenz versehen sein, damit wider den Feind mit Nachdruck agiret wer-
den kann, kein Moment versäumen werde, dasienige an Hand zu nehmen,
was nöthig und fürträglich wird befunden werden. Indessen würde mir
sehr lieb sein, wann ich von derienigen Hülfe, so E. E. M. mir gnädigst
zuzusenden entschlossen und wie hoch dieselbe anlaufen, auch zu welcher
Zeit ich ihrer mächtig werden könnte, gewisse und eigentliche Nachricht
erlangen könnte. Im obersächsischen Kreise will man noch einen Con-
vent halten und werden die Schweden und diejenigen, so sie an sich
ziehen, alles Gutes hindern, falls E. E. M. nicht mit Nachdruck über
ihrer gnädigsten Disposition und Verordnung halten. Die Völker, so
E'. E. M. Chursachsen zu Folge der Bündnus schicken soll, vernehme
ich, dass sie annoch in schlechtem Stande seien und sobald nicht ge-
brauchet werden können.
Ich habe sonsten in meinen Landen dergleichen Anordnung, so gut
bei diesem Zustande möglich gewesen, gemacht, dass der Feind hoffent-
lich keines importanten Orts sich werde bemächtigen können und bitte
unterthänigst E. E. M. diejenigen, so dero Truppen in der Schlesien com-
mandiren, dahin allergnädigst zu beordern geruhen wollen, dass sie,
wann's thunlich befunden werden möchte, dass des Feindes fernere Pro-
gresse zu hindern oder ihm Abbruch zu thun wäre, sie sich mit meinen
Truppen coniungiren, oder zu desto besserer Defension oder Besetzung
eines oder des andern Orts einige Mannschaft abfolgen lassen möchten.
Der Kurfürst bittet den Kaiser, dem Ersuchen des Prinzen von Oranien
um Unterstützung durch einen Theil der unter dem General Sporck stehenden
Cavallerie für seinen Zug in's Bremische zu willfahren. Dass der Kaiser auf
des Kurfürsten Bitte wegen Removirung Schwedens von der Mediation nicht
geantwortet, hat den Kurfürsten sehr betrübt, da doch Schwedens rechtswidriges
Vorgehen offenkundig sei. Da nun aber der König von Schweden offen durch
das an die Reichsstände erlassene Schreiben vom 16. Dec. 1674 gesteht'), dass
er mit Frankreich so verbunden, dass er es gegen alle Feinde schützen wolle,
sei klar, dass Schweden nicht mehr die Rolle des Mediators spielen könne and
der Karfürst hofft daher, dass der Kaiser neue Versuche Schwedens in dieser
Hinsicht zurückweisen wird.
Femer ersucht der Kurfürst den Kaiser gemäss der von ihm gefassten Be-
schlüsse, er möge geruhen an die Stände des Reiches excitatoria zu er-
theUen, dass sie das versprochene Duplum aufbringen und mir za
') Die Unterredung fand bald darauf in Cleve statt.
*) Abgedruckt unter dem Datum des 19. Dec. bei Londorp 1. c. X. 240 ff.
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Des Kurf. Haltung. Massregeln geg. Schweden. Unterstützung Br. durch den Kaisers. 815
Hülfe wider die Schweden förderlichst anziehen lassen mögen; 2^ scharfe
avocatoria wider diejenige, so in schwedischem Dienste sein, allererst
ergehen zu lassen; 3^ auch wider den König in Schweden, welcher E^
K. M. und dem Reich als ein Vasall mit Eid und Pflicht verwandt,
mandata, wie in causis fractae (pacis) publicae üblich, zu ertheilen.
Fernere Reichsdeliberationen über diesen Fall zu veranlassen wird der
Kaiser wohl für nnnotbig erachten. Die Ehre des Reiches, die Autorität des
Kaisers und die Bestimmungen des Bündnisses erfordern ein rasches Eingreifen
des Kaisers, von dessen Entscheidung das Benehmen der übrigen Mächte ab-
hängen wird.
Es finden sich einige, die von Friedenshandelungen reden und die-
selbe furwenden wollen, ja es seind wohl welche so boshaft, dass sie sich
nicht scheuen auszusprengen, es wären dergleichen Tractate zwischen Schwe-
den und mir in geheim unter der Hand. Derlei Aussprengungen haben
gar keinen Hintergrund. Der Kurfürst betheuert, dass er mit Schweden keine
Friedensverhandlungen gepflogen habe und spricht nochmals die Hoifouug aus,
dass man ihn nicht verlassen werde.
Ich trage billig Bedenken, E^ E. M. länger beschwerlich zu fallen,
weil aber an Erhaltung guten Vertrauens und Wegräumung der Mis-
verstände, so einige übelwollende zu erwecken sich bemühen, nicht wenig
gelegen, so zwinget mich meine Unschuld und die Liebe zu dem ge»
meinen Besten zu erwähnen, wie ich schmerzlich vernehmen müssen,
samb wollten einige bei E^ E. M. die Gedanken erwecken, als wann
ich den Entsatz von Breisach, wie auch die Retraite über die Rhein-
brücke hätte verhindern können und diese zwar zuforderst veranlasset *).
Welchergestalt ich mich bemühet, dass Breisach reduciret werden möchte
und wie ich wohl allein mich darunter bemühet und niemand als E^ E.
M. Generalmajor Schmidt, daran E. E. M. einen gar treuen Diener haben,
mir hierunter an die Hand gegangen, wiewohl ich sehr darauf getrieben,
könnte ich mit E^ E. M. eigener ministrorum Zeugnis beibringen. Wie
ich auch in Zeiten, als der Feind eingebrochen, gewamet, aber nichts
geschaffet, solches redet der unnöthige Verlust des porcischen Regiments
und anderer schönen Truppen '). Zur Verlassung des Elsass bin ich nie
geneiget gewesen. Es kann mein an E'. E. M. Hofe sich enthaltender
Rath, der von Crockow, alle Moment deroselben ein Schreiben, so ich den
') Vergl. über diese Dinge Peter I.e. 339, 355 f.; Wagner I.e. 1,359 ff,; über
die hier erwähnten Operationen Peter I. c. 327 ff.
^ Das PortiaVhe Regiment hatte sich nach dem Gefechte von Mu hl bansen am
31. Dec. kriegsgefangen geben müssen, 900 Mann mit Fahnen und Gepäck: Grjmoard
1. c. 628; Deschamps 1. c. 393 f.; Peter 1. c. 338.
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816 VII. Der Krieg gegen Schweden. Oct. 1674— Febr. 1679.
14. Nov. 1674 an ihn gethan^ allerunterthänigst fürlegen, darin ich ihm
nebst Anziehung verschiedener Gründe befohlen keine Einquartirung im
Schwäbischen und daran gelegenen Kreisen bei E^ K. M., sondern allein
die Zufuhr von Frachten aus besagtem schwäbischen Kreise und E^ K.
M. ans Elsass stossenden Landen allerunterthänigst zu suchen. Der
Meinung bin ich auch allezeit unverändert geblieben und hatte alle mein
Datum darauf gesetzet, dass man im Elsass, Burgund und der Ends was
gutes und fürträgliches schaflfen möchte. Wie aber die Armeen, so am
Niederrheinstrom, an der Mosel und der Ends gestanden, in die Winter-
quartier gegangen, die cond^ischen Truppen darauf zu dem Vicomte de
Turenne gestossen und er mit grosser und vieler Mannschaft verstärket,
ihm auch keine Diversion, warum ich eiferigst angehalten, gemachet
worden, hergegen £^ K. M. Armee^ so in Elsass stand, so sehr abgenom-
men, dass nicht viel über Tausend Combattanten zu Fuss dabei zu be-
finden waren, der anderen AUiirten Truppen nebst den meinigen auch
sehr abgenommen und der Mangel an Yivres und Fourage sich im Elsass
fand, da ist der meisten und darunter des Duc de Boumonville, aber
nicht meine Meinung allein dahin gegangen, dass man besser thun würde
die Armee in die Quartiere zu führen, damit sie sich etwas refraichiren
und gegen das Vorjahr wieder in Action treten könnte, als dass man
sie ganz und gar bei solchem Mangel und da man gegen einem Feinde,
der den AUiirten an Macht damaln weit überlegen, zu stehen und täg-
lich zu agiren hätte, zu Grunde richten sollte. Ob hierin nun übel ge-
rathen, oder auch mir allein solches zuzuschreiben, was andere gut ge-
funden und das durch diversiones wohl hätte remediret werden können,
davon will ich E'. K. M. höchsterleuchtetes ürtheil gerne leiden. Ich
trage keinen Scheu, sondern befinde mich fast genöthiget, was bei voriger
Campagne passiret, öffentlich an den Tag zu legen, allein ich mag den
gemeinen Feinden keine Freude machen und trage zu E^ K. M. das unter-
thänigste gute Vertrauen, sie werden dero hohen angebornen Gütigkeit
nach denjenigen, so deroselben von mir widrige Rapport thun, keinen
Glauben beimessen, sondern mir dieselbe in Gnaden eröffnen und mich
darüber vernehmen. Solches ist billig und gereichet zu Hinderung alles
schädlichen Mistrauens; ich werde auch dadurch zu allen aufrichtigen
Gegenbezeugungen und treu gehorsamsten Diensten gegen E. K. M. mehr
und mehr verbunden werden. Ich begehre zwar niemand zu graviren,
wo es aber E. K. M. gnädigst begehren, will ich mit eigenen Händen
aufsetzen, was dabei passiret.
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Rechtfertigung des Benehmens des Eurfärsten. Bitte um Hilfe. Derfflinger. 817
Schliesslich bittet der Kurfürst den Kaiser bei Spanien für die Zahlung
der Snbsidien zn wirken.
Goess an den Kaiser. Dat Schweinfart 4. März 1675. (Or.)
[Derfflinger. Stimmung des Kurfürsten. Schwerins Haltung in der schwedischen
Einbruchsfrage. Hollands Zweifel an Brandenburgs guter Gesinnung. Brandenburgs
Plan der Erblichkeit der deutschen Königswürde im Hause Habsbnrg. Klagen wegen
der Entscheidung des Kaisers in der Avocatorien- und schwedischen Mediationsan-
gelegenheit. Unterredung des Ooess mit den Brandenburgern über die Action Branden-
burgs gegen die Schweden. Des Ooess Sendung zum Friedenscongress.]
Goess übersendet das Protocoll seiner mit dem Kurfürsten und Somnitz ge- 4. März,
haltenen Conferenz»)- |: Den Derfflinger betreffend, kann denselben E'.
K. H. niemand besser als dero Generallieutenant der Graf von Monte-
caccoli beschreiben, dahero ich unnöthig erachte dieselbe hiemit ferner
In dieser Conferenz vom 22. Februar stellt Goess dem Somnitz die grosse
Bedeutung Strassburgs und die Nothwendigkeit sich dieses Passes zu versichern vor.
Sonmits erkennt dies an, behauptet aber, diese Sache gehöre zu den Kriegsoperationen
und es sei darüber auch in Regensburg berathen worden; man müsse daher warten,
wozu man sich an diesem Orte entscheiden werde. Auf die Bitte des Somnitz ver-
spricht Goess für die Erhaltung eines guten Einvernehmens zwischen Brandenburg
und Hannover wirken zu wollen. Für das, was Goess gemäss der kaiserlichen In-
struction wegen Abwehr der von Schweden drohenden Gefahr vorgebracht hat, dankt
Somnitz im Namen des Kurfürsten, bringt aber folgende Bedenken vor: P. wisse
man nicht, mit welcher Truppenzahl und mit welchem Befehle Goob nach Schlesien
geschickt worden sei, wie gross die Truppenzahl ist, die der Kaiser von Sachsen nach
den Verträgen zu fordern berechtigt seL Durch die Weigerung des Wiener Hofes die
vom Prinzen von Oranien für Bremen verlangte kaiserliche Oavallerie abzusenden,
werde diese Operation »gesteckt*. 2^. Der Kaiser gebe dem Kurfürsten keine Subsidien,
habe solche dem Crockow noch unlängst abgeschlagen; die Subsidien zahlenden Alliirten
verlangen aber, dass der Kurfürt bleibe, wo er ist. Ob der Kaiser verlange, dass
Brandenburg mit seiner ganzen Armee nach seinen Ländern ziehen soll? 3®. Goess
kenne den Stand der brandenburgischen Armee und dass dieselbe nothwendig einige
Rast benöthige; man könnte endlich einen Theil detachiren und mit Coob gemeinsam
agiren lassen; der Kurfürst habe noch 13000 Pferde in Brandenburg und könne 3
bis 400 Mann zu Fuss aus den Festungen nehmen.
Goess antwortet ad I. Er habe bereits über die Stärke und Ziele der coobi
Expedition berichtet; wie zahlreich die sächsischen eigenen Auxiliarvölker
werden, wisse Goess nicht genau, der Kaiser rechne darauf, dass die bi
burgischen und sächsischen Auxiliarvölker über 20000 Mann betragen y
Ad U. Subsidien vom Kaiser bei den grossen Lasten, die er ohnehin zu trage
fordern, gehe nicht an. Im übrigen betont Goess die Nothwendigkeit, dass s,
Kurfürst gegen die in sein Gebiet eingefallenen Schweden mit grosser Kraft
Ad in. Man müsse so stark als möglich den Seh ^treten. Goess
Mater. %. Gesch. d. O. Karf&rtten. ZIV. 2. 52
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818 VII. Der Krieg gegen Schweden. Oct 1674 — Febr. 1679.
aufeahalten. Er hat sich seither nichts geändert, nisi forte in peius . . .
auch habe ich nicht verspüren können, dass die kaiserliche Gnad, so
E. K. M. ohne sein Verdienst ihme in vergangenen Jahr erwiesen, im ge-
ringsten gefruchtet. Seine Amotion belangend, hanc Optant fere omnes
boni, dann man haltet ihn gar nicht capace zu solcher Charge und seind
im üebrigen seine Untugend genugsam bekannt. Der Churforst solle,
wie man mir für gewiss sagt, von allem gar wohl informirt sein; man
kann dannoch nit verspüren, dass er resolvirt einen andern zu machen,
worin nit die geringste Difficultät ist, dass man ihme einen andern an
seine Stell, der Churbrandenburg angenehm und den sie praeferiren
möchten, vorzuschlagen. Alle unpassionirte erkennen, dass der Fürst
von Anhalt ohne Gleichnus Brandenburg besser anstehen würde, aber
diese scheinen nicht persuadirt zu sein, unangesehen der Fürst alle Satis-
faction bei seiner Statthalterei gebe. Somnitz rechnet auf die Zasammen-
konft des Kurfürsten mit dem Prinzen von Oranien, der schon informirt ist and
von Schwerin, Blaspeil und anderen noch besser informirt werden kann. Ich
kann bis dato nicht vermerken, dass Brandenburg in einige Tractaten
mit Frankreich oder Schweden begriffen, noch auch darzu incliniren
sollen, sondern sie lassen vielmehr eine starke Animosität vermerken
und Begierde sich zu revangiren verspüren. Ohne ist nit, dass wann
man's deroselben nicht nach ihren Sinn macht, sie zuweilen heraus-
brechen und sagen, dass sie andere consilia werden ergreifen müssen.
Diese aber will ich glauben, dass es mehr Impatientien als intentiones
seind. Sie sagten mir vergangenen Tagen, dass ihre avantageuse con-
ditiones offerirt würden — welches mich mehr stutzen machen würde,
wann ich's glaubete — , dass sie aber dieselbe nie annehmen, sondern
beständig bei der Partei verbleiben wollten; sie zeigen vielmehr zu sorgen.
femer des Kaisers Forderung, dass der fränkische Kreis möglichst Terschont bleibe,
zu rechtfertigen, worauf Somnitz meint, der Kurfürst habe gehofft, der Kaiser werde
den fränkischen Kreis anweisen, dem kurfürstlichen Heere, das um des Reiches
Willen ausgezogen sei, aufzuhelfen. Was Goess wegen der Avocatorien vorbringt und
über des Kaisers deswegen mit den Ständen zu Regensburg gepflogenen Berathungen, so-
wie wegen nicht alsofort geschehener Amotion der Schweden von der Mediation, hat
nicht angenommen werden wollen; man hätte in der Sache der Stadt Bremen solche
Umschweife nicht bedurft; ein Zweifel an Schwedens feindlichen Absichten sei nicht
möglich. Goess betont, dass man am kaiserlichen Hofe über die Ziele der schwedi-
schen Politik im klaren sei; die Frage sei allein, wie man sich dabei zu yerhalten
habe. Wenn man gleich anfangs, da alles in der Mark Brandenburg im schlechten
Stand war und die Herre weit entfernt standen, hätte losgehen wollen, hätte die Sache
dadurch eher schlechter als besser sich gestalten müssen.
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Brandenb. Haltung. Schwerin. Erblichkeit der deutschen Krone im Hause Habsburg. 819
dass die Holländer allzusehr sich nach dem Frieden sehnen und seie
ihre Reis und Unterredung mit dem Prinzen von Oranien zuforderist an-
gesehen, solche Gedanken, wann einige da wären, zu divertiren. Qoess
übersendet das ihm von Schwerin zugekommene Schreiben ^). E. E. M. können
daraus sehen, wie er über dieses Werk raisonirt. Es wollen zwar einige
vermathen, dass er Brandenburg einige zum Accommodement zielende
consilia suggeriren möchte, in welchem Falle dasienige, was er von der
Impatienz meldet, dahin zu deuten wäre, damit die Sach durch einige
geschwinde Action nicht vnlnerirt und das Accommodement um so viel
schwerer gemacht würde. Wie ich ihn aber kenne, so werd er nit leicht
bei einer so heiklichen Sach und darin Brandenburg sich so sensible
zeigen^ einige deroselben Intention und Inclination zuwiderlaufende consilia
an die Hand geben. Auch in Holland, wie mir der Eramprich schreibt,
dubitire man an Brandenburgs Beständigkeit bei der Party, unangesehen
der so starken durch den Romswinckel thuenden Contestationen ')
Als I. Ch. D. gehört, dass I. E. M. die Eaiserin gross Leibs, haben sie
eine sonderliche Freud darüber gezeigt und zum andernmal die Dis-
curs mit mir angehebt, wann Gott E^ E. M. männliche Successioti geben
sollte, man dahin zu trachten, dass die römische Eron auf dero descen-
dente perpetuirlich und erblich käme. Sie wollten die erste sein das
Werk zu poussiren und hieltens nit für impracticabel, vermeinten auch,
dass sie ihrer Posterität besser hierdurch vorsehen würden, als wann
man bei der freien Wahl allzeit in Ungewissheit und denen Factionen
unterworfen bleiben müsste. Ich lasse nun dahin gestellt sein, mit was
vor Intention sie mir dieses gesagt, habe unterthänigst Dank gesagt . . .
und im übrigen insinuirt, dass wann wir diesen Erieg mit tapferer Re-
solution ausfuhren und Gott die gerechte Waffen segnen werde, hierdurch
die Bahn zu viel andere gute Ding könnte gemacht werden.:) Sachsen
und Hannover zielen auf Beilegung des brandenburgisch-schwedischen Conflictes.
Unter den in protocollo enthaltenen Punkten hat man hier die grösste
Mis Vergnügung, in dem so die Avocatorien und Amotion der Schweden
von der Mediation betrifft, darüber ich seither noch unterschiedliche
^ Schwerin an Goess. Dat Cleve 4. Febr. 1675. (Copie.)
. . . „Quant a riDvasion des Suedois, je crois, qn^avec le temps ils 8*en pounoient
repentir, mais je crains fort, que par nostre impatience nous empirions le mal, les
grandes affaires ne se fönt Jamals a la haste; la ruine du pays ne peut pas estre
evit^ quand mesme toutes les arm^es seroient prestes de nous secourir.
3) Ueber Romswinckels Thätigkeit Urk. u. Act. III. 455 ff.
52*
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820 VII. Der Krieg gegen Schweden. Oct. 1674 — Febr. 1679.
Klagte gehört; auf was ich vorstelle, dass es so besser und es ihnen
selbst nützlicher, antworten sie, dass sie diesem von uns vermeinten
beneficio gern renunciiren. Wegen des Marsch mit der Armee nach den
churbrandenburgischen Landen werd wohl nichts daraus ehe und bevor
die vorhabende Unterredung mit dem Prinzen von Oranien geschehen
und die operationes concertirt. Als I. Ch. D. vergangenen Tagen klagen
wollten, als wären wir nit prompt gnug dieselbe zu assistiren, fragte ich
sie, ob sie dann vergessen, was ich deroselben und auch dem von Som-
nitz proponirt; tantum abesse, dass wir diejenige wären, so I. Ch. D.
zur Action mit Erbietnng unsers und anderer Völker Secours stimulirten.
Einer unter ihnen antwortete mir, dass dieses von uns allein geschähe,
damit wir S'. Ch. D. Armee aus diesem fränkischen Kreis wegbringen
möchten. Sie liessen sich vernehmen, dass sie, wann sie mit der übrigen
Armee nach ihren Landen zugehen werden, ein Corpo von 6000 Mann
wollen dieser Orten und am Rhein lassen Des Goess Gesundheits-
zustand lässt nicht zu, dass er den Kurfürsten auf der Reise nach Giere be-
gleite.
In einem zweiten Schreiben vom selben Datum dankt Goess für das ihm
gemachte Anerbieten als Abgesandter zum Friedenscongress zu gehen, bittet
aber in Berücksichtigung seines schlechten körperlichen Zustandes jemand an-
dern für dieses Amt ausznersehen.
Der Kaiser an den Kurfürsten, Dat Wien 7. März 1675.
(Conc.)
[Vorgeben des Kaisers gegen Hamburg und Strassburg. Quartierfrage. Unterstätzung
des Kurfürsten.]
7. M&rz. ^^^ Klagen Brandenburgs über Hamburgs und Strassburgs schlechtes Be-
nehmen hat der Kaiser vernommen und findet, dass Brandenburgs Forderung
eines strengen Vorgehens gegen Hamburg gerechtfertigt ist. Da aber Gefahr vor-
handen ist, dass ein allzu strenges Vorgehen die Stadt Hamburg den Schweden
ganz in die Arme treiben würde, ist der Kaiser dafür, vorerst mit den alier-
strengsten Massregeln auszusetzen, doch hat er der Stadt befohlen, die Fran-
zosen abzuschaffen und das, was des Kaisers publicirte mandata avocatoria mit
sich bringen, zu thun und zugleich seinem Residenten daselbst, dem Reichs-
hofrathe Rondeck, Befehl ertheilt, der Stadt zu remonstriren, dass im Falle die-
selbe des Kaisers Begehren nicht erfüllen sollte, Dänemark und Holland sich
bewogen fühlen dürften, Repressalien gegen die Stadt zu gebrauchen. Auch
wegen Strassburgs wird der Kaiser Vorkehrungen treffen, er hat zu diesem
Behufe bereits an Georg Wilhelm von Braunschweig und an den Markgrafen
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Der Kaiser gegen Hamburg und Strassburg. Quartierfrage. Derfflinger. 821
von Baden gesehrieben, sie mögen wegen Verwahrung des Passes über die
Rheinbrücke zu Strassburg das nothwendige vorsehen*).
Vom selben Tage datirt ein zweites Schreiben, in welchem der Kaiser den
Karförsten ersucht, mit Rücksicht auf die von Seite der fränkischen Stände
eingelangten Klagen über allzu grosse Belastung durch des Kurfürsten Truppen,
aaf Mittel und Wege zu sehen, wie dem abzuhelfen sei und wie ein Theü der
brandenburgischen Truppen in andere Kreise gelegt werden könnte.
In Erwiderung des kurfürstlichen Schreibens vom 8. Februar verpricht der
Kaiser (d. d. 10. März 1675 Conc.) alles zu thun, um den Kurfürsten zu unter-
statzen, das nähere dürfte der Kurfürst nächster Tage erfahren, doch hoflft der
Kaiser, dass auch der Kurfürst treu bleiben und mit niemandem Particularver-
träge schliessen werde.
Der Kaiser an Goess. Dat. Wien 9. März 1675. (Conc.)
[Abmarsch der kurfürstlichen Truppen. Derflflinger. Reichstag zu Gothenburg.]
Goess soll noch femer auf den Abmarsch der kurfürstlichen Truppen und 9. März.
auf volbtändige Evacuirung Schweinfnrts dringen, zu erfahren trachten,
wie sich der Kurfürst zur Entlassung Derfflingers stellt und die Absendung
eines brandenburgischen Bevollmächtigten nach Moskau fSrdem. Die von
Brandt vorgeschlagene Sendung zum Reichstage in Gothenburg hält der Kaiser
für unnothig und unnützlich, da Brandt bereits Schweden verlassen hat und
die Sache ohne dem bald zum Bruche kommen wird. Goess soll darauf achten,
dass gute Ordnung in den Quartieren gehalten wird.
Goess an den Kaiser. Dat. Schweinfurt 12. März 1675. (Or.)
[Vorsorge für Strassburg und die yorderosterreichisehen Länder. Des Pftlzers Er-
klärungen. Reise des Kurfürsten nach Cleve. Sächsische VermitteiungSTOrscbläge.
Verhandlungen des Kurfürsten mit Kosboth.]
Goess hat, als er wegen Strassburgs und der vorderosterreichischen Länder 13. März,
mit dem Kurfürsten gesprochen, bemerkt, dass der Kurfürst die Sorge für diese
Dinge den Kreisvölkem und den Truppen der näher gelegenen Allürten über-
lassen wolle.
Von Kurpfalz hat Goess Schreiben erhalten, worin der Kurfürst von der
Pfalz die Vereinigung der kaiserlichen und der Reichsvölker für den nächsten
Feldzng empfiehlt, weil dadurch die Reichsvölker zu besserer Action genöthigt
werden würden.
In einem zweiten Schreiben vom selben Datum meldet Goess, dass der
Kurfürst nach Cleve aufgebrochen sei. Der von Sachsen zum Brandenburger
^ Ueber die Verhältnisse Strassburgs in dieser Zeit Legrellc, Louis XIV. et
Strasbourg (1881) 161 ff.; Lorenz und Scherer, Geschichte des Elsasses d70ff.
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822 VII. Der Krieg gegen Schweden. Oct. 1674 — Febr. 1679.
gesendete BevollmSchtigte Kosboth hat die Mediation Sachsens zwischen Schwe-
den und Brandenbarg offerirt, die Unmöglichkeit die geforderte Unterstötzang
zu leisten betont und geklagt, dass einige Lehensleate des Kurfürsten von
Sachsen durch die Einquartierung zu sehr zu leiden haben. Bezüglich der Me-
diation fragte der Kurfürst den Kosboth, ob der Churfürst, sein Herr, wann
er eine Maulschellen bekommen, also darmit vorlieb nehmen und die
propositiones von Vergleich sofort anhören würde. Die Forderung um
Hilfe wurde wiederholt, die Einquartierung mit dem Ruine der brandenburgi-
sehen Länder entschuldigt.
Der Kaiser an den Kurfürsten. Dat Wien 15. März 1675.
(Conc.)
[Bereitwilligkeit des Kaisers den Kurfürsten zu unterstützen. Quartierfrage.]
15. März. Dass der Kurfürst in seinem Schreiben vom 4. März die Verdienste des
Kaisers anerkennt, freut diesen sehr; er ist auch bereit alles, was in seiner
Macht steht, zu thun, um Brandenburg gegen Schwedens Einfall zu schützen,
hat den kaiserlichen Gesandten in Regenshurg befohlen, die Vorschläge der
kurfürstlichen Vertreter zu secundiren and Holland und Spanien zur schleunigen
und pünktlichen Zahlung der Subsidien aufgefordert. Ueber die anderen Punkte
wird der M^* de Grana berichten, der im Namen des Kaisers der Zusammen-
kunft des Kurfürsten mit dem Prinzen von Oranien beiwohnen soll.
Am 16^«° ersucht der Kaiser den Kurfürsten darauf zu sehen, dass des
Herzogs Johann Georg zu Sachsen-Weimar Länder durch Einquartierungen nicht
beschwert werden.
Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 19. März 1675. (Or.)
[Urtheil des Goess über die Gründe des Vorgehens des Kurfürsten in der schwedi-
schen Frage. Derfflinger. Gefahr für Mainz.]
19. März. Dass I. Ch. D. die Schweden näher nach Schlesien kommen lassen,
welches gleichwohl der mit E'. K. M. obhandenen foederura zuwider, ist
zwar bedenklich, aber noch mehr zu verwunderen, dass sie dieselbe so-
lang in dero Landen stehen und ohne einzige Bewegnus ganz ausfressen
und verbergen lassen. Ob nun zwar allerlei iudicia darüber fallen und
bei vielen der Verdacht erwecket werd, samb man diesem Unheil mehr
durch einigem Accommodement als mit eigenen und der Confoederirten
Waffen abzuhelfen gedenke, so praesumire ich doch von P. Ch. D. Gene-
rosität und tapferen heroischen Gemüth dergleichen nit, sondern dass sie
etwa darfür halten mögen, dass bisnoch die Sach nit in statu es zu
änderen, das Werk vorher besser gefasst, ihre Völker etwas refraichirt
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ünterstotznng des Kurfarsten. Brandenburg und Schweden. Mainz. 823
und recratirt, die operationes allerseits concertirt und in specie die Trac-
taten mit Dänemark völlig aggiustirt müssen werden Beznglicli der
Absetzung Derfflingers schreibt Grana, dass er caute vorgehen und sich nicht
praecipitiren werde. Wegen üeberlassung der Truppen, die etwa von den
Kreisständen abgedankt wurden, an den Kaiser wird Goess Vorsorge treffen.
Beanruhigende Mittheilungen über die Gefahr, in der Mainz sich befindet, sind
eingelaufen.
Goess an den Kaiser. Dat. Berlin 23. März 1675. (Or.)
[Zusammenkunft in Cleve. Anhalt und Der£flinger. Sicherung von Mainz.]
Goess besorgt, dass bei des Granats Ankunft in Cleve die Unterredung schon 23. März,
beendigt und der Prinz von Uranien bereits abgereist sein werde. |: Des
Kaisers Vorschlag, dass der Fürst von Anhalt an die Spitze der brandenburgi-
schen Truppen gestellt werde, hält Goess nicht für durchführbar, weil es scheint,
dass der Kurfürst den Derfflinger vornehmlich deswegen begünstige, damit
Anhalt nicht die Führung erhalte. : | Da Mainz in grosser Gefahr ist, hält Goess
es für zweckmässig, 1000 Mann von den Reichsvölkem als Garnison nach
Mainz zu legen, natürlich nur mit Einwilligung des Kurfürsten von Mainz.
Der Kurfürst an den Kaiser. Dat Cleve 15./25. März 1675.
(Or.)
[Klagen über das Vorgeben des obersachsischen Kreisconventes. Fränkische Quartier-
frage.]
Der Kurfürst beklagt sich über die zu Leipzig seitens des dort versammelten 25. März,
obersächsischen Kreisconventes gegen ihn gerichtete Parteilichkeit, übersendet
sein in dieser Angelegenheit an Kursachsen gerichtetes Schreiben') und über-
lisst es dem Kaiser in dieser Angelegenheit zu thnn, was er wolle.
Vom selben Tage datirt ein zweites Schreiben, in welchem der Kurfürst
als Antwort auf des Kaisers Schreiben wegen der Klagen des fränkischen
Kreises über die Einquartierung berichtet, dass er sich mit den meisten Ständen
verglichen habe und die Excesse bestrafen werde. Doch bittet er den Kaiser,
die Stände dahin zu vermögen, dass sie von den Klagen ablassen und noch
eine kurze Zeit die Einquartierung ertragen.
Schreiben d. d. Cleve 15./25. März 1675. Der Reichsconvent habe, statt für
Brandenburg gegen Schweden energisch aufzutreten, sich eher für Schweden ausge-
sprochen; der Kurfürst verwahrt sich gegen diese Parteilichkeit.
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824 VII. Der Krieg gegen Schweden. Oct 1674 — Febr. 1679.
Goess an den Kaiser. Dat Berlin 30. März 1675. (Or.)
[Schwerins Urtheil aber Brandenburgs Haltung gegen Schweden. Des Goess Be-
mühungen beim Herzoge yon Hannover.]
30. März. Schwerin schreibt, da die Staaten so grosse Neigung zum Frieden zeigen,
man ohne diese aber nicht operiren könne, halte er dafür, dass es angezeigt
wäre, wenn der Kurfürst sich mit der Action gegen Schweden nicht übereilen
würde, insbesondere da auch die übrigen AUiirten verlangen, dass diese Diffe-
renzen in Güte beigelegt werden. Knrpfalz ersucht dringend um Hilfe. Da
der Baron v. Eielmannsegg dem Goess aus Hannover geschrieben, dass der Her-
zog daselbst viel Vertrauen zu Goess habe, hat er dem Herzoge geschrieben, das
beste Mittel, einen guten Frieden zu erlangen, wäre, dass der Herzog sich mit
dem Kaiser und mit dessen Verbündeten einige*).
Goess an den Kaiser. Dat. Schweinfurt 6. April 1675. (Or.)
[Sicherung von Mainz und Erfurt. Berathungen in Cleve. Des Goess Ansicht aber
die bei diesem Feldzuge zu befolgende Politik. Mainz. Des Neuburgers Verhalten.
Friedensverhandlungen zu Nymwegen.]
6. April. I>er Knrfürst von Trier hat 400 Mann nach Mainz zur Verstärkung der
Besatzung geschickt; doch glaubt Goess, dass das nicht genügen wird. Auch
hält Goess es für nöthig, dass sich der Kaiser der Stadt Erfurt versichere.
Schwerins Bericht aus Cleve lässt erkennen, dass man die Friedensverhandlungen
zu Nymwegen „in das weite Feld setze^; man müsse zuvor die Schweden aus
dem Lande jagen*). Man hört noch wenig von Recrutirung und Remontirung der
brandenburgischen Armee. Goess ist der Ansicht, man müsse in diesem Feld-
Zuge alle Kräfte anspannen, weil die Holländer nicht mehr wie diesen Feldzug
mitmachen dürften. Der schlechte Stand des Reiches wie auch der spa-
nischen Monarchie sei dem Kaiser bekannt, daher es sehr zweckmässig sein
dürfte, stark zu rüsten, einen Theil der Truppen aber für die Erblande zu
reserviren.
Unter dem 12. April berichtet Goess in einem P. S., dass Mainz in immer
grössere Gefahr gerathe. Schwerin schreibt dem Goess, der Herzog von Neuburg
habe nicht die geringste Proposition, welche auf Particularverträge zielen würde,
gemacht, sondern blos zur Förderung des allgemeinen Friedens und des
Waffenstillstandes unter allen Parteien gerathen. Von den Friedensverhandlungen
zu Nymwegen hält Schwerin nicht viel.
') Ueber Kielmaonseggs Tbätigkeit und des Hannoveraners Haltung Tergl. Puf.
1. c. XIII. 19f.
>) üeber die Zusammenkunft in Cleve; Sylvias I. 2, 208; ürk. u. Act. III. 457;
Tb. Europ. XI. 790.
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Mainz und Erfurt. Haltung des englischen Königs. Derfflinger. 825
GoesB an den Kaiser. Dat. Schweinfurt 23. April 1673. (Or.)
[Mainz. Schwerins Berichte aus England. Derfflinger.]
Mainz ist in grosser Gefahr von den Franzosen genommen zu werden. 23. April.
Goess empfiehlt dringend, Frankreich zuvorzukommen und Truppen in die Stadt
ZQ werfen. Goess räth, man möge die Spanier, die in den Niederlanden so
schlecht stehen, auffordern, 12 — 15 000 Mann von den Holländern zu erhandeln
und mit diesen Truppen der Kriegsraison gemäss sive coniunctim sive separatim
zn agiren. Aus Schwerins des Jüngeren Schreiben ist zu ersehen, dass der Konig
von England noch immer bei seiner vorigen Inclination für Frankreich verharrt
und räth, der Kurfürst von Brandenburg möge neutral bleiben und beim Kaiser
dahin wirken, dass der Prinz von Fürstenberg ad rectas manus sequestrirt werde,
ohne welche That Frankreich sich keineswegs zu Tractaten verstehen werde ^).
Derfflinger hat den Goess seiner Treue gegen den Kaiser versichert; es scheint,
dass der Prinz von Uranien sich Derfflinger gegenüber nicht sehr weit heraus-
gelassen hat. Goess hat sich vom Kurfürsten schriftlich verabschiedet, da er
nach Carlsbad reisen will.
Goess an den Kaiser. Dat. Kloster Schwarzach 28. April
1675. (Or.)
[Erklärungen der fränkischen Stände. Besetzung Erfurts durch kaiserliche Truppen.
Anhalts Klage über das Stillesitzen der brandenburgischen Truppen.]
Die fränkischen Stände haben nach langem Zögern auf Zureden des Goess 28. April,
und des Bischofes von Bamberg') sich zur Leistung des „Duplum** bereit er-
klärt, doch fordern sie, dass diese Völker nur zur Defension des Kreises ge-
braucht werden sollen. Aus den Gesprächen mit Jodoci hat Goess wahrgenom-
men, dass der Kurfürst von Mainz im Nothfalle kaiserliche Truppen in Erfurt
aufnehmen werde, in jedem Falle aber auch selbst festen Fuss daselbst behalten
wolle. Der Fürst von Anhalt hat sich in einem Schreiben an Goess über das
lange Stillesitzen der brandenbnrgischen Armee beklagt.
Der Kurfürst an den Kaiser. Dat. Cleve 20./30. April 1675.
(Or.)
[Bedenken des Kurfürsten gegen die am Kreistage zu Lüneburg geplanten Vorgänge.]
Der Kurfürst hat das Ausschreiben zum Kreistage, welcher am 27. April 30. April.
8t. V. in Lüneburg beginnen soll, erhalten. Er hat nun wahrgenommen, dass
Für Schwerins des Jüngeren Schreiben aus Engl, vergl. Orlich, Schreiben Otto's
von Schwerin aus England von 1674—1678. Berlin 1837.
*) Petrus Philipp von Dembach.
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826 VII. Der Krieg gegen Schweden. Oct 1674 — Febr. 1679.
nicht allein der König von Schweden als Herzog zu Bremen sich das Direc-
torium anmasse, sondern dass anter den Berathungspunkten an achter Stelle
erwähnt wird, dass die Holländer eine feindliche Invasion in's Herzogtham
Bremen vorhaben sollen*), und* dass daher darüber deliberirt werden solle,
wie man am besten diese Invasion verhindere. Da nun Schweden in's Reich
eingefallen, kann der Angriff auf das bremische Qebiet durchaus nicht eine
Invasion genannt werden, femer gehört die Berathung von derlei Dingen nicht
auf den Kreis- sondern auf den Reichstag. Der Kurfürst hat sich wegen
dieser Umstände auch nicht entschliessen können den Kreistag zu beschicken,
hat vielmehr dem mitausschreibenden Fürsten Georg Wilhelm von Braunschweig-
Lüneburg dies mittheüen und denselben dringend um Streichung dieses Punktes
aus der Proposition ersuchen lassen und bittet den Kaiser auch mit allen
Mitteln in diesem Sinne zu wirken^).
Der Kaiser an den Kurfürsten. Dat. Laxenburg 12. Mai 1675.
(Conc.)
[Marsch der schwedischen Truppen.]
12. Mai. Der Kurfürst wird bereits erfahren haben, dass die schwedischen Völker
aus den Quartieren aufgebrochen und zum Kampfe entschlossen sind. Der
Kaiser hofft, dass der Kurfürst in seinem eigenen, wie im Interesse des Reiches
ohne Verzug gegen die Schweden vorrücken und sich ihrem Vormarsche wider-
setzen wird.
Der Kurfürst an den Kaiser. Dat. Lippstadt 16./26. Mai 1675.
(Or.)
[Marsch der kurfürstlichen Truppen. Bitte um entsprechende Befehle an Coob und
um Forderung der Subsidienzahlungen seitens Spaniens und Hollands. P. S. Neue
Verheerungen der Schweden.]
26. Mai. Der Kurfürst erwidert auf das Schreiben des Kaisers vom 12. Mai 1675,
er wäre gerne früher gegen die Schweden aufgebrochen, allein die im Haag
geführten Verhandlungen hätten erst zum Abschlüsse gebracht werden müssen ')
und thut mir leid goug, dass man mich darin an die 14 Tage mit
meinem höchsten Unwillen trainiret und aufgehalten, da ich vermeinet,
dass bereits das meiste vorher abgethan sein und ich über 2 Tage mich
daselbst nicht würde aufhalten dürfen. Da dieses aber jetzt erledigt ist,
') lieber die Verhandlungen der A Härten bezüglich Bremens Puf. 1. c. XIII. 48.
*) Vergl. Th. Eur. XI. 716 f.; der Kreistag verlief ohne die befürchteten Folgen.
^ Ueber die Verhandlungen im Haag Droysen 1. c 111.^522; Urk. u. Act III.
457 ff.; Orlich 1. c. II. 154; lU. 233; Th. Europ. XI. 717, 792.
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Läneburger Kreistag. Bitte desKurf. an den Kaiser um Hilfe. Zöge der Schweden. 827
hat der Knrforst seinem Generalfeldmarschall >) Ordre ertheilt, mit der Armee
aufsubrechen , die anch bereits im Marsche begriffen sein durfte; der Kar-
fürst selbst wird in wenigen Tagen zur Armee eilen. Es wird aber höchst
nöthig sein und ersuche ich E. K. M. darum gehorsamst, dem General
Coob UDverlängert allergnädigste Ordre zu ertheilen, dass er, wenn des
Fürsten vod Anhalt L'^®". es begehren werden, mit seinem unterhabenden
Corpo von 10000 Mann zu derselben stossen und ferner an mir wegen
dessen, was vorzunehmen, gewiesen werden möge, damit die operationes
gegen den Feind mit besserm Nachdruck vorgenommen werden können.
Es erfordert solches nicht allein der im Haag genommene Schlnss, son-
dern ich habe auch gewisse Nachricht aus Dänemark, dass der König
nicht eher mit Schweden brechen werde, bevor £. E. M. nebst uns mit
selbiger Krone in Action getreten, wie solches E. K. M. mit mehrem
allerunterthänigst zu eröffnen mein Hof- und Legationsrath, der von
Crockow, befehliget ist. Und stehet zu besorgen, dass wenn die Schweden
nacher Holstein gehen sollten, der König in femer Ausbleibung eines rechten
Ernstes induciret werden dürfte von der guten Partei abzutreten und sich
mit Schweden zu accommodiren, welches in alle Wege zu verhüten.
Daneben ersuche E. K. M. unterthänigst, dieselbe geruhen bei Spanien
und Holland nachdrücklich zu erinnern, dass mir doch die verschienene
und künftig fallige Subsidien richtig mögen gezahlet werden; ich habe in
geraumer Zeit, auch bei meiner jüngsten Anwesenheit weder von Spanien
noch Holland etwas empfangen und wollte mir aller Dinges unmöglich
fallen bei kundbarer gänzlicher Verheerung meiner besten Lande ohne
richtige Abtragung der Subsidien den Krieg fortzusetzen und meine
Armee zu conserviren.
P. S. Auch werden E. K. M. zweifelsfrei unterthänigst benachrichtiget
sein, was gestalt die Schweden, nachdem sie die Neumark und Hinter-
pommem ausser Stargard, so sie besetzt gelassen, quittiret, das Haus Lock-
nitz feindlich attaquiret und selbiges zur Uebergabe gezwungen, auch dar-
auf abermal in der Mittel- und Uckermark alles, was noch übrig geblieben,
zu Grunde ruiniret und sich nunmehr ungescheut vor Feind erkläret').
Wann sie dann den bishero listiglich gebrauchten Praetext keine Feind-
seligkeit wider mich zu verüben dadurch selber aufgehoben, als vertraue
um so viel mehr, E. K. M. werden sowohl kraft der mit mir habenden
AUiance, als auch dero höchsten kaiserlichen Amts halber mich nunmehr
*) Derfflinger.
>) Carlson 1. c. IV. 604 f.; Gansauge 1. c. 32 f.; Pnf. 1. c. XUL
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828 VII. Der Krieg gegen Schweden. Oct. 1674- Febr. 1679.
länger nicht lassen, sondern dero in Schlesien stehenden Truppen Ordre
ertheilen, sofort auf mein oder des Fürsten von Anhalt L'^^. Angesinneo
zu meinen Truppen zu stossen und den Feind anzugreifen; auch zugleich
bei dem Reich nunmehro es dahin gnädigst zu richten, damit Schweden
vor Feind erkläret werden möge, wodurch dann die bei einigen deutschen
Ständen geführte schädliche Menees werden hintertrieben und denen sämmt-
lichen Alliirten vollkommliche Sicherheit verschaffet werden.
Memorial Orockows an den Kaiser vom 27. Mai 1675. (Aut)
[Bitte um Unterstützung gegen die Schweden.]
27. Mai. Crockow dankt für die ihm von der kaiserlichen Commission gemachten Er-
klärungen ') und bittet um Entschuldigung, dass er es nochmals wage, genaue Fest-
setzung der Operationen gegen Schweden seitens der Alliirten zu fordern. Der
Kurfürst wendet sich zuerst an den Kaiser, nicht allein wegen der Achtung
vor ihm und seiner Stellung, sondern weil er weiss, dass der Kaiser am besten
seiner treuen Dienste sich erinnern und ihn am freudigsten unterstützen werde
und femer, weil es zweifellos sei, dass die übrigen Verbündeten sich dem fugen
werden, was der Kaiser thut.
Der Kurfürst an den Kaiser. Dat. „Dringelburg 4 Meilen
von Kassel" 18./28. Mai 1675. (Aut.)
[Bemühungen des Bischofes von Paderborn beim Bischöfe von Monster.]
28. Mai. ^er Kurfürst ist mit dem Bischöfe von Paderborn und Coadjutor des Stiftes
Münster') zusammengetroffen und suchte von demselben näheres über die Hal-
tung des Bischofes von Münster zu erfahren. Da nun der Paderbomer Bischof
erklärte, bestimmt zu wissen, dass der Bischof von Münster bisher weder mit
Frankreich, noch auch mit Schweden oder mit Hannover engagirt sei, ersuchte
ihn der Kurfürst, er möge seinen Einfluss geltend machen, den Bischof von
Münster in einer <Jem Kaiser und dessen Alliirten günstigen Stimmung zu er-
halten ; er — der Bischof von Paderborn — werde sich dadurch den Dank des
Kaisers verdienen. Der Bischof von Paderborn verspricht mit Handschlag alles
zu thun, was in seiner Macht steht, ersucht seinerseits den Kaiser sein kleines
Stift, das in den letzten Jahren so schwer belastet gewesen, mit weiteren Ein-
quartierungen zu verschonen und dem in Köln residirenden geheimen Rath
Fischer Befehl zu ertheilen, sowohl mit ihm als mit dem Bischöfe von Münster
^ Protocolle über Verhandlungen der kaiserlichen Räthe mit Crockow aus dieser
Zeit liegen nicht vor; über den Verlauf dieser Verhandlungen berichtet Puf. 1. c.
XIII. 40.
^ Ferdinand von Färstenberg.
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Münster. Unterstützung des Kurtörsten. Die sächsischen HilfsTolker. 829
weiter zu verhandelD. Der Kurfärst räth dem Kaiser diese Fordening des
Bischofes von Paderborn zu erfüllen, da der Vortheil des Münsterers sicher zu
sein ein solches Opfer wohl werth sei^.
Memorial Crockows. Mai 1675. (Or.)
[Unterstützang des Kurfürsten. Die sächsischen Truppencontingente. Befehle an die
kaiserlichen Generäle. Erlass der Avocatorien und Excitatorien. Hamburgs Vorgehen.
Dagegen zu ergreifende Massregeln.]
Der Kurfürst hofft, der Kaiser werde die nöthigen Befehle ertheilen, auf Mai.
dass die Trappen in Schlesien dem gegebenen Versprechen gemäss auf 10000
Mann verstärkt nnd instruirt werden dem Kurfürsten gegen den Feind beizu-
stehen. Die Mittheilung der Kriegsliste hat Crockow beunruhigt, da unter den
10 000 Mann sich 2000, nach späteren mündlichen Berichten aber sich 3000
sachsische Truppen befinden sollen. Nun wisse man nicht, ob diese sächsischen
Truppen gleichfalls zum wirklichen Kampfe gegen Schweden entschlossen,
unter welchen Bedingungen sie zu marschiren bereit seien und wie lange sie
im Felde bleiben würden. Obgleich nun der Kurfürst in die guten Absichten
Kursachsens keinen Zweifel setzt, bittet er den Kaiser, da er doch mit ihm den
Vertrag geschlossen, der ihm diese Hilfe sichert, zu veranlassen, im Fall
diese 3000 Mann za der in Schlesien stehenden Armee stossen sollen,
sich derselben dergestalt zu versicheren und mit R Ch. D. zu Sachsen
deshalben sothanen verbindlichen Schluss zu machen , damit E. E. M.
gedachte chursächsische Völker mit solchem Bestand als dero eigene
S'. Ch. D. anweisen und man derselben beständiger Hülfe und vigorosen
Operation gegen die Krone Schweden versichert sein könne. Da die
mangelnde Subordination grossen Schaden verursacht, ersucht der Kurfürst den
Kaiser seine Generäle an ihn absolut und wie es in der Allianz vorgesehen,
zu weisen und ihnen Befehl zu ertheilen auf des Kurfürsten oder Anhalts
Requisition zu den kurfürstlichen Truppen zu stossen, auch Truppen auf Wunsch
in einen oder den anderen Ort zu legen und dem Feinde allen möglichen Ab-
bruch zu thun.
Der Kurfürst hofft, dass wenigstens jetzt, wo der Marsch gegen die Schwe-
den demnächst beginnen werde, die von ihm schon längst gewünschten Schrei-
ben ergehen werden und zwar zuforderst wider den König in Schweden
selbst als E^ K. M. und des Reichs mit Eide und Pflichte verwandten
Vasallen, mandata, wie in causis fractae pacis publicae üblich, zu er-
theilen, mithin auch scharfe avocatoria wider diejenigen, so in schwedi-
schen Diensten sein, ergehen zu lassen*), auch die Stände des Reichs
Vergl. das Schreiben des Kurfürsten an Schwerin bei Orlich 1. c. 111. 240 f.;
Droysen I. c. IH., 523; Puf. 1. c. XIII. 21.
^ Vergl. die diesbezüglichen Schreiben bei Pachner 1. c. I. 836 ff.
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830 VII. Der Krieg gegen Schweden. Oct 1674— Febr. 1679.
sammt und sonders durch nachdrückliche excitatoria dahin anzumahnen,
damit dieselbe das „duplum*^ aufbringen und solches S^ Ch. D. zu Hülfe
wider die Schweden förderlichst anziehen lassen. Der Kurfürst dankt
dem Kaiser für die im Interesse der guten Sache bezüglich Hamburgs unter-
nommenen Schritte; leider sind dieselben ohne Erfolg gewesen, da daselbst der
französische Resident *) sich noch immer aufhält, die französischen Wechsel aus-
gezahlt und von den französischen und schwedischen Vertretern') in pemiciem
imperii nicht allein die consilia geschmiedet, sondern auch die Mittel zu der-
selben Vollziehung verschafft werden. Der Kurfürst bittet daher den Kaiser
nochmalige und schärfere Schreiben an Hamburg zu richten und der Stadt jeden
Verkehr mit den beiden Kronen zu verbieten.
Auch an Lübeck und Bremen, von welchen Städten die Schweden das
ihnen mangelnde Salz zu erhalten hoffen, möge der Kaiser Inhibitorialschreiben
ergehen lassen.
Der Kaiser an den Kurfürsten. Dat. Laxenburg 1. Juni 1675.
rConc.)
[Grana*8 Erklärungen über des Kurfürsten Gesinnung.]
1. Juni. ^^^ M** de Grana hat des Kurfürsten tapfere und grossmüthige Rathschläge
nicht geuug rühmen können, ebenso die grosse Treue, mit welcher der Kurfürst
dem Kaiser und dem Reiche zugethan sei und die Entschlossenheit, mit der er
den drohenden Gefahren entgegen gehen will. Der Kaiser dankt dem Kurfürsten
für air das, ersucht ihn seine Person keiner Lebensgefahr auszusetzen und
wünscht ihm besten Erfolg.
Der Kaiser an den Kurfürsten. Dat Laxenburg 6. Juni 1675.
(Conc.)
[V^erbandlungen mit dem Bischöfe von Monster.]
6. Juni. Der Kaiser hat das Schreiben des Kurfürsten vom 18./28. Mai erhalten und
bekennt, dass er schon seit langem es für ein der allgemeinen Sache höchst
vortheilhaftes Unternehmen gehalten den Bischof von Münster zu gewinnen und
dass er zu diesem Zwecke schon im Vorjahre mit dem Bischöfe Verhandlungen
angeknüpft habe, die aber in^s Stecken gerathen seien. Der Kaiser billigt ganz
den Plan des Kurfürsten sich die Hilfe des Bischofes von Paderborn zu
sichern, hat auch an seinen Rath Fischer neuerdings Befehl gesendet, dahin zu
wirken, dass der Bischof von Münster sich zur Stellung eines Corps von wenig-
stens 9000 Mann verpflichte; der Kaiser ist bereit was in seiner Macht steht
zur Befriedigung des Bischofes von Münster beizutragen. Der Kaiser ersucht den
>) Bidal.
^ Bidal und Grafentbai.
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Verbandluiigen mit Münster. Massregeln gegen Schweden. 831
Koifarsten auch seinerseits weiter alles beizutragen, um den Bischof für die
Sache der Alliirten zu gewinnen. Die Bitte des Paderbomer Bischofes wegen
Verschonung mit Einquartierung wird der Kaiser berücksichtigen, insbesondere
wenn der Vertrag mit Münster zustande kommt'); in diesem Falle verpflichtet
sich der Kaiser das münsterische und paderbomische Gebiet nicht mehr mit
seinen Truppen zu beschweren.
Votum vom 8. Juni 1675 betreffs der avocatoria und dehor-
tatoria an Schweden und Erklärung Schwedens als Reichsfeind.
(Conc.)
Am 8. Juni haben die Minister berathen, ob man den Wünschen des Kur- 8. Juni,
fnrsten, die Jena in Regensburg und Croekow in Wien geäussert haben, Folge
leisten und nicht nur avocatoria und dehortatoria an Schweden ergehen
lassen, sondern auch Schweden öffentlich für einen Reichsfeind erklären solle.
Da nun von Reichswegen in Regensburg kein Schluss erfolgt ist, es auch
zweifelhaft ist, was die Verbündeten, insbesondere Dänemark, thun werden und
auch zu besorgen stehe, dass bevor noch die brandenburgischen Truppen aus
Franken aufbrechen, die Schweden schon in's Magdeburgische eingerückt sein
durften, da femer zweifelhaft ist, was Sachsen thun wird und man bereits
wiederholt die Ansicht geäussert hat, man möge sich kaiserlicherseits zurück-
halten, bis man der Alliirten allseitiger Cooperation versichert, endlich aber, da
man den Schweden bei der Versammlung im Haag zur Quittirung der kur-
brandenburgischen Lande den 15. Juni als Endtermin angesetzt, sind die Räthe
der Ansicht, dass man vorerst etwas an sich halten soll. Unterdessen hat man
ein Votum verfasst, das die österreichischen Vertreter in Regensburg abgeben
sollen, wenn Brandenburg dort die schwedische Sache vorbringt Grockow, dem
man es vorgelesen, fand es etwas zu glimpflich. Doch sind die Räthe dafür,
dass man nicht zu den extremen Massregeln greifen solle, solange noch Hoff-
nung auf Besserung Schwedens vorhanden sei und es daher bei dem Votum
lassen solle, jedoch sich vorher erkundigen möge, was die übrigen Fürsten in
diesem Punkte zu thun gedenken. Dem Jena ist zu rathen, ein neues Memorial
zu dem alten zu verfassen und in demselben der Wegnahme des Passes Löck-
nitz durch die Schweden insbesondere, als einer dem ganzen Reich gefährlichen
That, Erwähnung zu thun. Die kaiserlichen Minister im Reiche sollen aufgefordert
werden die Sache Brandenburgs überall zu unterstützen.
Berathen den 8. Juni 1675, praesentibus Schwarzenberg, Hocher, Königs-
egg, Fürstenberg, Oettingen, Abele und Högell.
^ Der Vertrag wurde am 7. Juni 1675 geschlossen; die Ratification des Kaisers
erfolgte erst am 7. Sept. 1675; yergl. Dumont 1. c. Vll.i 295 f.; Tücking I.e. 238.
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832 VII. Der Krieg gegen Schweden. Oct. 1674— Febr. 1679.
Der Kaiser an den Kurfürsten. Dat. Wien 15. Juni 1675.
(Copie.)
[Befehle an Coob. Rathschläge bezüglich der Operationen.]
15. Juni. Der Feldmarschalllieutenant Coob hat dem Kaiser berichtet, vom Kurförsten
zur Fortsetzung des Marsches und zur Coniunction aufgefordert worden zu sein.
Der Kaiser hat darauf Coob aufgetragen, sogleich gegen die Elbe hin zu ziehen,
des Kurfürsten Länder auf dem Marsche so viel als möglich zu schonen,
während des Marsches die Truppen Sachsens an sich zu ziehen und, wenn es
sicher geschehen kann, sich mit dem Kurfürsten zu verbinden. Im übrigen
gibt der Kaiser dem Kurfürsten zu bedenken, ob es nicht besser und sicherer
wäre, den mit dem M'* de Grana getroffenen Vereinbarungen gemäss^) die
Operationen fortzusetzen, zumal durch die dort beschlossenen Massregeln des
Kurfürsten und des Kaisers Länder besser gedeckt werden würden und es
auch dem Kurfürsten nicht angenehm sein könnte, wenn durch die weite Ent-
fernung der Truppen Schlesien und die angrenzenden österreichischen Länder
der grössten Gefahr ausgesetzt würden. Endlich zweifelt der Kaiser nicht, dass
der Kurfürst dem Coob, falls dieser von Schweden angegriffen werden sollte,
zu Hilfe eilen und sich Schlesiens annehmen werde.
Der Kurfürst an den Kaiser. Dat Hauptquartier zu Hollen-
stedt 7./17. Juni 1675. (Or.)
[Lage Lübecks. Nothwendigkeit der Sicherung dieser Stadt]
17. Juni. E. E. M. unterthänigst zu hinterbringen finde ich mich verpflichtet,
was massen die Stadt Lübeck io gar schlechten Zustand und nur mit
einer Garnison von 400 Mann, auch sonst übel versehen, weshalb dann,
bei jetzigen Conjuncturen, auf die Conservation dieses so importanten
Orts zu gedenken. Wann die königlich dänemärkische Auxiliarvölker
auf dem deutschen Boden ständen, möchte die Stadt dadurch bedecket
werden; jetzo ist sie selbst nicht wohl versehen und könnten die Schwe-
den sich leicht dem Orte nähern. Mit der Stadt möchte am besten
sein das Werk zu überlegen und stelle demnach E^ K. M. Resolution
anheim durch wem oder welchergestalt sie solches an sie wollen bringen
und mit derselben daraus bereden lassen, auch endlich mit Nachdruck
darin verordnen wollen.
») Vergl. ürk. u. Act. III. 458 ff.
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':i~i
Coob. Labeck. Vorgehen gegen Schweden. 833
Memorial Crockows an den Kaiser. Dat. Wien 18. Juni
1675. (Or.)
[Vorgehen gegen Schweden. Kriegsvorbereitungen.]
In Erwägung der drohenden Gefahr und der wiederholten Versprechungen 18. Juni.
des Kaisers bittet Crockow nochmals, der Kaiser möge die Execution des Reichs-
schiasses vom 7./17. Jan, 1675 betreffend die Garantie der kurbrandenburgischen
Länder in's Werk setzen helfen, excitatoria an die Stände, avocatoria an die
Krone Schweden und an den König von Schweden selbst, als Vasallen, so
ergehen lassen, wie es in causa fractae pacis publicae gebräuchlich ist *). Ferner
bittet der Kurfürst den Kaiser inständigst, dahin zu wirken, dass Dänemark die
Action beginne, mit dem Kurfürsten über die Disposition der Armeen zu be-
rathen, die Armee in Schlesien auf 10000 Mann zu verstärken, da die 1500
Reiter Sachsens nicht zur Armee stossen werden, in die nächstgelegenen kur-
brandenburgischen Plätze Volk zu legen und in Böhmen und Schlesien Magazine
anzulegen.
Goess an den Kaiser. Dat. Prag 26. Juni 1675. (Aut.)
[Reise zum Kurfürsten. Die kaiserlichen Hilfstnippen.J
Sein körperlicher Zustand gestattet dem Goess nicht dem kaiserlichen Befehle 26. Juni,
gemäss sich sogleich zum Kurfürsten von Brandenburg zu begeben *). Von An-
halt hat Goess Brief erhalten, in welchem Anhalt erwähnt, mit welcher Span-
nung und Ungeduld man der Goniunction Coobs mit den brandenburgischen
Truppen entgegen sehe. Ueberaus wichtig wird es, wie Goess meint, sein, für
die richtige Durchführung des Proviantwesens auf der Elbe zu sorgen.
Votum über die Conferenz vom 28. Juni 1675 zwischen
Hocher, Abele und Crockow in puncto satisfactionis von
Schweden. (Conc.)
[Crockow betont die Nothwendigkeit der Kriegserklärung und eines energischen Vor-
gebens gegen Schweden. Satisfactionsansprüche des Kurfürsten. Anerbieten einer
Allianz mit dem Kaiser und Spanien. Jägemdorf. Hochers Erwiderung. Crockows
Entgegnung.]
Der Kaiser weiss, dass Crockow wiederholt begehrt hat, der Kaiser möge 28. JunL
gemäss den Beschlüssen, die im Haag gefasst worden, am 15. Juni 1675 den
^eg gegen Schweden erklären lassen, ferner wegen der Coniunction der
Waffen und der Reichstagsproposition etwas bestimmtes mit ihm schriftlich ah-
Die kaiserlichen Inhibitorial- und Avocatorialscbreiben sowie die Poenal-
schreiben ergiengen denn auch am 19. Juni resp. 6. Juli; Pacbner I.e. 1.841 ff.;
Londorp I.e. X. 360ff.
*) Weisung d. d. Wien 15. Juni 1675. Copie.
Mater. %. Oeteh. d. G. Karfuret«!!. XIV. 2. 53
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834 VII. Der Krieg gegen Schweden. Oct. 1674— Febr. 1679.
machen und Holland wie Spanien zur Zahlung der Subsidien an Brandenburg
ermuntern *). Bei Hocher fand darüber am 28. Juni eine Conferenz statt, bei
der Hocher zunächst die Forderungen Brandenburgs recapitulirte und Crockow
zu weiteren Erklärungen aufforderte. Crockow erwidert: Es sei unbedingt noth-
wendig, sich des Zweckes des Kampfes bewusst zu werden. Weil die Schwe-
den nun selbst gestehen, es auch ohne dem am Tage ist, dass sie sich
deshalben in diesen Krieg mischen, um zu verhinderen, damit nicht I.
K. M. oder die Eron Spanien einige Avantage und mehre Sicherheit von
Frankreich erlangen mögen und dass sie S. Ch. D. deshalben angreifen,
weil dieselbe es mit I^ E. M. und dero hohen Hause halten . . ., daraus
dann erfolget, dass weder eine beständige Ruhe und Sicherheit, noch
eine feste Zusammensetzung zwischen Haupt und Gliedern des heiligen
römischen Reichs zu hoffen, weniger P. E. M. höchstgebührender Respect
mainteniret, oder dero hohes Haus in Sicherheit sein könne, so lange
die Schweden einen Fuss auf dem Reichsboden haben, ... so ist man
der festen Zuversicht^ I. E. M. werden dero kaiserliches Absehen dahin
richten und alle mügliche Mittel dahin anwenden, wie dieser schädliche
und ewig wehrender Feind wieder aus dem Reich möge gebracht werden.
Hoc praesupposito wird die Satisfaction der Beleidigten desto leichter
zu finden sein. Zwar haben S. Ch. D. sich anfangs dahin erkläret, dass
sie ohne Satisfaction und blos allein zu Wiederbringung des Friedens
und Rettung der beleidigten Stände die Waffen ergriffen; wann es auch
bei solchem Zustande geblieben, würden sie an keine Satisfaction gedacht
haben. Nachdem aber, wie bekannt, die Schweden ganz friedbrüchiger
und gottloser Weise S^ Ch. D. Lande angefallen, dieselbe feindlich trac-
tiret und auf den äussersten Grund ruiniret haben, überdem auch die
Hülfe sowohl vom Reich als den AUiirten nicht so balde noch so kräftig
erfolget, als man wohl hätte hoffen sollen, S. Ch. D. auch sich darüber
in grosse Schulden und Ungelegenheit setzen müssen, so hoffen S. Ch. D.,
dass I. E. M. zuforderst werde geneiget sein, S^ Ch. D. zu solcher Satis-
faction zu verhelfen, dass S. Ch. D. nicht allein den erlittenen Schaden
ersetzet bekommen, besonderen auch dadurch bemittelt werden, I. E. M.
und dero AUiirten ferner bei zutragenden Fällen treulich zu assistiren.
Was nun die Satisfaction von Schweden betrifft, so leben S. Ch. D. der
festen Zuversicht, I. E. M. werden das Herzogthum Vorpommern, nebst
allem, was davon dependiret und die Herzogen von Pommern vor diesem
Zuletzt wiederum in einem an den Kaiser gerichteten ausführlichen Me-
moriale.
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Satisfactionsanspräche Brandenburgs. 835
besessen, S^ Ch. D. cmd dero Posterität ohne Restituirong einiges anderen
Landes allergnädigst zuwenden wollen.
Es wurde annothig sein, des längeren anseinander zu setzen, wie sehr sich
Brandenburg um den Kaiser und dessen Haus verdient gemacht, insbesondere
gegen Schweden eine Vormaaer gebildet und wie trea der Kurfürst bei den
letzten Verwickelungen trotz der grossen Anerbietungen, die ihm von den feind-
lichen Mächten gemacht wurden, beim Kaiser und beim Reiche ausgeharrt habe.
Dafem aber I. E. M. lieber bei Zeiten einen allgemeinen sicheren
Frieden beforderen, als den Krieg bis zu Erhaltung sothanen scopi con-
tinairen wollten, so getrösten sich doch S. Ch. D. nnfehlbarlich, I. E. M.
werden es durch die Waffen oder durch die Tractaten dahin bringen,
dass S^ Ch. D. Stettin und alle diejenige Oerter, welche hiebe vor zu
Hinterpommem gehöret, nebst Aufhebung der Communion im capitulo zu
Cammin, wieder eingeräumet werde, auch die Participation der Eron
Schweden an den Licenten hinführe aufgehoben und S. Ch. D. an freier
Fahrt in die See nicht gehindert werden , woraus dann an ihm selbsten
folgen wird, dass der stettinische Recess ^ cassiret werde, und solches
werden I. E. M. um desto mehr zu beforderen Ursach haben, weil Schwe-
den in demselben S'. Ch. D. abgedrungen, dass, nach Ausgang dero chur-
forstlichen Hauses, gedachte Eron auch die Neumark, ohngeachtet solches
ans dem instrumento pacis schwerlich zu erweisen, haben solle *). Es
ist demnach S^ Ch. D. unterthänigste Bitte, dass I. E. M. S^ Ch. D. des-
falls eine bestandige Versicherung geben, dadurch S. Ch. D. desto mehr
werden verbunden werden zu P. E. M. und des Reichs Besten bei diesem
schweren Werke das äusserste aufzusetzen und dabei fest und bestandig
zu verharren. Weil aber solches alles mehr zu Erhaltung des Friedens
und Bedeckung V. E. M. Erblande als zu Ersetzung des erlittenen Scha-
dens dienen kann und die Garnisonen der Stadt Stettin und anderer
Posten nur mehr Eosten erforderen würden , als ist S^ Ch. D. unterthä-
nigstes Suchen, dass I. E. M. deroselben noch zu nachfolgendem gnädigst
behülflich sein wollen.
1\ Dass S. Ch. D. das Meisterthum in dero Landen nach Ab-
sterben des jetzigen Meisters und Commandoren einziehen und seculari-
siren mögen, wobei dann S. Ch. D. sich verpflichten wollen, die Re-
sponsgelder dem Grossmeister allezeit richtig abzuführen und können I.
E. M. dadurch zugleich Chursachsen obligiren, weil auch einige zu dem
Meisterthum gehörige Stücke in den chursächsischen Landen gelegen.
*) Gemeint ist der Stettiner Recess vom 4. Mai 1653; Mömer 1. c. 166 ff.
>) Vergl. Mömer 1. c. 176.
53»
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836 VII. Der Krieg gegen Schweden. Oct 1674 — Febr. 1679.
2^ Dass I. Ch. D. gleichergestalt nach Absterben der jetzigen
Possessoren die Canonicaten im magdeborgischen, halberstädtischen, min-
dischen und camminischen Färstenthümern Tischgutern einziehen und
secularisiren und dann 3°. nicht gehindert, sondern vielmehr approbiret
werden möge, dass S. Ch. D. in allen dero Landen sowohl denen, welche
sie bereits possediren, als auch die sie noch künftig bekommen, eine Accise
auf die consumptibilia einführen und, wann ja einige Stände, welches
doch S. Ch. D. nicht hoffen wollen, sich hierüber beschweren wollten,
dass dieselbe abgewiesen und nicht gehöret werden mögen. . . .
Ferner hofft der Kurfürst, der Kaiser werde es für gut finden, dass der
Kurfürst auch von dem Kurfürsten von Köln und dem Bischöfe von Münster,
für den durch sie in seinen Ländern erlittenen Schaden einige Satisfaction
erhalte.
Von Köln will der Kurfürst die Feste Recklingshausen, von Münster, falls
dasselbe sich jetzt zu energischer Unterstützung des Kurfürsten bereit erklärt
und ihn wirklich unterstützt, nichts; sonst aber werde er sich Satisfaction auch
von Münster holen. Der Kurfürst zweifelt nicht, dass der Kaiser ihm diesen
Ersatz für den im Interesse des Kaisers und des Reiches erlittenen Schaden
gönnen wird.
Ueberdem sein S. Ch. D. des Erbietens mit P. E. M. und der Eron
Spanien eine beständige Allianz aufzurichten und wollen sich verpflichten,
wann nur P. Ch. D. wieder in den Stand geholfen, dass sie etwas thun
können, P. E. M. wie auch der Eron Spanien wider ihre Feinde allezeit
treulich zu assistiren und ihnen mit einer gewissen Anzahl Völker zu
Hilfe zu kommen. Imgleichen erbieten sich S. Ch. D. dahin, dass, wann
sie die obspecificirte Satisfaction erhalten, sie wegen Jägerndorf, dessen
Restitution S. Ch. D. bishero beständig gesucht, auch durch keine Offerten
sich davon wollen abbringen lassen, mit demienigen, was L E. M. S'.
Ch. D. desfalls zuletzt schriftlich offeriren lassen, zufrieden sein und sich
dero Rechtens nebst aller Praetension auf dasienige, was es die ganze
Zeit, da es S^ Ch. D. hohem Hause entzogen, getragen hat, welches auf
eine grosse Summe auslaufen würde, gänzlich begeben und darauf renun-
tiiren wollen.
Grockow ersucht schliesslich noch um schleunige Resolution.
Hocher antwortete, er werde alles, was Crockow vorgebracht hat, dem
Kaiser mittheilen. Er zweifle nicht, dass der Kaiser alles aufbieten werde, um
Brandenburg zu befriedigen, jedoch sei dieses Satisfactionswesen eine Sache,
die ohne Wissen der Alliirten nicht erledigt werden könne. Da aber nicht an-
zunehmen sei, dass diese die Forderungen Brandenburgs insgesammt billigen
werden, auch zu fürchten sei, dass die anderen Alliirten auch Ansprüche erheben
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Conferenz zwischen Hocher, Abele and Crockow. Hamburg. g37
werden, räth Hocher die Sache nicht zu übereilen und darüber zu berathen, in
welcher Fonn man die Alliirten davon in Kenntnis setzen solle.
Crockow betont, auch er erkenne die Nothwendigkeit den Confoederirten
Mittheilung zu machen, an, doch könnte unterdess etwas zwischen dem Kaiser
und dem Kurfürsten abgemacht werden. Dass die übrigen auch Ansprüche er-
heben werden, sei wohl wahrscheinlich, um so eher aber auf Anerkennung der
brandenburgischen Forderungen zu hoffen. Dänemark konnte Schonen und etwas
von Oldenburg, die Braunschweiger Herzoge Bremen und Verden erhalten.
Spanien habe begehrt, dass der Friede auf dem Stande des pyrenäischen trac-
tirt werde. Brandenburg hat dafür gewirkt und will dafür wirken, um so mehr
könne also auch Spanien dem Kurfürsten diese Satisfaction, die er fordere,
gönnen *)•
Der Kurfürst an den Kaiser. Dat. Hauptquartier zu Perle-
berg 28. Juni/8. Juli 1675. (Or.)
[Hamburg-schwedische Beziehungen.]
Der Kurfürst communicirt dem Kaiser das von der Stadt Hamburg an 8. Juli.
Wrangel unter dem 18. Juni abgelassene Schreiben, in welchen die Frage ge-
stellt wird, ob Wrangel die Stadt, der mit Schweden getroffenen Abrede gemäss,
gegen alle Angriffe vertheidigen wolle. Der Kurfürst stellt dem Kaiser anheim,
was er in dieser Sache thun wolle und übersendet demselben den dem intercipirten
Schreiben vom 18. Juni beigelegenen Vertrag zwischen Schweden und der Stadt
Hamburg d. d. Stockholnv 26. Nov. 1674, in welchem beiderseitige Unterstützung
festgesetzt worden ist.
Der Kurfürst an den Kaiser. Dat. Hauptquartier zu Criwitz
4./14. Juli 1675. (Or.)
[Bitte um Verschonnng des Erzbistimis Magdeburg mit weiteren Abgaben.]
Die Landstände des Herzogthums Magdeburg haben dem Kurfürsten mit- 14. Juli,
getheilt, dass der Reichsfeldmarschall, der Markgraf zu Baden und andere, wegen
der niedersächsischen Kreissteuem, so viel das magdeburgische Contingent betrifft,
in sie heftig gedrungen und mit £xecution gedroht haben. Da nun das Erz-
stift Magdeburg, was es herzugeben verpflichtet ist, bereits dem Kurfürsten ge-
geben und nichts mehr leisten könne, bittet der Kurfürst den Kaiser zu ver-
anlassen, dass es von weiteren Abgaben verschont bleibe.
^ lieber diese Satisfactionsverhandlungen vergl. Puf. I. c. XIII. 40.
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838 VII. Der Krieg gegen Schweden. Oct. 1674 — Febr. 1679.
Der Kurfürst an den Kaiser. Dat. Hauptquartier zu Steinberg
in Mecklenburg 9./19. Juli 1675. (Or.)
[Bitte um Unterstützung bei Spanien znr Erlangung der Subsidien.]
19. Juli. Der Kurfürst benöthigt die spanischen Subsidien unumgänglich zur Fort-
setzung des Kampfes, kann aber trotz aller Bemühungen bei Monterey und dem
Buc de Villa Hermosa nichts erhalten. Spanien ist bereits 8 Monate mit den
Subsidien im Rückstande. Da der Kurfürst die Subsidien dringend benöthigt,
bittet er den Kaiser bei der Krone Spanien und beim Duc de Villa Hermosa
sich für die Zahlung der Subsidien zu verwenden.
Der Kurfürst an den Kaiser. Dat. Hauptquartier zu Schwaan
20. Juli 1675. (Aut.)
^ [Versicherung der Devotion.]
20. Juli. Das Ew. Kay. May", mein untertheniger bericht von der gegen
Schweden durch Gottes gnadt erhaltenen Victori angenehm undt gefellig
gewessen ^), dessen hab Ich mich billig zu erfreuen undt wünsche, das
der höchste Ew. Kay. May". Wappen überal mitt völligen Sieg segenen
undt zu dero unsterblichen ruhmb benedeien wolle, damitt ein gewünschter
algemeiner fride erworben undt das Römische Reich von allen feind-
lichen Völckem gewaldt undt last gentzlichen befreihett undt wir in
stetter ruhe undt sicherheitt inskünftige unter Ew. Kay. May", glorwür-
digsten Regierung femers leben mögen. Hirnebenst sage Ew. Kay.
May". Ich underthenigsten danck, das dieselbe mich erinneren wollen,
meine persohn bey fürfallenden occasionen in acht zu nehmen, verspühre
darauss Ew. Kay. May", gnedigste Kayserliche gewogenheitt undt ver-
sorge gegen dero gehorsambsten Churfürst undt werde mich glücklich
schetzen in underthenigkeitt solches zu verschulden, auch mein bludt zu
dienst Ew. Kay. May", ferners auf zu opperen.
Der Kurfürst an den Kaiser. Dat. Feldlager bei Bützow
12./22. Juli 1675. (Or.)
[Kriegsnachricbten. Lübeck.]
22. Juli. Der Kurfürst meldet dem Kaiser, dass er mit seiner Armee vorgedrungen
und sich zwischen Rostock und Wismar so postirt habe, dass er dem Feinde
>) Dieses Schreiben liegt nicht vor; gemeint ist der Sieg bei Fehrbellin am
28. Juni 1675; vergl. Witzleben und Hassel, Fehrbellin; Schottmüller, Fehrbellin (Zeit-
schrift för preuss. Gesch. XIII.) ; Mehnert, Rathenow und Fehrbellin.
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Spanische Subsidien. Eriegsnachrichten. Satisfactionsanspracbe Brandenburgs. 839
die Communication zu Lande aus Pommern nach Wismar und Bremen abge-
schnitten habe. Ich habe auch bereits die Oerter, so die Schweden in
Mecklenburg haben, als Wismar, das Ländlein Pool und die Warae-
münder Schanze recognosciren lassen und erwarte nur mehr schwere
Stücke, warum ich bereits geschrieben und die Ankunft E'. K. M. Trup-
pen, um ferner etwas hauptsächliches zu tentiren. Dann so bald selbige
nebst denen schweren Stücken bei mir anlangen und die dänischen und
holländischen Flotten sich in See praesentiren werden, welches, wie ich
die Nachricht habe, ehestens sein wird, will ich suchen einen oder an-
dern importanten Ort weg zu nehmen und femer, solange diese gute
Zeit und Saison wehret, mit allem Eifer und Fleisse wider den Feind
zu agiren.
Im P. S. vom selben Datum lobt der Kurfürst die Stadt Lübeck für die
Bereitwilligkeit, mit der dieselbe ihm Proviant gegeben; bittet zugleich den
Kaiser die Stadt zu beloben und aufzufordern, dem Kurfürsten, falls dieser es
fordere, mit einigen schweren Stücken zu Hilfe zu kommen »).
Kaiserliche Erklärung vom 26. Juli 1675 auf Crockows Pro-
position vom 18. Juli 1675. (Conc.)
[Satisfactionsansprüche Brandenburgs.]
Der Kaiser weiss, dass der Kurfürst durch Schwedens Einfall Schaden er- 26. Juli,
litten hat und bedauert ihn deshalb. Wie nun der Kaiser bisher gezeigt, dass
er dem Kurfürsten grosstmöglichen Beistand leisten wolle, so werde er es auch
in Zukunft halten. Was aber die materiam, nemlich vorberührtes Satis-
factionswesen in sich selbsten anbetrifft, da laufet selbiges in die künftige
Friedenstractaten und hanget forderist an der Vernehmung der gesammten
Mitalliirten. Daher kann der Kaiser ohne vorherige Mittheilung an die Alliirten
und Berathung mit denselben sich zu nichts bestimmt erklären. Sobald er aber
wissen wird, wie der Kurfürst die Mittheilung an die Verbündeten wünscht,
wird er treu dazu helfen und für I. Ch. D. alles dasienige beitragen, was der
Status causae communis und gegenwärtige Umstände so viel immer mög-
lich zulassen werden. Bezüglich Recklinghausens kann der Kaiser des Kur-
fürsten Wunsch nicht erfüllen; es sei ja auch im dritten Secretartikel des
Bündnisses von 1674') ausdrücklich bedungen worden, dass circa religionem et
Status ecclesiasticos alles auf das genaueste beobachtet und keine Aiienation
In diesem Sinne lautet das Schreiben des Kaisers an die Stadt Lübeck vom
8. Aug. 1675.
') Nicht der Vertrag von 1674, sondern vom 13./23. Juni 1672 enthielt im 3»««
Secretartikel eine derartige Bestimmung; Momer 1. c. 366.
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840 VII. Der Krieg gegen Schweden. Oct. 1674 — Febr. 1679.
geschehen solle. Kann der Kaiser dem Kurfürsten in anderer Weise zu Er-
langung einer Satisfaction behilflich sein, so ist er gerne dazu bereit').
Der Kaiser an den Kurfürsten. Dat. Wien 2. August 1675.
(Conc.)
[Lübeck.]
2. Aug. Auf das Schreiben des Kurfürsten vom 17. Juni hin hat der Kaiser die
Stadt Lübeck aufgefordert, sich besser vorzusehen und die Besatzung zu ver-
stärken.
Der Kaiser an den Kurfürsten. Dat. Wien 8. August 1675.
(Conc.)
[Subsidien für Brandenburg. Marsch der kaiserlichen Hilfistnippen.]
8. Aug. Wie der Kaiser schon bisher immer wieder bei Spanien und den Staaten dorch
seine Minister um die Bezahlung der Subsidien an Brandenburg angehalten,
so hat er auf des Kurfürsten neuerliches Bitten hin nicht nur an die Konigin
von Spanien und den Duc de Villa Hermosa in diesem Sinne geschrieben, son-
dern auch seinem Gesandten Harrach Befehl ertheilt, energisch bei Spanien die
Zahlung der rückständigen und laufenden Subsidien an Brandenburg zu betrei-
ben'). Vom selben Datum ist ein zweites Schreiben, in welchem der Kaiser
dem Kurfürsten in Erwiderung seines Schreibens vom 22. Juli zu den glück-
lichen Operationen gegen Schweden gratulirt und meldet, dass Coob durch
Regen im Marsche aufgehalten sei, hoffentlich aber unterdessen beim Kurfürsten
angelangt sein werde').
Der Kurfürst an den Kaiser. Dat. Hauptquartier zu Schwaan
29. Juli/8. Aug. 1675. (Or.)
[Magdeburg! sehe Steuerleistungen.]
8. Aug. Der Kurfürst bittet den Kaiser nochmals, dahin zu sehen, dass die Land-
stände des Herzogthums Magdeburg mit doppelter Erlegung der Reichs- und
Kreissteuern nicht beschwert werden und dass die 4 herrschaftlichen Aemter
Querfurt, Jüterbog, Dahme und Burg an Magdeburg das gebührende Contingent
zahlen *).
J) Vergl. Puf. 1. c. XIII. 40.
^ Schreiben an die Königin von Spanien, den Duc de Villa Hermosa und an
Harrach d. d. Wien 8. Aug. 1675.
*) In der That kamen um diese Zeit die kaiserlichen Truppen nach Mecklen-
burg; Droysen 1. c. III. j 540.
*) Ein Memorial Crockows am 26. Aug. dem Kaiser vorgelegt enthält die gleichen
Ersuchen.
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Lübeck. Magdeburg. Brandenburg-polnische Beziehungen. Hamburg. 841
Der Kurftlrst an den Kaiser. Dat. Hauptquartier zu Schwaan
10./20. August 1675. (Or.)
[Bitte um Intervention bei Polen.]
Frankreich sucht auch Polen gegen den Kurfürsten feindlich zu stimmen, um 20. Aug.
dadurch den Kurfürsten an den Operationen gegen Schweden zu hindern. In der
That hat der Woiwode von Pommern ^) erklärt, er könne des Kurfürsten Truppen,
wenn sie nach Pommern gehen wollten, den Durchzug nicht gestatten und dass
er auf des Königs von Polen Befehl dies der preussischen Regierung mittheile').
Da nun dies dem Kurfürsten sehr schädlich wäre, in den Verträgen mit Polen
der freie Durchzug aber ausdrücklich vorgesehen sei, so ersucht der Kurfürst
den Kaiser, seine Autorität bei Polen dahin geltend zu machen, dass es sich
nicht so von Frankreich und Schweden bearbeiten lasse und von solchem Vor-
gehen ahstehe'). Wollten auch E. K. M. daneben an dieselbe gelangen
lassen, dass sie sich meiner als ihres Bundesverwandten anzunehmen
nicht würden fürbeikönnen , würden sie mich dadurch aufs höchste ob-
ligiren.
Der Kurfürst an den Kaiser. Dat. Hauptquartier zu Schwaan
11./21. August 1675. (Aut.)
[Hamburg. Verhandlungen mit Münster.]
Gratulation zum Siege Montecuccoli's über Turenne*). 21. Aug.
In einem P. S. vom 13./23. Aug. communicirt der Kurfürst 3 intercipirte
Schreiben an den schwedischen Residenten zu Hambnrg, Graventhal und den
bei Sachsen gewesenen französischen Residenten Chassan und bittet den Kaiser
nochmals an Hamburg energisch die Mahnung ergehen zu lassen, die Stadt
möge ohne Verzug den französischen und den schwedischen Residenten abschaffen
und keine Wechsel für Schweden oder Frankreich acceptiren, da ein solches
Verbot den Feinden des Reiches überaus schädlich werden würde.
In einem anderen P. S. vom selben Datum bedankt sich der Kurfürst für
die vom Kaiser ihm gemachten Mittheilungen über die Verhandlungen mit Münster,
verspricht mit Schmising, den er demnächst erwarte, ganz im Sinne des Kaisers
zu verhandeln ; die üeberlassung der Ortschaften Dortmund, Essen, Gimbom und
Neustadt an Münster sei ihm aber unmöglich, weil seine Länder so wie so mehr
als erwünscht in Anspruch genommen seien.
*) Bakowski.
') Für die brandenburg- polnischen Beziehungen dieser Zeit Puf. 1. c. XIII.
58, XIV. 1.
^ Vergl. auch das Schreiben Brandenburgs an die Staaten vom selben Tage
ürk. u. Act. III. 461 f.
*) Gemeint ist die Schlacht bei Sassbach am 27. Juli 1675, in der Turenne fiel.
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842 VII. Der Krieg gegen Schweden. Oct. 1674— Febr. 1679.
In einem dritten P. S. dankt der Kurfürst für die vom Kaiser in der Sub-
sidienangelegenheit an verschiedene Personen gerichteten Schreiben.
Crockows Memorial; am 3. September 1675 vorgelegt. (Or.)
[Vermittelung bei Hannover.]
3. Sept. Da der Kurfürst beschlossen hat, Schweden im Bremischen und Verdenschen
anzugreifen und fürchtet, dass der Herzog von Hannover sich auf die Seite
Schwedens schlagen und seine Expedition hindern oder wenigstens erschweren
werde, ersucht Crockow im Namen des Kurfürsten den Kaiser, ein Abmahnungs-
schreiben an den Herzog von Hannover ergehen zu lassen.
Der Kurfürst an den Kaiser. Dat. Hauptquartier zu Schwaan
27. AugU8t/6. September 1675. (Or.)
[Plan des Kurfürsten den Herzog von Hannover zu gewinnen. Unterstützung des
Kurfürsten durch das Reich.]
6. Sept. E**. E. M. wird verhoffentlich aas meinen vorigen sowohl als andern
eingelaufenen Berichten bekannt sein, wie nunmehr des H°. Herzogen
zu Braunschweig- Hannover L^®". auch zu bessern Gedanken und der
guten Partei zu kommen Hoffnung machen. Wie ich dann aus denen
von Schweden intercipirten Schreiben ersehen, dass sie auf seine Hülfe
keine sonderliche Reflexion mehr machen und nur dahin bedacht sein,
ob sie nicht seine Völker guten Theils an sich ziehen könnten. Ich
habe dieser Sache etwas nachgedacht und bereits so viel vernommen,
dass gemelten Herzogs L^®". nicht gern sofort gegen seine vorige Alliirte,
als Frankreich und Schweden, in i^irkliche Action treten, hingegen ihm
aber auch schwer und unmöglich fallen wird, seine Leute in seinen
eigenen Landen zu unterhalten, oder zu licentiren. Bin derowegen auf
diese Gedanken gerathen, ob nicht dienlich und thunlich sein möchte,
dass E. K. M. mit gedachten Herzogs L^®°. sich dergestalt in gewisse
Handlung einliessen, dass E. E. M. auf eine Zeitlang diese Völker in
dero Erblanden an den polnischen und ungrischen Grenzen auf gewisse
Masse und Weise, wie solches dienlich befunden würde und hingegen
dero eigene Völker gegen die allgemeinen Feinde und allenfalls Chur-
bayem zu ebenmässiger Raison zu bringen, desto bas gebrauchen könnten.
Dadurch würde meines Erachtens an allen Seiten die gute Intention be-
fördert, obgedachtes Herzogs L^*»". würde die Entschuldigung benommen
und man dürfte nicht sorgen, dass bei etwa erfolgender Licentirung seiner
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Yerhandlungen mit Hannover. Hamburg. Polen. 843
Völker der Feind dadurch verstärket und einige Advantage gegeben
werden möchte*). Ob der Kaiser diesen Vorschlag billigt und durchführen
will, überlässt der Kurfürst ihm.
In einem P. S. bittet der Kurfürst den Kaiser, da nun das Duplum be-
schlossen und der ober- und der niedersächsische wie der westphälische Kreis
nach Auftrag des Kaisers dem Kurfürsten von Brandenburg gegen Schweden
zu Hilfe kommen sollen*), den besagten Standen die schleunige Beistellung der
Truppen nochmals an's Herz zu legen, damit sie nicht zu spät kommen»).
Der Kurfürst an den Kaiser. Dat. Hauptquartier zu Schwaan
28. August/?. September 1675. (Or.)
[Hamburg.]
Der Kurfürst dankt dem Kaiser dafür, dass auf dessen Ermahnungen hin 7. Sept.
die Stadt Hamburg den franzosischen und den schwedischen Residenten ausge-
wiesen habe und bittet den Kaiser zu veranlassen, dass der in Hamburg noch
verweilende schwedische Cassier Kantor und der franzosische Kaufmann du Pre
gleichfalls ausgewiesen werden, weil sonst der erhoffte Zweck nicht erreicht
werden würde*).
Der Kaiser an den Kurfürsten. Dat. Wien 7. Sept. 1675.
(Conc.)
[Polens Haltung, üeberlassung von Quartieren an den Bischof von Münster. Vertrag
des Kaisers mit dem Bischöfe.]
Auf des Kurfürsten Schreiben wegen Polens Benehmen antwortet der 7. Sept.
Kaiser mit der Bemerkung, dass der König von Polen durch die Annäherung
der türkisch-tartarischen Macht*) in eihe Lage gerathen sei, in der ihm der
Kaiser keine Nachricht mündlich zukommen lassen könne ; eine schriftliche aber
würde wenig fruchten. Der Kaiser hat deshalb seinem Residenten in Polen
^ Ueber Brandenburgs Verhandlungen mit dem Herzoge von Hannover, die am
11./21. Sept. zum Vertrage zwischen Dänemark, Brandenburg und Münster mit Han-
nover fährten (vergl. den Vertrag bei Dumont I.e. VH.i 305; Mömer I.e. 386 f.),
Puf. 1. c. xni. 46 f.
>) Acten bei Pachner 1. c. I. 846 f.
*) Ein Memoriale gleichen Inhalts übergab Crockow am 25. October 1675.
*) Am selben Tage wurde auch von Crockow ein Memorial übergeben, in welchem
dieser neben Wiederholung des im karfürstlichen Schreiben bereits erwähnten, vom
Kaiser ein ähnliches Schreiben, wie an Hamburg ergangen, für Lübeck forderte, da
man Nachricht habe, dass Frankreich und Schweden dort Ersatz für Hamburg zu
finden bestrebt seien.
5) Vergl. Theat Europ. XI. 755 f.
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844 VII. Der Krieg gegen Schweden. Oct. 1674— Febr. 1679.
Zierowski, der zum Erzbischofe von Gnesen^) geht, befohlen, diesen mündlich
im Interesse des Kurfürsten zu sprechen. Am selben Tage erlässt der Kaiser
an den Feldmarschalllieutenant Coob den Befehl, vom Kurfürsten die wieder-
holt erbetene Ueberlassung von Essen, Dortmund, Gimbom und Neustadt an
den Bischof von Münster als Quartiere zu fordern. An den Kurfürsten selbst
richtet der Kaiser dieses Ersuchen in einem Schreiben d. d. Wien 15. Septem-
ber 1675, durch welches er ihn von dem Abschlüsse des Vertrages mit Münster
in Kenntnis setzt*).
Votum vom 27. September 1675 die Winterquartiere betreffend.
(Conc.)
27. Sept. Crockow hat in einem am 21. Sept. übergebenen Memoriale im Namen des
Kurfürsten ersucht, man möge wegen der Winterquartiere die Berathung be-
ginnen und Sorge tragen, auf dass die kaiserlichen und kurfürstlichen Truppen
ausserhalb der kurfürstlichen Länder gute Quartiere erhalten. Er werde zwar
noch 1— r2 Monate operiren, allein dann benöthige er solche Quartiere, weil
seine Länder erschöpft und Pommern von den Schweden ganz verwüstet worden
sei. Es sei zu hoffen, dass verschiedene Kreise des Reiches sich mit Rücksicht
auf die vom Kaiser und Kurfürsten dem Reiche geleisteten Dienste zur Ueber-
nahme einer solchen Last bereit zeigen werden. Auch wiederholte Crockow in
diesem Memoriale die Bitte des Kurfürsten wegen Verschonung des Erzstiftes
Magdeburg mit Steuern, die es dem niedersächsischen Kreise leisten solle und
Anmahnung an die 4 herrschaftlichen Aemter Querfurt, Jüterbog, Dahme und
Burg die Steuern an Magdeburg zu zahlen.
Die Räthe halten dafür, dass es das beste wäre, wenn der Kaiser bezüg-
lich der Winterquartiere sich zurückhalten könnte, da zu besorgen stehe, dass
Brandenburg nur zum Scheine frage, sich selbst Winterquartiere nach Belieben
aussuchen und dann mit des Kaisers Genehmigung sein Vorgehen werde recht-
fertigen wollen. Da es aber mit Rücksicht auf die Bestimmungen der Allianz
und auf die gegenwärtige Lage nicht möglich ist, das Begehren der Verbün-
deten bezüglich der Winterquartiere zurückzuweisen, muss man trachten darüber
zu einem Entschlüsse zu kommen, wo jedem die Quartiere anzuweisen sind. Das
zu bestimmen ßlllt aber schwer, da der Kaiser den fränkischen, schwäbische
wie auch den oberrheinischen Kreis, wo nicht zur Einquartierung der eigenen
kaiserlichen und mitconiungirten Reichsvölker, doch zu Beschaffung der Lebens-
mittel nothwendig zu reserviren habe, ferner der Besitz des Kurfürsten von
Mainz geschont werden muss, um diesen Fürsten in der guten Stimmung, in
der er sich befindet, zu erhalten. Dazu komme, dass ein Theil des westphäli-
schen Kreises und das im kurrheinischen Kreise gelegene Fürstenthum West-
phaleo von weiteren Einquartierungen verschont bleiben müsse, weil es die
295 f.
Andreas Olszowski.
^ Der Vertrag war bereits am 7. Juni geschlossen worden. Dumont I.e. Vll.i
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Wioterqoartierfrage. 845
Garnison in Bonn zu erhalten und for die Fortification dieser Stadt zn sorgen über-
nonunen hat Die Räthe halten daher dafür, man möge dem Grockow münd-
lich mittheilen, der Kurfürst möge den einmal gefassten Beschlüssen gemäss
die Unternehmungen gegen Schweden so fortsetzen, dass er im feindlichen Lande
festen Fuss fassen könne, wenn aber nicht, möge er im eigenen Lande bleiben,
weil sonst die Gefahr eines Einbruches in die von Truppen entblössten Länder
drohe. Da es aber wahrscheinlich sei, dass Crockow sich mit dieser Antwort
nicht befriedigt erklären, sondern die wirkliche Assignirung der Quartiere fordern
wird, so wäre ihm nebst der Erklärung, dass der Kaiser eventnaliter für seine
Truppen den fränkischen und den schwäbischen Kreis sammt Eichsfeld, das
Fürstenthum Westphalen und die jenseits des Rheins gelegenen Länder sich reser-
vire, schriftlich die Antwort zu ertheilen, dass der Kaiser die übrigen Alliirten
aber diesen Punkt befragen und sich dann entscheiden werde. Demzufolge wäre
an alle Alliirten zu schreiben, sie mögen ihre Vertreter gegen den 20. October
nach Mühlhausen senden, auf dass daselbst über die Vertheilung der Quartiere
berathen werde ; zugleich aber zu bemerken, es möge auf die Stände die grösst-
möglichste Rücksicht genommen werden^). Bezüglich Magdeburgs glauben die
Räthe, dass das eine Kreissache sei und nur auf dem Kreistage erledigt werden
könne.
Berathen am 27. Sept., praesentibus Schwarzenberg, Hocher, Königsegg,
Fürstenberg, Oettingen, Abele und Högell.
Der Kaiser an den Kurfürsten. Dat. Wien 5. October 1675.
(Conc.)
[Uebemahme der hannoveranischen Truppen.]
Das Ersuchen des Kurfürsten wegen Uebemahme der hannoveranischen Tnip- 5. Oct.
pen und Verlegung derselben in die Erbländer kann der Kaiser mit Rücksicht
auf den erschöpften Zustand dieser Länder nicht erfüllen. Er empfiehlt daher
auf der für den 26. Oct. nach Mühlhausen einberufenen Versammlung über die
Wege des Kurfürsten Pläne durchzuführen in Berathung zu treten.
Der Kurfttrst an den Kaiser. Dat. Hauptquartier zu Wolgast
l./ll. November 1675. (Or.)
[Mittheilungen über Schwedens Pläne in Polen. Einquartierung im Gebiete des Her-
zogs Friedrich von Sachsen-Gotha.]
Der Kurfürst hat von guter Hand erfahren, dass der schwedische Gesandte n. Nov.
Lilienhöck ^) nach Polen gereist ist und sich geäussert hat, er habe Befehl mit
^) In diesem Sinne, mit der Festsetzung des 26. Oct. als Tag imd Muhlhausens
als Ort der Zusammenkunft, ergiengen am 1. Oct. die Schreiben an Brandenburg,
Dänemark, an die braunscbweigischen Fürsten und an den Bischof von Munster.
^ Ueber Lilienhocks Aufenthalt in Polen Puf. 1. c. XIII. 58.
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846 VII. Der Krieg gegen Schweden. Oct 1674— Febr. 1679.
I dem Könige von Polen ein Bündnis zu schliessen, dahin zielend, dass der König
von Polen in das Herzogthnm Preussen einbrechen und dasselbe occupiren möge ;
er habe femer erklärt, dass zu gleicher Zeit die Schweden einige Auxiliarvölker
zur See überschicken und an's Land setzen wollten und dass gleiche Offensiv-
und Defensivbündnisse zwischen Portugal, England, Frankreich und Schweden
bereits geschlossen seien. Der Kurfürst bittet den Kaiser, dem Könige von
Polen dringend von der Annahme eines solchen Bündnisses abzurathen und
zugleich im Falle der Annahme mit kräftiger Zurückweisung kaiserlicherseits
zu drohen.
Von Stargard im Mecklenburgischen wendet sich der Kurfürst unter dem
21. Nov. st. V. an den Kaiser mit der Bitte dem Herzoge Friedrich von Sachsen-
Gotha nicht so schwere Lasten bei der Einquartierung aufzuerlegen.
Der Kurfürst an den Kaiser. Dat. Hauptquartier zu Treptow
in Vorpommern 15./25. November 1675. (Or.)
[Quartierfrage.]
25. Nov. Da der Kurfürst aus den Berichten seines Bevollmächtigten in Mühlhausen
mit Bestürzung vernommen, dass er bei den Quartieren fast gar nicht berück-
sichtigt worden sei, wendet er sich mit der Bitte an den Kaiser, ihm darin zu
helfen und verweist im Uebrigen auf die Erklärungen Crockows.
In der Antwort an den Kurfürsten vom 14. Dec. 1675 bezieht sich der
Kaiser auf seine dem Crockow gegebene Antwort 2). Am 12. Dec. richtet der
Kaiser dann ein neues Schreiben an den Kurfürsten, in welchem er ihm, bezüg-
lich der Bitte den Herzog von Sachsen-Gotha nicht so mit Winterquartieren zu
beschweren, mittheilt, dass er dieses Land dem Kurfürsten selbst für die Winter-
quartiere überwiesen habe, so dass dieser um so leichter die Wünsche des
Herzogs werde befriedigen können. Da der Kaiser vernommen habe, dass ein
Theil der kurfürstlichen Truppen gegen den unterrheinischen und west^hälischen
Kreis im Anzüge begrifTen sei, ersucht er den Kurfürsten zur Vermeidung gefilhr-
Hcher Ck)nflicte die Einstellung des Anzuges zu befehlen, damit das Fürstenthura
Westphalen, vulgo Sauerland, von aller Einquartierung seitens Brandenburgs
verschont bleibe.
Memorial Crockows an den Kaiser. Dat. Wien 25. November
1675. (Or.)
[Quartierfrage. Verschonnng der brandenburgischen und Hessen-Gasserschen Länder
mit Winterquartieren.]
25. Nov. Als die Vertreter sämmtlicher Alliirten zu Mühlhausen wegen Vertheilung
der Winterquartiere zusammentreten wollten, wurde daselbst die Nachricht ver-
Vergl. Puf. 1. c. XUI. 57.
^ Vergl. das zweitnächste Stack.
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Schwedens Pl&ne. Quartierfrage. 847
breitet, dass nicht nur anderwärts bereits eine Vertheilung der Quartiere vor-
genommen, sondern auch dieselben theils von dem Kaiser in den schwäbischen,
fränkischen, beiden rheinischen, obersächsischen und westphälischen Kreisen
bezogen, theils an andere Alliirte verwiesen; auch einige Kreise ganz und
gar befreit worden seien. Wie nun durch eine solche Mittheilung der Congress
überflüssig geworden ist, so ist auch der Zweck desselben, eine Einigung unter
den Alliirten herbeizuführen, durch ein solches Vorgehen nicht erreicht worden.
Es wäre überaus ungerecht, wenn man den Kurfürsten, der so viel im Interesse
der deutschen und allgemeinen Sache gethan, so behandeln würde. Am wenigsten
aber könnte der Kurfürst ein solches Vorgehen vom Kaiser erwarten und daher
habe er der Nachricht Glauben geschenkt, dass dies ohne Mitwissen des Kaisers
geschehen sei, in welchem Glauben er auch durch die Erwägung bestärkt
worden ist, dass der Kaiser wohl nicht so viele Leute nach Mühlhausen zusammen-
berufen hätte, wenn bereits alles ausgemacht gewesen wäre. Der Kurfürst hofft
daher, dass der Kaiser die nothwendigen Maassregeln ergreifen wird, um alles
zu ordnen. Und da der Kurfürst ohne Quartiere unmöglich bestehen kann,
ersucht er den Kaiser ihm zur Erhaltung seiner Truppen nebst dem Stifte
Magdeburg und den Graftschaften Barby, Mansfeld und Schwarzburg, die
fürstlich sächsischen Häuser nebst den erfurtischen Dörfern, Niederhessen, wie
auch Westphalen und die Feste Recklinghausen nebst Herford, Essen, Verden
und Dortmund, auch das Fürstenthum Anhalt und die Grafschaft Waldeck als
Winterquartiere zu assigniren.
In einem am 28. Nov. eingerichten Memoriale bittet Crockow im Namen
des Kurfürsten und der Landgräfin von Hessen-Cassel, der Kaiser möge an
seine Generalität den Befehl ergehen lassen, die Hessen-Casserschen Länder mit
Winterquartieren zu verschonen.
Bescheid für Crockow. Dat. Wien 13. December 1675. (Conc.)
[Quartierfrage.]
Obgleich der Kaiser des Kurfürsten Begehren mit Rücksicht auf dessen 13. Dec
ausgezeichnete Dienste für das allgemeine Wohl gerne vollständig erfüllen würde,
ist dies unter den gegenwärtigen Verhältnissen unmöglich. Als Zeichen seiner
Neigung erklärt jedoch der Kaiser, dass, falls nicht zu Mühlhausen etwas
vereinbart ist, oder unterdessen vereinbart wird — in welchem Falle die dort
getroffenen Abmachungen alleinige Geltung haben sollen — er dem Kurfürsten
das Stift Magdeburg, beide Fürstenthümer Hessen-Cassel und Anhalt, die fürst-
lich sächsischen Häuser (ausser Coblenz, Eisenach und der Grafschaft Henne-
berg, welche der Kaiser zur Einquartierung seiner Völker unumgänglich
benöthigt, wie auch des Kurfürsten von Sachsen und dessen Brüder Lande
sämmtlich gleichfalls davon ausgenommen seien), so dann femer die Grafschaften
Schwarzburg und Stollberg neben dem Mansfeldischen (jedoch mit Vorbehalt
desjenigen Theiles der kursächsisch ist) und anstatt dessen der gesammten
Grafen Reuss und Herrn von Plauen zugehörige Länder assignire und dass
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848 VII. Der Krieg gegen Schweden. Oct. 1674— Febr. 1679.
diese Länder ihm verbleiben sollen, jedoch mit dem ausdrücklichen Beding,
dass an jenen Orten, wo schon kaiserliche Völker liegen, die Verpflegung und
Unterhaltung der kurbrandenburgischen Volker erst vom Anfange künftigen
Monates Januar angehen und gereicht werden solle.
Quartierfrage.
Crockow erklärt in einem Schreiben an den Reichsvicekanzler, er glaube
nicht, dass der Kurfürst sich mit den Zugeständnissen des Kaisers werde zufrieden
erklären können und bittet den Reichsvicekanzler, dass wenigstens die fürstlich
sächsischen Häuser dem Kurfürsten ganz zugewiesen werden möchten. Ganz in
diesem Sinne lautet denn auch das Schreiben des Kurfürsten vom 10./20. Dec.
aus Colin a. d. Sp. Am 30. Dec. wiederholt Crockow (Memorial an den Kaiser
30. Dec. Or.) diese Bitten des Kurfürsten und präcisirt dieselben dahin, es mögen
dem Kurfürsten über das bereits zugestandene, noch die Länder der Brüder des
Kurfürsten von Sachsen und die erfurtischen Dörfer angewiesen werden. Allein
in der Antwort, die dem Crockow am 4. Januar 1676 ertheilt wird, bleibt der
Kaiser dabei, für den Kurfürsten unter den gegebenen Verhältnissen nichts
mehr thun zu können. Darauf hin richtet der Kurfürst von neuem d. d. Colin
a. d. Sp. 12./22. Jan. ein ausführliches Bittschreiben an den Kaiser, in welchem
er unter Hinweis auf seine Verdienste und seine Noth nochmals um Vermehrung
der Quartiere bittet. Allein auch dieses Gesuch hatte keinen besseren Erfolg.
Der Kaiser betonte in seiner Antwort vom 29. Jan. nichts mehr für den Kur-
fürsten thun zu können und forderte denselben zu gleicher Zeit auf, seine in
Dorsten und Dortmund widerrechtlich einquartirten Truppen von dort abführen
zu lassen. Ein neues Schreiben des Kurfürsten vom 18. (28.) Jan. hatte eben-
sowenig Erfolg. Da versuchte es der Kurfürst mit einem eigenhändigen Schreiben
d. d. Colin a. d. Sp. 3./13 Februar 1676, in welchem er betonte: Ich hette
zwahr verhoffet, man würde mehre consideration auff einen treuen Chur-
fürsten, der Sich alzeitt so devodt gegen Ew. Kay. May^. in allen occa-
sionen erwiesen, gemacht haben undt mir dassiene auch gegeben haben,
was andere überflüssig genissen, So theils gegen Ew. Kay. May*^. mitt
dem feinde verbunden gewesen. Ich muss aber beklagen, das meine
widerwerttige undt feinde diesses bey Ew. Kay. May^. zu wege gebracht
haben, das mir in keinerley wege geholflfen wirdt; Nochmehr aber, das
Ich inutiell gemacht werde Ew. Kay. May^. wie auch den Aligirtten zu
assistiren, umb das gemeine werck zu aussfuhrung eines algemeinen
friedens beschleunigen zu helffen ... Es scheindt, das man jalus von mir
ist, das der höchste meine waffen so augenscheinlich gesegenet undt mir
misgönnet wirdt. Man entschuldiget Sich damitt. dass Ew. Kay. May".
Armee nicht gnugsahme quarttir hette; nun wünschte Ich, dassienige
zu haben zu behuf meiner Armee, was dero Officir undt Generals über
Ihren Soldt von den Armen leutten erpressen, da woU einer undt der
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Quartierangelegenbeit. g49
ander zu 80000 undt 30000 Rtbir. id Ihren quarttiren genossen undt
ausser dem Reich, Ja gar bis in Italien Übermacht haben undt werden
Ew. Kay. May^^ von dero eigenützigen officiren hinttergangen, wie solches
Sich bey dem aufpruch der Armee zu spette finden wirdt. Solcher
gestaldt nun Ew. Kay. May^. Armee zu unterhalten, oder, wie Ich sagen
mach, die officir Sich allein zu bereichern, wirdt gewis das gantze Römische
Reich zu klein*) fallen, dahero so grosse Elachten billig erweckt werden.
Ew. Kay. May^. ersuche undt bitte Ich nochmals underthenigst, dieselbe
geruhen wollen, mir aufs eiligste, weill periculum in mora, mehre quarttir
zu assingniren, auf das Ich meine Armee wider in stände bringen undt
Ich damitt dienste thun möge, auf das Ich nicht genottringet werde,
gegen undt wider meinen willen auss höchster nodt einige resolution zu
nehmen, die Ew. Kay. May'^ undt dem gemeinen Interesse zum nachtheill
undt schaden gereichen möchte, wogegen Ich hiemitt feierligst protestire
undt erwahrtte hierauff Schleunige gnedigste erklerung. Bald darauf kam
Stemberg nach Berlin, mit dem neben anderen Angelegenheiten auch die Quar-
tierfrage besprochen wurde*).
Der Kaiser an den Kurfürsten. Dat Wien 10. Jannar 1676.
(Coiic.)
[Versprechen des Kaisers den Kurfürsten gegen Polen zu schätzen.]
Der Kaiser verspricht dem Kurfürsten, falls Polen wirklich etwas gegen den- 10. Jan.
selben unternehmen sollte, dass er ihm treu zur Seite stehen und wirklich assistiren
wolle; doch glaubt er nach den ihm zugegangenen Mittheilungen, dass Polen
nnter den gegenwärtigen Verbältnissen kaum mit Schweden ein Bündnis schliessen
wird. In jedem Falle wird der Kaiser seinem Residenten Zierowski Befehl
ertheilen, sich auf das genaueste zu informiren und nach Wien zu berichten.
Mission des Grafen Adolf Wratislav Sternberg.
1676 Jan.-März.
Der Kaiser an Sternberg. Dat Wien 12. Janaar 1676. (Cone.)
Sächsische Truppen; ihre Erhaltung und ihr Durchmarsch durch brandenburgisches
Gebiet.]
Stemberg soll erst versuchen, ob der Kurfürst von Sachsen die Verpflegung 12. Jan.
der unter dem Befehl des Feldmarschalllieutenants Freiherrn von Coob stehenden
') A = kein-
^ Vergl. für diese Verbandlungen bezüglich der Quartiere Puf. l..c. Xlll. 57;
Droysen 1. c. lll.s 555 f.
Mater, t. Gesch. d. G. Karfürtten. SJV. '2. 54
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850 VII. Der Krieg gegen Schweden. Oct 1674 — Febr. 1679.
sächsischen Regimenter übernehmen will; da nun aber zu fürchten, dass wann
schon des Churförsten zu Sachsen L***". zu Uebernehmung beeder dero
dermalen bei besagtem Coob stehender Regimenter zu disponiren sein
sollten, dass es sich dannoch an deme stossen dörfte, dass des Churfürsten
zu Brandenburg L**«". erstberührten Regimentern wegen der von ihnen
bei letzterem Durchzug übel gehaltener Disciplin und begangener Excessen
den Pass nicht verstatten würden, soll Sternberg in diesem Falle, wenn von
Brandenburg der Durchzug nicht zu erhalten, den Kurfürsten von Sachsen ver-
mögen, 2 kaiserliche Regimenter, die unter Coob stehen, zu verpflegen; wenn
das aber nicht zu erreichen, so wirst du, wann du vorderist mit ernanntes
Churf. zu Sachsen L**. der Einnehmung halber ihrer 1500 Mann oder noch
einer mehrern Anzahl ein gewisses geschlossen, ... bei Brandenburg mit
allem Eifer für die Oestattung des Durchzuges eintreten; und nicht
weniger, dass I. Ch. D. uns zu Bequartirung unserer Soldatesca die von
ihrer Miliz in dem Mecklenburgischen bezogene 12 Aemter zu dem Ende
vergönnen und abtreten mögten, damit gedachte unsere Mannschaft erhei-
schender Notdurft nach untergebracht, recrutirt und zu fernerer Assistenz-
leistung tauglich gemacht werden könnte.
Der Kurfürst von Sachsen, bei dem Stemberg vorerst seine Ueberredungs-
kunst versucht, bleibt fest dabei, blos seine 2 Regimenter, die unter Coob dienen,
zu verpflegen. (Bericht Stembergs d. d. Dresden 20. Jan. 1676. Aut.). Anfangs
Februar trifft dann Stemberg, der den Kurfürsten von Brandenburg schon schrift-
lich von seinem Begehren in Kenntnis gesetzt, (Schreiben vom 19. Jan. 1676)
in Berlin ein (Bericht vom 7. Februar 1676 aus Berlin).
Unterdessen hatte der Kurfürst beim Kaiser sich darüber beklagt, dass
Coob die von Brandenburgs Truppen in Mecklenburg innegehabten, und ihnen
angewiesenen Quartiere gewaltthätig bezogen habe ; worauf der Kaiser erwiderte,
er hoffe von einer Gewaltthätigkeit werde nicht die Rede sein können, zu einer
solchen habe Coob kein Recht und keinen Auftrag; dem Kurfürsten hätte der
Kaiser aber im Mecklenburgischen keine Quartiere angewiesen. Stemberg
erhält daher Auftrag, den Kurfürsten zu vermögen, von Winterquartieren im
Mecklenburgischen mit Rücksicht auf des Kaisers Noth abzustehen (31. Jan. 1676).
Dazu kommt, dass in Wien Nachrichten einlangen, dass Brandenburg Dorsten,
Dortmund u. a, m. mit Gewalt mit Quartieren belegt , dass nicht nur der west-
phälische Kreis, sondern auch Erfurt die Einquartierung durch die Brandenburger
fürchtet. (Weisungen vom 8. und 12. Febr.) Von alle dem soll Stemberg den
Kurfürsten abhalten.
>) üeber Stembergs Mission Puf. I. c. XIV. 17 f.; Tb. Eur. XI. 871.
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Sächsische Hilfstruppeo. Hannover. 851
Sternberg an den Kaiser. Dat Berlin 14. Februar 1676. (Or.)
[Audienz. Erklärungen des Kurfürsten bezüglich der Quartiere. Verbindung mit
Hannover. Des Herzogs von Hannover Haltung und Pläne. Erklärungen der Kur-
fürstin. Verhandlungen des Stemberg mit dem Kurfürsten in der Quartier- und in
der Passfrage. Conferenz mit den kurfürstlichen Räthen. Forderungen Sternbergs.
Erklärungen des Kurfürsten bezüglich derselben. Anhalts Haltung. Antwort der
Räthe auf Stembergs Forderungen. Verhandlungen der beiden Parteien. P. S. Des
Kurfürsten neue Erklärungen.]
Am sechsten Abends in Berlin angekommen, hat Stemberg am siebenten Februar 14. Febr.
Audienz. Der Kurfürst erklärt seine Bereitwilligkeit in Verhandlungen einzutreten,
dieses aber müsste er mir alsobalden ganz deutsch sagen, mehr Quartier
müsste er haben, sonsten in Entstehung dessen er gezwungen sein wurde
andere Partei anzunehmen ; er könnte so nicht subsistiren, sondern sammt
allen seinen Leuten zu Grund gehen. Mit den chursächsischen Herren Ge-
brüdern wurde er sich leichtlich vergleichen, wann nur E. K. M. durch die
Finger sehen und damit dissimuHren wollten. In dem hannoverischen Werk
hätte er etwas in Händen, so er bis dato noch niemand anderen offenbaret
und vertrauet hätte und thäte es hiemit mir eröffnen: Er getraue ihme
bei selbigem Herzog viel guts zu richten und habe Briefe von ihme,
dass er sich mit ihme noch vorm Anfang der Campagna selbsten ersehen
und in einem und anderen mundlich unterreden wolle; er getraue ihme
zu erhalten, dass Hannover ihme etliche 1000 Mann überlassen werde ^).
Seinem fürstlichen Hause Braunschweig-Lüneburg aber thue gedachter
Herzog ganz nichts trauen; E. K. M. zu Gefall und auf dero Wort und
Sicherheit werde er mehrers thuen, als auf aller anderen Alliirten kräftigste
Versicherungen. Wann also E^ K. M. gnädigst beliebig wäre ihme eine
gnugsame Vollmacht nebenst einer klaren Instruction, wie weit er mit
Hannover zu tractiren hätte, ehistens zu überschicken, so wollte er sich
bemühen — absonderlich da E. K. M. in solchem Fall der Herübertretung
denselben zu Participirung der Conquisten zuzulassen und den Genuss
einiger Quartier zu vergönnen, auch die garantiam darüber zu ver-
sprechen, gemeint wären — ihn auf einen guten Weg zu bringen; es
müsste aber bald geschehen und auf solche Weise, dass keinem anderen
als ihme, dem Churfürsten, allein dergleichen Commission aufgetragen
würde'); dann das Werk müsste mit grosser Dexterität, Glimpf und
Bescheidenheit tractirt werden. Auf eine andere Manier, weniger durch
*) Brandenburg hatte bereits am I1./21. Sept 1675 im Vereine mit Dänemark
und Münster einen Neutralitätsvertrag mit Johann Friedrieb von Hannover geschlossen ;
Dumont 1. c. VII., 305 f.; Puf. 1. c. XIII. 46 f.
») Vergl. Puf. 1. c. XIV. 17, 23.
54*
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852 VII. Der Krieg gegen Schweden. Oct. 1674 — Febr. 1679.
Yiolenz, wurde man allda nichts ausrichten ; er sei so circumspect, dass
er sich mit denen Quartierständen meistens auf sicher Geld verglichen
und die Mannschaft in sein Land gezogen habe, ausser etwas weniges,
so er doch innerhalb 2 oder 3 Tagen längstens bei sich haben könnte.
Er habe eine viel grössere und bessere Mannschaft als das übrige gesamrote
Haus Braunschweig zusammen, wollte auch gut davor sein, dass keiner
von den Alliirten anbeissen werde und er wollte es auch keinem rathen.
Dass Hannover anfangs mit Frankreich sich eingelassen, dazu hätten ihn
eben die andere seines Hauses durch das übele Tractament veranlasset;
der Tractat sei gleichwohl geschlossen und von ihme bona fide eingangen
worden, indeme der Bischof von Münster sowohl ihne Herzogen von Han-
nover, als auch die übrige Alliirte, so jetztgedachten Tractat schliessen
helfen, versichert gehabt^ er sei von E^ K. M. mit gnugsamer Vollmacht
versehen. Wie ich aber den Churfürsten mit Erlaubnus in diesem Dis-
curs interrumpirt und gefraget, warum man dann sothane Vollmacht zu
prnduciren nicht verlanget hätte, ist mir darauf geantwortet worden, ia,
es wäre freilich geschehen; man hätte es begehrt; von Münster aber
darauf mit Empfindligkeit gemeldet worden, ob man ihme dann nicht
gnugsamen Glauben zustellen wollte; obgemelte Vollmacht hätte noch
andere puncta mehr in sich, welche E. K. M. nicht gerne sehen würden
kund zu machen und vorzuweisen. Er, der Churfürst, hätte ganz frische
Briefe von Hannover, in welchen er meldete, öfters angezogener Tractat
wäre nur zu consideriren als der erste Passus; er werde nach und nach
ein mehrers thuen; die Herzogin seine Gemahlin^) merke es gar wohl,
thue nichts als weinen, indeme der Versieux') in seiner letzterer der-
örtigen Anwesenheit nichts neues geschlossen, sonderen un verrichter Sachen
hinwider abreisen müssen und dieses könne E. K. M. der Churfürst bei
seinen Ehren versicheren: Wann der von Crockow zu Wien, oder dero
andere ministri zu Mühlhausen ein mehrers wider Hannover geredet
haben sollten, würden sie wie Narren gethan haben, wären auch darüber
nicht befehlicht gewesen. In summa, auf kein violentes Mittel sei bei
so gestalten Dingen zu gedenken. Dänemark halte bei Hannover fest,
den jüngst zwischen Münster und Hannover geschlossenen Tractat') hätte
er, der Churfürst, bis dato nicht bekommen können; doch aber davon so
viel Nachricht erhalten, dass derselbe den Herzog von Hannover in
*) Benedicte Henriette, Tochter des Pfalzgrafen Eduard von Simmem.
>) Virset; vergl. Puf. 1. c. XIV. 23.
5) Vertrag vom 29. Oct. 1G75; vergl. Dumont I. c. 314ff.
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Hannover. Qoartierfrage. g53
grosse Sicherheit setze. Das übrige wollte er za der Conferenz remittirt
haben; denen dazu deputircnden Rathen könnte ich alles eröffnen, ausser
dieses, dass er mit Hannover zusammenkommen würde, welches er aus
gewissen ihme bekannten Ursachen und motivis gerne bei sich geheim
halten wollte.
Die Kurfurstin zeigt sich überaus freundlich, verspricht dem Stemberg alle
mögliche Assistenz, mit diesem Zusatz, der Baron de Goess als jetziger
Bischof zu Gurk^) werde ihr Zeugnus geben können, dass sie ihm aus
mancher Noth geholfen habe. Bei einer neuen Unterredung mit dem Kur-
fürsten am selben Tage findet Stemberg denselben in allen ganz glimpflich und
raisonnabel, ausser des Puncts der Quartiere, bei welchem er gemeldet,
der chursächsischen Gebrüder Länder müsste er zu Quartieren haben,
man thue auch, was man wolle; und aller Gefahr, auch übeler Conse-
quentien ungeachtet, welche ich hiebei mit grossestem Glimpf repraesen-
tirt, hat es dannoch nichts helfen wollen, sonderen klar zu mir heraus-
gesagt: Es soll ihn dieser oder jener holen, wann er dieses nicht erhielte,
so wurden E. K. M. ihn verlieren; er brauchete alle Monat uf das
wenigste hundert und zwanzig tausend Rthlr. seine Armee zu erhalten
und auszubringen; gute Worte verlange er nicht; wann er nur dieses
hätte, was E'. K. M. Officiers aus den Quartieren unbillicher Weise
erpressen, wollte er eine Armee von 30000 Mann halten; specificirtc
etliche, die da monatlich zu 10, 20 und mehr tausend Thaler für sich
aliein zu Beutel stecken thäten. Wie er nun so ungeduldig zu werden
anfieng, habe ich für gut befunden mich zu beurlauben. Am folgenden
Tage hat Stemberg mit den Gesandten des Königs von Dänemark und des
Herzogs von Braunschweig-Luneburg eine Unterredung bezüglich der Quartierfrage.
Auf neuerliche Bittschreiben Coobs verlangt Sternberg vom Kurfürsten von
Brandenburg den noch nicht bewilligten Pass für die 2 sächsischen und 1
eisenachisches Regiment; findet diesen aber sehr alterirt darüber, mit diesem
Vermelden, man suchete sie zu ruiniren und ihren armen durch die
schwedische Waffen ganz und gar erschöpften und verdorbenen Unter-
thanen noch das letzte Stück Brod aus dem Maul zu reissen. Die 2
bei gedachten Regimenteren vorhandene Obristen bekamen dabei schänd-
liche Epitheta. Auf vieles Bitten Stembergs und auf dessen Versprechen hin
auf scharfe Disciplin sehen zu wollen, erklärt der Kurfürst endlich, man mögte
nur 3 Tage Frist geben, damit das nöthige Proviant und die Vorspann
verschaffet werden könnten; falls aber die geringste Insolenz geschehen
Goess war Anfang 1676 Bischof von Gufk geworden. Vergl. Deutsche Bio-
graphie Bd. 9.
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854 VII. Der Krieg gegen Schweden. Oct. 1674 — Febr. 1679.
würde, so wollto er alle Officier an einer Galgen aufhängen lassen.
Am selben Tage noch hat Sternberg Conferenz mit des Kurfürsten Käthen
Somnitz, Generalcommissär Gladebeck und Meinders. Stemberg gibt in der-
selben die Wunsche des Kaisers kund. 1^ Sobald die Schweden vernichtet, oder
doch geschwächt sind, soll Brandenburg wider Frankreich und dessen Adhärenten
den Kaiser unterstutzen. 2°. Der Kaiser hat durch Sternberg die Differenzen
zwischen Münster und Braunschweig-Lüneburg in der Quartierfrage beizulegen
versucht, fand daselbst Willen dazu ; der Kurfürst solle nun seinerseits bei dem
in Hildesheira stattfindenden Congresse dazu beitragen, dass die nothwendige
Einigung der beiden Mächte zu Stande gebracht werde'). 3^ Der Kaiser hat
dem Crockow in Wien die äussersten Zugeständnisse in der Quartierfrage gemacht;
er hofft, der Kurfürst wird sich damit zufrieden geben und den Plan der Ein-
quartierung in sächsische Länder, Erfurt etc., mit Rücksicht auf die grossen daraus
zu befürchtenden Unannehmlichkeiten aufgeben. 4^ Da der Kaiser vernommen,
dass Brandenburg in das Fürstenthum Westphalen Truppen einrücken lassen
will, dass in Dorsten einige Mannschaft bereits eingerückt ist, ersucht der
Kaiser den Kurfürsten dies nicht zu gestatten, weil es nach den getroffenen
Verabredungen mit der Würde des Kaisers nicht zu vereinbaren sei. 5^ Ebenso
sollen die schwarzenbergischen Herrschaften Gimbom und Neustadt vom Kur-
fürsten verschont werden. 6^ Das coobische Corps soll mit Winterquartieren
versorgt; 7«. die Küchelämter des Grafen von Mannsfeld von allen Ein-
quartierungen befreit werden. Sodann berichtet Sternberg noch von seiner
Mission in Celle und schliesst mit der Bitte, der Kurfürst möge seinerseits
alles thun, um den Herzog zum Kampfe gegen Frankreich oder Schweden,
oder wenn dies nicht zu erreichen, zur üeberlassung von 6000 Mann an den
Kaiser zu vermögen. Die Räthe nehmen Stembergs Vorschläge ad referen-
dum. Am folgenden Tage meldete der Churfürst zu mir; ich hätte gestriges
Tages seinen Käthen eine Proposition eingeschenket, (auf) welche sie
mir auch wohl Bescheid thun würden. Er wollte mir aber hierüber
wiederum eins zugebracht haben und beschwörete mich, E'. M. es also-
bald zu überschreiben und zu berichten, wann man ihn mit den
Quartieren nicht anders tractiren würde und mit Chursachsen Gebrüderen
Länderen nicht durch die Finger sehen, so müsste er mit Frankreich
und Schweden sein Accommodement machen, hernacher werde es Schle-
sien gelten, welches er allein defendirt hätte. Die Churfürstin sprach
ibme darüber gewaltig zu, mit Bitten, er sollte sich doch nicht also alte-
riren, es würde seiner Gesundheit schaden. Er aber continuirte immer-
fort und sagte, ich redete gut für Mainz, ich redete gut für Sachsen
und für ihme redete ich gar nichts. Wie dann dasienige, so E. K. M.
') Ein Vertrag zwischen den beiden Mächten kam am 19./29. August 1676 m
Stande; Dumont 1. c. VII. i 324.
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Quartierangelegenbeit 855
ihme geschrieben, verstanden werden sollte, dass sie ehistens einen zu
i- ihn abschicken wurden, welcher mit ihme so wohl in dem Quartierwesen,
' als anderen wichtigen Materien vertraulich communiciren solle, dieses
habe er nichts anders zu sein geglaubt, als dass ich ihme weitere An-
weisung der Quartier mitbringen wurde; sonsten wusste er nicht, worin
die Vertreulichkeit stunde, da man ihn nur zu ruiniren suchete; seine
besten Länder wären von Schweden verdorben, die clevische müssten
Frankreich contribuiren. VVohero er dann die Mittel nehmen solle; ich
sollte diese Extremitäten E^E. M. alsobalden berichten; sonsten mögte
ich das Uebel, so hieraus erfolgen mögte, schwer zu verantworten haben.
Stemberg sucht ihn zn besänftigen und betont den guten Willen des Kaisers
Brandenburgs Forderungen zu erfüllen. Er interrumpirte mich mit unglaub-
licher Entzündung und sehr hitzigen Worten und sagte, er halte nichts
auf die blosse Worte, sonderen wollte den Effect sehen; man habe ihme
viel Subsidien versprochen und nichts bezahlt. Er müsste thuen, was er
gesagt und gieng darauf mit dem Fürsten von Anhalt davon; in der
Thür aber wendete er sich um und meldete, er habe zu schreiben, ich
wollte nur da bleiben; also bliebe ich annoch eine Weile bei der Chur-
furstin und ersuchete sie nochmalen auf das allerhöchste, sie wollte
doch dem gemeinen Wesen zum besten ihren bei E^ E. M. imprimirten
Credit hier anwenden und dem Churfursten dergleichen gefasste böse
Gedanken möchlichst ausreden. Aber es war ihr selbsten nicht wohl
darbei und scheint es ihr um des Churfursten Person und Interesse ab-
sonderlich zu thuen zu sein; glaubete also wie er, die sächsische Quar-
tiere wären ihnen ja einmal zu vergönnen.
Der Fürst von Anhalt besucht Sternberg am folgenden Tage, bedauert das
heftige Auftreten des Kurfürsten und verspricht seinerseits alles für das Inter-
esse des Kaisers zu thun. Ich befinde aber in der Wahrheit, dass dieser
guter Fürst in dem churfurstlichen Credit ziemlich callirt und sich in
denselben hinwider zu bringen mit Einstimmung alles dessen, was er
nur immer verlanget, suchen thuet.
Am selben Tage findet die Conferenz mit den kurfürstlichen Käthen statt.
Ihre Antworten auf die einzelnen Vorschläge Stembergs sind: Ad 1"«. Der Kur-
fürst ist gerne bereit, wenn die Schweden besiegt sind, gegen Frankreich zu
kämpfen. Ad 2"">. Brandenburg ist bereit zur Aussöhnung Münsters mit Braun-
schweig-Lüneburg mitzuwirken, obgleich beide Fürsten, wie sich gezeigt, es mit
Brandenburg nicht ehrlich meinen. Ad 3"™. Der Kurfürst muss mehr Quartiere
haben, er kann aus eigenen Mitteln seine grosse 24000 Mann starke Armee nicht
erhalten. I.Ch.D. erinnerten sich der Versicherung gar wohl, so sie an Chur-
sachsen als Churfursten gethan, von dero Herren Gebrüder Länderen sie
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856 VIT. Der Krieg gegen Schweden. Oct 1674— Febr. 1679.
aber darin nichts gemeldet hätten und diese verlangeten sich mit Chur-
brandenburg um ein gewisses abzufinden. Die Garnison in Erfurt
brauche nicht so viel . . . Die von E^ K. M. ihnen assignirte Fiirstenthnmer
Gotha, Weimar und Altenburg wären von dero darin vorhin gelegenen
Völkern also ausgefressen und erschöpfet worden, dass es grosso Mühe
haben werde etwas mehrers darin zu finden; wollten dahero gebeten
haben, E. K. M. geruheten ihnen die nöthige Quartiere zu verschaffen
und absonderlich der 3 sächsischen Gebrüder *) Länder ihnen zu assigniren,
oder aufs wonigste durch die Finger zu sehen und solches nicht zu
verhinderen. Wobei sie iedoch auch so viel zu verstehen gegeben, dass,
wann sie jetztgedachte Quartiere erhielten, sie sodann das Erfurtische
und Eichfeldische nicht so sehr achten, sonderen befreiet lassen wollten.
Sternberg setzt nochmals alle aus der Erfüllung dieses Wunsches zu gewärti-
genden Gefahren auseinander und ersucht die Räthe dem Kurfürsten noch-
mals abzurathen. Ad 4»"». Westphalen zu besetzen hätte der Kurfürst, seitdem
er erfahren, dass der Kaiser diesen Ländern das Protectorium ertheilt, nicht
im Sinne gehabt; die Einnahme Dorstens sei aus Furcht vor Ueberrumpelung
dieses Ortes seitens der Franzosen erfolgt. Ad 5"™. Auf Gimbom habe Branden-
burg kein Anrecht, da müsse ein Irrthum vorliegen; Neustadt aber sei Streitobject
zwischen den märkischen Ständen und Schwarzenberg. Sternberg erwidert darauf,
er hoffe Gimbom werde also verschont bleiben und Neustadt müsse ja auch
bis zur Austragung des in Speier schwebenden Processes verschont bleiben, falls
ein solcher, was er nicht wisse, wirklich daselbst anhängig sei. Ad 6"™. Zur
Unterstützung Coobs könne der Kurfürst nichts thun. Ad 7"". Die Mannsfelder
Küchelgüter seien jetzt im Besitze Hannovers. — Schliesslich lässt der Kurfürst
von neuem die Versicherung geben, dass er alles aufbieten wolle, um Hannover
gegenüber die Interessen des Kaisers zu vertreten. Somnitz fügt dann nach
Schluss der Conferenz bei, die Erlaubnis des Durchzuges der 2 sächsischen
Regimenter, welche bereits ertheilt worden sei, gelte nur für den Fall, dass die
Truppen nicht in der kursächsischen Brüder, sondern in des Kurfürsten eigenen
Landen einquartiert werden , was Sternberg zurückweist und als höchst geföhr-
lich bezeichnet, worauf Somnitz die Achsel zuckte, der Generalcommissarius
von Gladebeck aber, als ein harter, violenter Minister mit grossem Geschrei
gemeldet: Ich sollte mich erinneren, was I. Ch. D. gestern zu mir gesagt,
was sie für resolutiones zu fassen gedächten und sollte viel lieber dahin
bemühet sein, dass ihnen alle satisfactiones mögten verschaffet werden.
Sternberg antwortet, er habe des Kurfürsten Rede wohl im Kopfe, hoffe aber
dieselbe sei nicht vom Herzen gekommen.
P. S. Nach Beendigung der Schreibens wird Stern berg an den Hof gerufen;
') Gemeint sind August Herzog von Sachsen- Weissenfeis, Christian Herzog von
Sachsen-Merseburg und Moritz, Herzog von Sachsen-Zeitz.
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Quartierangele^nbeit 857
der Karfärst zeigt sich besser gesinnt nnd sagt dem Sternberg, er habe ver-
nommen, dass der Kaiser Angriffe der Franzosen am Rheinstrome besorge; er
sei bereit 2 Reiterregimenter, Spaen und Eller, alsogleich und sobald Stettin
gefallen, was er innerhalb 4 Wochen erwarte, 2 Regimenter zu Fuss, 2 zu Ross
and 1 Regiment Dragoner zu übersenden ; dies alles aber unter der Bedingung,
dass der Kaiser des Kurfürsten Wünsche in der sächsischen Quartierfrage erfülle.
Letzlichen meldete er, im Vertrauen wollte er mir etwas eröflFnen; Frank-
reich und Schweden hätten ihme durch Engelland einen grossen Theil
von Pommern offerirt und zwaren mit dieser Condition, dass er von E^
K. M. und der Krön Spanien sich separiren solle; Frankreich wollte ihme
sogar zulassen Dänemark zu assistiren . . .
Steruberg an den Kaiser. Dat. Berlin 17. Februar 1676.
(Ant)
[Quartier- und Passfrage.]
üeber des Kaisers Rescript vom 29. Januar') hat sich der Kurfürst schreck- 17. Febr.
lieh %lterirt und ist dermassen unwillig worden, das die Churfirschtin drey
gantzer schtundeo geweinet undt geklaget hat, man werde den Churfirschten
umbringen. Stemberg begibt sich an den Hof, wo der Kurfürst ihm sagt;
Bahren') apprehendiret man, mich lasst man schteckeu; man denck an
mich, ob Colin nicht selbst widerumb denen frantzosen zu Rheinbergen
helffen wirdt; ich verlang Dorsten nicht zu geniessen, man gebe mir
genugsambe assecuration wegen meiner länder Sicherheit, so hab Ich
weiter nichts da zu fodern. Stemberg sucht ihn zu beruhigen. Vergebens.
Er sagte weiter, die keyserlichen haben die drey firschtenthumber Gotta,
Weymar undt Altenburg noch nicht geräumet; er habe E^ M. resolution,
auch das worth durch mich, das diese firschtenthumer Ihme völlig geräumet,
undt abgetreten weren, wolto sich seines rechtens gebrauchen undt den
obstinaten interessirten Schavagoiack ') und Dinewaldt*) heraustreiben;
wolte mir communiciren, wass vor schpitzfindigc schreiben sie an seinen
ofßcier geschrieben hetten; sie producirten eine klare contr'ordre von
gen: commissario, das sie nicht weichen solten bis sie andere quartier
haben undt bis die Brandenburgische anmarchiren werden; das sey schön
mit Ihm gehandlet. Was Ihm dieses anginge, das sie keine andere
•) Liegt nicht vor.
^ A.; steht für Baiem.
*) Cbavagnac.
*) Dänewald.
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858 VII. Der Krieg gegen Schweden. Oct. 1674— Febr. 1679.
quartier haben; dessentwegen dörflFte er nicht warten; es seyen schon
2 Monath, das der Crakau ein decrct dariber erhalten, in dieser zeith,
da man Ihm nicht foppen wolte, hetto man zeith gehabt Ihnen andere
zu procuriren. Es seye warhafftig eine schöne entschuldigung, das man
denen Brandonburgischen die quartier nicht räumen wolle, bis sie kom-
men .. . Sternberg bittet den Kaiser bald in dieser Sache Abhilfe zu schaflfen.
Der Pass für die sächsischen Truppen war schon unterschrieben, doch hat ihn
der Kurfürst wieder zerrissen. Sternberg sucht durch die Kurfürstin die Aus-
steilung eines neuen zu erhalten.
Sternberg an den Kaiser. Dat. Potsdam 21. Februar 1676.
(Aut.)
[Quartier- und Passfrage.]
21. Febr. Am 20. hatte man seitens des Berliner Hofes auf die Nachricht vom Ab-
märsche der kaiserlichen Völker aus den Brandenburg assignirten Quartieren
die 2 sächsischen Regimenter passiren zu lassen Ordre gegeben. Wie Ich
aber anhero kommen undt alle gnaden von S'. Ch. D. empfangen,
mitt derorselben einer schweinhatz beyge wohnt, haben selbte abermalen
die nachricht empfangen, dass gedachte E**. K. M. Völker annoch in quar-
tieren weren undt zwarn sich betten verlauthen lassen, aus seihten nicht
zu weichen. Nun haben S. Ch. ü. sich so weith moderiret undt mit mir
davon selbst nicht reden wollen, sondern haben den feldtmarschalk
Dörfifling zu mir mit allen diesfalss an sie kommenen brieffen geschickt,
mitt einer artlichen anfrag, ob etwan Ich dieses verursachet hette, mich
dadurch zu rechen, das man die sächsische Regimenter nicht hette
passiren wollen; sie würden etwass thun, so dem gantzen gemeinen wesen
praeiudicirlich sein solte, lieber alss also schpetlich sich tractiren zu lassen.
Sternberg weist diese Vorwürfe zurück, erklärt aber jedenfalls wäre es besser
gewesen, wenn der Kurfürst von Brandenburg den Pass für die sächsischen
Regimenter gleich ertheilt hätte.
Der Kaiser an Sternberg. Dat. Wien 27. Febr. 1676. (Conc.)
[Mediation Brandenburgs bei Hannover. Quartierfrage. Drohende Reden der Bran-
denburger. Dorsten. Unterstützung des Kurfürsten.]
27. Febr. Die alleinige Mediation Brandenburgs bei Hannover scheint dem Kaiser
bedenklich ; Sternberg soll dem Kurfürsten sagen, Münster sei schon beauftragt,
könne also nicht übergangen werden; die Cooperation Brandenburgs nehme der
Kaiser freudigst an. In der Quartierfrage soll Stemberg ganz allgemein von
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Qoartierfrage. Hannover. Dorsten. 859
dem Wunsche des Kakers des Karfürsten Begehren zu erfüllen sprechen, dann
aber vorbringen, was massen wir uns nimmer eingebildet, dass S. L. die
Qoartier für dero Miliz so hoch und gar bis in das Churflirstenthum
Sachsen herauf zu extendiren gedacht seien und dahero des Churfürsten
zu Sachsen !/•". sowohl bei dem vorgewesten Convent zu Mühlhaussen,
als mittels ihres Abgeordnetens, des Freiherrn von Gersdorf, die Versiche-
rung thun lassen, dass besagtes Churfürstenthum mit der Einquartierung
verschont bleiben sollte'); also dass wir um so viel weniger finden
thäten, auf was Weise oder mit was Fug S. L. zu dergleichen Ueber-
nehmuDg angestrengt werden könnten; sondern wir setzten zu gedachtem '
Churfürsten von Brandenburg L''. das sonderbare hohe Vertrauen, ersuchten
auch dieselbe ganz angelegentlich, sie wollten dero weltberühmten Gene-
rosität nach, mehrerwähntes Churfürstenthum Sachsen, warunter auch
dero Brüdern Lande begriffen, wo möglich völlig entheben, oder wenig-
stens sich derentwillen leidentlich vergleichen, damit das Werk nicht
etwan allem Ansehen nach zu einer höchst gefahrlichen Collision an-
komme; . . . dannenhero mit Rücksicht auf die allgemeinen Verhältnisse
hauptsächlich dahin zu insistiren sein wirdet, dass wann endlichen auch
des Churf. zu Sachsen L***". zu einigem Vergleich sich nit würde gütlich
bewegen lassen, S. des Churfürsten zu Brandenburg L**«». um angeregte
schädliche consequentias zu entfliehen, gleichwohl lieber nachgeben, als
es zu einer Collision gelangen lassen sollten. Anlangend die von des
Churfürsten L**. und dero ministris beschehene mündliche Bedrohungen,
hast du nicht zwar immediate S^ L^**"., damit sie sich bei ihrem erhitzten
Gemüth nicht noch mehrers alteriren, sondern des Fürsten von Anhalt
L***". so viel zu bedeuten, dass ein solches uns sehr zu Herzen dringe
und wir uns nicht eingebildet hätten, dass man uns dergleichen zu
verstehen geben sollte; indeme S^ des Fürsten L**. am besten bekannt
wäre, wasgestalten wir auf dero zum zweiten Mal allhier zu Wien erfolgtes
Einfinden und inständiges Anhalten, auch grosse Betheuerungen, uns end-
lichen und zwar hauptsächlich zu Hülfe des Churfürsten von Brandenburg
L**. zu obhabenden Krieg resolvirt, diesem nach weit ein bessers Vertrauen
gehabt hätten, als dass man sich um einiger Sachen willen, deren Dis-
position doch nicht absolute in unsern Mächten stünde, von uns zu sepa-
riren, ia gar eine andere Partei zu erwählen vernehmen lassen sollte;
verhofften aber, es seien sothane ausgegossene Reden mehrers aus einem
gählingen Unwillen hergeflossen, als dergestalt innerlich vermeint gewesen.
') Für Gersdorfs Mission in Wien Puf. 1. c. XIII. 41.
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860 VII. Der Krieg gegen Schweden. Oct. 1674 — Febr. 1679.
Bezuglich Dorstens stellt der Kaiser den Antrag, um die Gefahr der Besetzung
durch französische Truppen, von der Brandenburg gesprochen, zu beseitigen,
die Festung Dorsten zu schleifen; falls der Kurfürst einverstanden sei, getraue
sich der Kaiser den Kurfürsten von Köln dazu zu vermögen. Sternberg soll
ferner den Kurfürsten drängen, den coobischen Truppen Quartiere anzuweisen
und zugleich von dem an Chavagnac wegen Räumung der sächsischen Fürsten-
thümer ergangenen Befehle Kunde thun. Die von Brandenburg in Aussicht
gestellten Unterstützungen soll Sternberg womöglich schriftlich zu erhalten
suchen.
Sternberg an den Kaiser. Dat. Berlin 28. Febr. 1676. (Aut.)
[Mittheilungen des Kurfürsten über seine Verhandlungen mit Hannover. Spinola's
Sendung. Ansicht des Kurfürsten über die Vertheilung der Eroberungen. Unter-
redung bezüglich der Evacuation von Dorsten und bezüglich der Quartiere.]
28. Febr. Der Kurfürst ist in besserer Stimmung; er erzählt dem Steraberg, sie hetten
diesen tag einen Expressen an Ilanover abgesendet unter dem praetext
vor den firschten von Anhaldt einige vsublevation zu erhalten, mit dieser
gelegenheit aber 3000 Mann zu fuess zu kinflftiger dero Operation in
Pommern zu begehru, sodan walten sie schon vor E. M. auch ein nahmb-
haffte zahl Volks zu procuriren nicht unterlassen. Der Crackau hette
Ihnen geschrieben, E. M. hetten zu gedachten hertzogen den bischoffen
Rochas unter dem nahmen eines graflfen Spinola *) in weltlichen kleidero
ohne charactere mit geheim ber Instruction abgefertiget. Ich antwortete,
es künte sein, wüsste aber nichts davon. Sie Hessen sich ein in die
materiam der participation der conquisten undt schlugen die landtkharten
des bisthumbs Bremen undt Ferden auff, sagten, Ihrer meinung nach
solte man nicht difficultiren an Denemark 2 Aembter in Bremischen,
wie auch die 2 besste Aembter, so vor zeithen schon zum schtifft Minster
gehörig gewesen, gedachten bischoffen zu iberlassen, das ihrige solte
das firschtliche haus Lüneburg-Braunschweig incluso Hanovrlensi in partes
aequales unter sich theilen undt weilen schtaden*) von allen begehrt
werde, solte man diese vöstung zu verhiettung aller gelosien rasiren,
an Minster noch darzu 100 oder 150000 thaler bezahlen. Ich schprach,
8. Ch. D. solten zu Bremen sich interponiren lassen, auch Ihres orts
das werk also facilitiren, das man sich untereinander vernehmbe undt
E. K. M. dasjenige sodan einschicke. Sie continuireten noch weiter,
') üeber die ünionsbestrebungen Christof Royas' (Roxas) de Spinola in dieser
Zeit, speciell über seine Mission an den Kurfürsten von Brandenburg vergl. den Auf>
satz von H. Landwehr in den „Märkischen Forschungen" XX. Bd. 1887.
^ = Stade; über diese Differenzen Puf. 1. c. XIV. 31.
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Brandenburg-hannoverische Beziehungen. Dorsten. Quartierfrage. 861
wie das sie in Bremischen — da man Ihnen nur nach eroberong schtaden
mit etwas assistiren wolte — nichts verlangten, wohl aber von dem proviant
undt artillerie, so alldorten in ein undt anderen Platz erobert worden,
XU participiren. Das haus lyneburg hette sich darzu anerbothen, aber
Minster allein habe bis dato darzu sich nicht verschtehen wollen. Sie haben
schtetiner brieff intercipirt, was vor ein noth darinnen vorhanden, dahero
wollen sie ehist möglichst sich dariber machen; der Vrangl habe sich
dannoch resolvirt in Schweden zu gehn. Bey dieser gutten coniunctur
hab ich dieselbe gebethen Dorschten zu evacuiren, dem firschtlichen haus
Lyneburg auch Recklinghausen zu räumen undt wegen der quartier keine
gelosia zu geben. Da war das feyer alsobaldt in tach undt sagte zu
mir, er seye schuldig E'. K. M. befehl zu vollziehen, diesess aber könne
er nicht thun undt sey Ihm so lang die operationes wehren an diesen
orth gar zu viel gelegen; man wolte Ihm ruiniren undt er hette durch
den Krakau die noturfft E^ M. weithleyffig vorschtellen lassen; das Eisfel-
dische undt Erfurtische habe er schon verlassen ; miesste mir klagen, das
ohne einiger vergangener Insinuation zween ungarische companien durch
sein landt gangen undt von Ihnen grausambe insolentien veribet worden . . .
Unterdessen treffen aber Vertreter der sächsischen Fürsten ein und bieten eine
Geldentschädigung dem Kurfürsten an, der darauf eingeht und Steruberg um
Gutheissung und Aufmunterung der sächsischen Vertreter bittet, was dieser mit
Rucksicht auf die ihm mangelnde Instruction ablehnt.
Sternberg an den Kaiser. Dat. Berlin 2. März 1676. (Aut.)
[Räumung von Dorsten und Neustadt betreffend. Vergleich des Brandenburgers mit den
Brüdern des Kurfürsten von Sachsen.]
Auf weiteres Bitten Sternbergs erklärt sich Friedrich Wilhelm bereit Dorsten 2. März,
zu räumen, wenn der Kaiser es besetzen oder Braunschweig auftragen wolle,
auf dasselbe ein wachsames Auge zu haben. Auch Neustadt zu räumen erklärt
er sich bereit Die Nachrichten von der Bewegung der dänischen Flotte erfreuen
den Kurfürsten sehr'). Die grösste ursach der freide, die sie haben, ist,
das der vergleich zwischen Ihnen undt denen chursächsischen gebriederen
allbereith geschlossen auff 26 000 thaler monatlich, welliches die abge-
sandte mir Selbsten notiiiciret haben. Ich hab nur diesess erinnert, das
es mitt gutten willen undt ohne unlusst oder einigen widerwillenss
I'. Ch. D. zu Sachsen geschehe undt ohne dero praeiuditz, welliches sie
mitt ia hoch undt teyer beteyert. Sie sagten mir auch, sie weren bereith
') Für Dänemarks Operationen zur See in dieser Zeit; Oebhardi.l. c. 544 f.
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die meisste Aembter in Mcchel burgischen ohne eintziger compensation
abzutretten, aber man solle nur mit Denemark darumb handien . . .
Sternberg an den Kaiser. Dat Berlin 6. März 1676. (Aut)
[Des Kurfürsten Aeusserungen über Frankreich. Räumung des erfurtischen und
eisenachischen Gebietes.]
G. Murz. Sternberg geht auf die Einladung des Kurfürsten hin mit diesem nach Küstrin.
Sie (der Kurfürst) seindt recht wieder frankreich animirt undt haben
mir erzehlt, wie schpetlich dero bey frankreich geweste gefangene Soldaten,
so neylich von dem herrn generalleytenambt graffen Montecuculy dero-
selben zurückgeschickt worden, weren tractirt undt ibel gehalten worden ;
sie wolten es denen frantzosen ärger machen; gott solle nur das glick
wider Schweden verleyhen, so wolten sie alle Ihre kräfften wider frank-
reich anwenden. : . . Das Erfurtische undt Eisenachische ist auff mein
inschtendigess undt sehr eifferigess anhalten entlichen geräumet worden.
Sternberg an den Kaiser. Dat. Küstrin 9. März 1676. (Ant)
[Neuburg. Des Kurfürsten Erklärungen über den Neuburger. Des Kurfürsten Kriegs-
pläne. Verhältnisse in Polen.]
9. März. Der Kurfürst zeigt sich hoch erfreut, dass der Tractat über die neuburgische
Werbung zum Schluss gediehen, mit vermelden, unsere partie were umb ein
guttess wider schterker worden; hingegen künnen dieselbe sich nicht
genugsamb verwundern — wie der König in Engelandt zu dero gesandten
zu Lunden gesagt — , das cbur Pfaltz an selbten König biettweiss gelangen
lassen, er wolte Ihme zu acceptirung der Neutralitet bey frankreich
helflfen, dan sonsten köute er die gäntzliche ruin seiness landess nicht
retten; warauff der König geantwortet, weil er den studio mediatoris
invigiliren wolte, könte undt wolte derselbe in dergleichen partialitet sich
nicht einmischen; könte er sonsten Ihme in etwass verhilfflich sein,
wolte er sollichess gern thun. Sie sagten darzu, ob diesess verninfftig
gehandlet were, da schon dass landt ruinirt, hingegen unsere partie
schterker als nie, das man allererscht von derselben sich separiren
wolte. Sie begehreten gutth östereichisch zu schterben undt frankreich
in ewickeit nie trauen, warbey Ich sie geschterkt undt gelobt ... Sie
^) Gemeint ist das Bündnis zwischen Spanien und den Staaten einer-, Neuburg
andererseits vom März 1676; Dumont I. c. VII.i 321 f.
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Neuburg. Kriegspläne des Kurfürsten. Brandenburg-poluische Beziehungen. §63
denken nan alle augenblick an die impresa von Stetin . . . Nach eroberung
diesess Platzess, wollen sie E'. K. M. alle Cavallerie undt Dragoner zu-
schicken undt nichts alss 3 Regimenter zu Pferdt undt einess Dragoner
behalten. Man muss sie nun dabey erhalten undt in etlichen anderen
Excessibus, in materia der quartier, durch die (inger schauen. I. Ch. D.
sagten zu mir, wie leid ess Ihnen umb dero so treyen undt in Pohl-
nischen Sachen so wohl erfahrnen rath undt alldorten verbleibenden
abgesanden, den von Overbeck, were, weilen dessen secretarius schriebe,
er were in ziegen gelegen; zugleich aber das die frantzösische faction
in Pohleu sich vermerken Hesse, wan der churfirscht nicht von der partie
wider frankreich sich separirete, so weite man Ihm, sobaldt nur mit den
tirken fried würde, in sein landt einfallen*). Ich sagte darzu, der fried
were noch weith undt dieselbe faction nicht alless möchtig; E. K. M.,
S. Ch. D. undt andere Alliirte hetten noch gutte freindt darinnen; sie
solten sich nicht abschreken lassen; es könte sein, das sie vielleicht
mehr vor I^ Ch. D. waffen sich zu befirchten haben wurden.
Sternberg an den Kaiser. Dat Berlin 13. März 1676. (Aut)
[Säcbsisch-brandenburgische BeziebuDgen. Des Kurfürsten Erklärungen in dieser
Frage und über seine Haltung im allgemeinen. Verbandlungen des Sternberg mit
den kurfürstlichen Ruthen in der Quartierfrage und bezüglich der brandenburgischen
Unterstützung des Kaisers. Neuerliche Unterredung des Sternberg mit dem Kurfürsten
in der Quartierfrage. Anhalt.]
Der kursachsische Hof zeigt sich in der Quartierfrage verbittert. Der Kur- 13. März.
fürst erklärt Stemberg auf dessen Meldungen in dieser Angelegenheit, ess were
V. Ch. D. warhafftig leid, das chursachsen sich dariber also alterire,
aber sie könten mitt gott bezeigen, dass sie widrigen fallss alle opera-
tiones lassen undt nolcns volens zu anderen resolutionen sich entschliessen
miessten; sie verlangeten inskünfftige gern so viel möglich derselben
länder zu verschonen; sie hetten an chursachsen so höfHlche brielT
ablauffen lassen, hingegen sehr unhöffliche ja grobe andtworten bekommen.
Nichtsdesstoweniger weiten sie alsobaldt dero gemahlin obr. hoffmeisstern
undt geheimben rath, den von gnösebeck '), mitt kräfftigen sincerationen
undt anerbietten dahin abordem, auch wohl ein schtück geldt mittgeben,
den churfirschten, oder theilss ministem ein schtöck geldt in buesen zu
*) Für die brandenburg-polnischen Verhältnisse dieser Zeit vergl. Puf. 1. c. XIV. 3.
^ Thomas Ton Knesebeck; vergl. Klaproth I.e. 364 f.; über seine Sendung Puf.
I.e. XIV. 55 f.
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werffen undt sich von allen maledictionen hbenren. Sie wolten hertzlich
gern die darinnen einlogirte 4 Regimenter zu Pferdt widerumb abmar-
chiren lassen, aber die Reputation seye impegnirt; darzu könten sie mitt
warheit sagen, es weisete ess auch der augenschein, das in zwo dero
provintien, theilss von Schweden, theilss von deroselbst eigenen milice, alss
in der Uecker undt mittlmark, alle furagen also weren verzehrt undt zuvor
verderbt worden, das dero cavallerie in ermanglung dieser quartier zu
grundt gehen miesste. Sie wolten aber so schtrenge ordre halten undt
alles wass man in natura bekombt an geldt defalciren lassen, dass man
dariber sich nicht zu beschweren ursach haben werde. Man soll sie
nur diesmal nicht trost- nnd hilfTloss lassen, sie wollten hingegen bey
E^ E. M. redlich das ihrige wilss gott wider frankreich aussetzen.
Dasselbe A^dederholen die kurfürstlichen Käthe. Bezüglich Dorstens sind
die kurfürstlichen Räthe gegen die gänzliche Evacuirung, sind aber zufrieden,
wenn mau ihnen gestattet blos 3 Compagiiien dort zu halten ; mit Braunschweig
wird sich der Kurfürst darüber so vergleichen, dass der Kaiser nicht im geringsten
in der ganzen Angelegenheit behelligt werden soll. In Mechelburgischen
betten sie nicht mehr als drey aembter, welliche zu bedeckung Ihrer pro-
vintzien nothwendig; . . . der Copp soll die andere allbereith Evacuirte
aembter beziehen, wellichess Ich Ihme auch geschrieben. Ich kan aber
E. K. M. unterthänigst versicheren, das die von denen zween sächsischen
undt von dem Eisenachischen Regiment hie gewesste officier mich
versichert, das nachdeme sie heraus gemarchirt, das Coppische corpo
genugsambe quartier habe, ja so viel, das fasst auff iedem Soldaten ein
gantzess dorff komme. Weiters ist in materia der quartier, was Branden-
burg einmal besitzet, nichts zu erhalten, solte Ich auch 100 Jahr dahier
bleiben. Aus Neustadt werden die brandenburgischen Truppen abziehen.
Endlich erklären die Räthe des Kurfürsten, derselbe werde Stemberg schriftlich
die Bedingungen zukommen lassen, unter denen er dem Kaiser Truppen gegen
Frankreich zu Hilfe zu schicken im Sinne habe ; diese Bedingungen sind 1^. Dass
die 3 Regimenter zu Pferd, das spaenisclie, ellerische und frankenbergische am
unteren Rhein operiren sollen.; der Kurfürst wünsclit zu wissen, unter wessen
Commando diese Truppen kämpfen sollen; jede Person mit Ausnahme des
Bischofes von Osnabrück ist ihm recht. 2^ Die Verpflichtung des Kaisers die
Truppen während der Campagne zu verpflegen und nach derselben für Quar-
tiere zu sorgen. 3^ Die Generalität des Kurfürsten soll wie die übrige be-
handelt und in den Kriegsrath gezogen werden. Sobald Schweden besiegt
sein wird, will der Kurfürst mit seiner ganzen Macht gegen Frankreich los-
gehen.
Ein neuerlicher Versuch Stembergs in der Quartierangelegenheit etwas
beim Kurfürsten zu erreichen bleibt erfolglos. Friedrich Wilhelm gibt die besten
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Quartierfrage. Unterstätzung des Kurfürsten. Anhalt. Coob. 865
Versicherungen für die Zukunft ; erklärt aber jetzt keine weiteren Zugeständnisse
machen zu können.
Mitt den firschten von Anhaldt hab ich gnädigst anbefohlenermasseD
geredt undt Ihne an dasjenige erinnert, wass er damahlss zu wien nego-
tiiret hat. Er ist aber also beschaflfen, das, nur sich bey den H. chur-
firschten angenehmb zu machen, er allemahl ad gustum reden undt schwartz
weiss heyssen werde. Er ist hier in der Meinung, das keiner seiner
freinde auch sich auffihm nicht dass geringste zu verlassen habe; giltet
auch gar wenig undt hat die churfirschtin zu einer grossen feindtin . . .
Sternberg an den Kaiser. Dat. Berlin 16. März 1676. (Aut.)
[Coob.]
Der für den sächsischen Hof bestimmte brandenburgische Gesandte') ist heute 16. März,
abgereist; man thut alless suaviori via suchen. Coob ist in Berlin gewesen
und heute nach Glogau abgereist. Seine Versuche Quartiere beim Kurfürsten
zu erwirken, blieben erfolglos; doch versicherte er, dass die Truppen jetzt
keine Noth leiden.
Stemberg an den Kaiser. Dat Berlin 23. März 1676. (Aut)
[Polnisch-brandenburgiscbe Beziebungeu. Gespräche Sternbergs mit dem Kurfürsten
in dieser Sache. Hannover. Nachrichten aus Dresden.]
Die Forderungen des hier anwesenden polnischen Gesandten, welcher neben 23. März,
der Hilfeleistung von 1200 Mann nach den alten Verträgen die Herabsetzung
des Postportos wünschte, versetzen den krank darniederliegenden Kurfürsten
in Aufregung'). Sie fahren zu zeithen aus: sie Hessen Ihnen von Pohlen
nicht auff die fiess treten, weiten vorkommen undt selbst attacquiren.
Stemberg versucht es ihn zu beruhigen. Ich kan nicht ausschprechen, wie
confident sie anietzo mich tractiren undt wass vor grosse Expraessiones
der unverrukten trey gegen E. E. M. dieselbe ausschprechen. Gegen Han-
nover ist der Kurfürst jetzt etwas eingenommen. Nachrichten aus Dresden
melden die Beilegung des Streites bezuglich der Quartierfrage.
Knesebeck.
«) Puf. I.e. XIV. 5.
Ibter. K. 0««cb. d. O. Korfursten. XIV. 2. 5Ö
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Der Kurfürst an den Kaiser. Dat. Colin a. d. Sp. 16./26. März
1676. (Or.)
[Einquartierung im Mannsfeldischen.]
26. März. Der Kurfürst erklärt, nicht seine sondern hannovranische Truppen seien in
den dem Grafen Franz Maximilian Mannsfeld gehörigen Aemtern einquartirt;
daher er nichts daselbst zu thun vermag.
Vom selben Datum stammt auch das Recreditiv für Stemberg.
Sternberg an den Kaiser. Dat. Berlin 27. März 1676. (Aut).
[Sächsisch- brandenburgische Beziehungen. P. S. Evacuation Dorstens.]
27. März. Der nach Sachsen gesendete kurfürstliche Rath von Knesebeck ist hieher
zurückgekehrt und meint die Sache in Dresden bezüglich der Länder der
Brüder des Kurfürsten dahin gerichtet zu haben, das einess theilss S. Ch. D.
zu Sachsen in der Couniventz verbleiben, andererseits sein herr auch
alle discretion brauchen werde. Der Kurfürst hat Sternberg gestern ver-
sichert, sobald er gesunde, werde er mit dem Kurfürsten von Sachsen zusammen-
kommen. Stemberg gedenkt noch an diesem Tage abzureisen.
P. S. Bezüglich Dorstens erklärt der Kurfürst dem Stemberg, der nach
erhaltenem kaiserlichen Befehle die Evacuation fordert, er werde Dorsten eva-
cuiren, sobald er seine Truppen in's Feld werde rücken lassen; früher unter
keiner Bedingung; im allgemeinen zeigt sich der Kurfürst sehr alterirt über
des Kaisers Verhalten in der Quartierangelegenheit.
Der Kurfürst an den Kaiser. Dat. Colin a. d. Sp.
27. März/6. April 1676. (Or.)
[Unmöglichkeit für den Kurfürsten die Reichsquote an Hilfe dem Kaiser zu leisten.
Qiiartierfrage.]
6. April. In Erwiderung des kaiserlichen Schreibens vom 17. Febr. *), in welchem
der Kurfürst aufgefordert wird seine Kreisquote dergestalt in Bereitschaft zu
halten, dass man sich derselben bei der nächst bevorstehenden Campagne wider
die Krön Frankreich bedienen könnte, bemerkt der Kurfürst: Nun habe ich
in erwähntem gnädigstem Schreiben angemerket, was massen E. K. M.
davor halten, dass, wann ich gleich das Quantum der Mannschaft, so in
der mit E'. K. M. getroffenen Alliance enthalten, aufgebracht, ich dennoch
darüber meine Ereisquotam aufzubringen und zu halten mich nicht ent-
brechen könnte. Darauf ich dann E'. K. M. unterthänigst anfügen mu.ss,
^) Liegt nicht vor.
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Brandenburg-sächsische Beziehungen. Quartierfrage. 867
da^s ich nicht alleioe das in der Alliance ausgedrückete Quantum, sondern
^*eit mehr als noch eines so viel bisher auf den Beinen gehabt und
^wider E'. K. M. und des Reichs Feinden wirklich agiren lassen. Und
weil dann keiner der kriegenden Theile als ich alleine seine Lande wider
beide Kronen Frankreich und Schweden versicheren muss, ich auch alleine
von Schweden attaquiret worden und selbige Krone noch nicht dergestalt
gedemüthiget, dass ich meine wider dieselbe habende Kriegesmacht
schwächen könnte, daher dann auch E. K. M. mir einiger Kreise Völker
zur Assistence zuzuordnen veranlasset worden, zu geschweigen der Ge-
fahr, welche mir auf unnachlässiges Anhalten der Franzosen und Schwe-
den von Polen angedrohet wird und dass meine Armee, nachdem sie so
spät und fast um die Zeit, da die Campagne angehen sollen, in die
enge Quartiere gekommen, nicht so zeitig wird completiret werden
können, als wohl nöthig wäre; so habe zu E^ K. M. ich das unterthä-
Digst« Vertrauen, dieselbe werden ferner nicht begehren, dass ich mein
Kreiscontingent ander werts hinschicken sollte, sondern vielemehr die
gnädigste Verfügung thuen, dass der beiden sächsischen und des west-
phälischen Kreises Völker sich gegen bevorstehende Campagne wirklich
bei meiner Armee sistiren mögen.
Am selben Tage übersendet der Kurfürst dem Kaiser ein vom Markgrafen
von Baireuth eingelangtes Verzeichnis*), was von des Kaisers Officieren in den
Quartieren mehr verlangt wird, als sie Befehl haben, wodurch er seine früheren
Behauptungen in dieser Sache bekräftigen will.
Der Kaiser an den Kurfürsten. „S*. Veit an der Wien"
18. April 1676. (Conc.)
[Sendung der brandeuburgischen Ililfstruppen. Des Kaisers Pläne.]
Der Kaiser ersucht den Kurfürsten, dem von ihm dem Grafen Sternberg 18. April,
gegebenen Versprechen gemäss 3 von seinen Regimentern und zwar das franken-
bergische*), ellerische') und spaenische*) — 2400— 3000 Mann stark — an den
*) Aus diesem Verzeichnisse ist zu ersehen, dass für den Stab des Regimentes
— das im brandeuburgisch - culmbachischeu Gebiete einquartirt ist — nebst dem
Ordioarium von 559 Thalern monatlich, ein Extraordinarium von 424^4 Rthlr. ge-
reicht wurde; nebst dem monatlichen Ordinarium von 383 Rthlr. für die Mund- und
Pferdeportionen jeder Compagnie, ein Extraordinarium von 218 Va Thaler gereicht
wird. Ein ähnliches Verzeichnis des Markgrafen von Brandenburg-Ansbach übersendet
«Jen Kurfürst unter dem 7./17. April dem Kaiser.
2) Mülverstedt 1. c. 194.
') Ebenda 182f.
«) Ebenda 432 ff.
55*
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nnteren Rhein und an die Mosel mit dem Befehle zu senden, sich dort dem M'*
de Grana zu unterordnen und mit demselben zu kämpfen. Der Kaiser hofft mit
Hilfe der Truppen Brandenburgs, der beiden Herzoge von Braunschweig, Celle
und Wolfenbüttel, die 3000 Mann stellen, sowie der 6000 des Bischofs von
Münster, 5000 des Herzogs Ernst August, Bischofs von Osnabrück und einigen
1000 Mann kaiserlicher Truppen dort am unteren Rhein und an der Mosel
etwas vortheilhaftes gegen Frankreich in's Werk setzen zu können und ersucht
daher um schleunige Verordnung des Kurfürsten von Brandenburg in dieser
Angelegenheit.
Memorial Crockows an den Kaiser vom 25. April 1676. (Or.)
[Unterstützung der kurfürstlichen Werbungen in Sachsen uod Erlass neuer Mahn-
schreiben an verschiedene Kreise zur Sendung der Hilfe an Brandenburg.]
25. April. Der Kurfürst ist darauf bedacht, die von den Alliirten erhaltenen Gelder
zu Rüstungen zu verwenden. Nun weigern sich aber die sächsischen Fürsten
Werbungen in ihren Ländern zu gestatten. Der Kurfürst bittet daher den Kaiser
durch seine Vermittelung zu bewirken, dass dem Kurfürsten die Werbungen in
den kur- und fürstlich sächsischen Ländern gestattet werden. Der Kurfürst
will mit diesen Werbungen nicht zur Last fallen, verpflichtet sich alles zu zahlen,
was seine Truppen daselbst verzehren sollten. Am selben Tage überreicht
Crockow ein zweites Gesuch, in welchem er im Namen des Kurfürsten den
Kaiser ersucht, an den westphälischen, wie auch an die ober- und niedersächsi-
schen Kreise aufs neue Schreiben ergehen zu lassen, den kaiserlichen mandatis
und Reichsconclusis zu Folge ihr Contingent in simple und in duplo dem Kur-
fürsten gegen die Schweden zu Hilfe zu schicken.
Der KnrfUrst an den Kaiser. Dat. Colin an der Spree
5./15. Mai 1676. (Or.)
[Bitte um Verbot des Handels zwischen Lübeck und den Schweden.]
15. Mai. In Erwiderung des kaiserlichen Schreibens vom 25. April '), in welchem
der Kaiser dem Kurfürsten die Gestattung der ungehinderten Fortsetzung eines
unschädlichen Handels aus Lübeck nach Schweden empfiehlt, bemerkt der Kur-
fürst, dass der Handel Lübecks mit Schweden ihm überaus schädlich sei, da
die Schweden von der Stadt Lübeck mit Lebensmitteln, insbesondere mit Sak,
woran sie grossen Mangel haben, versorgt werden. Auch höre der Kurfürst,
dass Stralsund und andere Orte, die der Kurfürst in der nächsten Campagne
angreifen wolle, von Lübeck mit Korn versehen würden. Dazu komme, dass
überhaupt der Verkehr Lübecks mit Schweden und Pommern dem Kurfürsten
sehr schade. Der Kurfürst hofft daher, dass der Kaiser mehr Rücksicht auf
*) Liegt nicht yor.
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I>es Kaisers PULne. Läbeck-scbwediscber Verkehr. Tbeilung der Eroberungen.
den Korfürstea als aaf die Stadt Lübeck nehmeo and dieser den Handel mit
Schönreden verbieten wird*).
Der Kaiser an den Kurfürsten. Dat. Neudorf 23. Mai 1676.
(Conc.)
[AuflTorderoDg zur Absendung von Bevollmächtigten nach Bremen behufs Berathung
über die Theilung der gegen Schweden gemachten und zu erhoffenden Eroberungen.]
Der Kurfürst weiss, was für ein Interims- und Provisionalvergleich unlängst 5. Juni.
im Haag durcb Intervention der Vertreter des Kaisers, Spaniens und der Genc-
nilstaaten als Garanten der anderen Alliirten, als Dänemark, Brandenburg, den
Herzogen von Braunschweig und dem Bischöfe von Münster betreffis der be-
reits gemachten und noch zu erhoffenden Eroberungen gegen Schweden abge-
schlossen worden ist*). Der Kaiser hätte sich, falls dieser Vertrag allgemein
angeDommen worden wäre, so erklärt, dass seine dem allgemeinen Wohl ge-
neigte Gesinnung ersichtlich gewesen wäre, da er nun aber vernommen hat,
dass sich nicht nur Dänemark, sondern auch Brandenburg und Münster über
diesen Vertrag beschwert and eine neue Versammlung zu Bremen verlangt
haben, hat der Kaiser, da er einen raschen Vergleich wünscht und gegen die
Versammlung in Bremen nichts einzuwenden hat, seinem Vertreter aufgetragen
nach Bremen zu reisen und bei Spanien und bei den Staaten das Ansuchen thun
lassen, das Gleiche anordnen zu wollen. Der Kaiser ersucht den Kurfürsten
gleichfalls schleunigst seine Bevollmächtigten zu bestimmen, auf dass baldigst
die Berathung beginnen könne.
Der Kurfttrst an den Kaiser. Dat Colin a. d. Sp.
26. Mai/ 5. Juni 1676. (Or.)
[Bitte um Wahrung der kurfürstlichen Rechte bei den in Bremen zu führenden Satis-
factionsverhandlungen. Zoll für Dänemark.]
In Erwiderung des Schreibens vom 23. Mai theilt der Kurfürst dem Kaiser 26. Mai.
mit, dass er seinem Vertreter genügende Vollmacht zur Verhandlung in Bremen
bereits gegeben habe'). Ich kann dabei nicht umhin E. E. M. unterthä-
nigst ZQ ersuchen, dieselbe geruhen dero dorthin Abgeschickten*) dahin
allergnädigst zu instruiren, damit er sich bei dem vorseienden Tractat,
meiner, als der Anfangs von den Schweden angefallen und dessen Lande
J) Vergl. Droysen L c. III., 572 f.
») Vergl. Puf. 1. c XIV. 29; ürk. u. Act III. 463 ff.
2) Für Brandenburgs Haltung bei den Bremer Verhandlungen — sein Vertreter
war Ledebour — Puf. 1. c. XIV. 30.
*) Als Vertreter des Kaisers war erst Joh. Franz Baron von Landsee, bald dar-
taf Graf Windischgr&tz in Bremen erschienen; Puf. 1. c. XIV. 33.
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iDgesammt bei diesem Wosen in die aussersto Kum gesetzet, zu Lrhal-
tuog einer billigmässigen und convenablen Satisfaction annehmen möge;
allermassen die Alliirte und Interessirte nicht um Conquesten zu machen
in die bremische und verdische Lande gegangen, ia nicht einen Fuss
hierin zu setzen befugt gewesen, wann nicht das Absehen meiner Satis-
faction dabei gewesen und durch die von E'. E. M. approbirte Reichs-
conclusa dieser scopus nicht furgestellet worden. So ist^s auch an dem,
dass meine Völker fast alle Plätze mit einnehmen helfen, daher ich auch
aus allen solchen Considerationen, nach Anleitung der höchsten Billigkeit,
bei dem Punkt der Satisfaction principaliter considerirt werden muss,
welches aber bishero gar nicht geschehen, dass man auch meine Trup-
pen nicht einmal zur Mitbesatzung der eroberten Plätze verstatten, noch
mir mein Antheil von denen darin gefundenen Stücken Munition und an-
dern feindlichen Gütern anweisen lassen wollen. Ich hoffe iedoch, dass
solches anietzo durch E'. K. M. gnädigste Vermittelung werde redressirt
und dadurch die so höchstnöthige erspriessliche Einigkeit unter allerseits
Alliirten unterhalten werden.
Unter dem 20./30. Mai empfiehlt dann der Kurfürst des Königs von Däne-
mark Ansuchen um Erhebung des Zolles auf der Elbe zu Glückstadt.
Der Kurfürst an den Kaiser. Dat. Colin a. d. Sp. 12./22. Juni
1676. (Or.)
[Gratulation zum Abschlüsse des Bündnisses mit dem Bischöfe von Würzburg.]
•22. Juni. Der Kurfürst gratulirt dem Kaiser zum Abschlüsse der Allianz mit dem
Bischöfe von Würzburg und Bamberg*), durch das der Bischof sich znr Stel-
lung von 6000 Mann verpflichtet hat unter der Bedingung, dass solange er diese
Hilfe leistet seine beiden Stifte nicht mit Quartieren belegt werden sollen.
Der Kurfürst an den Kaiser. Dat. „Feldlager gegen der Perner-
mUnder Schanze" 3./13. Juli 1676. (Or.)
[Schwedische Propositionen.]
13. Juli. Der aus Schweden kommende von des Kurfürsten Schiffen gefangene
Oberst Wangelin') hat dem Generalmajor des Kurfürsten, dem von Schwerin'),
') Petrus Philipp von Dernbach.
») lieber dessen Gefangennahme Puf. 1. c. XIV. 46; Th. Eur. XI. 874.
*) Bogislav V. Schwerin; vergl. über ihn Mülverstedt I c. 425.
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SatisfactioDSTerbaDdluDgeD. g7]
eine Proposition gethan and erklärt, wie sehr Schweden einen Particularfrieden
mit Brandenburg wünsche*). Der Kurfürst ist aber entschlossen treu an der
Seite des Kaisers auszuharren, hat Wangelin nach Peitz bringen lassen, da-
mit er dort nicht so gut correspondiren könne und übersendet dem Kaiser die
schwedische Proposition *). Unter dem 3. Aug. 1676 dankt der Kaiser dem
Kurfürsten für diese Mittiieilungen.
Votum vom 24. Angnst über die zwischen Lamberg und
Hocher einer-, Crockow andererseits den 21. August 1676
gehaltene Conferenz. (Conc.)
[Verbandlungen über die verschiedenen Satisfactionsansprüche. Ausgleich wegen Jä-
gemdorfs. Unterstützung des Brandenburgers bei seinen Unternehmungen gegen
Schweden. Aufrichtung einer Confratemitat. Polen. Hamburg.]
Lamberg und Hocher theilen dem Crockow bei der Conferenz am 21. Aug. 21. Aug.
mit, weil er sich stets dahin erboten habe, wenn der Kaiser dem Kurfürsten
Vorpommern, falls er es erobern sollte, erhalten wolle, dass er hingegen
auch im Namen des Kurfürsten für den Kaiser gute Vorschläge thun wolle,
habe man diese Conferenz veranstaltet und wünsche seine Erklärungen zu ver-
nehmen. Crockow bezieht sich in seiner Antwort auf sein vor Monaten ein-
gebrachtes Memorial. Inzwischen habe sich aber die Lage geändert, Schweden
habe seinen Herrn angegriffen, durch die Gnade Gottes aber hätte sein Herr so
grosse Erfolge erzielt, dass er jetzt nebst ganz Vorpommern auch die Insel
Rügen fordern müsse, was der Kaiser ihm hoffentlich gönnen wird, zumal da
es auch in des Kaisers Interesse liege, dass Schweden ganz vom Reiche ver-
jagt werde. Die kaiserlichen Commissäre fragten darauf, wie es mit Dänemarks
und Braonschweigs Praetensionen stehe.
nie: Er wisse ganz nichts, hätte zwar gehört, dass einige Brief vor-
handen, welche die verglichene Vertheilung der schwedischen Conquisten
mitbriDgen sollten; ChurbrandeDburgs Intention gienge dahin, dass man
ihre auch einen Theil darvon überlassen sollte, doch nicht absolute, son-
dern mit der Condition, wann man ihro zu Vorpommern völlig verhelfen
würde, dass sie sodann solchen Theil denen übrigen AUiirten widerum
überlassen wollten. Er halte vor billig, dass jeder etwas von solche
acquisti geniesse.
') Vergl. Puf. 1. c. XIV. 46.
') Copie des Schreibens des Generalmajors Schwerin an den Kurfürsten d. d.
Schwerin 26. Juni 1676.
Wangelin habe ihm mittheilen lassen, er wolle ihn sprechen. Bei der Zusam-
meokunft hat Wangelin erklärt, er habe Befehl von seinem Konige, zu sondiren, ob
der Kurfürst zum Frieden neige und a parte mit Schweden verhandeln wolle; Schwe-
den müsste Frieden haben und wisse, was es dafür zu zahlen habe.
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i^usiri: tveiieu nun uiiiig, uass jeuer vuu uitssuu ivrieg eiwas naoe
und bekomme, also seie argumento ducto a simili billig, dass auch E^
K. M. dergleichen widerfahre, als welche auf diesen Krieg so viel Millionen
angewendet, Churbrandenburg zum ersten geholfen und durch dero Waffen
nicht allein Frankreich ex meditullio imperii und aus denen westphälischea
und anderen Kreisen getrieben, sondern auch verursacht, dass derselbe
nicht weiters darinnen grassiren, weniger aber an Schweden einigen
Succurs habe schicken mögen. Und weilen E. K. M. mit Churbrandenburg
zum ersten ein Bündnis getroffen und bishero stets mit deroselben in
guten Vernehmen gewesen, also verseheten sich E. K. M. gegen S. Ch. D.
dergleichen auch inskünftig und zumalen dessen, dass auch Churbranden-
burg reciproce für E. K. M. zu Erlangung dero Convenienzien die ge-
bührende Sorge tragen und dero hierinnen begriffenes Interesse möglichist
befördern werden, zumal weilen gleichwohl wahr, dass niemand aus denen
Alliirten das Eroberte sicher und beständig zu geniessen haben würde,
wann nicht hierüber E^ K. M. Confirmation und garantia erfolgen thäte.
Erwarten derowegen E. K. M. von ihme, von Crockow, die angebotene
gute Vorschlag, wären im übrigen ihrerseits P. Ch. D. hierin zu helfen
und zu willfahren forderist wohlgeneigt, darbei aber zu gedenken, wann
Churbrandenburg Vorpommern ganz sammt der Insel Rügen verbleiben
sollte, dass sie dardurch abermal ein grosses Stück Land und folgends
auch ein grosses Einkommen, nicht weniger mehrers als die andern
Alliirten bekommen und sich mithin mit Anhenkung Preussens, lieber-
kommung Stralsunds und anderer Orte mächtig vergrössern thäten.
Crockow erwidert, der Kurfürst wünsche den Kaiser in etwaigen Ansprachen
zu unterstützen und ersuche daher um Bekanntgabe derselben.
Nostri: E. K. M. hätten sich zwar diesfalls dato keines eigentlichen
positive herausgelassen, allein sich erindert, dass er, Crockow, schon in
der vorigen Conferenz 1^ wegen Nachlassung der Prätension an Jägern-
dorf und auch 2^ zu deme ein Hoffnung gegeben E. K. M. widerum zu
verhelfen, was deroselben hochlöblichem Erzhaus durch den münsterischen
und osnabrückischen Frieden entzogen worden, sonderlich nachdem
Frankreich und Schweden so unverantwortlicher Weis das instrumentum
pacis vielfaltig gebrochen und folgends weder E. K. M. noch dero übrige
Alliirten solches reciproce zu halten keinesweges mehr verbunden.
E. K. M. verlassete sich auf dieses Anerbieten und zweiflete gar nicht,
wann durch Gottes Gnaden die Waffen wider Frankreich noch ferrere
Progress machen sollten, dass auch Churbrandenburg zu selbigen E^ K. M.
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Satisfactionsfrage. Confratermit&t zwischen Brandenburp^ und Oestcrrcich. 873
verhelfcD würden, allein £. K. M. hätten sich dies Orts dato nicht fina-
liter erklärt, sondern ihro das ferrere vorbehalten und wäre vorderist da-
hin zu sehen, wie diese Sachen an die übrigen Alliirte zu bringen
und dahin einzurichten, dass man allerseits noch ferrers beisammen
bleibe.
Crockow erinderte sich wohl seiner gethanen vorigen Erklärung,
sonderlich wegen Jägerndorf; selbige aber wäre nicht pura oder absoluta,
sondern conditionata dergestalt gewesen, wann E. E. M. vorhero dasienige
wirklich werden erfüllt haben, was sie diesfalls 1659 und 1664 ver-
sprochen.
Nostri: Man hätte es diesseits pro absoluta angenommen und wäre
von keiner summa zu gedenken.
Crockow erklärt sich bereit alles an den Kurfärsten zu berichten and
spricht die Ueberzeagnng aus, dass der Enrfürst alles than werde, um den
Kaiser zu befriedigen; er halte aber die Büttheilung an die Alliirten fär noth-
wendig. Die Kaiserlichen meinen, die übrigen Allürten bedürften des Kaisers
zä sehr, um nicht ihm etwas zuzugestehen ; nothwendig sei allerdings die Eifer-
sucht Hollands zu berücksichtigen.
Crockow meint, die Holländer werden eher dem Kurfürsten Vorpommern,
als dem Kaiser den Elsass gönnen. Die Kaiserlichen erwidern, man habe gute
Erklärungen von Holland, übrigens könnte der Kurfürst, der bei Holland viel
gilt, sein Ansehen im Interesse des Kaisers geltend machen.
Falls der Kurfürst Vorpommern erhalten sollte, wird er, wie Crockow
meldet, mit Schlesien bezuglich des Verkehres Ordnung schaffen wollen; die
Kaiserlichen erklären, sie zweifeln nicht, dass der Kaiser seiner Zeit darauf
Bedacht nehmen werde.
Crockow fordert femer, die Braanschweiger Fürsten seien aufzufordern,
den Kurfürsten bei der Eroberung Stralsunds, Greifwalds, Stettins, Anklams
u. a. m. zu unterstützen. Die kaiserlichen Räthe haben aber Crockow überzeugt,
dass so etwas von den Braunschweigem nicht zu erwarten sei und ihn endlich
dazu vermocht, die Meinung zu äussern, dass sich der Kurfürst wohl mit einigen
1000 Mann zu Fuss vom Kaiser oder von den Holländern zufrieden geben werde
und 3000 von dem Kaiser oder von den Holländern lieber haben wolle, als
5000 von den Braunschweigem.
Ferrers hat er, Crockow, auch von Aufrichtung einer Confraternität
vermeldet, darvon aber nostri abstrahirt und selbige auf ein andere
Zeit ausgestellt*).
Auch bezüglich Polens äussert sich Crockow und bittet um Aufstellung
einiger kaiserlicher Regimenter an den Grenzen. Die kaiserlichen Räthe ver-
sprechen darüber dem Kaiser Bericht zu erstatten. Schliesslich klagt Crockow
>) Für diesen Plan einer wechselseitigen Erbfolge yergl. auch Puf. 1. c. XIV. 19.
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iioer aas «enenmen aer öiaat HamDurg •; una Diuet um scnane öcnreiDen aes
Kaisers an die Stadt.
Memorial Crockows an Laraberg und Hocher. Dat. Wien
21. August 1676. (Or.)
[Satisfaction für Brandenburg. Absendung der Hilfstruppen für Brandenburg.]
2\. Aug. Da Lamberg und Uocher dem Crockow mitgetheilt haben, dass der Kaiser
dem Kurfürsten zur Satisfaction von Schweden verhelfen wolle, wogegen sich
der Kurfürst verpflichtet hat, dem Kaiser von Frankreich Satisfaction zu ver-
scliaffen, ersucht Crockow die Minister, zu veranlassen, dass dem Grafen Win-
dischgrätz Befehl ertheilt werde, bei der Versammlung zu Bremen dahin zu
wirken, dass dem Kurfürsten das ganze Herzogthum Vorpommern cum annexis
depeudentiis et omni jure, wie es die Schweden besessen, zugetheilt werde und
dass die Alliirten sich verpflichten, dem Kurfürsten auf eigene Unkosten dazu zu
verhelfen, ihm auch den Besitz desselben zu garantiren, unterdessen aber und
bis solches ausgeführt möge dem Kurfürsten das Stift Verden nebst ein Paar
Aemtern im Bremischen eingeräumt und bis dahin gelassen werden*). Femer
bittet Crockow, dass die lüneburgischen oder die anderen Truppen, die nach
den Mittheilungen der Räthe in der Conferenz zur Unterstützung des Kur-
fürsten bestimmt sind, bereit gehalten werden. Crockow bittet, ihm auch wegen
der übrigen Punkte, die in der letzten Conferenz nicht zur Sprache gekommen
sind, wie die Satisfaction, die der Kurfürst von Brandenburg von dem Kölner
fordere, wegen Einziehung der Praebenden und Einführung der Accise eine
kaiserliche Entschliessung zukommen zu lassen.
ProtocoU der Conferenz vom 27. Aug. 1676 zwischen Lam-
berg, Hocher und Crockow. (Conc.)
[Erklärung der Kaiserlichen bezüglich der beiderseitigen Satisfaction. Befriedigung
der kurfürstlichen Forderungen. Erbeinigung. Unterstützung Brandenburgs durch
Reichstruppen. Polnische und hamburgische Angelegenheiten. Erwiderung Crockows.]
27. Aug. Hocher bemerkt, bezüglich Pommerns sei der Kaiser gegen Brandenburg
gar wohl gesinnt und bereit, wenn die Lage der Dinge es zulässt, dem Kurfürsten
die Satisfaction zu verschaffen. Der Kaiser habe seine guten Intentionen immer
bewiesen, indem er die Alliirten bei ihren Unternehmungen unterstützt habe.
Falls der Kaiser daher von Frankreich die Satisfaction, zu deren Erlangung
der Kurfürst ihn zu unterstützen versprochen habe, nicht sollte erlangen kön-
nen, würde ihm auch etwas von den schwedischen Eroberungen rechtmässig
zugesprochen werden müssen. Die pommersche Angelegenheit betrifft auch die
Vergl. Droysen 1. c. III.3 572 f.
*) Heber des Kaisers Vorgehen in dieser Frage Puf 1. c. XIV. 33.
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Satisfactionsfrage. Hilfstruppen für Brandenburg. Polen. 875
anderen Alliirten, daher sind dem Kaiser vorerst die Hände gebunden; Bran-
denbarg möge in Bremen über die Sache berathen lassen; Windischgrätz wird
Befehl erhalten Brandenburgs Forderungen zu unterstützen, jedoch unter der
Bedingung, dass Brandenburg dahin wirkt, dass der Kaiser das ihm abgenom-
mene wider zurückerhält, gebührende Consideration darauf nimmt, wie der
Kaiser von Frankreich noch mehr erobern könne und jeden Anspruch auf
Jägemdorf gegen Pommern aufgibt. Bezüglich Spaniens möge Brandenburg
Unterstützung der spanischen Sache versprechen, wogegen der Kaiser bei Spanien
dahin wirken will, dass Brandenburg das Versprochene bezahlt erhält. Bezüg-
lich Recklinghausens kann der Kaiser aus den früher angeführten Gründen
dem Kurfürsten keine Hoffnung geben. Bezüglich der suppressio canonicatuum
bleibt es bei dem instrumentam pacis kaiserlicherseits keine Verordnung zu
erlassen. Ratione der Accisen ist der Kaiser nicht instruirt, doch bereit, Bran-
denburg dazu zu verhelfen.
Bezüglich der Erbeinigung finde der Kaiser die Sache schwer, da die oster-
reichischen Länder und Böhmen Erbkönigreiche seien, auch nicht nur ad mas-
coios sondern ad feminas extendirt und consequenter der Kaiser nichts den
Nachkommen praejudicirliches thun könne; auch Spanien habe mit Oesterreich
ein gewisses Pactum, das der Kaiser nicht ausser Acht lassen dürfe.
Bezüglich des Anmarsches der Völker des Reiches zur Unterstützung Bran-
denburgs wiederholt Hocher das früher gesagte und fügt hinzu, falls man nicht
haben wolle, dass Frankreich in's Reich einbreche, müsse man schleunigst ein
Corps an die Mosel senden.
Die von Polen drohende Gefahr erkennt der Kaiser an; er hat dem Resi-
denten in Polen*) Befehl ertheilt mit dem Vertreter Friedrich Wilhelms') alles
zu berathen; für dieses Jahr ist keine Gefahr, die Zeit ist vorgeschritten, die
Türken haben keine grosse Macht, verhalten sich mehr defensiv als offensiv;
daher könne man über die zu ergreifenden Massregeln ruhig berathen. Zur
Ausgleichung des Streites zwischen Hamburg und dem Kurfürsten will der
Kaiser, was möglich ist, beitragen.
Crockow dankt für diese Mittheilungen ; erkennt an, dass die Satisfactions-
angelegenheit nach Bremen gehöre, fordert aber vom Kaiser eine ausdrückliche
Erklärung, ob der Kaiser dem Kurfürsten zu Pommern und zu dem übrigen
verhelfen wolle, da er überzeugt sei, dass alle Alliirten sich nach dem Kaiser
richten werden.
Brandenburg werde sich gewiss alle Mühe geben, dem Kaiser zu weiteren
Eroberungen gegen Frankreich zu verhelfen. Bezüglich Jägemdorfs und der
übrigen Dinge wird er dem Kurfürsten Bericht erstatten.
Ist weiter l^ K. M. nicht referirt, noch etwas darüber expedirt worden.
Wien 18. Sept. 1676.
*) Zierowski.
*) Hoverbeck.
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Quartierangelegenheit. 1676 — 1678.
Der Kaiser theilt dem Earfürsten am 25. Juli 1676 mit, dass er entschlossen
sei, über die Quartierfrage zu berathen; der Kurfürst erklärt sich damit ein-
verstanden (Schreiben d. d. Feldlager vor Anklam 3. Juli st. v.) und bittet um gute
Quartiere. Am 29. Aug. wird Crockow ersucht für sich oder für einen anderen
kurfürstlichen Vertreter eine Vollmacht für diese Verhandlungen zu verschaffen.
Die Vollmacht für Crockow ist datirt vom 9. Sept. 1676. Am 30. October über-
reicht Crockow ein Memorial, in welchem er unter Anführung der grossen
Leistungen der brandenburgischen Truppen in diesem Jalire und der grossen
zur Unterhaltung derselben erforderlichen Mittel — monatlich 192500 Rthlr. —
für die Truppen des Kurfürsten, die er im Ganzen auf 38 Va Regimenter taxirt,
folgende Quartiere fordert: 1^ Den ganzen fränkischen Kreis, wie ihn der Kur-
fürst 1674 innegehabt; 2^^ das Herzogthum Westphalen oder das Unterstift Köln
nebst Recklinghausen; 3° Stift Fulda; 4** Eichsfeld; 5*^ Essen, Verden, Limburg,
Neustadt, Dortmund ; 6° Quedlinburg ; 7** Sachsen-Gotha, Altenburg, Coburg, Jena,
Eisenach; 8® das Voigtland und was darin Markgräflich ist und nach Beireuth
gehört, femer das Gebiet der Reuss, Schönburg und von Zedwitz; 9® Niederhessen;
lO** Anhalt-Zerbst; 11^ Die von Magdeburg separirten Oerter als Querfurt, Burg,
Jüterbog, Dahme; Barby; 12° Den Theil von Mecklenburg, der an Pommern
und an die Mark grenzt. In einer weiteren Eingabe vom 13. Oct. fixirt Crockow
des Kurfürsten Begehren im äussersten Falle — es scheint ihm gleich damals
die Unmöglichkeit solche Forderungen zu befriedigen mitgetheilt worden zu
sein — auf 125000 Thaler. Dass er auch damit nicht durchgedrungen ist,
zeigt sein neues Memorial an den Kaiser vom 22. Oct. 1676, in welchem er
unter nochmaliger Betonung der hohen Verdienste, die sich der Kurfürst um das
Reich und um den Kaiser erworben, um Berücksichtigung seiner Forderungen
in der Quartierangelegenheit ersucht, indem er zugleich erklärt, dass die bis-
herigen Erklärungen der kaiserlichen Räthe gänzlich unannehmbare gewesen
seien ^). Am 5. November erfolgt dann die Entschliessung des Kaisers (Schreiben
des Kaisers an den Kurfürsten und an Crockow. Wien 5. Nov. 1676. Conc),
nach welcher dem Kurfürsten von Brandenburg P das Herzogthum Mecklenburg-
Gtistrow sammt Zubehör, 2^ die an die Grafschaft Mark angrenzenden Gebiete :
Essen, Verden, Limburg, Dortmund, Eltern, Neustadt, 3° das Fürstenthum Anhalt-
Zerbst, 4^ das Herzogthum Sachsen-Lauenburg sammt Hadeln, b^ das Fürsten-
thum Niederhessen, 6° das Stift Herford übergeben werden. Und diese weit
hinter den Forderungen Brandenburgs zurückbleibenden Zugeständnisse des Kaisers
wurden noch dadurch verringert, dass der Kaiser in einem Schreiben vom selben
Datum den Kurfürsten ersuchte Mecklenburg-Güstrow, das so viele Jahre hin-
durch verwüstet worden sei, nicht zu belegen, sondern mit einer nicht allzu-
hohen Geldsumme sich zufrieden zu geben. Begreiflicher Weise war der Kurfürst
mit diesen Anerbietnngen nicht zufrieden. In einem eigenhändigen Schreiben
vom 20./30. November gab er dieser Stimmung Ausdruck. Ob Ich zwahr verhoft,
schreibt er, es würden Ew. Kay. May**, auf mein so oftmalliges undt
') üeber Crorkows Verhandlungen Puf. l c. XIV. 49; Wagner I.e. I. 423 f.
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billiges ansuchen, mich mitt solchen quarttieren versehen haben, damitt
meine so sehr strapecirte Armee in etwas Sich erhollen undt zu zukünf-
tigen früher campangne dem feinde abpruch zu thun capabell sein möge;
So hab Ich dennoch mitt höchster bestuertzung erfahren müssen, das
Ew. Kay. May^. so wenig reflection aufif mich, da Ich doch ohne rum zu
melden in kurtzer zeitt mehr als andere für Ew. Kay. May**, undt dem
gemeinen wessen gethan, dafür Ich zuvorders Gott zu dancken habe,
getragen hetten. Ich muss solches meinen misgünstigen beimessen,
welche mich incapabell machen wollen Ew. Kay. May", ferners treue
dienste zu leisten undt mich zu anderer resolution zu bringen trachten,
damitt Ew. Kay. May**, zu dero intent nicht gelangen mögen. Bitte der-
halben underthenigst mir gnugsame quarttir, so nicht öde und wüste aufs
aller ehiste anzuweisen, damitt Ich nicht in einen solchen zustandt ge-
setzet*) undt gezwungen werde, eine solche resolution zu nehmen, so Ew.
Kay. May**, undt dem gemeinen wessen preiudicirlich fallen möchte, dess-
fals Ich dan mitt diessem feierlich protestiret haben will . . .
Und da der Kaiser überdies bald darauf vom Kurfürsten (Schreiben vom
16. Nov. 1676) forderte, er möge die Fürstenthümer Weimar und Gotha, mit
denen der Kaiser ein Bündnis geschlossen und denen er Befreiung von jeder
Einquartierung versprochen habe, mit Einquartierungen verschonen, sendete der
Kurfürst, der auf diese Forderung einzugehen nicht gewillt war, (Schreiben
des Kurfürsten an den Kaiser d. d. Colin d. d. Sp. 16./'26. Nov. 1676 Or.) aber eine
Vermehrung der ihm zugewiesenen Quartiere wünschte, seinen Rath Franz Meinders
nach Wien (Schreiben des Kurfürsten an den Kaiser Colin a. d. Sp. 17./27. No-
vember 1676 Or.) *). Dieser berieth mit den Käthen über diese Quartierangele-
genheit, hatte auch am 21. Dec. Audienz beim Kaiser, erhielt aber in dem ihm
ertheilten Bescheide d. d. Linz 24. Dec. 1676 keine besonders günstige Antwort.
Der Kaiser forderte zunächst vom Kurfürsten, dass er die Herzogthümer Weimar
and Gotha mit Quartieren verschone und die in's Eicbsfeldische und Reckling-
hausen'sche gelegten Truppen abführe ; dagegen versprach der Kaiser bei Spanien
für die Subsidienzahlung wirken und das uuter Coob stehende Corps auf die
zugesagte Anzahl verstärken zu wollen. Endlich wurde dem Meinders mündlich
der Vorschlag gemacht, dass die Kurfürsten von Brandenburg und Sachsen wegen
Räumung der von Hannover wider alles Recht und wider alle kaiserlichen Ab-
mahnungen bis dato geniessenden Quartiere die Execution übernehmen sollen,
welche Quartiere Brandenburg dann beziehen konnte. Der Kaiser selbst ist
bereit, Coob bei diesem Unternehmen, das, wie Meinders meinte, der Kurfürst
gerne auf sich nehmen werde, mitwirken zu lassen. Wie wenig der Kurfürst
mit diesen Erklärungen des Kaisers zufrieden war, zeigte sich alsbald. Schon
am 3. Januar 1677 konnte Franz Meinders dem Kaiser ein Memorial überreichen
') A = _
^ Für Meinders' Aufenthalt in Wien Puf. l. c. XIV. 50 ff.
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(Or.), in welchem er mittheilte, dass er die kaiserliche Erklärung dem Kur-
fürsten übersendet, dieser aber ihn aufgefordert habe dem Kaiser vorzuhalten,
wie wenig solche Erbietungen dem Verdienste und der Noth des Kurfürsten
entsprächen, dass der Kurfürst noch 120 000 Thaler monatlich zur Unterhaltung
seiner Truppen benöthige und falls ihm vom Kaiser keine weiteren Quartiere
angewiesen werden sollten, im nächsten Jahre nicht in der Lage sein werde
die Sache des Kaisers und des Reiches zu vertreten; er fordere daher im
allgemeinen Interesse Anweisung von Quartieren in den fürstlich sächsischen
Ländern, oder anderswo. Und bald darauf wendete sich der Kurfürst in einem
eigenhändigen Schreiben an den Kaiser mit demselben Ersuchen und mit der
Bitte, die von Crockow vorzuschlagenden Mittel und Wege zu billigen. (Der
Kurfürst an den Kaiser d. d. Potsdam 13. Jan. 1677 Aut.). Dieses Mittel bestand,
wie aus dem Memoriale Crockows vom 30. Jan. 1677 Or. zu ersehen ist, in
der sofortigen wirklichen Beziehung der Quartiere in jenen Ländern, welche
der Herzog von Hannover innegehabt hatte. Mit Geldbeiträgen sei dem Kurfürsten
nicht geholfen, er benöthige wirkliche Quartiere. Diese werden in der That
bewilligt ; jedoch mit der Einschränkung, dass Stift und Stadt Hildesheim davon
ausgenommen bleiben müsse und dass der Kurfürst seine im Erfurtischen,
Eichsfeldischen und im Recklinghausischen liegenden Truppen abführe. (Ant-
wort an Crockow Wien 10. Febr. 1677. Conc). Auch wurde der Kurfürst direct
aufgefordert die Räumung aus diesen Gebieten zu veranlassen (Schreiben des
Kaisers an den Kurfürsten Wien 10. Febr. 1677. Conc).
Unter dem 16. Februar erklärt sich der Kurfürst zur Räumung der erfurti-
schen Aemter, Eichsfelds und der Niederlausitz bereit, wenn ihm als Ersatz
dafür die magdebnrgischen Aemter, Stadt und Stift Quedlinburg, wie auch die
reussischen, schönbnrgischen und zedwitzischen Länder zur Einquartierung vom
Kaiser zugesprochen würden (Memorial Crockows an den Kaiser Wien 16. Febr.
1677 Or.). Eine Antwort des Kaisers auf diese neuen Forderungen liegt nicht
vor. Geräumt hat der Kurfürst die Länder nicht, da ihn der Kaiser noch Juni
dazu aufforderte. (Schreiben vom 13. Juni 1677. Conc.) Erledigt war die
Quartierfrage noch nicht; denn noch im Laufe des Monates März hat der Kurfürst
(Memoriale Crockows vom 3., 12. und 27. März) die Intervention des Kaisers,
insbesondere gegen den Herzog von Hannover in Anspruch genommen, am 7. Mai
durch Crockow um eine Erhöhung der Assignation auf die Stadt Hamburg
(Memorial Crockows Wien 7. Mai Or.) — was der Kaiser nicht erfüllen zu
können erklärte (Schreiben vom 3. Juli 1677 Conc.) — und auch sonst um
energisches Eintreten für seine Forderungen ersucht. Und schon im Mai des
Jahres begannen seine Bitten an den Kaiser ihn bei den nächsten Winterquar-
tieren besser zu bedenken (Der Kurfürst an den Kaiser Colin a. d. Sp. 20. und
28. Mai 1677 Or.). In einem eigenhändigen Schreiben (d. d. Colin a. d. Sp.
7./17. Jnni) betont der Kurfürst nochmals, wie nothwendig er grössere Winter-
quartiere habe, um sich zu schützen undt ahn dem Vorsatz nicht ver-
hindert werde, Ew. Kay. May", wapffen gegen dero undt des Reichs feinde
durch meine hüiffe sowoll im Elsas als an anderen ortten, wo es nütz-
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lieh seio wirdt, ferners Siegreich zu machen, wozu Ich mich dan hiemitt
verpflichte, auch keinen friden inzugehen, biss Ew. Kay. May", vergnüget
uadt das Ihrige durch Gottes gnadt erlangt haben werden.
Nachdem darauf der Kaiser am 3. Juli 1677 dem Kurfürsten erklärte, er
werde frühzeitig die Quartierangelegenheit ordnen und an den Kurfürsten nicht
vergessen (Der Kaiser an den Kurfürsten 3. Juli 1677 Conc), lässt dieser durch
Crockow am 4. Sept. ein neues Memorial vorlegen, in welchem er unter neuer-
licher Betonung der von ihm in diesem Kriege geleisteten Dienste und der Noth-
wendigkeit seine Truppen ausser Landes einzuquartieren für seine 40 Regi-
menter folgende Quartiere fordert: 1°. Den ganzen fränkischen Kreis. 2°. Das
Voigtland, soviel davon den Grafen Reuss und den Hn. v. Schönburg zuständig.
3^. Die Länder der Brüder des Kurfürsten von Sachsen. 4**. Der sächsischen
Fürsten Länder. 5^. Stift Fulda. 6<>. Fürstenthum Anhalt. 7°. Grafschaft
Mannsfeld. 8^ Grafschaft Stollberg. 9°. Stift Quedlinburg. W, Grafschaft
Barby und die 4 eximirten Aemter von Magdeburg. 11**. Stadt Frankfurt,
Friedberg und Burg Wetzlar. 12^ Freie Ritterschaft in der Wetterau. I3<*. Besitz
der Grafen Hanau, Waldeck, Solms, Isenburg. 14°. Herzogthum Westphalen und
Festung Recklinghausen. 150. Hamburg nebst den 4 Landen (Memorial Crockows
vom 4. Sept. 1677 Or.). Und wenige Tage darauf forderte der Kurfürt direct
und indirect durch Crockow vom Kaiser, nicht zu gestatten, dass jemand im
Magdeburgischen werbe, oder Magdeburg zu Quartieren angewiesen erhalte.
(Schreiben des Kurfürsten vom 7. Sept. Or. und 27. September Aut. und Memo-
rial Crockows vom 13. Sept. 1677 Gr.). Dass nicht alsogleich eine Entschliessung
des Kaisers erfolgte, beunruhigte Crockow sehr. Am 4. October 1677 übergab
er ein neues Memorial, in welchem er nachzuweisen sucht, dass der Kurfürst
seine Truppen einerseits noch nicht abdanken könne, andererseits sie nicht
selbst zu erhalten vermöge und dass es daher Pflicht des Reiches sei den Kur-
fürsten mit den nöthigen Quartieren zu versehen. Ein neues Verzeichnis der
dem Kurfürsten im äussersten Falle anzuweisenden Quartiere, das Crockow am
13. October übergab, bezeichnete zwar einen erheblichen Nachlass gegenüber
den ersten Forderungen (Memorial Crockows vom 13. Oct. 1677 Or.) '), schien
aber dem Wiener Hofe noch immer viel zu hoch gehalten.
Drr Kaiser aber erklärt sich unter dem 16. Oct. bereit, dem Kurfürsten
nebst seinen eigenen und den von ihm eroberten Ländern als Quartiere anweisen
zu wollen; P. Erzstift Magdeburg, 2^ Herzogthum Mecklenburg, soweit er es
*) Nach diesem neuen Verzeichnisse forderte der Kurfürst: Stadt 'Nürnberg,
Rothenburg, Schweinfürt, Weissenburg, Freie Ritterschaft in Franken; das Gebiet dei
Markgrafen von Ansbach und Culmbach; Voigtland, soviel davon den Grafen Reuss
und H«. von Schönburg zuständig; Stift Fulda nebst der freien Ritterschaft; Fürsten-
thum Anhalt; Grafschaft Mannsfeld und Stollberg; Stift Quedlinburg, Grafschaft Barby;
die 4 eximirten Aemter von Magdeburg; Niederlausitz; Stadt Frankfurt, Friedberg,
Stadt und Burg Wetzlar; das Gebiet der freien Reichsritterschaft in der Wetterau,
Grafen zu Hanau, Waldeck, Isenburg, Solms; Herzogthum Westphalen, Festung Reck-
linghausen; Hamburg und die 4 Lande; Magdeburg, Dortmund.
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880 VIL Der Krieg gegen Schweden. Oct. 1674— Febr. 1679.
vorigen Winter genossen, 3^ Fürstenthum Anhalt, jedoch mit der Bedingang.
dass dasselbe gegen Zahlung einer Samme von 60000 Thalern von allen weiteren
Kriegslasten befreit sein solle, 4^. die an die Grafschaft Mark angranzenden
Gebiete, Essen, Verden, Dortmund, Limburg und Eltern, 5^ Stift und Stadt
Quedlinburg, 6^. Stift und Stadt Herford, 7°. das Land der Grafen von Schwarz-
burg, 8°. Grafen von Mannsfeld, 9®. Grafen von Stollberg, 10®. das Voigtland,
soviel davon den Grafen von Reuss und Plauen und den Hn. von Schönbai^
gehörig, wie auch, dass man mit theils Ständen des obersächsischen
Kreises anstatt der wirklichen Belegung auf ein leidentliches Stück Creld
vergleiche und letztlichen die Stadt Hamburg mit einem Geldbeitrag von
50000 ThalemO-
Der Kurfürst gab sich mit diesen Quartieren zufrieden. Nur um Ermahnung
des Kaisers an Hamburg und an den Administrator von Magdeburg, das ihnen
auferlegte zu leisten, ersucht Crockow im Namen seines Herrn, (Memoriale
Crockows vom 1. und 18. Jan. 1678 Or.) Forderungen, die der Kaiser bereit-
willigst erfüllt. (Der Kaiser an den Kurfürsten d.d. Neustadt 2. Februar 1678
Conc). Allein bald darauf fasste der Kurfürst den Entschluss die 4 magde-
burgischen Aemter, die dem Kurfürsten von Sachsen gehörten, zu belegen und
rechtfertigte sein Benehmen durch seine Noth und durch den Umstand, dass man
ihm sächsicherseits versprochen habe, den vom Kaiser ihm aus dem obersächsi-
schen Kreise zugesprochenen Geldbeitrag zu verschaffen, dies dann aber nicht
gethan habe. (Der Kurfürst an den Kaiser Colin a. d. Sp. 15./25. Febr. 1678 Or.)
Der Kaiser, dem von sächsischer Seite aus von der erfolgten Besetzung Barby's
durch die Brandenburger und von der drohenden Besetzung der 4 magdehurgi-
schen Aemter Mittheilung gemacht worden war, forderte den Kurfürsten auf, Barby
zu räumen, von der Besetzung der 4 Aemter abzustehen und sich in der Quartier-
angelegenheit strenge an die Verfügungen des Kaisers zu halten. (Schreiben des
Kaisers an den Kurfürsten Wien 23. März 1678 Conc). Der Kurfürst erklärte in
seiner Antwort vom 8./18. April (Or.), sich dem Befehle des Kaisers fügen zu wollen,
betonte aber die vollige Erschöpfung seines Landes und fügte hinzu: E. K. M.
können aber sicherlich glauben, dass es nunmehr mit mir gleichsam ad ex-
trema gekommen und dass ich endlich zu meiner Rettung und wofern ich
nicht bald meinen völligen Ruin und unvermeidlichen Untergang für
Augen sehen will aus unumgänglicher Nothwendigkeit, wann mir nicht
schleunig geholfen wird, andere Mesures werde ergreifen müssen. Die
Zahlung der Subsidien bleibt sowohl beim Staat als Spanien gänzlich
zurück und nichtsdestoweniger wird von mir grosse Hülfe und Beistand
erfordert. Von Friedenshandlungen und andern wichtigen Sachen werden
allerhand consultationes gehalten, auch wohl gar ein und andere delibe-
rationes gehalten, ohne dass mit mir und andern dabei interessirten
üeber die Quartierfrage im Jahre 1677 Puf. 1. c. XV. 20.
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Quartierfrage. 881
Alliirtcn einmal die geringste Commanication gepflogen werde and hat
man eine Zeit hero davon ein mehres aus denen gemeinen Zeitungen und
Particularschreiben als von den Alliirten selbst, welche doch dergleichen
ex foedere zu communiciren schuldig sein, erfahren müssen. Bei Fort-
setzung des Kriegs in Pommern werde ich auch fast von allen Orten
destituirety dann in denen wenigen und schlechten Winterquartieren, so
mir zugefallen, ich meine Armee nicht gebührend verpflegen, weniger wie-
der recrutiren und in behörigen Stand setzen, am allerwenigsten die
benöthigte Mittel zur Anschaffung allerhand Eriegsnoth wendigkeiten,
als Pulver, Proviant, Gewehr und dergleichen, daraus nehmen können.
Von Hamburg habe er bisher nichts erhalten; vom Kaiser habe er trotz der
AllianzbestimmoDgen keine Hilfstmppen zu erwarten, Braonschweig zögere ihm
die mit so vielen Opfern erworbene Hilfsmacht zo senden, von Sachsen habe
er nach den neuesten Befehlen des Kaisers auch nichts zu hoffen; borgen will
ihm niemand, seine Länder sind ganz verwüstet. Er bittet daher den Kaiser
um Rath, wie er sich in dieser Lage benehmen soll. (Der Kurfürst an den
Kaiser, Potsdam 8. April 1678 Or.). Nach den Beschlössen der Conferenz vom
10. Mai beantwortete der Kaiser das Schreiben des Kurfürsten am 16. Mai
dahin, dass er den Korfürsten bedauere, ihn aber daran erinnern müsse, dass
auch ihm — dem Kaiser — die Subsidien nicht gezahlt worden seien, vielmehr
die Höhe der röckständigen Subsidien 5 Millionen betrage und dass er des-
wegen doch nicht den Kampf aufgegeben, vielmehr nicht nur gegen Frankreich
weitergekämpft, sondern auch den Karfürsten in den Kämpfen gegen Schweden
unterstützt habe. (Der Kaiser an den Kurfürsten, Laxenburg 16. Mai 1678 Conc.)
Bezüglich der Winterquartiere für Brandenburg fanden darauf am 14. September
und 8. November Conferenzen mit Crockow statt'). Als Ergebnis derselben
liegt der Bescheid des Kaisers vom 9. November 1678 Conc. für Crockow vor,
in welchem er dem Kurfürsten für den Winter 1678/79 folgende Quartiere an-
weist. Erzstift Magdeburg; Mecklenburg-Güstrow; Fürstenthum Anhalt nebst
dem incorporirten Stifte Gemrode; Quedlinburg, Herford, Essen, Verden,
die Besitzungen der Grafen Mannsfeld, Stollberg, Reuss, der von Plauen,
Lipp zur Lippe und Lippe -Schaumburg, Herrn von Schönburg; Dortmund
and Hamburg; iedoch alles mit der Eriäuterung und dem Anhang, dass
vorderist gedachte Stadt Hamburg allein zu Auszahlung öOOOO Rthlr.
und zu keinem weitern Quartierlast gehalten ; sodann weiln der westphä-
lische Kreis bei Aufrichtung des veranlassten Corpo an der Maass, Mosel
und dem untern Rhein zu Abwendung feindlichen Vorbruchs etwan
nothwendig mit Mannschaft belegt werden muss, wenigstens die übrige
ausser demselben gelegene Stände, bovorab das Fürstenthum Anhalt
') Für die mit Crockow in der Quartierfrage im Jahre 1678 gepflogenen Ver-
bandlungen vergl. Puf. 1. c. XVI. 82.
Mater, t. G«8cb. d. 0. Knrfurstoo. XIV. 2. 56
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sammt dem incorporirten Stift Gernrode und andern Landen, wo es
andersten möglich, der wirklichen Einquartierung befreiet bleiben; keines-
wegs aber, ehe es von der kaiserlichen Miliz beschicht, die Quartier be-
zogen, auch diese Stände zu Reichung eines mehrern, als erstgedachte
Miliz in beeden fränk- und schwäbischen Kreisen bewilliget wird, nicht
angestrenget werden. . . .
Der Kurfürst an den Kaiser. Dat. „Hauptquartier Creckow
vor Stettin" 30. September/ 10. October 1676. (Or.)
[Friedenscongress zu Nymwegen.]
10. Oct. Der Kaiser dürfte bereits erfahren haben, was die englischen Minister im
Haag wegen Ansetzung eines Termins für den aligemeinen Friedenscongress zu
Nymwegen vorgeschlagen und dass die Staaten sich für den ersten November
laufenden Jahres entschieden haben, ohne vorher den Alliirten Mittheiiung zu
machen. Der Kurfürst bittet um des Kaisers Meinung in dieser Frage. Unter
dem 22. Nov. erwidert der Kaiser, er habe seine Bevollmächtigten, Kinsky,
Stratman und Kramprich nach Nymwegen beordert und ersuche den Kurfürsten
ein gleiches zu thun.
Memorial Crockows an den Kaiser. Dat. Wien 23. Februar
1677. (Or.)
[Nothwendigkeit eines energischen Vorgehens gegen Schweden. Mittel dazu. Vortheil
der Eroberung Stettins für die allgemeine Sache. Bitte um Unterstützung des Kur-
fürsten und Dänemarks durch den Kaiser.]
23. Febr. Der Kurfürst hoflPt, der Kaiser wird von der Verfolgung Schwedens nicht
ablassen, zumal der Muth des Feindes durch den in Schweden^) errungenen
Vortheil sehr gewachsen ist, dahero die höchste Noth erforderen will, dass
I. K. M. in Dänemark von allen Alliirten kräftigst succurriret und in
dem Stande erhalten werden, damit sie des Feindes Macht und gefahr-
liche disegni von dem römischen Reich und den Erblanden divertiren
und dem Feinde in dem seinigen genügsame Occupation geben können.
Es wird aber damit der Sachen nicht gänzlich geholfen, sondern höchst-
nöthig sein, dass auch in Pommern die operationes mit gleichmässiger
vigor proseguiret und zumalen, dass die Stadt Stettin fordersamst per
forza angegriffen und bezwungen werde ... So lang dieselbe noch in
der Schweden Hände, ist allemal zu befürchten und können sich solche
casus zutragen, dass die Schweden wieder aufkommen und eine Armee
') Vergl. für den Kampf in Schonen Carlson 1. c IV, 645 ff.
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auf den deutschen Boden bringen, massen die operationes in Schonen
und in der See bei Gott und dem Glück stehen und man davon um
destoweniger respondiren kann, als die Anstalten bis dato noch gar
schlecht gemachet sein. Wie gefährlich Schweden dem Reiche werden könne,
wisse der Kaber. Die Mittel, welche zur Verhütung solcher Gefahr er-
fordert werden, sein so excessiv nicht. E'. K. M. allergnädigster Wille
ist von Anfang gewesen, dass sie ein corpo von 8 — 10000 Mann wider
die Krön Schweden wollten agiren lassen; wann anietzo eine solche
Anzahl kaiserlicher Völker wider diese Krön anziehen könnte, würde ein
mehrers von E'. K. M. nicht desideriret werden, wann das coobische
Corpo anstatt der Cavallerie mit noch etwas Fussvolk verstärkt S'. Ch.
D. gelassen wird und der von den Herren Herzogen von Lüneburg S^
Ch. D. versprochener Succurs erfolget, daran S. Ch. D. im geringsten
nicht zweifeien, so werden dieselbe ihr äusserstes thun die Stadt Stettin
mit Gewalt anzugreifen und getrauen sieh dieselbe nechst göttlicher Hülfe
zu bezwingen, ausserdem aber finden sie sich dazu nicht bastant. Wann
solches geschehen, was wird nicht dem allgemeinen Wesen vor ein Vor-
theil zuwachsen, obangezogene höchstgefahrliche Gefahr und schädliche
resolutiones werden dadurch verhindert, die Schweden behalten in Pom-
mern nicht so viel terreno, dass sie eine Armee an Land bringen können;
bei solchem Zustand wird sich kein Mensch vor sie declariren dürfen
noch wollen, S. Ch. D. sein desimpegniret und können beides, E^ K. M.,
dero hohen Erzhause und V. K. M. in Dänemark kräftige Assistenz leisten.
Es ist an dem, dass die grosse Macht des Königes in Frankreich und die
Gefahr der Niederlande eine starke Gegenwehr erfordert; S. Ch. D. appre-
bendiren solches allerdings und achten sich bei diesem Wesen nicht
weniger interessiret, als bei dem Schwedischen selbst; allein dasjenige,
was S. Ch. D. verlangen,, ist also beschaffen, dass dadurch die operationes
gegen Frankreich nicht können gehindert werden. Der Abgang der
4 — 5000 Mann, welche E. K. M. ausser das coobische Corpo gegen
Schweden employiren, wird bei so grosser Force, welche von kaiserlichen,
spanischen und holländischen Völkern, wie auch von so vielen alten
ond neuen AUiirten wider Frankreich geführet wird, kaum zu spüren
sein, hergegen wird diese Accession den Operationen gegen Schweden
nicht allein ein grosses importiren, besonderen auch per consequentiam
dem französischen Wesen ein grösser pondus geben, als wann diese
Truppen daselbst wirklich agireten. Diesemnach ist an E. K. M. S^ Ch.
D. meines gnädigsten Herren allorunterthänigstes Bitten, E. K. M. geruhen
56*
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884 VII. Der Krieg gegen Schweden. Oct. 1674 — Febr. 1679.
allergnädigst nicht allein das coobische Corpo mit mehrer Infanterie za
verstärken und dasselbe bei S'. Cb. D. zu lassen, besonderen auch I^ K. M.
in Dänemark einen namhaften und erklecklichen Succurs zuzuschicken.
Bescheid für Crockow. Dat Wien 6. März 1677. (Copie.)
[Unmöglichkeit des Kurfürsten Forderungen ganz zu befriedigen. Anerbietongen des
Kaisers.]
6. März. Der Kurfürst wird sich erinnern, dass die 8— 10000 Mann dem Kurfürsten
zu einer Zeit versprochen worden sind, als die Schweden aggressores gewesen
sind und des Kurfürsten Lande wirklich angegriffen hatten, wie ja auch in dem
Bündnisse bestimmt sei, dass ein Theil dem anderen zur Hilfeleistung erst ver-
bunden sei, wenn ein Angriff im eigenen Lande des einen oder anderen Theiles
erfolge. Im übrigen ist es Pflicht dort zu helfen, wo die grösste Noth ist und
das ist jetzt im römischen Reich, den kaiserlichen Erbländem, den Niederlanden
und Dänemark. Der Kurfürst ist mächtig genug sich gegen den ihn bedro-
henden Feind zu wehren, dagegen sind die Spanier in den Niederlanden und
Dänemark allein nicht mächtig genug dem Feinde zu trotzen und dahero
gleichsam ohnverantwortlich sein würde, dass man den geringeren Feind
mit grosser Macht bestreiten, dem stärkeren aber desto mehrers Luft machen
sollte; anbei der Prinz von Oranien sich ausdrücklich erklärt, dass er
nicht könnte noch wollte in's Feld rücken, es wäre dann, dass die kaiser-
liche Hauptarmada per diversionem die ihrige bedeckte, welches endlichen
allerhöchstbesagte L K. M. mit Hintansetzung ihrer eigener Convenienz
und ohngeachtet dero Erblauden in dem Breisgau nahender feindlicher
Gefahr auch vorhabenden sengen und brennens bewilliget, um nur di
concerto zu gehen und die Kriegsoperationen zu beförderen; also dass
sie von gedachter dero kaiserlicher Armada, wann nicht das Hauptwerk
in Hazard gerathen sollte, einige Völker um so viel weniger hinweg
schicken können, als von Nöthen ist 2 Armaden auf die Beine zu bringen,
um durch die eine die französische Waffen in dem Elsass und Breisgau
einzuhalten und mit der andern desto freier zu agiren. . . .
Um aber seine volle Neigung für den Kurfürsten zu zeigen, erklärt der
Kaiser sich bereit, das coobische Corps, das zu Beginn der nächsten Campagne
wohlausgerüstet erscheinen werde, dem Kurfürsten noch weiter zu überlassen,
jedoch nur unter der Bedingung, dass der Kurfürst mit seinen Truppen
und mit Hilfe der ihm — dem Kurfürsten — von Braunschweig-Lüneburg zu-
kommenden 4000 Mann den Konig von Dänemark unterstütze. Ganz in diesem
Sinne schrieb der Kaiser auch dem Kurfürsten (Wien 5. April 1677), dem er
auch durch Stratman mündlich von seinen Entschlüssen Mittheilung machen
liess. (Weisung an Stratman 7. März 1677).
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Forderungen des Kurfürsten. Investitnr mit Vorpommern. 885
Der Korfüret an den Kaiser. Dat. Colin a. d. Sp. 7./17. Juni
1677. (Or.)
[Bitte um ein schriftliches Versprechen bezüglich der Erwerbung Vorpommerns ffir
Brandenburg.]
E. E. M. gerohen sich allergDädigst zunicke za erinnern, wasgestalt n. juni.
ich zu verschiedenen Malen sowohl durch meinen geheimden Rath, den
von Crockow, als auch neulich durch meinen geheimden Rath, Franz
Meinders, unterthänigste Ansuchung thun lassen, E. E. M. wollten sich
allergnädigst erklären, dass mir das schwedische Pommern, wann das-
selbe durch des Höchsten Beistand dem Feind abgenommen und in
meine Gewalt kommen würde, zur Satisfaction conferirt werden sollte*
Kon haben mir zwar dieselbe beiderseits berichtet, E. E. M. hätten sich
darauf gnädigst mündlich herausgelassen, dero ministri auch die Ver-
sicherung gethan, dass nach Eroberung diesesLandes sie mir solches herzlich
gern gönnen und lassen wollten. Wie wohl ich nun gnugsame Ursache^
hätte mit sothaner gnädigsten mündlichen Erklärung zufrieden zu sein
bevorab weil mir dero hohes kaiserliches Wort eine heilige und unzer-
brüchliche Versicherung ist; jedennoch weiln sowohl zu Nymwegen als
anderswo desfalls einige zweifelhafte Reden geführt worden, so finde
mich gemüssiget, E. E. M. um eine allergnädigste schriftliche Erklärung
desfalls unterthänigst anzulangen. . . Die Gründe, welche Brandenburgs
Forderung rechtfertigen, anzufahren, sei unnothig. Dem Eorfürsten sei das Land
mit Gewalt von den Schweden genommen worden und er habe es dann durch
glückliche Operationen znm grossen Theile wiedergewonnen. Es seind auch
Die meine Gedanken gewesen dieses durch's Schwert eroberte Land
anders als ein Reichslehen von E. E. M. zu recognosciren und desfalls
gebührende Erinnerung zu thun. Um so eher könne der Kaiser ihm daher
die schriftliche Erklärung geben*).
Relatio conferentiae vom 23. Juli mit Crockow. 1677. (Conc.)
[Verbandlungen über die Satisfactionsfrage. Jägerndorf. Klagen Crockows über
Spaniens Vorgehen. Forderungen Crockows bezüglich der Unterstützung der kurfürst-
lichen Kriegspläne. Zusammenfassung der brandenburgiscben Forderungen.]
Am 23. sind anf Befehl des Kaisers Lamberg und Hocher mit Crockow 23. Juli,
zusammengetroffen.
Crockow erklärt, der Kurfürst wünsche Unterstützung seiner Unternehmungen
in Pommern und seiner Satisfactionsansprüche. Nostri: Man erinderte sich
») Ueber die Verhandlungen in dieser Zeit vergl. Puf. 1. c. XV. 4.
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gleichergostalt der priorum und zumal dieses, was von Churbrandenborg
wegen loco dictae satisfactionis ratione Vorpommern und der Insel Rügen
und deren Garantirung begehrt und ihre darauf ex parte E'. E. M.
geantwortet worden, dass nemlich solche Begehren auch die andern
AUiirten betreffen und man sich dahero darüber mit selbigen nothwendig
vorhero zu vernehmen hätte, sonsten sie de ruptura foederum atque
eorum non observantia billich klagen, benebens auch folgen würde, wann
E. E. M. diesfalls die begehrte garantiam versprechen thäte, dass sie
ehender auch anderergestalt nicht als mit Ueberlassung Vorpommern
und Rügen an Churbrandenburg einigen Frieden eingehen könnten oder
wollten, da doch in besagten foederibus klar begriffen, dass E. E. M.
kein dergleichen momentosum ohne der anderen AUiirten Vernehmung
und Einwilligung vornehmen wollten; zudem, so würden dergleichen
auch die andern Mitconfoederirte als Dänemark, Braunschweig und
Münster von E^ E. M. begehren und sich auf die erfolgende Abschlagung
mächtig beleidigter befinden, auf thuende gleichmässige Zusagung aber
die Sachen dahin bringen, dass kein Frieden zu hoffen wäre, derowegen
sich zeitlich mit bedeuten anderen Confoederirten zu verstehen und vor-
derist der Generalstaaten hierinnen führende Meinung zu erforschen, damit
sie sonst nicht ein widrige Ursach und Vorwand überkommen möchte sich
mit Frankreich besonders zu begleichen und zu beklagen, dass man ihnen
die getroffene Bündnus nicht gehalten hätte; vorderist weilen sie denen
einkommenen Nachrichten nach dermalen vermeinen sollten, dass sich
Churbrandenburg weit mit einer geringern Vergnügung befriedigen könnten,
also dass die Sachen dahin kommt, auf dass Churbrandenburg zeige,
ob und wie E. E. M. dergleichen garantiam non obstantibus memo-
ratis foederibus auch ohne ihren eigenen und zugleich allgemeinen
Schaden eingehen mögen. Im übrigen ist der Kaiser bereit alles zu thun,
was ohne seinen und der AUiirten Schaden geschehen könne.
Crockow: Kurbrandenburg habe sich wegen der Insel Rügen Dänemark
gegenüber so erklärt, dass von dieser Seite nichts zn besorgen sei '). Bezüglich
Jägemdorfs habe er sich zum Aufgeben dieser Prätension gegen eine Summe
Geldes, Meinders aber zu Linz ohne Geldentschädigung positiv und absolut
erklärt.
Er findet es Recht, dass man über die Satisfactionsangelegenheit auch mit
den übrigen Allürten sprechen soll, doch könnte der Kaiser als Oberhaupt des
*) Dänemark sollte die Insel den Schweden entreissen imd dann für sich be-
halten; vergl. Dioysen I. c. IlLj 583; Pnf. 1. c. XIV. 51.
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Satisfactionsangelegeubeit 887
Reiches eine EventaalerklSrang abgeben ond dem Karfursten, für den Fall, dass
Brandenbarg Pommern erhalten sollte, die Investitnr gleich jetzt ertheilen.
Die Kaiserlichen geben zu, dass diese Forderung eine conditionata gegen-
ober der absoluta von früher sei; yerlangen aber zu wissen, was Brandenburg
dagegen leisten will.
Crockow erklärt, der Kurfürst sei geneigt dem Kaiser reciproce ad avitica
patrimonia zu verhelfen, es sei aber hart, dass er sich dazu verbinden solle, weil
solches auch von den übrigen Alliirten abhänge. Zugleich beklagt sich Crockow
über die schlechte Behandlung der kurfürstlichen Gesandten seitens der kaiser-
lichen, femer darüber, dass Spanien den Austausch der Niederlande gegen
Rückgabe der brandenburgischen Eroberungen bezwecke, wozu der Kurfürst
niemals seine Einwilligung geben werde. Churbrandenburg wisse die anda-
menta gar wohl, wann Spanien, Frankreich, Holland und andere unter
sich einig, dass man vermeine, dass man hernach die andern darnach
tanzen machen werde, es wirdet sich aber sicherlich das Widerspiel zei-
gen ; schliesslich verhoffend, weilen sich Dänemark und Münster bereits za
dieser garantia verstehet, dass auch E. E. M. solche nunmehr nicht wei-
ters difficoltiren werden; gleichwie auch reciproce Churbrandenburg zu
E^ K. M. Gegensatisfaction das seinige treulich thuen werde.
Crockow bittet femer um wirkliche Assistenz bei den Operationen und um
gute "Winterquartiere; dabei deducirt er, dass der Churfurst Stettin nicht
erobern, weniger sonsten bestehen könnte, sondern sich nothwendig mit
dem Haus von Braonschweig setzen musste, als welches von Churbranden-
burg sine omni exceptione die garantiam diesfalls verlanget. E. E. M.
hätten Churbrandenburg 10000 unter Coob versprochen, solche aber
Die bekommen; heuer hätte Churbrandenburg gegen den Stratman nur
4000 begehrt, die könnte er auch nicht haben, hingegen hätte er 4000
Mann an die Maas denen Spaniern zu Hilf geschickt, verliere also der-
gestalt 8000 Mann und würde vor Stettin nichts richten können, hätte sich
wenigist auf die ihme von E'. E. M. durch den Stratman zu Wesel und
soDsten versprochene 4000 Mann verlassen, hoffete sie auch annoch, son-
derlich weilen Gottlob die Gefahr in Polen und Oberungarn numehr auf-
hören thäte^). Endlich betont Crockow die Quartierfrage und fordert gute Quar-
tiere für Brandenburg.
In einem besonderen „Extract Protocolli" (Or.) fasst dann Crockow seine For-
derongen zusammen: V. Dass I. K. M. sich allergnädigst declariren S'. Ch.
D. bei diesem Kriege zu dem ganzen schwedischen Pommern zu verhelfen
und, bis solches erobert, die Waffen nicht nieder zu legen. 2^ Nach-
dem die kaiserliche hohe ministri ein und anders Bedenken eingewant,
») üeber die Verhältnisse dieser Lander im Jahre 1677 Th. Europ. XI. 1044 ff.
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888 VII. Der Krieg gegen Schweden. Oct. 1674 — Febr. 1679.
warum I. E. M. sich vor anitzo hierüber positive nicht erklären könntea,
so ist von dem Abgesandten dergleichen Declaration gesuchet worden,
dass nemlich I. K. M. oventualiter versprechen, im Fall das schwedische
Pommern durch die churfürstlichen oder alliirten Waffen soUte einge-
nommen werden, dass alsdann I. E. M. S. Ch. D. dabei allergnadigst
schützen und mainteniren, auch durch dero allerhöchste Autorität es
dahin bringen wollen, damit gedachtes Vorpommern S^ Ch. D. und dero
hohem Hause durch den Frieden loco satisfactionis von der Eron
Schweden und vor so vieln dem heiligen römischen Reiche geleistete
Dienste, als eine justissimis armis mit so vielen Blut und Eosten ge-
machte Conqueste ohn einige andre Condition als diejenige, welche nach-
gehonds specificirt^ überlassen und zugeeignet werde, cum ulteriori pro-
missione, S. Ch. D. darüber, wie gebräuchlich, allergnädigst zu investiren
in mehrer Erwägung, dass hiebei diejenigen Inconvenientien, welche ra-
tione der Holländer beim ersten Punct angeführet, gänzlich cessiren, dass
auch das Reich mit Fuge nichts dawider zu sagen, dass keiner von den
Alliirten von Pommern etwas praetendiret und dass dergleichen Eventual-
Versprechungen in similibus casibus nicht ungebräuchlich, welches alles
bei der Conferenz mit mehrerm ausgeführt, und dafern es nöthig, weit-
läuftiger kann deduciret werden.
3°. Dass S'. Ch. D. hierüber eine schriftliche und verbindliche Ver-
sicherung ertheilet werde und wird de modo et forma derselben weiters
zu reden sein.
4*. S. Ch. D. versprechen hingegen um dero allerunterthänigste
Dankbarkeit und Devotion zu bezeugen, dass sie auf solchen Fall, da
sie nemlich ganz Pommern bekommen und dessen anietzo versiciiert
werden, die ganze jägerndorfische Sache mit allen S^ Ch. D. deshalbeo
competirenden Praetensionen fahren lassen und davon gänzlich abstehen
wollen.
5^ S. Ch. D. werden auch an sich nichts ermangeln lassen, damit
I. E. M. dero Satisfaction von Frankreich erlangen mögen. Zu solchem
Ende wollen S. Ch. D. den Allianzen zu Folge I. E. M. nach aller
Mügligkeit assistiren, so bald sie dero Sachen in Pommern ausgefiibret,
wie auch nicht weniger alle mügliche consilia aller Orten anwendeo,
damit die sämmtliche Alliirte zu dergleichen Sentimenten mögen gebracht
werden; dafern auch P. E. M. allergnädigst geflele wegen dero verlangeten
Satisfaction sich specialius zu expliciren, so werden S. Ch. D. sich dar-
über näher und zwar dergestalt herauslassen, dass daraus S^ Ch. D.
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Forderungen Brandenburgs. Abberufung Crockows. Investitur mit Vorpommern. 889
treueste Devotion zu P. E. M. allergDädigsteo contento erhelleo wird.
Endlich bittet Crockow mn Hilfe gegen die Schweden und am gute Winter-
quartiere.
Der Kurfürst an den Kaiser. Dat Colin a. d. Sp. 22. Fe-
bruar St. V. 1678. (Or.)
[Abberufung Crockows.]
Theilt dem Kaiser mit, dass er seinen Gesandten Georg Lorenz von 22. Febr.
Crockow aas Wien abbemfen müsse. Unter dem 7./17. März 1678 wird dann
an Stelle des vor Jahren verstorbenen Residenten Andreas Nenmann, dessen
Geschäfte in der Zwischenzeit Crockow gelahrt, Ferdinand Persins als Resident
des Earförsten dem Kaiser empfohlen. (Der Knrfnrst an den Kaiser. CöUn
a. d. Sp. 7./17. März 1678 Or.)
Protocoll der am 3. April 1678 gehaltenen geheimen Conferenz
wegen der Ertheilung der Investitur mit Vorpommern. (Copie.)
Es ist coDsiderirt worden, dass man mit P. Ch. D. confoederirt sei 3. April,
ond nicht, weilen die foedera sich auf holländische und spanische sabsidia
fundiren, welche aber nit erfolgen; möchten also endlich sagen, dass
sie die pacta zu halten nit schuldig wären und scheint, wann I. M.
sich derselben versichern wollen, dass ad foedera nova zu gedenken seie,
welches aber auch gefahrlich, weilen sie daraus argumentiren wurden, dass
sie von Observirung der Pacte entbunden wären. Solchemnach müsste
man es dahin ankommen lassen, dass diese foedera noch den Bestand
hätten und dass I. E. M. demienigen, was sie versprochen, nachkommen
wollten, versehete sich von ihnen, dass sie dergleichen thuen wurden.
In summa, es «scheint diese Sachen ziemlich schwer zu sein, man gebe
eine abschlägige Antwort oder eine willfahrige, weilen die Circumstantien
geändert; die negativa möchte Anlass geben mit dem Feind zu pactiren,
die affirmativa ein grosses impegno verursachen und den Frieden ver-
hindern, auch einen langwierigen Krieg nach sich ziehen; dahero die
Antwort also einzurichten, dass es zu I^ M. praejudicio nit gereichen
möge ; so wäre auch dahin zu sehen, den von Crockow mit gutem abzu-
fertigen, weilen die von Nymwegen eingelangte Nachricht vermag, dass er
anstatt des Somnitz kommen möchte. Solchemnach die Antwort also
zu ertheilen, dass ncmlich I. E. M. der Ch. D. zu Brandenburg die
acquisti gerne gönnen und ihr lieb sein wird, wann deroselben das
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vTiucK Ulli uicurers zuiogie, su viei auer uio ganuiua uoi»reu6, uauu tsr,
von Crockow, die Ursachen selbsten vernommen bei vorigen Conferentien,
was für obstacula wären, wie er dann darauf bewogen worden zu ver-
melden, dass nemlich mit der Condition, wann nemlich Churbrandenburg
Vorpommern vorhero erobern werde, man die Specialerklärung der
Investitur halber verlange, mit Reservirung der Gegensatisfaction für
I. K. M. Ungeachtet aber aller der hierbei vorfallenden Bedenken und
Difficultäten, so thäten I. E. M. aus absonderlichen gegen L Ch. D.
tragenden freundoheimlichen Inclination sich dahin erklären, dass alles
dasienige, was sie in Vorpommern erobert haben oder noch erobern
werden, wann solches durch den Friedenschluss P. Ch. D. zuerkennt
werden sollte, dass sie darüber die Investitur zu ertheilen kein Bedenken
haben werden; doch mit der Condition, dass I. D. bei den foederibus
verbleiben und keinen Frieden ohne I. E. M. eingehen, auch dero Satis-
faction befördern wollen.
Dem von Crockow könnte hierbei remonstrirt werden, dass er mit
Vernunft ein mehrers nit begehren könnte, dann wann es mit allge-
meinen Reichs- und Friedenschluss erhalten wirdet, ist es desto bestän-
diger und beschicht mit mehrerer Reputation. Sollte aber die Investitur
erfolgen und selbige hernach, wie es mehrmalen geschehen, cassirt
werden, gereichte es zu der grösst^n Disreputation, wie es mit der dem
Herzogen zu Friedland über Mecklenburg gegebenen Investirung beschehen
ist, zu deren Aufheb- und Cassirung man damals hart kommen seie.
Wann er mehrere Hilf begehren sollte, könnte von ihme vernommen
werden, quibus conditionibus er solche verlange ; man vermeine ein 4000
Mann wären in Dänemark nützlicher den Feind von fern zu halten, wie dann
ohne solchen Succurs Stettin erobert worden') und wäre wegen des in
der Insel Rügen erfolgten Unglücks in Dänemark die Hilf mehrers von
Nöthen '), also dass, wann I. E. M. von dero Völkern was zu entrathen,
solches ehender nach Dänemark zu commandiren wäre, der Hoffnung,
weilen Eönigsmark nicht über 5000 Mann stark seie, dass denenselben
die churfürstlichen Waffen genugsam gewachsen.
Der Kaiser hat dieses Gutachten gebilligt und befohlen, dass Lamberg, Hocher
und Königsegg dem Crockow davon Mittheilung machen. Bezüglich Jägemdorfs
sei nicht viel zu machen, diese Angelegenheit vielmehr so mit durchlaufen zu
lassen.
') Stettin war am 23. Dec. nach mehrmonatlicher Belagerung genommen worden;
vergl. Droysen 1. c. III., 601 ff.; Puf. 1. c. XV. 18; Tbeat. Europ. XI. 1037 ff.
2) Vergl. Droysen 1. c. III.3 634; Gebhardi 1. c. 573.
Brandenburgs Inyestitur mit Vorpommern. Polen. 891
Protocoll der Conferenz vom 14. April 1678 unterzeichnet
eigenhändig von Lamherg, Hocher, Königsegg einer-, Crockow
andererseits. (Or.)
[Brandenburgs Investitur mit Pommern. Gegenleistung des Kurfürsten. Unterstatzung
Dänemarks. Jägerndorf. Brandenburg-staatiscbe Beziebungen. Verhältnis Branden-
burgs zu Polen. Verabschiedung Crockows.]
Die kaiserlichen Minister theilen dem Crockow die Beschlüsse des Kaisers 14. April,
bezüglich der Investitur Brandenburgs mit Vorpommern*) mit.
Crockow dankt für die Anerbietungen und erklärt bezüglich der Gegen-
leistungen Brandenburgs, der Kurfürst werde, sobald er mit Schweden fertig
ist, sich gegen Frankreich wenden, auch im übrigen die Interessen des Kaisers
bei den Friedenstractaten beobachten. Im üebrigen hält Crockow für nothwendig,
dass der Kaiser Dänemark in dem Kampfe gegen Schweden mit Hilfstmppen
unterstütze. Bezüglich Jägemdorfe verbleibt es bei dem vorigen, dass nemlich
der Kurfürst von seinen Praetensionen gänzlich absteht, wenn die Sache wegen
der angebotenen Investitur zum Effect kommt Von einem Vertrage zwischen
Brandenburg und den Staaten, von dem die kaiserlichen Minister nach eingelau-
fenen Nachrichten als einem bereits geschlossenen sprechen, behauptet Crockow
nichts zu wissen, vielmehr nach dem Tenor des vom Kurfürsten an die Staaten
wegen des besorgten einseitigen Friedens abgelassenen Schreibens behaupten
zu können, dass sein Kurfürst derartige Particolarverträge mit den Staaten
nicht schliessen werde*).
Auf die Frage der Deputirten, was Crockow bezüglich Polens wisse, ant-
wortet dieser, der Kurfürst habe versucht die litthauische Armee durch Geld
an sich zu bringen, damit die Schweden nicht durch Liefland einbrechen
könnten, allein da 200000 Reichsthaler begehrt wurden, sei der Kurfürst da-
von abgestanden'). Dem Pac^) habe der Kurfürst 10 — 12000 Thaler anbieten
lassen, was diesem aber zu wenig erschienen sei. Es sei zu beklagen, dass
vom Kaiser und von den anderen Alliirten in dieser Angelegenheit nicht mehr
geschieht; der Kurfürst würde es sehr gerne sehen, wenn der Kaiser und der
König von Dänemark sich mit zur Zahlung von Subsidien entschliessen würden;
jeder Vi; wenn Dänemark nicht könne, möge der Kaiser Vi, der Kurfürst Vi
zahlen. Die kaiserlichen Räthe nehmen die Sache ad referendum.
Schliesslich hat sich Crockow zur Geheimhaltung der Beschlüsse dieser
Conferenz verpflichtet.
Unter dem 16. April 1678 meldet der Kaiser dem Kurfürsten die Verab-
1) Dieselben entsprechen den Beschlüssen der Conferenz vom 3. Apnl 1678.
>) In der That hatte Brandenburg mit den Niederlanden am 26. Febr./8. März
1678 eine Defensivallianz auf 10 Jahre nach nächstfolgendem Frieden geschlossen;
Dumont L c. VU., 342ff.; Puf. 1. c. XVI. 97 ff.; Mömer 1. c. 402ff.; vergl. ürk.u. Act
III. 514 ff.; Droysen 1. c. III., 625 f.
') üeber die brandenburg-polnischen Beziehungen in dieser Zeit Puf. 1. c. XVI. 67.
*) Michael Pac, der litthauische Grossfeldherr.
Digitized by VjOOQ IC
scnieaung trockows, mit dessen Benenmen er sicn überaus zufneden erklärt,
(Der Kaiser an den Kurfürsten 16. April 1678 Conc.)
Der Kurfürst an den Kaiser. Dat, Potsdam 18. Mai 1678.
(Or.)
[Dank für die gegebenen Versprechungen und Versicherung der Devotion. Jägern-
dorf. Staatisch-brandenburgiscbe Allianz. Polnische Verbältnisse.]
18. Mai. Der Kurfürst dankt dem Kaiser für seine dem Crockow gegebenen Erklä-
rungen und erkenne mich dabei absonderlich hoch verbunden vor die
abermalige allergnädigste Versicherung, dass E. K. M. mir dasienige,
welches ich von den schwedischen Landen allbereits erobert oder noch
bekommen möchte, von Herzen gerne gönnen, die Fortsetzung der Waffen
gegen Schweden befordern, bei denen Friedenstractaten zu Erhaltung
meiner Satisfaction höchstgültige officia beitragen, hiernechst auch mir die
Investitur über dasienige, welches mir bei dem Frieden zugeleget werden
möchte, allergnädigst ertheilen wollen. Gleichwie nun E. E. M. zu dero
oftermal contestiretem allergnädigstem Vergnügen in der That verspüret,
dass ich deroselben und dero hohen Hauses Interesse mir alle Zeit mit
grossem Eifer angelegen sein lassen, also würde ich auch nicht ermangeln
E^ K. M. Satisfaction, so viel an mir ist, nach aller Mögligkeit zu befor-
dern. Ich werde auch ebenmässig bei denen aufgerichteten foederibus
fest und unveränderlich verbleiben, versichere mich aber daneben, dass
die sämmüiche Herrn Alliirte dergleichen thun und dasienige, welches
ihnen vermöge des Allianz oblieget, gebührend praestiren werden, woran
es bis dato gar sehr ermangelt und künftig wohl noch mehr ermangeln
dürfte. Wegen Jägerndorf bleibe ich bei meiner vorigen Erklärung und
weil ich keinen andern casum praesupponire, als dass das ganze schwe-
dische Pommern mir loco satisfactionis verbleiben und E. E. M. an dero
höchsten Orte nachdrücklich dazu cooperiren, mir auch vermöge der
aufgerichteten foederum kräftigst assistiren werden, so bin ich des noch-
maligen Erbietens, dass ich auf solchen Fall E^ E. M. zu unterthänigsten
Ehren und zu Bezeugung meiner rechtmässigen Praetension auf gemeltes
Herzogthum ganz und gar abstehen will.
Die Tractaten, welche ich mit den Generalstaaten kürzlich pflegen
lassen, gehen blos allein auf eine Renovation und Erläuterung meiner
mit dem Staat von langen Jahr her gehabten uud iotzo expirirten ÄlHaoz
und haben wir zugleich etKÜche Privatirrungcni abthuti lassen, dabei
aber nichts gehandelt noch geechloj^i^cnj welches die hohe Alliirte in-
Verfaandlongen in der Satisfactionsangelegenheit g93
gesammt oder jemands von ihnen toachiren, oder ihnen zum Praejudiz
gereichen könnte. Sobald auch der Tractat ratificirt, werde ich nicht
ermangeln, E'. K. M. davon unterthänigst Part zu geben ^). Was das
polnische Werk betrifft, wäre es wohl sehr gut gewesen, wann man sich
deshalben bei Zeiten vereinbaret und zu Hintertreibung der noch stets
continuirenden französischen und schwedischen Machinationen^ — von
denen E^ E. M. mein Rath und Resident Persius allerunterthänigste
Apertur wird gethan haben, — zureichende Mittel bei Zeiten vor die
Hand genommen hätte. E'. E. M. ist allergnädigst erinnerlich, wie auf
dero gnädigstes Ansinnen ich schon vor etzlichen Monaten meinen
geheimen Rath und Abgesandten, den von Crockow, zulänglich hierüber
instruiret; ich habe mich auch inmittelst, ohnerwartet des damaln vor-
geschlagenen Concerts, mit Aufwendung grosser Summen Geldes pro
communi causa dergestalt angegriffen^ dass bei jetzigem Zustande meiner
ganz erschöpfe ten Lande, mir vor anitzo ein mehres zu thun sehr schwer
ja fast unmüglich fallen will. So wurde ich abermal genöthiget werden,
E. E. M. ganz gehorsamst zu ersuchen, wann nun die Gefahr nicht cessiret,
sondern vielmehr täglich zunimmt, ... sie wollen dieses so hoch impor-
tirendes Werk dero kaiserlichen Sorgfalt anbefohlen sein lassen und die
Verfugung thun, dass aber dieienige Gelder, welche bereits ausgezahlet
oder zu diesem Behuf annoch parat sein, noch eine erkleckliche Summe
aufgebracht und nach der Sachen Notdurft zur rechter Zeit angewant
werde. Ich bleibe sonsten bei der durch meinen geheimen Rath und
Abgesandten, den von Crockow, beschehenen Erklärung, dass nemlich,
wann I. E. M. zwei tertias zu diesem Behuf anwenden, ich, so schwer
als es mir auch wird, eine tertiam beitragen will, werde auch das
secretum durch die meinige der Gebühr nach wohl observiren lassen.
In einem P. S. wiederholt der Karfnrst seine Erklarangen bezüglich Polens.
^) Der Austausch der Ratificationen erfolgte erst Ende des Jahres 1678.
^ Für die schwedischen und französischen Machinationen in Polen TergL Puf.
l c. XV. 21 ff. u. a. 0.; Droysen 1. c. III., 631 f.
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894 VII. Der Krieg gegen Schweden. Öct. 1674 — Febr. 1679.
Der Kurfürst an den Kaiser. Dat Colin a, d. Sp.
7./17. Juni 1678. (Or.)
[Klage über der Holländer Vorgeben bei den Friedensverhandlungen und Bitte an den
Kaiser den Kampf fortzusetzen. Sendung Crockows nach Wien. Zusammenkunft
des Kurfürsten mit Georg Wilhelm.]
17. Juni. Ich zweifele nicht E. K. M. werden nach dero mir bekannten Eifer
vor die Glorie und Sicherheit des deutschen Reiches und vor das ge-
meine Beste mit nicht geringem Unwillen empfinden die grosse Praeci-
pitanz, so man in den Niederlanden zuwider denen geschlossenen Trac-
taten in Schliessung eines disreputirlichen, schädlichen und unsicheren
Friedens, wodurch Frankreich das so lang intendirte Arbitrium obn
Widersprechen erhält, gebrauchet '). E'. K. M. ist auch nicht verborgen,
wie dass ich bishero vor die gemeine Sicherheit und zu Erhaltung eines
ehrlichen und beständigen Friedens alles das Meinige^ ja Gut und Blat
zugesetzet, und ob es zwar scheinet, als ob man mich verlassen and
gleichsam als ein Opfer meiner Feinde Willen und Discretion übergeben
wolle, so habe ich doch das unterthänigste sichere Vertrauen zu E'. K. M.,
dieselbe werden sich durch einiger Aliiirten unbesonnene Praecipitaoz,
welche endlich zu ihrem eigenen Schaden und Verderb ausschlagen
möchte, nicht bewegen lassen, sondern durch ihr höchstes Exempel und
vigoureuse consilia die gute Partei so lang beizubehalten suchen, bis
man einen ehrlichen und beständigen Frieden wird erhalten können.
Ich vermeine ohn Massgebimg, dass noch Mittel übrig mit Ehr und Re-
putation diesen Krieg zu endigen und weil die höchste Noth erfordert,
dass desfalls in Zeiten ein gutes Concert gemachet werde, solches aber
durch Schreiben nicht wohl geschehen kann, so bin ich entschlossen
meinen geheimen Rath, den von Crockow, innerhalb 2 Tagen an E K.
M. unterthänigst abzuschicken und durch ihn meine unmassgebliche ge-
horsamste Gedanken zu eröffnen, auch darauf E'. E. M. gnädigste Mei-
nung und Befehl zu vernehmen.
Eine Zusammenkunft mit dem Herzoge Georg Wilhelm zu Braunschweig-
Lüneburg, die der Kurfürst veranstaltet, wird, wie er hofft, guten Erfolg haben^.
Der Vertrag zwischen Frankreich und den Staaten wurde erst am 10. August
1678 geschlossen; Dumont I.e. VII.i 350 ff. üeber die Verhandlungen Frankreichs
mit den Staaten vergl. Mignet 1. c. IV. 544 ff.; Basnage 1. c. IL 914 ff.
^ Ueber die Beziehungen Brandenburgs zu den Braunschweiger Fürsten in
dieser Zeit Puf. 1. c. XVI. 53 ff.
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Brandenburg bittet nm Fortfübrang des Krieges. Fnedensfrage. 895
Bescheid für Crockow. Dat Wien 20. Juli 1678. (Copie.)
[Fnedensfrage. Allgemeine Lage. Haltung des Kurfürsten und der übrigen Alliirten.
Notbwendigkeit eines gemeinsamen Vorgehens und genauer Bestimmung der Art des
Kampfes gegen Frankreich.]
Der römischen kaiserlichen Maiestät unserm allergnädigsten Herrn 20. Juli.
ist in Unterthänigkeit referirt worden, was sowohl der churbranden-
burgische allhier anwesender Abgesandter, Herr von Crockow, als einiger
andern dero Confoederirten ministri bei gegenwärtigen so gefahrlichen
Zertrennung der gemeinen Sachen und zu einem Particularfrieden der
Krön Spanien und Generalstaaten der vereinigten niederländischen Pro-
vincien an einem und der feindlichen Eron Frankreich am andern Theil
sich veranlassenden Coniuncturen höchstgedachter I^ K. M. ihrerseits da-
hin wohlmeinend vorschlagen wolle: Wie nemlich solcher Austretung der
Krön Spanien und Generalstaaten ungehindert die gemeine Sache gleich-
wohl von I^ K. M., des Reichs and der übrigen Alliirten Seiten gegen
die Krön Frankreich fortgesetzet und dieselbe zu Eingehung eines billichen
und reputirlichen Friedens, als sie noch im Monat Aprilis nechsthin allen
hohen Alliirten insgesammt und einem ieden absonderlich gleichsam vor-
zuschreiben sich angemasset hat, gebracht werden könne').
Der Kaiser erkennt dieses Bemühen der Alliirten an, zweiflen aber auch
zuvorderist nicht, dass wie der Krieg zu Erhaltung einer üniversalsicher-
heit und Friedens gesammter Hand angetreten worden, also man auch
höchst- und hoher Alliirten Seiten, absonderlich bei gegenwärtigen so
gefährlichen Coniuncturen, zu Annehmung eines billigen Friedens dis-
poniret, oder doch — da zu dessen Abhandlung oder auch Einrichtung
der abzielenden engeren Zusammensetzung eine geraumere Zeit höchst
nöthig erfordert wird — zu Eingehung eines Üniversalarmistitii nicht
weniger als I. E. M. selbsten um so mehr werden geneigt sein, je näher
sie erkennen, dass allenfalls deren gegen Frankreich liegende Land-
schaften dem ersten französischen Anfall und Verwüstung nicht ohne
Gefahr dos gänzlichen Verlustes exponiret sein würden, ehe man die
engere Zusammensetzung feststellen und den behörigen Widerstand ein-
richten könnte.
Welchem nechstdann, da I. E. M. vernehmen, wasgestalten einige
mehr wohlerwähnter Alliirten über derlei engere Zusammensetzung zu
') Die Erklärung Frankreichs Tom April 1678 ist abgedruckt bei Basuage 1. c
n. 914 f.; Mignet 1. c. IV. 550ff.
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896 VII. Der Krieg gegen Schweden. Oct. 1674 —Febr. 1679.
Kopenhagen bereits eine Zusammenkunft und Unterredung vorgehabt'),
sie zuvorderist von obgemelten H°. Abgesandten die nähere Nachricht
verlangen, was in ietztgemelter Zusammenkunft oder anderer Orteo
möchte geschlossen, oder auch in wie weit er möchte befelcht sein,
darüber hochgedachter I'. E. M. Communication zu thun und dieselbe
zur Miteintretung und auf wasgestalt zu ersuchen.
Wobei sie alsdann auch der freund- brüder- oheim- und gnädigsten
Zuversicht leben, dass wie wohlernennte hohe Alliirten von Selbsten
gnugsam befinden, dass die höchste Notdurft und gesammtes Heil erfor-
dere, dass ein jeder mit Hintansetzung alles Privatrespects, Vortheil und
Eigennützigkeit sich in proprio angreife und mit dessen Zusetzung die
gemeine Sache salviren helfe und mithin sich zu Removirung dessen
um so geneigter resolviren werden, was bishero alle gute operationes
und effectus gegen dem Feind verwirret, aufgehalten, confundiret, frucht-
und kraftlos gemacht hat, also dieselbe auch unter einst erkennen wer-
den, wie schädlich es der gemeinen Sache bishero gefallen, dass man
sich der Direction und Operation der gesammten Waffen, wie auch der
Einqartiening halber so wenig verstehen, vergleichen und befriedigen
wollen, und demnach zu Vermeidung fernerer dergleichen höchst schäd-
lichen Collisionen und Confusionen sich nicht allein über Anzahl der
benöthigten Auxiliararmee gegen Frankreich, wie dieselbe, auch durch
was Mittel zu erhalten und wie bald zusammen zu bringen seie, resof-
viren, auch erklären werden, unter was Haupt und Commando diese Völker
stehen und demnach schon vor diesem wegen des Generalats — um
willen über Formirung eines Eriegsheer zwischen der Maas und dem
Rhein ein gewisser Vorschlag von I'. K. M. beliebet worden — , ob es bei
deme und allerhöchstgedachter P. K. M. die Direction wegen der Kriegs-
operationen verbleiben solle?, darüber dann ihre gnädigste Herrn Princi-
palen die allhier habenden ministros zur Einrichtung des Werks aufs
ehiste also instruiren werden, dass mehrhöchsternannte I. K. M. zu der
gemeinen Sache, auch des heiligen, römischen Reichs und ihres löblichen
Erzhauses Bestem und Sicherheit weiters darin schreiten und sich eines
beständigen entschliessen können. Massen sie dann darunter ihre väter-
liche Vorsorge, sowohl in obermelter Direction der Waffen und ihrer
1) Zu Kopenhagen fanden Berathungen des Königs Ton Dänemark mit dew
Kurfürsten yon Brandenburg und dem Bischöfe von Münster statt, die im August zu
einem Bündnisse gegen Schweden führten. Vergl. Hörner 1. c. 405 f.; Puf. 1. c. XVI.
57; Droysen 1. c. III., 634f.
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Kampf gegen Frankreich. Kriegsnachrichten.' 897
OperatioDen, ak auch bei Eioqaartier- nod UoterbringaDg der Volker
Csoviel es der Sachen Zustand iedesmal ertragen kann) dergestalt noch
femer vorxukehren nicht unterlassen werden, wie es die Notdurft und
Billigkeit, auch ihr höchstes kaiserliches Amt selbsten erfordert und nach
sich ziehet').
Der Kurfürst an den Kaiser. Dat. „Auff meinen Jagt Schiffe
bey der Stalbroder Fehr" 14/24. September 1678. (Or.)
[Kriegsnachrichten.]
Gleichwie alle meine actiones E^ E. M. Gloire und das gemeine 24. Sept.
Beste fumemlich zum Ziel haben, so kann nicht umhin E. K. M. zu
den glucklichen Success, womit der höchste Gott meine vorgehabte
Attaque auf Rügen gekrönet, mit schuldigstem Respect zu gratuliren;
dann wie ich am 10./20. dieses mit meinen zusammengebrachten Krieges-
und andern Schiffen und Fahrzeug bei Peenemünde zu Segel gangen
und dem Feinde am 12./22. bei Palmerort eine fausse mine gemachet,
habe ich am 13./23. unfern Putbus auf der Insul Rügen in des Feindes
Praesenz und ungeachtet seines Canonirens glücklich debarquiret, den
Feind repoussiret, mich sofort an denselben gehangen, von ihm noch den
Tag und die darauf folgende Nacht über 200 Gefangene, ein schön
Metallenstück und eine Estandarte bekommen und denselben nach der
alten Fehrschanze sich zu retiriren gezwungen. Heute am 14./24. hat
mein Generalfeldmarschall*), welcher dem Feinde unaufhörlich nachgesetzet,
durch gottlichen Beistand gedachte alte Fehrschanze stürmender Hand
erobert und nachdem etzliche hundert in der ersten Furie niedergemachet,
hat man daselbst über 700 Gefangene und 2500 Pferde mit voller Mon-
tirung nebst allem Canon, so in der Schanze gewesen, bekommen ').
Crockow soll die Details berichten.
Unter dem 15. Oct meldet dann der Kurfürst die Einnahme Stralsunds und
übersendet eine Abschrift des darüber mit Königsmark geschlossenen Ver-
gleiches*).
') Vergl. Puf. 1. c. XVI. 81.
•) Derffllnger.
>) Für den Zug des Kuifursten nach Rügen Droysen 1. c. lll.s 639 ff.; Puf. I.e.
XVI. 60.
*) Vergl. Puf. I. c. XVI. 61 f.; Droysen I. c. III., 642f.; Th. Europ. XI. 1161 f.
Haler, t. Gesell, d. O. Karfireten. XIV. 2. 57
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898 VII. Der Kriepr gegen Schweden. Oct 1674— Febr. 1^79.
Der Kurfürst an den Kaiser. Dat Wrangeisburg 7./ 17. Not
1678. (Or.)
[Brobernng Greifswalds. Ho£fhang auf Erhaltung Pommeras im brmndenb m giacA «
Besitze.]
17. Nov. Gleichwie das heilige romische Reich von der Krön Schweden ioDer^
halb der negst verflossenen 50 Jahren einen unsäglichen Schaden erlitte
und zum öftern dessen gänzlicher Ruin und Verderb sehr nahe gewe^w,
also kann es Gott nimmer gnugsam danken, dass durch dessen kräftigte
Beistand der deutsche Boden, insonderheit bei E^ K. M. höchstgepriesenen
Regierung, von diesen fremden Gästen nunmehro gänzlich gesäubert and
dieses Herzogthum Pommern, woraus zu verschiedenen Malen ganz
Deutschland als mit einer Flut überschwemmet worden, unter meine Bot-
mässigkeit, dahin es von Gott und Rechtswegen gehöret, nunmehro
gänzlich gebracht ist, indem auch die Stadt und Festung Greifswald«
welche allein noch übrig gewesen, sich heute an mich ergeben . . .
Der Kurfürst hofft, weil E. K. M. und das ganze Reich dabei aufs höchste
interessiret sein, dass ich bei dem geruhigen Besitz dieses Landes, worin
mich die allwaltende Hand Gottes geführet, kräftiglich geschützet werde,
dass dieselbe sich auch meiner hierunter in Gnaden und mit Nachdruck
annehmen werden. —
In dem Antwortschreiben vom 10. Dec. 1678 gratulirt der Kaiser dem Kor-
fursten zu diesem grossen Erfolge.
Der Kurfürst an den Kaiser. Dat Marienwerder 12./22. Jan.
1679. (Or.)
[Kriegsnacbrichten.]
22. Jan. Der Kurfürst hat die Weichsel überschritten und denkt den Marsch gegai
den Feind zu beschleunigen. Sonsten erhalte ich gleich itzo die sichere
Nachricht, dass der Feind auf Bartenstein zugangen und daselbst stehe
und gehet allhier die Rede, ob suche derselbe durch Masuren nach E^
K. M. Erblande durchzudringen und sich mit denen in Ungarn gewesenen
Truppen zu coniungiren ...*). Sollte der Feind dahinwerts seinen Marsch
nehmen, so werde ich nicht ermangelen demselben nachzugehen und zu
E^ K. M. und dero Erblande Dienst nicht weniger als vor meine eigene
zu fechten.
') Ueber die Kriegsoperationen dieser Zeit; Droysen I.e. III.3 655 ff.; Puf. 1. c
XVII. Iff
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Kriegsnachrichten. 899
Der Kurfürst an den Kaiser. Dat Preuschmark 13./23. Jan.
1679. (Or.)
[Kriegsnachrichten.]
Der Feind hat, wie der Kurfürst von seinem Generallieutenant Gortzke ^) 23. Jan.
vernommen, auf die Nachricht vom Anmärsche des Kurfürsten den Plan nach
den Erblanden zu marschiren aufgegeben und den Rückzug angetreten. Der
Kurfürst denkt den Feind verfolgen zu lassen und hat zu diesem Zwecke
Oortxke Befehl ertheilt, sieb mit den 4000 Reitern und Dragonern und den
lOOO Musketieren, die er bei sieb bat, und 1600 Pferden und 1200 Dragonern,
die der Kurfürst ihm zusendet, an den Feind zu hängen und denselben zu
zwacken and abzumatten, damit er nicht entkomme'). Der Feind ist sehr
geschwächt; die Zahl der Ueberläufer sehr gross und alle sagen aus, dass die
Schweden kaum 8000 Mann stark sind und über 2000 Kranke haben. Ich hoffe
vermittelst göttlicher Hilfe sie noch zu ereilen, oder zum wenigsten das
Fussvolk und die Artillerie abzuschneiden, sollte ich ihnen auch bis in
Liefland nachgehen müssen.
Der KurfUrst an den Kaiser. Dat. Kuckerneese 24 Jan./3. Fe-
bruar 1679. (Or.)
[Kriegsnachrichten.]
Als Fortsetzung seines Berichtes vom 13./23. Jan. meldet der Kurfürst, 3. Febr.
dass der Generallieutenant Gortzke die Feinde aufgehalten und viele Gefangene
gemacht habe. Am 16./26. Jan. bin ich zu Königsberg angelanget, allwo
ich nur einen Tag geruhet und entzwischen die Regimenter avanciren
lassen, so dass ich mit der ganzen Armee am 18./28. zu Labiau gestanden,
allwo ich auf erhaltene Nachricht, dass der Feind seinen Marsch von
Insterburg nach der Tilse gerichtet hätte und also kaum eine Tagereise
mehr von mir wäre, eine starke Partei von Reutern und Dragonern bis
auf 5000 Mann unterem Generallieutenant Gortzke und noch eine andere
unterem Generalmajor Treffenfeld*) von 800 Pferden und 200 Dragonern
detacbiret mit Ordre den Feind zu recognosciren, denselben im Marsche
aufzuhalten und ihm allen möglichen Abbruch zu thun. Ich avancirte
inzwischen mit dem Fussvolk, der Artillerie und übrigen Reutern den
19./29. bis Gilge und den 20./30. bis Kuckerneese, allwo ich sichere
Nachricht erhalten, dass der Feind den vorigen Abend zur Tilse, so nur
Joachim Ernst ?. Gortzke; vergL Müherstedt I.e. 211.
») Droysen L c III., 656.
*) Joachim Hennings von Treffenfeld ; vergl. Hülverstedt I. c. 455.
57
*
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Denselben Tag glückete es meiner unter'm Generalmajor Treffenfeld aus-
geschickten Partei dergestalt, dass er am hellen Tage dem Feinde ein
Quartier enleviret und darin 3 Regimenter Dragoner und eines zu Pferde
ganz geschlagen und ruiniret, und hat der Feind daselbst 8 Dragoner-
fahnlein, welche mir auch noch selbigen Abend praesentiret worden, nebst
2 Standarten und ein Paar Pauken verloren. Bei anbrechender Nacht
retirirte sich der Feind von Tilse über den Memelstrom, worauf ich
auch sofort aufbrach und weil verlautete, dass er seinen vorigen Weg
bei der Memel vorbei nach Kurland, welches auch der richtigste und
bequemste ist, nehmen wollte, resolvirete ich demselben vorzubeugen und
richtete meinen Marsch auf einen Ort. so der Heidekrug genannt, zu; am
selbigen Tage als den 21./31. geriethe vorgedachter mein Generallieutenant
Gört/.ke mit seiner unterhabenden Partei im Marsche an des Feindes Arriere-
garde, wobei sich der Feldraarschall Hörn selber befunden, warf selbige nach
einem harten Gefechte über'n Haufen und ruinirte sie totaliter, so dass bei die
1200 Mann auf den Platz geblieben und bei 200 Mann gefangen, auch dabei
des Feindes meiste und beste Bagage nebst vielen Munition- und Pro-
viantwagen genommen worden. Dieser Verlust des Feindes und weil
er auch einige Nachricht von meinem Dessein gehabt, machete dem-
selben seinen Marsch ändern, dergestalt, dass er sich die darauf folgende
Nacht ganz zur rechten Handwerts geschlagen und seine Retirade mitten
durch Samoyten, Litthauen und Kurland zu nehmen Vorhabens ist; ob
er nun zwar dadurch wieder einen Vorsprung von 5 Meilen bekommen,
habe ich ihm doch einen Tag und Nacht bis Samoyten gefolgt, ihn
aber, weil er mehr lauft als marschiret, mit der Infanterie und Artillerie
nicht einholen mögen; dahero ich dann um meiner Leute, welche einen
Marsch von mehr als 100 deutscher Meilen gethan, in etwas zu schonen,
auch weil der Feind nicht mehr in meinem Lande, sondern bereits im
polnischen Gebiete gewesen, demselben nicht länger mit der Armee folgen
mögen. Ich habe aber dennoch meinen Generalmajor Treffenfeld mit
1000 Pferden beordret, demselben nfichzugehen und Abbruch zu thun ')
und vernehme ich gleich itzo, dass auch die Samoyten aufsitzen und
nebst meinen Leuten den Feind verfolgen sollen. Alle Gefangene, wo-
runter viel Oberofficierer, berichten einhellig, dass der Feind ganz ruiniret,
dass er keine 2000 gesunder Mann mehr habe und dass die Reuter so
abgemattet, dass sie im reiten von den Pferden stürzen und todt bleiben.
») Vergl. Droysen I. c. III.3 657 f.; Puf. I. c. XVIL 5 f.
Rriegsnachrichten. 901
Und ist leicht zu ermessen, wie viel der Feind wieder in Liefland
bringen werde, da er annoch bis dahin 40 Meilen durch Samoyten,
Liitthauen und Kurland in dieser grimmigen Kälte mit der Einwohner
Unwillen und Widerstand und sehr enge und böse Wege zu marschiren
hat. Ich aber habe billig dem Höchsten zu danken, dass durch seinen
Beistand der Feind, unerachtet er sich ausgeruhet und in guten Quar-
tieren gestanden, hergegen meine Leute innerhalb 14 Tagen bei die
lOO Meilen in dieser Saison marschiret, innerhalb 2 Tagen, wie ich ihn
oar mit der Cavallerie erreichen können, ruiniret und aus dem Lande
gejaget worden. E'. K. M. habe ich solches um so viel lieber hinter-
bringen sollen, weil ich anitzo wieder freie Hände bekommen, um mich
des heiligen römischen Reichs Angelegenheiten mit mehren Nachdruck
anzunehmen und dadurch einen redlichen Frieden befördern zu helfen;
wie ich dann, sobald nur meine Leute in etwas ausgeruhet, einige Re-
gimenter nach meine Churlande wieder voran marschiren zu lassen
entschlossen hin.
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vm.
Erste Mission
des Grafen Johann Philipp Lamberg.
Fehr. 1680 -Febr. 1682,
Einleitung.
Noch in Königsberg, wo er von den Mühen des mit ungewöhnlichem Er-
folge gegen die Schweden unternommenen Winterfeldznges ausruhte, um sich
zu neuen entscheidenden Kämpfen gegen den Verbündeten des besiegten Karl XL,
gegen den mächtigen Franzosenkönig, vorzubereiten, empfieng Friedrich Wilhelm
die Nachricht, dass Kaiser Leopold am 5. Februar 1679 in seinem und im
Namen des Reiches mit Frankreich und Schweden einen Frieden geschlossen
habe, durch den die volle Restitution der eroberten Gebiete an Schweden, auf
der Ludwig XIV. beharrt hatte, zugestanden, und Kaiser und Reich verpflichtet
worden seien, den Alliirten nicht nur keinerlei Hilfe zu leisten, sondern alles
was in ihrer Macht stünde zur Beendigung des zwischen Frankreich und Bran-
denburg geführten Kampfes beizutragen. Friedrich Wilhelm wollte Anfangs an
die Richtigkeit dieser Mittheilung nicht glauben. Er wollte den Gedanken
nicht fassen, dass der Kaiser und die Fürsten des Reiches sich wirklich ent-
schlossen haben sollten die Ueberlegenheit der ftanzösischen Nation in einer
60 unzweideutigen Weise anzuerkennen, dass sie endgiltig darauf Verzicht ge-
leistet haben sollten, die beiden Grossmächte, die seit dem Abschlüsse des
westphälischen Friedens zum Schaden der deutschen Nation einen übergrossen
Einfluss auf die Entwickelung der deutschen Reichsangelegenheiten genommen
hatten, vom Reichsboden zu vertreiben, dass sie den Zustand, wie er durch die
Friedensschlüsse von 1648 festgesetzt worden war, von neuem anerkannt und
sich bereit erklärt haben sollten, die Feinde des deutschen Volkes in ihrem
Bemühen zu unterstützen, ihm — dem Kurfürsten von Brandenburg — das
von ihm in jahrelangen, mühevollen Kämpfen eroberte, ihm ~ seiner Ansicht
nach — von Rechts wegen zugehörige Gebiet wider zu entreissen. Wie hätte
ihn auch nicht der Gedanke mit Entsetzen erfüllen sollen, dass alle seine Be-
mühungen vergebens gewesen, dass das Blut seiner Soldaten frachtlos ge-
flossen, dass er genöthigt werden sollte, das Land, dessen Erwerbung ihm für
die weitere Entwickelung seines Staates von der wesentlichsten Bedeutung
schien, das er unter ausserordentlichen Schwierigkeiten erobert hatte, an
den verhassten Rivalen herauszugeben. Einen um so tieferen Eindrack hat es
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906 VIII. Erste Mission des Grafen Joh. Philipp Lamberg. Feb. 1680— Feb. 1682.
auf ihn gemacht, als er sich überzeugt hatte, dass die ihm zugegangenen Mit-
theilungen auf Wahrheit beruhten, als er wahrnahm, dass die Mächte, die er
mit dem ganzen Aufgebote seiner Kräfte unterstützt hatte, ihn im Stiche
Hessen. Er hat einen Moment daran gedacht, allein den Kampf gegeo
den überlegenen Gegner aufzunehmen, dann aber sich in das unabänderliche
gefügt, den werthvoUen Besitz dem Schwedenkönige herausgegeben, seinen
Unmuth aber nicht dem Könige von Frankreich, vor dem er sich beugen mosste,
sondern den Verbündeten gezeigt, von denen er sich verrathen glaubte»
Es kann nicht unsere Aufgabe sein in diesem Zusammenhange die Frage
zu erörtern, ob Friedrich "Wilhelm berechtigt war, in dem Vorgehen seiner
Verbündeten und speciell in der Haltung Leopolds Verrath zu erblicken, ob
seine Ansicht von der Möglichkeit einer erfolgreichen Fortführung des Kampfes
ohne die Mitwirkung der Spanier und Niederländer nicht mehr der Ansfloss
eines heissen Begehrens als der ruhigen Ueberlegung war, ob das Vorgehen
Leopolds nicht blos eine unvermeidliche Folge des Abfalles der übrigen Ver-
bündeten und der ihm vom Osten her drohenden Gefahr war. Für unsere
Betrachtung genügt es hervorzuheben, dass Friedrich Wilhelm sich vom Kaiser
verlassen fühlte und im Unwillen darüber, zugleich von Widerwillen gegen seine
Nachbarn erfüllt und in der Besorgnis bei ruhigem Verhalten sein Ansehen
ganz einzubüssen, sich zu einem Schritte bewegen Hess, der mit seiner bisherigen
Politik im Widerspruche stand und für die weitere Entwickelung der allge-
meinen und specieU der i deutschen Verhältnisse von verhängnisvoUen Folgen
begleitet war. Denn wenn Friedrich Wilhelm sich auch im Verlaufe seiner
Regierung wiederholt von dem Kaiser abgewendet und Ludwig XIV. ange-
schlossen hatte, so war dies bisher immer in einer Weise geschehen, die ihm
dem Reiche gegenüber freie Hand Hess und ihm die MögHchkeit gewährte,
seine Pflichten als Reichsfürst zu erfüllen. Jetzt aber, wo er sich durch den
Vertrag vom 25. October 1679 verpflichtete, dem Sohne Leopolds seine Stimme
zu versagen, faUs die Wahl desselben vom Kaiser gewünscht nnd vorgenommen
werden soUte und sie dem Könige von Frankreich, dem Dauphin, oder irgend
einer anderen dem französischen Hofe genehmen Person zu geben, wo er
gleich vielen anderen deutschen Fürsten von Ludwig XIV. eine jährHche Sab-
sidie annahm, um seine Truppen, die er bei den geringen Einnahmen seines
Landes auf eigene Kosten nicht erhalten konnte, deren Abdankung aber sein Ver-
derben herbeigeführt hätte, zu bezahlen % sank er von einem gleichberechtigten
Bundesgenossen zu einem Vasallen herab, der bereit sein musste, den Wünschen
seines Herrn auch dann Rechnung zu tragen, wenn sie seinem, oder dem In-
teresse des Reiches entgegenliefen. Es ist fraglich, ob Friedrich Wilhelm, in-
dem er den Eingebungen seiner Leidenschaft und der Noth des Augenblickes
folgend sich gänzHch dem Könige von Frankreich anschloss, sich der Folgen
dieses Schrittes bewusst wurde, ob er die Gefährlichkeit der Ansprüche, die m
erheben Ludwig XIV. sich bereits entschlossen hatte, vorhergesehen hat Ge-
wiss ist aber, dass er, sobald die Reunionskammem ihre Thätigkeit begannen,
>) Vergl. Mörner 1. c. 4l3ff., 704ff.
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Einleitang. 907
in eine öbenns onangenehme and schwierige Lage gerieth. Denn wenn Lud-
wig XIV. aach keine Anspräche aof Besitzangen des Kurfnrsten erhob, die
Freondschaft desselben vielmehr um so mehr pflegte, je lebhafter der Wider-
stand gegen seine Verfügungen wurde, so konnte dem scharfen Blicke des
Karfursten die grosse Ge^hr nicht entgehen, die in der immer wachsenden
Macht des westlichen Nachbarn lag und er konnte an der Richtigkeit der Be-
hauptungen seiner firäheren Verbündeten nicht zweifeln, welche nicht müde
wurden zu betonen, dass der Tag nicht ferne sei, an welchem sich das Ueber-
gewicht der Franzosen in einer auch dem Kurfürsten von Brandenburg ver-
derblichen Weise offenbaren werde. Dass er trotzdem den immer erneuerten
Bemühungen der früheren Allürten gegenüber ihn zum Eintritte in ihre neue
Einigung zu bewegen sich ablehnend verhielt, von der Wiederaufoahme des
Kampfes gegen Ludwig XTV. nichts wissen wollte und in immer engere Be-
ziehungen zum französischen Hofe trat, hatte seinen Grund nicht allein in dem
Hasse gegen seine früheren Verbündeten und in dem Mistrauen in die ihm von
denselben gemachten Anerbietungen, sondern auch darin, dass er an die Mög-
lichkeit eines erfolgreichen Widerstandes gegen die überlegene Macht der Fran-
zosen in den nächsten Jahren nicht glaubte und es in seinem Interesse gelegen
frmd sich bis dahin durch den Anschluss an Ludwig XIV. seinen Besitz und die
Mittel zur Erhaltung seiner Armee zu sichern, auf der doch in erster Linie sein
Einfluss unter den europäischen Fürsten beruhte. Dieser Ueberzengung von
der UnZweckmässigkeit aller zur Demüthigung Frankreichs in Vorschlag ge-
brachten Pläne, wie von der Unzulänglichkeit der den Verbündeten zur Ver-
fügung stehenden Mittel hat der Kurfürst auch bei den Verhandlungen Ausdruck
gegeben, die er mit den Vertretern der verschiedenen Fürsten an seinem Hofe
in den fünf ersten Jahren nach dem Abschlüsse des Friedens von S^ Germain
en Laye gepflogen hat, von denen jene mit dem Abgesandten des Wiener Hofes
in den im Nachfolgenden mitgetheilten Actenstücken zur Anschauung gelangen.
Noch im Jahre 1679 war in Wien die Frage aufgeworfen worden, ob es
nicht dem Interesse des Kaisers entsprechen würde, die im Verlaufe des Krieges
abgebrochenen Beziehungen zu Friedrich Wilhelm durch die Absendung eines
neuen Gesandten an den Berliner Hof wieder aufsunehmen. Obgleich man nun
allgemein die Zweckmässigkeit eines solchen Schrittes einsah, beschloss man,
um einer eventuellen beleidigenden Zurücksetzung des betreffenden kaiserlichen
Vertreters vorzubeugen, sieh vorerst über die Stimmung am Hofe des Karfürsten
zu Orientiren. Der im Nachfolgenden mitgetheilte Bericht des zu diesem Be-
hufe nach Berlin gesendeten Otto von Banz, eines in österreichischem Dienste
stehenden Staatsmannes, der in jenen Jahren als Vertreter Leopolds in Dresden
wirkte, zeigt, wie heftig gegen Schluss des Jahres 1679 der Groll des Kur-
fürsten gegen den Kaiser war. Von Beiträgen zur Sicherung des Reiches wollte
er nichts hören; auf die Klagen des Gesandten über Frankreichs Vorgehen,
über die Thätigkeit der Reunionskammem, erwiderte der Kurfürst, der Kaiser
werde sich schon helfen; er selbst weigerte sich etwas zu thun, während er
dringend Ersatz für Jägemdorf und die Bezahlung 'der rückständigen Subsidien
von Spanien und von den Niederländern forderte. Der Bericht Otto's von Banz
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908 VIII. Erste Mission des Grafen Joh. Philipp Lamberg. Feb. 1680 — Feb. 1682.
bennruhigte die Wiener Regierung sehr. Man konnte sich nach den von ihm
gemachten Mittheilungen darüber nicht täuschen, dass Brandenburg wenig xur
Sichemng des Reiches beitragen, dass es kaum gelingen werde, den Knrfui^ten
zum Kampfe gegen Frankreich zu vermögen. Aber man glaubte doch den
Versuch einer Anknüpfung wagen zu müssen. In dem weiter unten abge-
druckten Gutachten der kaiserlichen Räthe wird ganz ausdrücklich die Zweck-
mässigkeit betont, im Hinblicke auf die schwierige Lage der 4 rheini-
schen Fürsten und auf die schwankende Haltung Baiems den Brandenburgs
zu versöhnen und die Absendung eines kaiserlichen Gesandten an den karforst-
lichen Hof als eine unerlässliche Nothwendigkeit bezeichnet. Dass zn diesem
Amte der Sprosse eines der ältesten österreichischen Adelsgeschlechter, einer
der vornehmsten Kavaliere des Reiches, der spätere Cardinal und Fnrsterzbischof
von Passao, Graf Johann Philipp Lamberg*), der Sohn des Obersthofmeisters
Johann Maximilian Lamberg ausersehen wurde, geschah gewiss nicht ohne Ab-
sicht. Allein die Bemühungen Lambergs, an denen er es während seines ersten
Aufenthaltes am Hofe des Kurfürsten nicht fehlen Hess, waren, wie aus den im
Folgenden mitgetheilteu Acten hervorgeht, von keinem besonderen Erfolge be-
gleitet. Denn so oft auch Graf Lamberg dem Kurfürsten die Nothwendigkeit
vorhielt, die immer deutlicher hervortretenden Ausschreitungen der franzosischen
Regierung zurückzuweisen, so dringend er ihm an den zur Wahrung der ge-
meinsamen Interessen geplanten Vorkehrungen theilznnehmen rieth, immer
wieder begegnete er der Behauptung des Kurfürsten, dass an dem jammervollen
Zustande nur jene schuldig seien, die den Nimweger Frieden geschlossen, dass
auf die Erklärungen der Holländer und Engländer nichts zu geben, unter den
gegebenen Verhältnissen Widerstand gegen Frankreichs überlegene Macht un-
möglich sei, am allerwenigsten aber vom Kurfürsten gefordert werden könne,
als erster entschieden gegen Frankreichs Ueberhebungen aufzutreten und sich
damit die Rache des beleidigten Bundesgenossen auf den Hals zu laden. Dieser
Auffassung entsprach es auch, dass Friedrich Wilhelm von einer Stärkung der
Reichskriegsverfassung nichts wissen wollte, auf das immer erneuerte Drängen
Lambergs mit dem Vorschlage antwortete, jeder möge sich so gut als möglich
rüsten, um im geeigneten Momente bereit zu sein und an diesem Grundsatze
auch festhielt, als Lamberg ihm die ünzweckmässigkeit seiner Vorschläge nach-
wies und ihm für den Fall der Nachgiebigkeit in diesem Punkte das grösst-
möglichste Entgegenkommen des Kaisers in allen anderen Dingen versprach.
Immer mehr musste sich Lamberg, der anfänglich die Lage nicht all zu un-
günstig aufgefasst, vielmehr die Hoffnung ausgesprochen hatte, dass es bei An-
wendung entsprechender Mittel gelingen werde den Kurfürsten für die Sache
der Verbündeten zu gewinnen, überzeugen, dass von Friedrich Wilhelm nichts
als die wenig besagende Versicherung zu erlangen sein werde, den Kaiser nicht
Biographisches über diesen im Jahre 1651 geborenen, 1712 gestorbenen
Staatsmann bei Wurzbach, Bieg. Lexikon XIV. 31 f., daselbst auch Literaturangaben.
Unrichtig ist, wenn Wurzbach* angibt, Lamberg sei 1679—1682 Vertreter des Kaisers
beim Neuburger gewesen.
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Einleitung:. 909
verlassen za wollen. Und diese jedem energischen Vorgehen gegen Frankreich
abgeneigte Stimmung des Kurfürsten steigerte sich noch, als derselbe durch die
Wegnahme des Schiffes ^Carlos 11.^ in neue heftige Conflicte mit Spanien ge-
rieth. Vergehens hot Lamherg Satisfaction für Jägemdorf, reichliche Snh-
»dien, das Generalat üher die Reichsarmee ; der Kurfürst fuhr fort seinem Zorne
ober des Kaisers und der übrigen Verbündeten Haltung im letzten Kriege
wiederholt Ausdruck zu verleihen und alle Schuld an den bereits eingetretenen
Qod noch zu erwartenden Unfällen dem nimwegischen Frieden beizumessen.
Selbst die treuesten Anhänger des Kaisers am kurfürstlichen Hofe glaubten
dem kaiserlichen Gesandten nicht verhehlen zn können, dass unter den ge-
gebenen Verhältnissen nicht die geringste Aussicht sei den Kurfürsten zu
energischen Massregeln gegen Frankreich zu bewegen und sprachen die Be-
fürchtung des gänzlichen Anschlusses Friedrich Wilhelms an den König von
Frankreich aus. In der That hat denn auch der Kurfürst, obgleich er immer
wieder behauptete sich mit Frankreich in keine nähere Verbindung eingelassen
ZQ haben, noch im Januar 1681 eine Defensivallianz mit Frankreich geschlossen,
darcb die er, gegen entsprechende Berücksichtigung seiner besonderen Interessen,
die Bestimmungen des Nimweger Friedens zu Gunsten Frankreichs anerkannte
und sich bezüglich der Reichsangelegenheiten zu einer Haltung verpflichtete,
die einer wahrhaft deutschen Politik nicht ganz entsprach'). Es war nur die
natürliche Folge dieser mit Frankreich getroffenen Vereinbarung, dass Friedrich
Wilhelm den Werbungen der staatischen ^) und kaiserlichen Gesandten fortan kein
Gehör schenkte, das Ansinnen Leopolds, einen Particularvertrag mit Oesterreich
zu schliessen, mit Entschiedenheit zurückwies, lebhafter als je die Nothwendig-
keit der Herstellung des Friedens betonte, vom Reiche Satisfaction für den im
vorigen Kriege eriittenen Schaden, von Spanien und von den Staaten die Bezahlung
der schuldigen Subsidien, vom Kaiser aber Berücksichtigung seiner alten An-
sprüche auf Jägemdorf und der neuen auf Liegnitz, Brieg und Wohlau forderte.
Ja selbst, als durch die Einnahme Strassburgs auch den Kurzsichtigsten die Ge-
fahr klar geworden war, die dem ganzen Contingente von dem übermächtigen
Frankreich drohte, als durch die Initiative des Prinzen Wilhelm von Oranien
im October 1681 die Association zwischen den Niederlanden und Schweden zu
Stande gekommen war, welcher in Kürze auch der Kaiser und eine Anzahl
deutscher Fürsten beitraten, war Friedrich Wilhelm zu einer Umkehr nicht zu
vermögen. Denn auch jetzt erklärte er, indem er alle Schuld den Mächten bei-
mass, die 1678 und 1679 den Frieden mit Frankreich geschlossen, in die Asso-
ciation nicht eintreten zu wollen und betonte, dass, so gross auch die von
Ludwig XIV. drohenden Gefahren wären, unter den gegebenen Verhältnissen
an offenen Widerstand nicht zn denken sei. Es kann kein Zweifel darüber be-
stehen, dass der Kurfürst von Brandenburg nur seiner Ueberzeugung Ausdruck
gab, wenn er die zum Kampfe gegen Frankreich in Vorschlag gebrachten Pläne
für undurchführbar erklärte; gewiss ist aber, dass auch sein Mistrauen in die
*) Defensivallianz vom l./U. Jan. 1681; Morner I.e. 418ff., 708ff.
5) Vergl. Urk. u. Act. IIL 600 ff.
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910 Vrir. Erste Mission des Grafen Job. Philipp Lamberg. Feb. 1680 — Feb. IßS- \
Erklärungen der verbündeten Mächte bezüglich der ihm bestimmten Entn^
digungen, die Hoffnung seinen Uebertritt später nnter vortheilhafleren Bedii-
gungen vollziehen zu können, der Groll gegen die Machte, denen er die Sdnü
an seinen Verlusten zuschrieb, sowie der Aerger über die hervorragende BöDe.
welche der Konig von Schweden unter den Alliirten spielte, Friedrich WiIWä
bewogen haben, die im Jahre 1681 mit Frankreich geschlossene AUianx sa Be-
ginn des Jahres 1682 zu erneuern und dahin auszudehnen, dass er sieh nr
Garantie der durch die Reunionen gewonnenen Gebiete, auch Strassburgs, ver-
pflichtete *).
Aas den im dritten Bande der Urk. und Act. ') und den im NachfolgeDda
mitgetheilten Actenstücken ist zu ersehen, dass die Pläne und üandioDgen des
Kurfürsten den Vertretern der verschiedenen Mächte nicht verborgen geblieben
sind. Allgemein verbreitete sich, trotz aller Dementirungen des Kurfürsten aod
seiner Räthe, die Kunde von der Verbindung Brandenburgs mit Frankreich iind
die Bitterkeit, mit welcher der Kurfürst von der Staaten und Spaniens Tor-
gehen sprach, die Strenge, mit der er Stratmans Aeusserungen in Frankfurt
gegen die Kurfürsten beurtheilte ^), wie nicht weniger die Zuvorkommenheit
mit welcher R^b^nac, Ludwig XIV. Vertreter am kurfürstlichen Hofe, behandelt
wurde, Hessen in die Richtigkeit dieser Mittheilungen von der zunehmenden
Herzlichkeit der Beziehungen Brandenburgs zu Frankreich keinen Zweifel auf-
kommen. Noch vor seiner Mitte Februar 1682 erfolgten Abreise von Bertin
hat Lamberg die bestimmte Nachricht von der Unterzeichnung eines nenea
brandenburg-französischen Vertrages erhalten.
Der Stil der Berichte Lambergs ist ein etwas trockener; doch geben die-
selben ein im allgemeinen richtiges und deutliches Bild von den Vorgängen am
Hofe des Kurfürsten, über die Lamberg in erster Linie durch die Mittheilungen
des Fürsten Johann Georg von Anhalt genaue Kunde erhielt.
Vertrag vom 12./22. Jan. 1682; Mörner I.e. 426 fr.
») Urk. u. Act III. 553 ff.
3) Vergl. für diese Dinge Puf 1. c. XVIII. 46, 50.
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VIII. Erste Mission des Grafen Johann
Philipp Lamberg. Febr. 1680— Febr. 1682.
Banz an den Kaiser. Dat. Prag 11. November 1679. (Or.)
[Klagen des Kurfürsten über des Kaisers Verbalten beim Friedensschiasse mit Frank-
reich. Erwiderung des Banz. Aeusserung des Kurfürsten über des Kaisers Vorschläge.]
Banz ist am 11. Oct. in Potsdam eingetroffen und wnrde sogleich zur 11. Nov.
Audienz zugelassen. Der Kurfürst beklagte sich, dass er in einen solchen
elenden Stand gesetzet, so grausamen Schaden erlitten, so unverhofft
und unvermuth, sowohl von seinen hohen Allürten, als auch dem ge-
sammten romischen Reich, nicht weniger von E. E. M. Selbsten wäre
verlassen und der Friede inscio et excluso se gemacht, ia was ihm am
mehristen kränken und zu Herzen gehen thäte, denen Franzosen noch
dazu die Passage ihne zu persequiren inaudito exemplo zugestanden,
seiner Miliz aber um propria nur zu defendiren verweigert worden;...
ahndete beinebens sehr hoch dieses, dass man ihme sowohl von E^ M.
Hof ans durch den von Crockow, als zu Nymwegen durch den von
Blaspeil stets ein änderst sinceriren, interim aber clam zu dem Frieden
schreiten und selbigen zeichnen lassen. In quo passu er, H'. Churfürst,
gegen ein und anders Subjectum, in specie aber gegen Monsieur Strat-
man sehr passionirt sich erzeigete, weilen dieser letztere sub commina-
tione perdendae aetemae salutis, uti fraternalia sonabant, dem von Blaspeil
öfters contestirt und sincerirt hätte, dass man den Frieden ad minimum
sine praevia notitia D. Elect. Brandenburgici keinesweges eingehen würde,
so doch hernach gleichwohl geschehen. . . . Der kaiserliche Gesandte ant-
wortet darauf, sucht des Kaisers Vorgehen zu rechtfertigen und das erregte
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912 Vlir. Erste Mission des Grafen Job. Philipp Lamberg. Feb. 1680 — Feb. t6^
Gemuth des Earfürsten zu bernhigen, dabei gleichwohl nicht oDterlasseod
pro exigentia rei bei Touchiruog ein und anderer Materie Essig mit ein-
zusprengen, ich will sagen, sensim sine sensu et quasi pedetentim den
guten Herren zugleich mit vorzustellen, dass das Iliacos intra moros
seinerseits fast mehr passirt als anderwerts, wie ich dann S^ D. fein
sachte all dasjenige ein- und andermal recapitulirte und in memoriam
revocirte, was ich deroselben in antecessum schon im Lager vor Stettin
gleichsam vorgesagt und dargestellet; wie, wo und auf was Art and
Weis ihres Orts von der rechten Bahn geschritten, in ein und andern
excedirt, die meisten Glieder und Stande im Reich exacerbirt und wider
sie selbst gravi ter irritirt worden Es gelingt Banz auf diese Wdse d^
Kurfürsten zu beruhigen. Dann wird er der Kurfurstin, dem Karprinzen and deo
Ministem vorgestellt, die alle traurig sind. Der Kurfürst^ forderte sdiriitliclie
Uebergabe der Forderungen des Kaisers, zu der sich Banz entschliesst; der
Kurfürst setzt dann eigenhändig seine Ansichten hinzu *}. Banz ersieht aus der
Antwort, dass jemand mitgewirkt haben muss und erf^rt, dass dies Jena ge-
wesen sei und fordert vom Kurfürsten Audienz unter 4 Augen, die ihm am 17. Oct
gewährt wird. Banz nimmt hier die Gelegenheit wahr dem Kurfürsten ausführ-
lich des Kaisers Benehmen zu erklären und zu zeigen, dass Leopold dem Kur-
fürsten wohl will. Er glaubt Eindruck gemacht zu haben, da er fortan besser
behandelt wird und mehr Zutrauen findet. Der Fürst von Anhalt bestätigt die
Ansicht des Gesandten. Der Kurfürst empfiehlt ihm in neuerlichen Unter-
redungen ganz besonders die Subsidienforderung an Spanien und die Satisfac-
tionsansprüche an das Reich.
Vorschläge des Kaisers an den Kurfürsten und des letzteren
Antwort auf dieselben. Dat. Potsdam 8./18. Oct. 1679. (Aut)
18. Oct. l^ wärdt von der Römischen Keyserl. Mey. in hehrgebrachten engen
vertrauen E. Churf. Dr. hocherleuchtes guttachten und einrathen allergo,
verlanget, wass wegen der oiTerirten Pohlnischen defensiv-alliantz zu
thun und zu ergreiffen etwa sein mögte.
Antwort des Kurfürsten: Bey diessem ersten punct halte Ich dafür,
dass wan der König undt die Repub. von Ihrer Kay. May^. eine Alliants
begeren würden, dieselbige doch vornemlich wider den Erbfeindt, den
Türeken, gemeinet undt würden Ihre Kay. May^. sonder zweiffelb nicht
nuhr die Chron Pollen, sonderen die gantze Christenheitt Ihre dadurch
zum höchsten obligiren.
') Vergl. das folgende Stack.
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Des Abte» Banz Vorschlige und Friedrich Wilhelms Aniwoiien 913
2". Nicht weniger vors andere, was wegen Sicherung eines freyen
rackens im Römischen Reich und allso circa Punctum Securitatis Publicae
vorzukehren und vorzunehmen sein mögte, umb dess lieben Teutschen
^atterlandes so hochbenöthigte ruhe und Sicherheitt zu conserviren.
Antwort des Kurfürsten: Weill Ihre Kay. May", zu Nimägen Ihren
friden geschlossen undt dabey sonder zweiffell dero eigene undt des heyl.
Rom. Reichss sicherheitt beobachtet, so muss Ich glauben, dass man
Sich nichts zu befahren, zumahl auch der Pabst, wie Ich berichtet wor-
den, so viell den Tärckischen Krig betrift, Ihrer Kay. May**, einen freien
rucken zu machen versprochen, undt wan der von Ihrer Kay. May**, ge-
schlossene fride dem R. Reiche keine gnugsame sicherheitt geben solte,
So muste Ich gestehen, dass diesser punct von grossen gewicht undt
schwerer deliberation, weill Ich leider erfahren, dass Ihre Kay. May**,
undt mitt derselbigen des Reichs coniungirten macht undt deren Alliir-
ten das Reich nicht einmahll in seine vorige sicherheitt undt harmoni
erhalten können, viellmehr dasselbige undt dessen getreue undt Ihrer
Kay. May**, bestendige Alliirten in den bekanntten zustandt gerathen;
diesser punct gehöret auch zu weitteren nachdencken undt were der ge-
samten Stande gedancken darüber zu vernehmen.
3". Wobey drittens die materi wegen der Festungen Homburg und
Pitsch et annexas contraventiones in Alsatia ex Parte Regni Galliae
wegen selbiger Reichsritterschafft, zehen Statten und der Statt Stras-
burg etc. mitt einlauffen; wie dergleichen Vergewaltigungen, so post con-
firmatam modo pacem vorgenommen worden, zum füglichsten beygelegt
und redressirt und allso der fridensefifect und gemeine Reichsruhe er-
worben und bestendig erhalten werden mögte.
Antwort des Kurfürsten.
Was im Elsas undt mitt den Yestungen hombourg undt Bitsch vor-
gangen, hab Ich vermeindt, es were alles dem mitt Ihrer Kay. May**,
geschlossenen friden gemes, Indem, Ob man gleich davon ein zeitt vor-
hero von diesen vorhaben gehöret, dennoch nichts vernommen, dass da-
wider solte erineret oder sonst desshalb nur etwas geschriben sein; es
wirdt aber aussgesprengt , als wan ein nebenreces aufgerichtet were.
Selten aber Ihre Kay. May**, dafür halten, dass es dem aufgerichten
friden nicht gemes, so zweififele Ich nicht, Sie werden desshalb an ge-
hörige ortte einkommen undt was Sie nöttig undt dienlich ermessen in
acht nehmen.
4^ Ingleichen weil vorkombt, das der nacher Regenspurg geschickte
Mater, t. Gesch. d. O. Kurfuraten. XIV. 2. 58
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914 VIII. Erste Mission des Grafen Job. Philipp Lamberg. Feb. 16S0— F«^. l€9i
Königliche Französische minister Verjus allda votum et seasionem k
Imperio suchen werde, was E^ Churf. D. höchstvemunfTtige gedaiick:^
und sentiment bey diesem passu beywohnen mögten.
Antwort des Kurfürsten.
Bey dem 4., weill Ich nicht weiss, wie undt welcher gestaldt der
Königliche franschösische Minister Verius votum undt session suchen
möchte, so kan Ich auch desshalb meine bestendige meinuog nicht m-
öfnen. Nachdem aber Ihre Kay. May*\ die Chron Schweden in Ihra:
friden volkomlich restituiret undt derselbigen das verlohrene votum undt
Sessionem also auch widergegeben. So werden dahero Ihre K. Mar^.
in Franckreich ohne zweiffell auch occasion nehmen; man wirdt aber in
dieser gantzen sache den vertrag des Königlichen Ministri undt dan der
Sämbtlichen Stände meinung dabey zu gewartten haben.
Hiebey ersuche Ich den herrn Prelaten bey S. Kay. May", anzuhal
ten, damitt Ich einmahll zu dem meinigen, so mir von forsten von
Lichtenstein mitt unrecht vorenthalten wirdt, wider gelangen undt mir
Jagerendorff einreumen zu lassen undt dassjenige, so sider der zcitt &
getragen nehbenst den zienssen ausszallen lassen weiten.
Weillen auch die Chron Spannien mir ahn Supsidien ein grojjs^
schuldig verbleibet, Als ersuche Ihre Kay. May". Ich durch dero hoch-
giltenden vermögen bey Spannien beförderen zu helffcn, damitt Ich meine
Zahlung ehist bekommen möge. Ich erbitte mich auch ein erkleckliches
daran fallen zu lassen. Diesses wirdt nun der herr abgesantter Seiner
Kay. May", allerunterthenigst fürtragen undt solche meine unverfengliche
gedancken unbeschwerdt hinterbringen undt verbeleibe Alzeitt des herrn
bestendiger freundt.
Potsdam den 8. Oct. Anno 1679.
Otto Abbas. Friderich Wilhelm Churfürst.
Votum d. d. Prag 18. Nov. 1679 über des Abtes Otto von
Banz Relation vom 11. Nov. 1679. (Conc.)
[ürtbeil der kaiserlichen Räthe über den Brandenburgers Erklärungen. Noth wendig-
keit eines guten Einvernehmens mit Brandenburg. Mittel dazu.]
18. Nov. I^ie Räthe halten dafür, dass der Abt es an Fleiss und Geschicklichkeit
nicht habe fehlen lassen. Soviel aber das Werk und die von ihme pro-
ponirte Puncten selbst betrifft, findet man nicht, dass ichtwas hauptsach-
liches, worauf mit Bestand ein Fundament gesetzt werden könne, ausge-
richtet worden, sondern die vom H". Churfürsten beigefügte glossae ziem*
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Gutachten der Räthe ober des Abtes Banz Bericht. 915
lieh spitzig, auch die Erklärung ganz dilatorisch und was er za thun
gewillet seie gar nicht klar herauskomme. So seien seine Erklämngen
bezüglich Polens, bezöglich der allgemeinen Sicherheit ond der franzosischen
Unternehmungen za allgemein gehalten.
Nun ist zu consideriren, dass vor allen Dingen billich zu beobachten,
wie Churbrandenburg bestmöglichst cultivirt und ihme zu mehrerer Aba-
lienatiou nicht Änlass gegeben werde, sintemaln weiln die 4 Chur-
fursten am Rhein durch die benachbarte französische Macht gänzlich
intimidirt worden, dergestalten, dass wann schon theils deren wohl in-
tentionirt, sie dannoch solches öffentlich scheinen zu lassen ihnen nicht
getrauen und wann das französische Vorhaben an dem churbairischen
Hof Platz finden und vor sich gehen sollte, alsdann 5 Churfiirsten dies-
seits verloren gehen und niemand als Chursachsen und Brandenburg
übrig verbleiben würden, warmit es annoch diese Beschaffenheit hat,
dass obwohln der Churprinz in Sachsen E^ E. M. ganz ergeben, iedoch
selbiger ein schlechter Oeconomus ist und dessen Freundschaft E^ E. M.
Hofkammer ziemlich beschwerlich fallet, mithin das Werk dermaln fast
einzig darauf ankommet, dass zu Rettung des Deutschland gegen die
Krön Frankreich unter denen Churfursten einige andere Hilfe nicht als von
Churbrandenburg zu hoffen und per Consequenz zu diesem Churfursten
ein mehreres Vertrauen in Zeiten zu zeigen seie, damit, wann nicht bessere
Anstalt gemacht und die gute Einverständnus wiederum beigebracht
werden, sondern Churbrandenburg abalienirt bleiben sollte, nicht etwau
die übrige Churfursten in Kleinmüthigkeit gerathen und auf E^ E. M.
und dero hochlöblichen Erzhauses Hilfe ein schlechtes Vertrauen setzen
dörfen. Die Räthe sind dafür, dass demnächst ein Gesandter an den karfürst-
liehen Hof abgeordnet werde. Inmittelst wäre dem H". Churfursten zwar
nicht immediate von E^ E. M., weiln an sie wegen oberwähnter Puncten
er nicht selbst geschickt, oder ichtwas schriftliches hat gelangen lassen,
sondern durch ernannten Abten von Banz, als welcher es ad referendum
genommen, so viel in Antwort zu bedeuten, dass er des Churfürstens
petita E^ E. M. allerunterthänigst vorgetragen und dabei vermerkt, dass
dieselbe ihme in allem zu willfahren geneigt seien, auch einige Gelegen-
heit nicht aus Händen gehen lassen würden, wariu sie ihre dessen löb-
lichem Churhause zutragende absonderliche Anneigung bezeugen und das
alte beederseits hergebrachte gute Vernehmen wiederum vöUiglich bei-
briügen und restabiliren könnten. Was nun sowohl die gesuchte Re-
commendation an Spanien wegen Entrichtung der rückständigen Sub-
sidien, als dass E. E. M. demselben zu Bewilligung einiger Römermonaten
58*
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das erstere zu bewerkstelligen kein Bedenken . . . , würden auch zu dem
andern, wann es der Herr Churfürst durch die seinige zu Regensburg
anbringen liesse, gern verhelfen, thäten sich aber herentgegen zu dem-
selben versehen, er würde gleichfalls seiner Gesandtschaft zu Regensburg
gemessen mitgeben vorhero das kaiserliche Begehren in puncto aequiva-
lentis für Freiburg nachdrücklich zu secundiren und nicht weniger be-
fürderen zu helfen, damit der punctus securitatis publicae dermaleinst
festgestellt werden mögte. Ingleichen hätte der Abt von Banz wegen
des foederis mit Poln, dass der Zierowski derenthalber fcrnerweiteii
Anwurf zu thun befelcht worden und des Verlaufs zu erwarten stehe^
anzuregen, von denen übrigen Puncten aber zu abstrahiren. Bezüglich
Jägerndorfs empfehlen die Räthe neuerliche Nachforschungen.
Berathen zu Prag 18. Nov.; praesentibus Schwarzenberg, Hocher, Konigsegg,
Abele und Högell; beschlossen wie eingerathen am 20. Nov. 1679.
Banz an den Kurflirsten. Dat. Prag 2b. Nov. 1679. (Cop.)
[Spanische SubsidienangelegeDbeit. Satisfaotionsausprucbe BrandeDburgs an das
Reicb.]
25. Nov. Banz hat dem Kaiser Mittheilung von den Erklärungen des Kurfürsten
gemacht. Der Kaiser hat sogleich bei Spanien wegen der Bezahlung der rück- ^
ständigen Subsidien zu verhandeln Befehl ertheilt. Der Kaiser ist auch bereit,
falls der Kurfürst zu Regensburg Satisfaction für den im letzten Kriege er-
littenen Schaden fordern sollte, ihn in seinen Bemühungen zu unterstützen,
hofft jedoch, dass der Kurfürst seinerseits des Kaisers Forderung wegen eines
Aequivalentes für Freibnrg unterstützen wird. Im übrigen wird der Kaiser wegen
der polnischen, wie wegen der Reichsverhältnisse einen eigenen Gesandten an
den Berliner Hof abordnen.
Instruction für Johann Philipp Graf von Lamberg und für
den Abt Otto von Banz. Dat. Prag 29. Februar 1680.
(Copie.)
[Zweck der Mission. Frankreicbs bedrohlicbes Vorgehen. Notbwendigkeit der Ab-
wehr. Verbandlungen bezüglich der Reichssicberheit. Plan einer Allianz mit England
und mit den Staaten. Oesterreicb-polnische Allianzverhandlungen. Jägern dörfische
Streitfrage.]
29. Febr. Lamberg hat sich über Dresden, wo sich ihm der Abt Otto von Banz an-
schliessen wird, nach Berlin zu begeben. Der Abt, der nur einige Tage in
Instruction fär Lamberg und Otto von Banz. 917
Berlin verweilen soll, erhält Befehl Lamberg genaue Information über die Zu-
stände am Berliner Hofe zu ertheilen.
Nach erfolgter Audienz beim Kurfürsten soll der Abt demselben vorhalten,
deroselben wurde annoch in unabfalligem Andenken ruhen, was niassen
an sie er allschon unter'm 25. Nov. des letztverwichenen Jahrs neben
andern berichtet, weiln wegen Feststellung des puncti securitatis publicae
viele trift- und wichtige Dinge unterlaufen^) und sich taglich mehr und
mehr ereignen thäten, dass wir dannenhero für gut und rathsam, ja des
allgemeinen Wesens Dienst nöthig zu sein erachtet hätten, um derent-
willen, wie auch einiger anderer den statum publicum betreffender
Sachen halber, zu ihre ein eigenes subjectum abzuordnen. Die Absen-
dnng habe sich verzögert
Soviel nun das Hauptwerk an sich selbsten betrifft, ist denenselben
vorhin guten Theils bekannt..., was von der Krön Frankreich sowohl
in dem Elsass und unsern V. Oe. I^anden als anderstwo auf des Reichs
Boden für Gewaltthaten verübet und wie dardurch nicht allein der letzt-
hin zu Nimwegen geschlossener Frieden nicht vollstrecket, sondern sel-
bigem, nicht minder dann dem vorherigen westphälischen Friedenschluss,
in viele Wege Schnur gerad zuwider gehandlet , auch in Italien und
sonsten für starke Kriegsrustungen französischerseits angestellt, ia sogar
denen auswärtigen Potentaten und Republiquen, was diese zu thun oder
zu lassen und mit weme sie Bündnussen einzugehen haben, gleichsam
Gesetze vorgeschrieben werden wollen, sintemalen denen Generalstaaten
der vereinigten Niederlanden unter harter Bedrohungen sich der zu
Garantirung besagten nimwegischen Friedens von des Königs in Engel-
land L***". auf dem Fuss des vorher darüber aufgerichteten Tractats ver-
langter näherer Allianz zu enthalten eingesagt, herentgegen solche mit
ermelter Krön Frankreich zu schliessen begehrt, auch die hierunter von
gedachten Generalstaaten nach der Hand erfolgter Entschuldigung übel
aufgenommen und ihnen bedeutet worden, dass man innerhalb eines
Termins von 8 Tagen rundaus wissen wollte, ob selbige darzu einver-
steben mögten oder nicht; dergestalten, dass aus diesem und mehr an-
dern dergleichen Proceduren nicht unklar zu schliessen ist, dass des
Königs in Frankreich L^*°. Ziel und Zweck einzig und allein dahin ge-
richtet seie, wie sie dero Macht erweiteren und entweder durch aller-
hand unstatthafte Vorbildungen und leeres Versprechen, oder mittelst
deren hin und wider vorgehender Thätlichkeiten und dardurch ein- und
Ceb«r diese Pl&ne vergl. Fester Richard, Die armirten St&nde 26 ff.
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übleu Anfang nach je länger je mehr um sich greifen und mit der Zeit
einer Univorsalmonarchiae und völliger Beherrschung unterziehen könnea ;
sie auch in diesem ihrem unbefugten Verfahren um so viel mehr ge-
stärket werden und endlichen die Rettungsmittel mit allzu spät fallender
Reue umsonsten sein dörften, wann man immer stillschweigen und wider
die so vielfältig verübende attentata nicht von Reichs wegen geziemende
Ahndung vornehmen sollte.
Der Kaiser hat nicht nur sowohl zu Regensburg, als auch beim fran-
zösischen Gesandten am kaiserlichen Hofe de Vitry^) um schleunige Abstellung
ersucht, sondern auch, weiln sothanem weitaussehendem, gefährlichem Be-
ginnen mit behörigem Nachdruck zu steuren und das Ziel zu stecken
einiges anderes zulängliches Mittel nicht erscheinet, dann dass Chur-
Fürsten und Stände mit uns, als ihrem höchsten Oberhaupt, sich recht-
schaffen zusammensetzen und zu diesem Ende der punctns securitatis
publicae ohne ferneren Anstand vor die Hand genommen, einfolglich
durch dessen Erörter- und Feststellung dem heil. röm. Reich seine be-
ständige Sicherheit und Ruhestand beigeschafft werde, hin und wider
an denen churfürstlichen Höfen sondiren lassen, was man daselbst
für Meinungen führe, wie ein und anders anzugreifen sein mögte. Da
sich aber fast niemand schriftlich and bestimmt geäussert hat, vielmehr die
Sache nach Regensburg verwiesen worden ist, es auch scheint, dass wenig
Lust zur Festsetzung puncti securitatis vorhanden, der Erfolg des am 10. Febr.
abgefassten Reichsgutachtens zweifelhaft ist, soll Banz den Kurfürsten er-
suchen, ihre vernünftige Gedanken zu eröffnen, was sie vermeinten, dass
dabei zu beobachten wäre. Denn da nicht zu hoffen steht, dass Frankreich
mit den Contraventionen aufhören wird, ist es nothwendig, sich gegen alle Ge-
fahren im Osten und Westen des Reiches zu waffnen. Der Kaiser wünscht des
Kurfürsten Ansicht über die Art dieser Rüstung kennen zu lernen. Der Kaiser
hält für nothwendig, möglich rasch die Frage über die Reichssicherung in
Regensburg zu erledigen; Baiem hat die Versicherung gegeben, in die Ver-
handlungen einzugehen, dasselbe sei von den übrigen Kurfürsten zu hoffen.
Nächst diesem haben sie, Abgesandte, aus dem Anschluss zu er-
sehen*), was von gewissen Orten her über den punctum securitatis pu-
blicae für ein Project entworfen worden, welches ihnen zu dem Endo
communicirt wird, dass er Abt bei I^ I/. davon in genere einige An-
regung thue und gleichsam für sich selbsten per modum quaestionis an-
Der Marquis de Vitry war gegen Ende des Jahres 1679 als Gesandter Frank-
reichs am Wiener Hofe erschienen; vergl. Recueil des Instructions I. 69 ff.
^ Liegt nicht bei.
Instruction für Lamberg und Otto von Banz. 919
fr&^e, ob uod wio ein und anders, so darin enthalten, stattfinden und zu
pr&oticiren sein mogte, und da man anfragen sollte wo dergleichen Vor-
schlage herruhreten, oder wer der Autor seie, nur so viel zu melden,
das» solche von einigen getreuen und wohlmeinenden Patrioten und
Stäoden des Reichs geschehen. Von der Oberdirection und Commando
der Waffen aber ist von ihme allerdings zu abstrahiren, weiln man um
derentwegen in schwere Dif&cultaten einrinnen und dardurch das Haupt-
iverk gar in's stecken gerathen dörfte, sondern es wird davon alsdann
desto fuglicher geredet werden können, wann vorderist die quaestio an?
und das quantum der Mannschaft festgestellt ist.
Sollten nun I. L., wie in diesem Project unter andern Erwähnung
geschieht, etwan auch der Meinung sein, dass, wann ausser beeder österr.
und burgundischen Kreisen, die übrige 8 Kreise zum Exempl 30000
Mann aufbrächten, wir alsdann 15 000 darzu stossen mögten, dieses aber
und dass wir halb so viel als das gesammte Reich lieferen sollten eine
allzu grosse Disproportion sein, uns auch die Verschickung der Mann-
schaft in's Reich, bevorab des dupli desto beschwerlicher fallen würde,
als wir solche ausser unsern Erbkönigreich und Landen mit grossen
Kosten verpflegen müssten und zu deren Unterhalt so wenig von dem
Reich als der Krön Spanien wegen Burgund einiger Geldbeitrag zu ge-
warten wäre; so hat er Abt sothane Disproportion und benebens, da
sich darzu einige Gelegenheit ergibt, so viel anzuregen, was massen bis-
hero die Erfahmus gezeigt, dass, wann wir uns in die Waffen gesetzt
und einen starken eiercitum auf die Beine gebracht, solches von Theils
Chur>Fnrsten und Ständen nicht allerdings wohl aufgenommen, sondern
darab eine unzeitige gelosia gefasst worden; herentgegen, wann wir es
unterlassen, ein und anderer auszusprengen sich nicht gescheuet, als
thäten wir das Reich wider andringenden fremden Gewalt zu schützen
nicht vermögen. . . .
Der Kaiser ist zu einer persönlichen Zusammenkunft mit dem Kurfürsten,
falls diese als nützlich erkannt werden sollte, bereit.
Dem Stratman hat der Kaiser befohlen im Haag wegen Antrag eines
Bündnisses zu sondiren, dahero er Abt nicht weniger bei P. L***°. vor sich
Anfragweis den Anwurf zu thuen hat, ob sie nicht thuenlich erachten,
wann sich eine Gelegenheit ereignete, dass wir und das Reich mit denen
Generalstaaten der vereinigten Niederlanden sowohl als des Königs in
Engelland L^*°. (welche darzu nicht ohngeneigt) eine Allianz einzugehen
und diese Occasion nicht zu verabsäumen hätten.
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920 VIII. Erste Mission des Grafen Job. Philipp Lamberg. Feb. 1680- Feb. 1682.
Und dieweiln theils Ständen ganz sinistre beigebracht worden, als
wann wir uns mit der Krön Frankreich wegen des Elsasses in gewisse
Particulartractaten eingelassen und diesfalls in guter Verstandnus stan-
den, so wird sothaner widriger Bericht und ohngleiche Gedanken ein ond
andern Orts zu benehmen, auch, da von P. L. wegen Aufhebung des
Reichstags Meldung geschehe, so viel zu bedeuten sein, was massen
auch wir unsers höchsten Orts sehr gern wollten, dass dem allerseits
beschwerlichem, so lang wehrendem Reichstag dermaleinst sein End ge-
geben werden mögte; . . . mit Rücksicht aaf die Umstände aber die fernere
Subsistenz, bis man sehe, wo ein und anders hinauslaufe und dass zu
solchem Ende oftgedachter punctus securitatis publicae erörtert werde,
höchst nothwendig wäre. Der Kaiser hofft, der Kurfürst wird dies einsehen
und Mittel zur raschen Erledigung der schwebenden Fragen vorschlagen.
Die Gesandten haben dem Kurfürsten von dem Stande der österreichisch-
polnischen Allianzverhandlungen Mittheilung zu machen^) und zu eroffnen,
dass wir nicht unterlassen würden mit deroselben über den weitem
Verlauf jedesmals vertreulich zu coramuniciren, auch annoch der bestan-
digen Meinung verbleiben, wofern mit der Krön Polen einige Bündnus
geschlossen werden sollte, dass gleichfalls I. L. darzuzuziehen und mit
einzubegreifen seien; mithin zu solchem Ende sie ganz angelegentlich
ersuchten, sie wollten uns ebensowohl über die ietzige polnische Be-
schaffenheit dero vernünftige Gemüthsmeinung in engem Vertrauen ent-
decken.
Sollten dann I. L., wie ohnschwer zu ermessen, wegen ihrer ver-
meinten Praetension auf Jägerndorf einige Anregung thuen, so wäre von
unsern Abgesandten so viel zu antworten, dass sie zwar derenthalber
nichts in commissis hätten, jedoch seie ihnen äusserlich so viel bekannt,
dass wir jeder Zeit dahin geneigt gewesen P. L. hierunter unsere Ge-
wogenheit wirklich zu erzeigen und sie dahero darvorhielten das beste
zu sein, wann I. L. deswegen durch einen eigenen an unserm kais.
Hof negotiiren lassen würden.
Für Fuchs, dessen Freundschaft sehr nützlich sein könnte, werden den
Gesandten 600 Gulden mitgegeben.
') Für die Österreich-polnischen Beziehungen dieser Zeit vergl. Klopp, 0. Das
Jahr 1683 und der folgende grosse Türkenkrieg 73 ff.
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Lambergs Unterredungen mit dem Kurfärsten. Dessen Erklärungen. 921
Lamberg an den Kaiser. Dat Berlin 17. April 1680. (Or.)*)
[Audienz beim Kurfürsten. Verbandlungen über die polnischen Angelegenheiten.
RadziwilPsche Prinzessin. Einfluss der Kurfürstin. Ablehnende Haltung des Kur-
färsten gegen England. Punctus securitatis.]
Am 15. bat Lamberg in Potsdam Audienz und theilt dem Kurfürsten mit, 17. April.
Die Berichte über die gemeinsame Thätigkeit des Abtes Ton Banz und des
Grafen Lamberg sind nicht mehr erhalten. Nach dem uns erhaltenen Referate vom
29. April 1680 war der Inhalt der beiden von dem Abte von Banz und dem Grafen
von Lamberg unterzeichneten Berichte vom 10. und 15. April folgender: „Auf den
▼on ihnen vermög instructionis gethanen Vortrag, welcher vom H". Churfürsten mit
grosser Aufmerksamkeit angehöret worden, hat der Churfürst soviel geantwortet, dass
weiin dieses sonderiich circa punctum securitatis sehr wichtige Materien wären, so
wollte er hierüber mit ihnen beeden weiters durch gewisse Deputirte conferiren lassen,
diesen einzigen sensum anfügend, wäre man ihme verwichen besser, da Zeit wäre, an
die Hand gegangen und ihne nicht so verlassen, so brauchete es ietzo dieses alles nicht
und stände allerseits besser, welche formalia aber er, Herr Churfürst, remota omni pas-
sione seu succensione proferiren thite. Worauf sie dann sowohl bei der Churfürstin,
als hernach dem Fürsten Johann Georg zu Anhalt Audienz gehabt, welcher sich in
vielen Dingen recht confident erzeigte und zu Erhebung E^ K. M. allergnädigsten In-
tention ihnen gute Nachricht in verschiedenen Sachen sowohl quoad roaterialia als
personalia spontanee gegeben, auch bei EKheilung der Revisita in Vertrauen Apertur
gethan, welche ministri an selbigem Hof dermaln aufrecht und welchen zu trauen
oder nicht.^ Am folgenden Tage bei der Verhandlung mit Meinders und Jena wie-
derholte der Abt, was er in der Audienz dem Kurfärsten gesagt; die Räthe nehmen
es ad protocoUum; Jena aber sagte im Gespräche scheinbar im Scherze «sein Herr
thite am besten es mit Frankreich zu halten, um seines Schadens sich wider zu er-
holen, auch einen Theil von spanischen Niederland oder Holland mit wegnehmen zu
helfen," endlichen aber nach allerhand Discursen, wäre er mit diesen Worten heraus-
gebrochen, „wann es ja sein und darzu kommen würde, dass sein gnädiger Herr mit
E*^. K. M. und dem Reich wieder Partei nehmen sollte, dass vor allen ihme der Rücken
sowohl wegen der Schweden als Polen vorher frei gemacht, benebens auch bessere
Versicherung ald vorhin geschehen, gegeben werden müsste. Der Meinders aber hätte
bei dieser fast gegen 3 Stunden gewehrten Conferenz nicht viel Wort gemacht, sonsten
da Spanien, England und Holland erwähnt worden, gesagt, dass sie gute Nachricht
hätten, in was schlechten terminis es zu Madrid und in Spanien stünde, dass also
dermaln kein grosser Staat auf selbige Krön zu machen, Engelland aber, wann selbiger
König mit seinem Parlament in Einigkeit stünde, könnte das meiste peso geben, auch
sodann Holland ein mehrers thun, ausser diesen würde es sonsten schlecht hergehen **.
Meinders hat dem französischen Gesandten Reb^nac von der Mission der kaiserlichen
Gesandten Mittheilung gemacht; Reb^nae zeigte sich darüber und über des Kurfürsten
frenndlicbes Benehmen gegenüber den kaiserlichen Gesandten misgestimmt ^Sodann
hätte er Abt von Banz bei seiner Urlaubsaudienz den H<*. Churfürsten in Gegenwart
des Grafen von Lamberg nochmaln erinnert, ob er also bei seiner Abreis in anteces-
sum E'. K. M. die ihme Morgens vorhero geget>ene Resolution und etliche Tage über
verspürte gute Intention circa punctum securitatis publicae allemnterthänigst über-
schreiben könnte und sollte; insonderheit, dass er H'. Churfürst die Proposition an?
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922 VlII. Erste Mission des Grafen Job. Philipp Lamberg. Feb. 1680— Feb. I68i
was der Kaiser ihm ratione des foederis offensivi et defensivi polonici aufgetragen ').
Der Kurfürst antwortet: |: Sie wollten E. K.M. in höchstein aoterthin.
Vertrauen sich desfalls mit den Polen nicht zu übereilen gewarnet haben,
sondern riethen vielmehr solches nach Möglichkeit aus dem Weg und
indessen zwar das Negotium offen zu halten, mit verbindlicher Einlas-
sung aber temporisiren; Ursach, weilen sie die gewisse Nachricht einge-
zogen, das8 selbiger König noch erst unlängst von Frankreich ad urgen-
dum istud foedus angefrischet worden, so sie für kein gutes Omeo, son-
dern dahin augesehen zu sein urtheilen mössten, dass wann E. K. M.
sich sofort sammt Polen in einen Türkeukrieg eingewicklet befanden,
beliebet, circa modum aber femers zu reden sein würde, zu welchem Ende er Graf
von Lamberg daselbst länger zu subsistiren hätte, zumaln E. K. M. zu ibme das feste
Vertrauen trugen, dass er hierinnen seinem hocberleucbten Verstand und preisbarer Ex-
perienz nach circa modum den besten Vorschlag thuen könnte. Worauf er, Herr Chur-
fürst, gegen sie beede diese Formalien gebraucht. Er könnte und wollte E. K. M. unter-
thänigst versicheren, dass er ein treuer Diener wäre und sich keineswegs vom Reich
und andern seinen H». Mitchurfürsten separiren würde, sondern seines Ortä alles
nach Möglichkeit beizutragen nicht ermangeln wollte, was zu Conservation des römi-
schen Reichs und gemeinen Vaterlands nützlich sein würde, mit dem chursächsiscben
Vorschlag wegen 3—4000 Mann aber wäre es wohl zu wenig, sondern man müsste sieb
andersten fassen. Er, Churfürst zu Brandenburg, wäre noch in diesem Stand, dass
er auf den Bedörfungsfall de facto mit 10— 12000 Mann in*s Feld gehen und anziehen
könnte und vermeinte er, dass das Reich zum wenigsten neben E. K. M. mit 2 Ar-
maden eine jede von 30 000 Mann bestehend, nebenst einem Corpo volante von 8 bis
10 000 Mann agiren müsste, wann es einen Effect haben sollte und dass von E'. K. M.,
ehe und bevor man dies Verfassungswerk an die gesammte Reichsglieder brächte,
an alle Churfürsten geschrieben und deren Gutachten in der Enge vorher allergnädigst
einzuholen wären. Als sie nun aber versetzt, dass es bereits geschehen und weiln die
am Rhein liegenden Chur- und Fürsten, als welche der Gefahr am negsten, dermaln
mascule herauszugeben sich nicht in solchen Stand befinden thäten, dahin zu sehen
wäre, wie vor allen neben E'. K. M. die mächtigsten Häuser als Chur-Baiem, Sachsen,
und Brandenburg hierinnen einig und andern Ständen bono exemplo vorzugeben
und selbige pro communi patriae salute zu animiren sich verstehen mögten Hier-
auf hätte er Herr Churfürst erwähnet, dass nun zu erwarten stünde, was E. K. M.
auch andere seine H». collegae sich hierüber weiters resolviren wurden.** In den sächsi-
schen Actenbeständen des Wiener Archives findet sich ein Schreiben des Abtes Otto von
Banz vom 15. April aus Dresden, in dem er sich auf seine und Lambergs gemeinsam
ausgefertigte Berichte beruft und nachträglich noch über die Haltung des Kurfürsten
von Brandenburg meldet, derselbe sei mit Schweden sehr zerfallen, auf das Haus
Braunschweig schlecht zu sprechen und auch mit dem Könige von Frankreich nicht
so zufrieden, wie allgemein behauptet wird. (Bericht des Otto v. Banz vom 15. April
1680. St. A.)
') Johann Sobieski hatte dem Kaiser durch den Prinzen Radziwill eine Allianz
gegen die Türken angetragen. Der Wiener Hof verhielt sich nicht ablehnend. Vergl.
Klopp, Das Türkenjahr. 1683 73 f.
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Polnische Angelegenheiten. Reichsangelegenheiten. England. 923
diese sodann einen besondern Frieden schliessen, E. M. aber mit der
völligen Kriegslast in Arena allein worden sitzen; massen es sei mit
einem Wort mit selbigem der französischen Fraction allzu gubematorisch
beigethanem König sich keiner Seiten zu verlassen; zudeme seien selbiger
magnatum Gemuther und verborgene intentiones ihme Churfursten durch-
aus bekannt und gewiss, dass solche allein dahinaus gerichtet, wie sie
den König mit einem Krieg behangen und mittelst alsdann fuhrenden
grosseren Gewalts dessen zu der Souverainitat gerichtetes Vorhaben so
viel fuglicher unterbrechen mögen. Das Werk selbst und die Zeit wer-
den zu Tag legen, dass die Polaken endlich auch sogar die Moscoviter
würden hinterfuhret haben. Bei welchem allem auch der König sich
möglichst zu fassen hätte, damit im Fall er mit den Gedanken seinem
Sohn ') zu der Krön zu verhelfen zu frühzeitig losbrechen und Litthauen
68 in andere Weg zu verhindern sich nicht im Stand sehen wurde,
solches von der Krön Polen nicht eine gänzliche unfehlbarliche Sepa-
ration zu treffen und moscovitischer Protection sich unterwürfig zu
machen Anlass nehmen möge. So hätten E. K. M. nicht weniger ein
Aag ob demienigen zu halten, was an Seiten Polen noch ferner schäd-
liches in Ungarn könnte verursacht werden, massen (wie der Churfurst
mir zwar in höchster Geheim anvertrauet, aber nachmalu nicht gestan-
den haben wollte) er noch erst für 2 Tagen vom Rebenac') selbsten in
Erfahrung gebracht, dass das in Ungarn bekanntes instrumentum, Mon-
sieur Boham, neben einen andern Officier sich verschienenen Freitag
mit ihme, Bebenac, zu Berlin in persönlicher Unterredung befunden, so-
dann geraden Wegs wieder nach Polen gekehret'). Nicht weniger wäre
ihro aus Polen Bericht eingegangen, welchermassen der Akakik^) allda
um gewisse französische Carossen und andere Ding frei durchzufuhren
Pass nach Siebenbürgen gesucht und der König sich zwar öffentlich ver-
lauten lassen, welchergestalt er in Ansehung, wie er mit E^ K. M. be-
griffen stünde, solches nicht eingehen könnte; dieses alles aber von ihme,
Churfursten, für ein blosses Spiegelfechten, im Gegentheil aber so viel
Jakob.
*) Fran^ois de Pas Oraf v. Rebenac, ausserordentlicher Gesandter Ludwig XIV.
am Berliner Hofe. Yergl. über ihn Lettres inedites des Feuquieres publ. par Etienne
Gaflois IV. XVI. ff.; Puf. 1. c 1. XVIII.
*) lieber die französisch-polnischen Beziehungen Klopp 1. c. 72.
*) Der bekannte französische Agent Akakia. Vergl. R^cueil des instructions I.
Antriebe 87 f.
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genaue und enge Allianz und Yerständnus wollte : | *).
Hienechst habe mich auf den punctum des Fürsten Casimir Radziwill
von der Clees bei E'. K. M. mehrmalen angosuchter allergnädigster In-
tcrcession umständlich begeben und so viel antwortlich erhalten, dass S.
Ch. D. solcher kaiserlichen Vorschrift alles mögliche beizutragen nicht
umhin würde, fanden sich indessen vermög väterlichen Testaments als
Gerhab gehalten, diesen passum matrimonii der Fürst-Radziwillischen
hinterlassenen Pupillin selbsteigenem freien Willen lediglich zu über-
lassen. Es könnte sich aber um selbigen P'ürst Radziwill bewerben; mit
dergleichen Antwort dann er Fürst bereit ehemal befriedigt gewesen zu
sein von sich scheinen lassen. Auch wolle der Kurfürst die Prinzessin
älter werden lassen. Soviel aber E^ K. M. in ünterthänigkeit desfalls zu
hinterbringen ich mir obliegend befinde, ist, dass ich sehe oder doch
genugsam abzunehmen habe, auch von andern in Vertrauen benachrich-
tigt werde, |: dass S. Ch. D. solchen boccone schwerlich aus Händen zu
lassen*), sondern vielmehr auf steetiges Anliegen der Churlürstin für
ihren ältisten Prinzen Ludwigen^) aufzubehalten gesonnen sei. Und hat
sie, Churfürstin, bei dem Churfürsten in allem ein gar nachdrückliches
Wort und grosses Gewicht, auch die Vorhand bereits soweit gewonnen,
dass, wie die Herzogin Sachsen-Lauenburg*) mir eigenmündig vermeldet,
selbige, als der Churfürst denen beiden Jüngern Prinzen mit auf die Jagd
zu fahren erlaubet, sich vernehmen lassen dörfen, wanngleich der Chur-
fürst solches zehenmal befehle, würde es dannoch ohne ihre Einwilligung
nicht geschehen. So verliert sie auch noch immerfort weder Zeit noch
Augenblick sich in solcher Potenz fester zu setzen und ist anbei dero
Affection und Beitrag in denen negotiis mehrers mit Realitäten als
Worten zu gewinnen, als deren höchstes Anliegen das Aufbringen ihrer
Kinder ist, welcher notitiae dann Frankreich wirklich zu gebrauchen an-
gefangen : {.
Gegen jede Einigung mit England spricht sich der Kurfürst deutlich aas.
Hierauf unterliesse ich nicht wegen des modi den punctum securi-
tatis einzurichten einen Anwurf zu thun, worauf S. Ch. ü. gleichsam in
») Vergl. Klopp 1. c. 74.
3) Ueber die üeirathsangelegenheit dieser Fürstin Louise von Radziwill Puf.
1. c. XVIII. 27 f.; Droysen 1. c. 712.
') Ludwig statt Philipp; denn so hiess der älteste Sohn Dorothee^s.
*) Marie Hedwig Auguste f 1681.
BraodeDburg nnd Eoglaod. Unterredung: Lambert mit dem Kurfürsten. 925
die Bed fallend, solchen, da die beste Soldaten abgedankt und in fran-
zösischen Dienst getreten, sehr schwer zu sein meldeten. . . .
Laniberg an den Kaiser. Dat Berlin 21. April 1680. (Aut.)
£Fuchs. Des Bischofs von Münster Stellung zu Frankreich. Versicherungen Southwells.]
Lamberg übergibt dem Secretar Fucbs, der seine Neigung für den Kaiser 21. April.
kand thut, ein Geschenk von 600 Gulden im Namen des Kaisers. Der Ver-
treter des Biscbofes von Münster') verwahrt sich dagegen, dass sein Herr mit
Frankreich im Bunde sei. Sonthwell ^), der englische Gesandte, versichert Lam-
berg der besten Gesinnung seines Königes gegen den Kaiser.
Lamberg an den Kaiser. Dat. Berlin 28. April 1680. (Or.)
[^Ungünstige Meinung des Kurfürsten von dem Konige von England und von dem
Stande der Niederlande. Unterredung Lambergs mit dem Kurfürsten über Dänemark,
über den Bischof von Münster, über den punctum securitatis und über die Haltung
Brandenburgs, speciell zu Frankreich.]
Soothwell theilt Lamberg den Verlaof seiner bisherigen Verhandlungen mit 28. April.
dem Kurfürsten von Brandenburg und mit dessen Käthen mit '). Lamberg spricht
darüber mit dem Kurfürsten, der ihm sagt, | : es sei sich auf Engelland gar
nichts zu verlassen, indeme sie die unfehlbarliche Nachricht hätten, dass
der König noch wirkliche pensiones von Frankreich ziehe, so ihre genüg-
samen Anlass zu argwohnen gebe, dass alle diese an Seiten England
beschehende Abschickungen keinen andern Zweck haben, als von dem
Parlament unter Vorwand der Allianz ein Summa Geld heraus zu locken
und, nachdem er deren habhaft worden, seinem Dessein so viel vigoroser
nachzusetzen, nemlich parlamentum zu unterdrucken, Frankreich unter-
dessen in dem Curs seiner Entreprisen wo nicht positive zu helfen, doch
wenigst ungehindert fortfahren zu lassen. ... Es fügte sich indessen der
ßiscars auf den Zustand der vereinigten Provinzen, den der Churfürst
nicht weniger für sehr misslich urtheilte und kurzhin geheime Nachricht
überkommen zu haben bedeutete^ dass gegen Prinzen von Oranien sich
») Bischof von Münster ist damals Ferdinand II. von Fürstenberg. 1667—1683.
*) Robert Southwell war beauftragt, Friedrich Wilhelm zur Erneuerung der vor
9 Jahren abgelaufenen Allianz mit England zu vermögen. Vergl. Puf. 1. c. XVIII. 3,
4; Droysen I. c. llLj 711; ürk. u. Act. IIL 567 ff.; Klopp, Gesch. des Fall des Hauses
Staart II. 247 ff.; Auszüge aus Southwells Briefen bei Raumer, Beiträge zur Gesch.
Kuropas III. 433-478.
») Puf. I.e. XVIIL3,4.
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wären, dahero auf selbige Republic kein sonderbarer Grund zu machen :{.
Ich wendete mich nechstdeme auf dasjenige, so die gemeine Advisen
wegen Dänemark an den Tag geben, wie nemlich S. E. M. mit etlich
Regimentern die Grafschaft Oldenburg zu besuchen herauszukommen
bedacht; ob S. Ch. D. hierüber etwas näheres einkommen und was doch
solche arrairte Herauskompst in scopo et recessu führen möchte. Worauf
S. Ch. D. sich vernehmen lassen, dass sie diesen motum des Königs
meistens auf Brauuschweig-Celle angesehen hielten^); möchten ihres Orts
wohl leiden, {: dass selbiges Haus in etwas castigirt würde, massen es
dergleichen um S. Ch. D. verdient, wie sie dann zu seiner Zeit wohl
würden zu gedenken wissen, dass selbige Herzogen ihre dann und wann
in dero Kriegsoperationen Hindernus in den Weg gelegt. : | Auch von
den Rüstungen des Bischofs von Münster spricht der Kurfürst. Die Aufiforde-
rung Lambergs in Regensburg zu erscheinen, lehnt Friedrich Wilhelm mit Rück-
sicht auf seine schwankende Gesundheit ab. Ich aber berührte demnechst
den punctum securitatis und dass das Reich sich noch in quaestione
an? befände, das quo modo aber zu keinem Stand gerathen wolle; da-
hero E. K. M. nach dero hohem Vertrauen zu S^ Ch. D., die sich in
quaestione an? so löblich und rühmlich erkläret, nunmehr auch in der
andern quo modo? ein gleichmässiges verhoffe . . . und extendirte ich
mich sofort nur per modum discursus und eines Privatsentiments durch
das mir desfalls von Hof aus nebenst meiner Instruction mitgegebene
Project, vermög dessen das Reich nach seinen Kreisen in simplo 30000,
I. M. aber 15 000 Mann in das Feld stellen, deren duplum also auf den
Erforderungsfall auf 90 000 Mann hinauslaufen würde. Worauf der Chur-
fürst schnell geantwortet, dass eine solche Reichsarmee von mehrentheils
untüchtigen Völkern, so Officieren als Gemeinen, bestehen und im Feld
mit ihnen nichts auszurichten, dahero auch solches Project ganz unpracti-
cirlich sein würde. Er vor seinen Theil könne ohne Entblössung seiner
Festungen ietzo gleich annoch 15 000 und bei wirklich angehendem Krieg
in wenig Zeit auch wohl 20 000 Mann in das Feld bringen, Bayern und
Sachsen könnten sich nach Vermögen und jenes zwar leichtlich bis auf
12000, das gesammte Haus Sachsen aber bei ietzo waltenden guten
Verständnus auf 20000 Mann angreifen. E. K. M. aber solle zu freiem
Belieben stehen mit soviel Macht als sie könnten oder wollten gleich-
falls anzuziehen, wann es gleich 40 ä 50000 Mann sein sollten. Ich
*) lieber die brandenburg-dänischen Beziehungen dieser Zeit Puf. 1. c. XVIII. 24.
wurde, sähe aber nicht allerdings, woher die Subsistenz zu nehmen.
Worüber S. Ch. D. sich abermal ganz prompte herausliesse, | : dass, wann
man mit solcher Macht in Feld und in der Moderation begriffen, sich
alsdann die Mittel schon finden würden, worab ich schliessen müssen,
dass dero Absehen diesfalls wie in vorigem Krieg auf die mittlere und
geringere Stände des Reichs gerichtet sein dürfte. :{ Es fundirt aber
dieselbe solche dero Meinung auf deme, dass eine allgemeine Reichsver-
fassung von der Krön Frankreich ieder Zeit, gar nicht aber diese von
E^. K. M. und ihnen Churfürsten auf diesen Weg an die Hand genom-
mene Defensionsstellung, könne gehindert werden. Ich thäte hierauf mit
Respect die Anfrag, ob dann E. K. M. sich {: P. Ch. D. Armada in allen
Vorfällen versichert halten könnten :|; welches sie mit deme beantwortet:
E. K. M. könnte ich versichern, dass sie sich von des Reichs Interesse
nimmermehr absondern, sondern allezeit fest bei demselben haftend ver-
bleiben und E. M. darin secundiren helfen wollten. Solche und andere
familiäre und gnädige Bezeigungen bemuthigten mich, unter andern
gleichsam mit einer respectuosen Scherzred anzuführen, welchermassen
geurtbeilt würde, als ob S. Ch. D. mit Frankreich in Allianz begriffen,
worauf sie lachend versetzet, sie wüssten solches Spargiment wohl. Ich
aber in meiner angenommenen Weis fortfahrend belegte solches mit
gleicbmässigem gemeinem Ruf in Polen, allwo dero dort subsistirende
Secretarius des französischen Residentens ßethune Haus alltäglich fami-
liariter frequentiro. Der Churfürst, um mir solches Nachdenken, wie er
sagte, candide zu benehmen, widersetzte, es geschehe, die im Friedens-
tractat ihme an Seiten Frankreichs auf Termin verwilligte Satisfactions-
gelder der 300000 Reichsthaler zu versichern*), allermassen ermelter
Secretarius auch bereit so viel Nachricht gegeben, dass die erste 100000
Reichsthaler in kurzem zu Hamburg erleget werden sollten. | : Er mel-
dete zu mehrer seiner Entschüttung von solchem Verdacht des fernem
in engem Vertrauen, dass er noch iüngster Tagen durch den französi-
schen Abgesandten') auf die Art wie neulichst Holland zu üefension-
allianz mit Frankreich ersucht worden, deme er aber mit folgendem be-
gegnet, dass er nicht absehen könnte, wohin solche Allianz nöthig sei
ietzund, da durch den Fried alles in Ruhe und Sicherheit gesetzt. : {
*) Zweiter Secretarlikel des Vertrages von St. Germain en Laye 29. Juni 1679
Möroer 1. c. 411.
2) Rebenac. Vergl. Puf. 1. c. XVIII. 7.
Der Kaiser an Lamberg. Dat. Frag 1. Mai 1680. ((Jone.)
1. Mai. Nach dem Votum der Conferenz vom 29. April erklärt sich der Kaiser mit
Lambergs Vorgehen einverstanden, fordert ihn auf den Kurfürsten womöglich zu
persönlichem Erscheinen in Regeusburg, jedenfalls aber zur Billigung der Ver-
sammlung und der kaiserlichen Pläne in puncto securitatis zu bewegen.
Lamberg an den Kaiser. Dat. Berlin 12. Mai 1680. (Or.)
[Erklärungen des Vertreters des Bisebofes von Münster. Unterredung Lambergs mit
Amerongen über die brandenburg-bolländischen Dififerenzen, mit Fuchs über die all-
gemeine Lage und über das gegen Frankreich einzuschlagende Verfahren. Des Fuchs
Erklärungen. Gleiche Erklärungen des Meinders und Jena. Urtheil Lambergs. Mit-
theilungen Southwells.]
12. Mai. Der Vertreter des Bisebofes von Münster hat nach erhaltener Weisung
seines Herrn erklärt, dass dieser mit Frankreich weder eine Allianz geschlossen
habe, noch eine solche zu schliessen gedenke.
Mit Amerongen hat Lamberg wegen Zahlung der rückständigen Subsidien
an Brandenburg gesprochen. Worauf die Sach ex fundamento fürsteilig zu
machen, er vorderist angeführet, dass zwischen beiden hohen Parteien
unterschiedliche Allianztractaten passiret, namentlich anno 1672 ver-
mittelst seiner von Amerongens, kraft dessen dem Churfürsten monatlich
80000 Reichsthaler Subsidien zugesagt worden*). Welcher Tractat,
nachdem er durch des Churfürstens mit dem Könige in Frankreich anoo
1673 erfolgtes Accommodement von Selbsten zerfallen'), sei in anno 1674
durch den holländischen ministrum von Achtienhoven') eine neue Ver-
bündnus adjustirt*), in selbigem aber die obi^e Summa der Subsidien
um ein merkliches verringert, dabei in terminis versehen worden, dass
keinem Theil ohne den andern frei stehen solle mit der Krön Frank-
reich in den Frieden zu treten. Nun habe sich aber anno 1676 ereignet,
dass die H**. Staaten einen vortheilhaften Frieden in Händen gehabt,
solches auch dem Churfürsten glaubwürdig fürgelegt, anbei declariret,
dass sie mit den Kriegsspesen und Geldsubsidien nicht länger gefolgen
könnten; S. Ch. D. aber, so eben damal in dem Flor ihrer Conquesten
versiret, habe von dem Frieden nichts wissen wollen, die Geldsubsidien
') üeber die Allianz vom 26. April/6. Mai 1672 ürk. und Act. HI. 189ff.; über
Amerongen ebendaselbst 192 f. Der Vertrag bei Mörner 1. c. 359 ff.
^ Gemeint ist der Vertrag von Vossem vom 6. Juni 1673; Mörner I.e. 373 ff.
5) Isaac Pauw v. Achtienhoven; vergl. Urk. u. Act. III. 393 f.
*) Act. u. ürk. III. 389 ff.
Yerhandlangen Lambergs mit AmeroDgen. 929
mit gaDzlichem Stillschweigen übergangen, indessen bloshin auf die Fort-
setzung des Kriegs angedrungen, bis endlicii der holländische Fried anno
1678, der brandenburgische aber anno 1679 erfolget und sei zwischen
diesen beiden Frieden anno 1678 durch den von der Tocht') Namens der
H"*. Generalstaaten mit dem Churförsten abermal ein Yerfass und neuer
Tractat vollzogen und in selbigen der von anno 1674 durchgehend ex-
pressim confirmirt worden'). Was derowegen des Churfürstens praeten-
siones anlange, distinguire er von Amerongen 3 tempora; das erste von
1674 — 1676 und seien seine U°. principales die in solchen beiden Jahren
verfallene subsidia abzustatten so schuldig, als wenig herentgegen sie
sich zu deme, was nach in änno 1678 geschlossenem Frieden der Chur-
fürst praetendire, jemal verstehen oder bekennen wurden noch könnten.
Was aber das intervallum von 1676 nach dem Churfürsten notificirter
Friedensbemächtigung bis zu dessen wirklichem Erfolg anno 1678 an-
lange, darinnen militire zwar seiner Meinung nach die klare Billichkeit
auch der Sinn und der Verstand aufgerichteter Allianz gänzlich für die
H". Generalstaaten; diese wollten jedoch um guter Freundschaft willen
sich darüber in Composition einzulassen nicht widrigen, würde auch wohl
einige Satisfaction erfolgen, die aber nicht völlig in Bereitschaft, sondern
tbeils in Schiffen oder andern Effecten bestehen dörfte. Es würde aber
vielleicht das fördersamste sein, wann der Churfürst und Prinz von
Oranien persönlich zusammentreten sollten, als welches dem Werk seine
abbelfliche Maass gewaltsam beschleunigen würde. Soviel mich jedoch
bei allem diesem bedanken will, so haben die H°. Staaten in dem letzten
Tractat von 1678, in welchem der vorhergehende von 1674 per omnia
simpliciter, einfolglich auch die Geldsubsidien, ungeachtet allbereit ge-
troffenen holländischen Friedens confirmirt worden, in ihrer Sach ein
starkes übersehen und steifet sich der Churfürst fümehmlich auf solches.
Dessen allen aber unangesehen scheinet es, dass die H°. Holländer weder
zu den ersten noch letzten, strittigen noch unstrittigen residuis, weder
in Baarschaft noch Effecten sich bequemen werden, es wäre dann, dass
durch einen sich etwan von neuem eröffnenden Noth- und Hülfbedürfungs-
CelII sie dessen capaci gemacht würden ').
Bei günstiger Gelegenheit theilt Lamberg dem Fachs den Inhalt der Be-
Jakob Y. der Tocht vergl. ürk. u. Act. lU. 198.
«) Vergl. ürk. u. Act. lU. 512ff.
^ Vergl. Urk. n. Act III. 569 ff. and das Schreiben Sonthwells an den Prinzen
▼on Oranien ebendaselbst 571 ff.
Mater, s. Gescb. d. 0. Karfurst«n. XIV. 2. 59
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darinnen bestehend, dass einige selbiger Orten sich erkläret eine persön-
liche Erscheinung... mit E^ K. M. sich nicht entgegen sein zu lassen.
|: Wobei ich des fernem mit einiger Gemüthsempfindung geahndet, dass
der Churfiirst gegen alle französische contraventiones pacis sich ganz
unbeweglich und unemp6ndlich erfinden Hessen, vielmehr selbige für
einen Effect pacis ultimae qualificirten , mich auch loco einer verläng-
lichen Resolution wegen des modi der Gegenverfassung mit deme, dass
ein jeglicher sich in Postur setzen sollte, abzuweisen bedacht schienen;
solches alles aber ein sehr ungewisses, weitschichtiges und weitaussehen-
des Werk sei, wodurch der Churförst die so löblich gefasste Resolution in
quaestione an? nicht secundire, sondern vielmehr der Zeit und Coniunc-
turen erwarten zu wollen an den Tag gebe. Worauf er Secretarias
Fuchs mich vorderist hoch und theur versichert, dass ich seinen Worten
sicherlich trauen und glauben möge; demnach contestiret, ich könnte
der gänzlichen Gewissheit leben, des Churfürsten Intention und Absehen
ziele ganz nicht auf Ausflucht oder Partiacularzweck, sondern führe wahr-
haftig das heilsame Nachdenken, dass in Ansehung Frankreich bei so
ungemeiner Kriegsmacht ante tempus nicht zu irritiren und in imperium
zu ziehen sei, man sich inmittelst, ein ieder für sich, also gefasst machen
und halten könne, dass man nachmal, wann das momentum rei gerendae
da sei, simul et semel zusammentreten und dem feindlichen Einbruch
nicht in visceribus imperii, wie sonsten unfehlbarlich geschehen würde,
sondern in limine begegnen und seinen unbillichen demarches einhalten
könne, zumalen die allgemeine Reichsverfassung aus kundbaren Ursachen
und der klaren Erfahrenheit ganz unmöglich und eine unpracticirliche
Sache seie. So wüsste er auch eben nicht, wann dem Churfürsten er-
laubt sein könnte bei E'. K. M. anzufragen , ob sie dero Waffen zusam-
menstossen wollten, ob, sagte er, alsdann E^ K.M. es anständig sein,
sie auch eine solche Mannschaft in das Feld stellen würde, so dem Feind
gnug gewachsen sein möchte. Ich widersetzte, E. K. M. würde leichtlich
(die aggregirte Völker eingerechnet) mit 40000 Mann aufkommen, wo-
rauf er replicirte, man wisse salvo respectu wohl worinnen theils unserer
Stärke bestehe und dass gemeinlich mehr auf dem Papier als in natura
befindlich. Als ich ferner anführte, es hätte nicht den Verstand sich
sofort öffentlich zu erklären und aufzusitzen, sondern der Churfürst als
der mächtigste von denen Churfürsten sollten nur denen ander mit Rath
und That zum guten Beispiel werden und selbige zu gleichmässer der-
uistiif^er IV6AU1UUUU uur norumiitJiuug auiujuuu. vvuiuutsr tsr mir %u ue-
mathe führte, ich möchte bei mir selbst erwägen, ob der Churfürst nicht
sowohl als die Churfürsteii an den Rhein mit dero clevischen Landen der
Gefahr gleich a fronte ausgestellet und dass die Franzosen den Weg über
Wesel und so ferner herein gar wohl kenneten und derowegen nicht verdenk-
lieh sein könne, wann man dermalen gegen so nahe Feinde mit öffent-
licher Herauslassung der erste zu sein an sich hielte, in Erinnerung, wie
übel es einem voriges Mal dabei ergangen, da man von allen Seiten
verlassen worden. Ja, dafern man sich auch von neuem angreifen und
eine wirklfche Resolution nehmen sollte, sähen sie nicht, wie man des
Rückens gesichert, da man zu glauben habe, da^ Haus Brannschweig sei
zum Theit mit Frankreich befangen. Frankreich verlange nur einen
»cbeinbareü Vorwand und die Gelegenheit mit dem Churfürsten zu
brechen und sei ausser allen Zweifel zu setzen, dafern es, bevor man in
genügsamer Bewaffnung stehe, vernehmen sollte, dass jemand für R K. M.
sich erklärt, es einen guten Theil der übrigen Mitglieder durch Forcht
und Hoffnung au sich bringen, die ali^o declarirte aber, in/,wischen man
weder von E'', K/M. noch dem Reich geschützet werden könne, uaver*
Stehens über einen Haufen gerennet werden würden, zamalen auch ins-
gemein geglaubt werden müsse, dass die Reichsglieder schwerlich mehr
also, wie in der vergangenen Zeitj für E. K. M. würden können unter eine
Meinung gebracht werden. Er, Fuchs, wolle dasienige, so er mir
für ungefähr drei Wochen in der ersten Ansprach allein von weitem
zu vcrslehen gegeben, nunmehr deutlich zu eröffnen keinen Verschub
mehr brauchen; nemltch es werde der Churfürst durch den französi-
schen Abgesandten') vermö(^ eingereichten memorialis auch raündtichen
Vortrags, theils mit promissis sich auf diesen Frieden still und
ruhig (zn) halten, theils aber und auf den Fall man gegen ihne Liga
suchen sollte mit Drohungen und insgemein unter so stattlichen motivia
und rationibus zu einer Defonsivallianz eingeladen, daas ob^war der Chur-
fürst sich bestmöglichst zu enLschütten der beständigen festen Resolution
verharreten, man dannoch sieb leicht einbilden könne, wie dero dabei
zu Muth sein müsse, da unter andern sie sich tn keinerlei Weis gegen
iemand in dem geringsten, worab Frankreich nur einen Verdacht schöpfen
möchte, heraus lassen dörfe^ äolang sie sich nicht anderwiirtshero ge-
schuUet sehen würde ^). Mit Engel I and das Werk an:&ugreifen, da äolcbe»
^ Reben ac.
^) Für die frnnzüsi ach -brandenburgischen Beziehungen Pnf. l c- XV HL 7;
Drajsen 1. c. UK| 7091
59*
932 VIII. Erste Mission des Grafen Job. Philipp Lamberg. Feb. 1680— Feb. 1682.
durch seine Abgesandte aller Orten gar za viel Eund gemacht, dass die
angetragene Allianz auf Frankreich angesehen, wurde anders nichts sein,
als diesem mächtigen König ein wohlbefugtes Ombrage zu machen,
welches zwar Elector nicht achten würden, dafern nur auf Engelland ein
sicherer Grund zu bauen stände, welchem König aber, wann es ihme
Ernst damit wäre, dergleichen Allianz zu seinem gerühmten Zweck
nicht nöthig fallen würden, allermassen, wann er mit dem Parlament
sich in gutes Vernehmen gesetzt, ihme sein Reich mit Kräften genug an
die Hand gehen würde denen Franzosen entweder durch die wirkliche
Gegenwehr oder deren Vorzeigung den Kopf zu bieten und das Umsich-
greifen einzustellen. Und aus eben der Ursach seien zu angeführter
Vereinigung mit dem Parlament die auswärtige Allianz im wenigsten
erfordert, als deren Concurs England zu seinem Zweck gar nicht be-
dürftig sein würde. Der Abgesandte^) könne zwar ganz aufrichtige Ge-
danken und Meinung fähren, seie aber nichts neues, wann man fremden
Gewalten etwas scheinliches färbilden wolle, man dessen vorderst seine
eigene ministros als instrumenta berede, an deren Wort man nachmal
nicht wolle gebunden sein; lasse sich also in dergleichen Fall nicht
sehen, an wen man sich nachmal zu halten hätte. Es sei auch der Ur-
sachen sehr bedenklich sich mit Engelland verbindlich zu machen, weilen
der König dermal mehr als jemalen von des Prinzen York') consiliis
gubernirt werde. Lauderdale, Madame Levcland und Buckingham seien
eine Kett*), deren einiges Ziel dahin gerichtet, den Prinzen York mit
Hilfe des Königs in Frankreich zum Königreich zu bringen. Da ich
hingegen versetzte, solches laufe dem französischen Interesse schnurgerad
zuwider, als welches nicht geschehen könne, es sei dann vorher das Par-
lament zu Boden geworfen, bedeutete er, dass Frankreich es zweifelsohn
dahin nicht werde gelangen lassen; inmittelst aber mit dergleichen Zu-
sagen besagten Prinz York amusiren und dahin zu fähren trachte, damit
selbig Königreich in Uneinigkeit zerfalle und Frankreich um so viel mehr
wider das Reich zu operiren Luft habe. Ich stellte ihm für, Holland
würde ja die angetragene Defensivallianz nicht so standhaft ausgeschlagen
haben, dafern es sich nicht des Rückens als Engelland versichert wüsste.
^) Southwell.
^ Jakob, der nachfolgende König Jakob IL; für diese Verbältnisse Ranke, Engl.
Gescb. Y. 270ff.; Macaulay History of Kngland Taucbnitz Edition I 244 ff. und Klopp
Onno, Der Fall des Hauses Stuart II. 237 ff.
^ Lauderdale und Buckingham, Minister Karl IL; vergl. Macaulay I.e. 1.210;
Klopp 1. c. II. 250.
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ünterreduDg Lambergs mit Fuchs, Jena und Meinders. 933
Er aber antwortete, solche ergangene Resolution, welche durch des Prinzen
von Oranien Faction gleichsam erpresset und abgedrucket worden, wurde
sich mit der Zeit noch genugsam bereuen lassen und sei gar zu klar,
dass Friesland und Groningen, ja auch Amsterdam keinerlei Wege ein-
willigen wollen. Zum Schloss betont Fachs nochmals, Elector werde
sich sicherlich mit Frankreich in Bündnus nicht einlassen, ja er sei der
Meinung, dafalls E. K. M. eine wirkliche Armee von 30—40000 Mann
in's Feld stellen könnte, alsdann vielleicht mancher Churfurst freier
sprechen würde. Er wolle mich indessen auch versichert haben, der
Churfurst mache Anstalt bei seiner Kammer, damit er künftig allzeit
aaf allen Erforderungsfall 15000 Mann frei in das Feld stellen und als
einen perpetuum militem halten könne; habe aber dermalen von 15 bis
20000 wirklich auf den Beinen :| Meinders theilt dem Lamberg fast
mit denselben Worten die Lage der Dinge mit.
Jena, der den Lamberg besucht, berichtet gleichfalls im Sinne der übrigen
Räthe über des Kurfürsten Haltung, über die ihm im letzten Kriege zugefügten
Beleidigungen und betont, wie ungerecht es sei vom Kurfürsten zu fordern, dass
er als erster sich ofifen gegen Frankreich erkläre. Auf England und Holland
könne der Kurfürst nicht rechnen. Von einem persönlichen Erscheinen Friedrich
Wilhelms auf einer Versammlung zur Ordnung der allgemeinen Angelegenheiten,
deren Lamberg Erwähnung thut, erklärt Jena, sei bei der Krankheit des Kur-
fürsten keine Rede, wohl aber von Abordnung einer Gesandtschaft.
Ans welchem allem dann E. K. M. ohne mein allerunterthänigstes
Anfuhren zweifelsohn von selbsten allergnädigst absehen werden, dass
dieser Churfurst und dessen ministri mit deroselben beizutreten und sich
zu erklären noch wohl zu vermögen wären, dafern nur erkleckliche Mittel
furhanden selbige gegen die auswendige grosse Macht sowohl, auch deren
benachbarten führende Anschlag und consilia eines zuverlässlichen
Schutzes zu versichern.
Bevor noch Jena sich von Lamberg beurlaubte kam der englische Gesandte
Southwell und berichtete, wie wenig Hoffnung auf Erfolg er bei dem überaus
mistranisch gewordenen Kurfürsten habe; er sehe, dass der Kurfürst die eng-
lische Allianz nicht wünsche und zweifle nicht, dass er alsbald werde abbe-
rufen werden. Femer berichtet Southwell von den Bemühungen Frankreichs
bei Dänemark, um dieses gegen das Reich aufzubringen und von den Ver-
sprechungen, die es dafür mache; insbesondere ködere es Dänemark mit der
Erwerbung Hamburgs. Da nun der kaiserliche Resident Rondeck ') aus Hamburg
von der Furcht der Bewohner vor dem Anmärsche dänischer Truppen meldete,
^y Ueber die Beziehungen Hamburgs zum Kaiserbofe in dieser Zeit Gallois, L G.,
Geschichte der Stadt Hamburg 1853 Bd. L 466 f. und H. Iff.
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welche ihm aber alle versicherten, dass Hamburg von Dänemark nichts zu be-
fürchten habe.
Lamberg an den Kaiser. Dat. Berlin 19. Mai 1680. (Or.)
[Unterredung Lamberts mit dem Kurfürsten über dessen Erscheinen in Regensburg.
Geringe Aussicht auf Erfolg. Verhandlungen über dieselbe Angelegenheit mit den
kurfürstlichen Räthen und mit der Eurfürstin. Schriftliche Erklärungen Lambergs in
dieser Frage an den Kurfürsten; dessen Antwort Meinung Lambergs über die
zögernde Haltung des Kurfürsten.]
19. Mai. Lamberg hat dem Befehle des Kaisers entsprechend den Kurfürsten von
dem Plane des Kaisers mit den Kurfürsten gemeinsam über den punctum securi-
tatls publicae zu verhandeln in Kenntnis gesetzt und ihn um sein personliches
. Erscheinen ersucht s). Ueber welche ihro unversehene Proposition und
deren nait inehrem beschehene Ausführung, an I^ Ch. D. ich merkliche
Veränderung des Angesichts und der Färb wahrzunehmen gehabt, welche
auch darauf wie vormals mehr und fast alle Zeit, wann keine erheb-
liche replicae beifallen wollen, eingewendet, wann der spöttliche Fried
nicht wäre gemacht worden, es solcher Sorg nicht nöthig gewesen sein
würde. Es sei mein Anbringen ein Werk von grossem Nachdenken,
ihro daher mit deren Räthen zu überlegen. Und da ich um desto deut-
licher Beantwortung willen meinen Vortrag punctatim erneuern wollte,
wurde der Churfürst zu der Tafel berufen und in dem dahin verfügen
klagte er über die ungewöhnliche gleich damal erst empfundene Schmerzen
im Rücken und Knien, meldend, dass ihme die mcdici eine Cur an die
Hand gegeben, um deren und selbigen seiner Leibsbehaftungen willen er
die vorgehabte Reis nach Pommern einstellen müssen. Aus welchen
praemissis ich dann den Schluss bei mir selbst machte, dass nach der
Tafel die negativa, sich wie vor auf die beschwerliche Unpässlichkeiten
fundirend, erfolgen würde.
Auf .vieles Zureden Lambergs entschliesst sich der Kurfürst mit seinen
Räthen Jena, Meinders und Fuchs über Lambergs Anbringen zn berathen.
Diese Käthe meinen, man möge von Lamberg eine schriftliche Eingabe fordern.
Lamberg sucht die Kurfürstin zur Unterstützung des kaiserlichen Begehrens der
persönlichen Reise des Kurfürsten zu bewegen, was ihm auch endlich gelingt.
Die schriftliche Erklärung hat er abgefasst und dem nach Berlin zurückgekehrten
*) Bodo V. Gladebeck; vergl. Isaacsohn 1. c. II. 184; Klaproth 1. c. 366.
2) Thomas Knesebeck; vergl. Klaproth 1. c. 364.
») Vergl. Puf. 1. c. XVIIL 5.
r
Unterrediingeii Lamben^s mit dem Karfärsten ober die Regensb. Versammlting. 935
Knrförsten übergeben '), der daraaf nicht geantwortet hat, sondern nnr die Be-
merkang fallen Hess, wanim der Kaiser des Kurfärsten Vorschlag nicht gebilligt
habe, dass nemlich EL E. M., wie auch Chur-Baiom und Sachsen und sie
sich jedes Orts particularirter in Waffen setzen sollten, damit wann Frank-
reich wegen solchen Congresses etwan Jalousie und Ressentiment fassen
würde, man nicht mit Gefahr einer gänzlichen über einen Haufen Werfung
des gesammten romischen Reichs ohne Gegenwehr und blos stunde.
Dann betonte auch der Kurfürst seine Unpässlichkeit.
Bei solchem allem und sonsten anderem ist mir unschwerlich ab-
zonehmen gewesen, dass ein und andere mit Geld gewunnene ministri
demselben sich einig und allein bei der Neutralität zu halten und das
Werk zu keiner öffentlicher endlicher Erklärung kommen zu lassen ein-
rathen, wodurch Frankreich dann so viel zuwachset, dass, wann gleich
sie den Chnrfürsten zu keiner Allianz bewegen können, dannoch anderen
Churfärsten und mächtigern Ständen im römischen Reich der Muth etwas
rechtschaffenes zu resolviren benommen wird, in Erwägung der mächtigste
von ihnen sich desfalls aus der Schlingen ziehe.
Lamberg an den Kaiser. Dat Berlin 26. Mai 1680. (Or.)
[Verhandlungen des Kurfärsten mit South well. Antwort des Kurfärsten auf den
Antrag Lambergs bezüglich der Reicbssecuritat Urtheil Lambergs ober dieselbe.
Des Kurfärsten von der Pfalz neuerliche Heirath. Anhalts Ansichten über Branden-
burgs Haltung bei einein Einfalle Frankreichs in Italien.]
Der englische Gesandte übergibt Lamberg Abschriften der von ihm dem 26. Hai.
Karfarsten äbergebenen Proposition wegen Emenemng des im Jahre 1671 zn
Ende gegangenen englisch-brandenbnrgischen Bündnisses vem Jahre 1661 '), so-
wie der Antwort des Kurfürsten, welche höflich aber ablehnend ist'). South-
well gibt jede Hofifnong auf, jetzt beim Karfürsten etwas durchzusetzen und
will bald ahreisen^). Lamberg spricht ihm zu, er möge noch einige Zeit ver-
weilen.
Hienechst habe die geheime Nachricht erhalten, dass meine sub
copia mitkommende und um mehrer Secretirung willen dem Churfürsten
unter eigenhändiger Verfassung eingereichte Proposition ^) dannoch in
') Puf. 1. c. XVIII. 5; vergl. auch weiter unten.
^ Memorial d. d. Berlin 5. Mai 1680; Inhalt bei Puf. 1. c. XVIII. 3; die Allianz
vom 20. Juli 1661 war auf 10 Jahre geschlossen. Puf. I. c IX. 27; Mömer 1. c 254 ff.
>) Antwort des Kurfürsten d. d. 11./21. Mai 1680. Inhalt bei Puf. 1. c XYUI. 4.
*) Vergl. Klopp, Der Fall etc. II. 252.
^ Die Proposition wurde am 18. Mai übergeben und enthielt die Aufforderung
an den Kurfürsten, zur Berathung über die Sicherung des Reiches gegen Frankreichs
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der Churfürst bei so hoch anwachsender Gefahr sich doch verlässlich
declariren möchte, gelanget, er mit diesen Formalien ausgebrochen:
Ständen Kaiser und ich noch wie vorhin in wehrendem Kriege, so wollten
wir dem Franzosen jetzund den Tüffel zeigen. Auf welche Wort obser-
virt worden, dass die Räthe Jena und Meinders *) stark erröthet. üner-
achtet ich auch sonst den Churfürsten und dessen Räthe in viele Weg
zu versichern gesucht, dass E. K. M. jeden erforderenden Falls sich annoch
im Stand befänden 40 000 Mann in das Feld zu stellen, will solches dan-
noch bei fortanhaltender Unruhe in Ungarn und eingebrochener Schwierig-
keit der Bauren keines Orts etwas verfangen, noch genügsame Beglau-
bigung finden. Bei Ablesung gedachten meines schriftlichen Vortrags
haben sowohl der Churfürst als Jena im geheimen Rath sich clare ver-
nehmen lassen^ es sei alles angebrachte dem wahren Verhalten gemäss
und sonsten nicht zu widersprechen, die Conjuncturen aber litten nicht
sich mit einer völligen Erklärung herauszulassen und vernehme ich femer,
Jena habe auch sonsten sich verlauten lassen, dafern der Churfürst sich
anietzo declarirte, würde an E^ K. M. Hofe man sich dessen pro medio
bedienen wollen andere Chur- und Fürsten damit zu animiren, mit deme
das secretum in die Weite gerathen, des Churfürsten Intention bios-
gegeben ^ selbiger der Gefahr ausgesetzet und dannenhero grosse Unge-
legenheiten zugezogen werden. Es hat femerweitig auf den in meinem
Vortrag eingebrachten Puncten, dass bei einer persönlichen Zusammen-
tretung man suchen würde S*". Ch. D. mögliche Vergnügung zu verschaffen,
eben besagter Jena angeführet, es würde damit bewandt sein, wie mit
Vorgeben sich personlich einzufinden und dem Kaiser zu rathen, wo und wann die
Versammlung abzuhalten und welche Reichsfnrsten zu derselben einzuladen wären.
Der Kaiser ist der Ansicht, dass auf dieser Versammlung vorerst der punctus securi-
tatis publicae vorgenommen werden soll; doch ist er auch bereit, die Fragen der
Beendigung des Reichstages und die Mnnzangele^enheit daselbst zur Sprache zu
bringen. Die Rücksicht auf Frankreich dürfe den Kurfürsten nicht abhalten zu er-
scheinen, da ja einige von Frankreich näher bedrohte Stände sich mit der Versamm-
lung bereits einverstanden erklärt haben und andererseits eine solche Versammlung
allein die Hoffnung auf eine entsprechende Rüstung gewähre. Auf Frankreichs Frie-
densbetheuerungen aber sei kein Verlass. Der Kaiser hofft daher, dass der Kurfürst,
der trotz seiner Krankheit mehrere Jahre hindurch seine Armee persönlich comman-
dirt habe, auch diesmal sich als Held zeigen und persönlich erscheinen werde. Vergl.
Puf. 1. c. XVIII. 5.
') A = Menarts.
Ansicht Lambergs von Braodenburgs voraussichüicher Haltung. Verhandl. etc. 937
dem bei dem Prager Congress aono 1652 bescbehenem Versprechen *),
da heroachmals auf EöDigs Ferdinandi IV. mildester Gedächtnus erfolgte
Wahl ood Krönung für den Churforst noch wegen Jägemdorf, noch in
anderem, einige Satisfaction gesehen worden.
Bisher hat Lamberg noch nicht vom Kurfürsten erfahren können, ob der-
selbe geneigt ist, Kurbaiem wegen des Congresses und zur Beförderung puncti
secoritatis so anzueifem, wie Kursachsen es gethan.
Vorgestern Morgens zwischen 8—9 Uhren ist mir durch einen ge-
heimen Secretarium auf meine eingegebene oftermelte Proposition die allhie
in original! gehorsamst beigefügte, zwar von dem Rath Jena mit wenig
oder keinem einigen sonst gewöhnlichen Reverential- und Submissions-
termino versehene chnrfurstliche Antwort erfolget') und obzwar selbige
sich nicht eben auf alle meinen Puncten specialiter extendiret, berührt
sich doch in specie die Substanz insoweit, dass S. Ch. D. dermalen, wie
matmassenlich auch fürohin, zu einer persönlichen Zusammenkunft schwer-
Ueber die Verbandlangen zn Prag Urk. n. Act IV. 915 ff.; Erdmannsdörffer
Waldeck 93f.
>) Das Original dieser Antwort d.d. Colin a. d. Sp. 13./23. Mai 1680 liefet bei.
Der wesentliche Inhalt lautet: Der öble Zustand des deutschen Reichs seit dem Ab-
schlüsse des nimwegischen Friedens ist nicht zu leugnen. Der Kurfürst mochte dem
Kaiser gerne rathen, wie eine Besserung zu erzielen; da er aber bedenkt, was für
einen schlechten Ausgang die Sache genommen habe, als das ganze Reich in bester
Lage sich befunden, muss er Anstand nehmen jetzt etwas zu sagen, wo die Deutschen
nicht geröstet, Frankreich aber an den Grenzen gerüstet und zum Kampf bereit stehe.
Ob die vom Kaiser gewünschte Versammlung dem Reiche die nöthige Sicherheit bringen
werde, wird der Erfolg zeigen; dass Frankreich etwas gegen die Versammlung haben
werde, so lange dieselbe über des Reiches Wohlfahrt und Ruhe berathe, bezweifle er.
„Soviel Ir. Ch. D. wissend, gebe Frankreich für, dass dasienige, was es thäte, demselbigen
aus denen Friedenschlüssen gebührete und würde es dahero vor allen Dingen auf eine
Untersuchung und auf den Verstand und Interpretation dieser Schlüsse ankommen.*'
Mit einer Versammlung in Regensburg oder in einer anderen Stadt ist der Kurfürst ganz
einverstanden. »Wann auch l'. Ch. D. Zustand also beschaffen, so wollten sie sich
gleichfalls an beliebten Ort und auf gesetzte Zeit einfinden; dieweil aber bekannt,
wie sie sich befindeten und dass die Beschwerungen mit denen Jahren nicht ab- sondern
zunehmen, so wurden I. K. M. sie wohl entschuldiget halten ; sie erboten sich jedennoch
dahin die Ihrigen abzuschicken und dem heiligen römischen Reich ihren Rath nicht
zu entziehen. ... I. K. M. möchten versichert sein, dass I. Ch. D. sich von dem Reich
zu separiren oder zu trennen nicht begehrten. I. Ch. D. lebeten der Hoffnung, es
würden 1. K. M. in Frankreich, wann deroselbigen alles mit gehörigen Umständen vor-
gestellet, sich nach dero weltbekannten Generosität dergestalt erklären, wie es recht
wäre, die Friedenschlüsse es erforderten und wie es mit derselbigen Gloire und ver-
sicherten Intention, die Christenheit in Ruhe und Friede %u lassen und zu erhalten,
übereinkäme und allerdings gemäss wäre**. Vergl. Puf. 1. c. XVIII. 5.
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938 VIII. Erste Mission des Grafen Job. Philipp Lamberg. Feb. 1680— Feh. 168 •
lieh sich bequemen, sondern durch ihre ministros erscheinen wurden. E^i
wird auch vorgehende meine allerunterthänigste Relation mit mehrerm
ergeben haben, dass die vornehmste ministri den Churfursten gleichsam
in der Neutralität und dahin zu halten suchen, damit, wie selbiger sich
auch mehrmalen mündlich gegen mich expliciret, er in nichten der erste
sich erklären möge.
Was sonsten der Churfürst öfters von sich zu vernehmen gegeben,
er warne gleichsam E. K. M. um mit der Krön Engelland sehr behutsam-
lieh umzugehen, solches will mich fast bedunken, und zwar aus unter-
schiedlichen Umständen, es seie nur zum Vorblatt angesehen, um äusser-
lich durch solche angemasste Beisorg auch sein Verfahren zu iustificiren,
da er doch vielmehr im innerlichen verlangen mag , dass E. K. M., die
Krön Spanien, wie auch die Generalstaaten mit Engelland eintreten und
schliessen, er, der Churfürst, aber dadurch seine Mesures nachmal ausser
der Gefahr desto gewisser zu nehmen die Gelegenheit habe. Im übrigen
wird der Buchstab mehrgedaehter Antwort darlegen sie sei dergestalt
auf Schrauben gesetzet und verfasst, dass man kecklich sie an Frank-
reich zeigen und ein oder ander solcher Partei anhängiger churfarst-
licher Minister sich noch dadurch bei selbiger Krön ein meritum machen
möchte . . .
Es hat mir sonst der Churfürst zu vernehmen gegeben, welcher-
massen Churheidelberg sich abermal und zwar mit einem Mägdlein ge-
meinen Stands trauen lassen^), anbei die Sachen dahin antrage, damit
auf den Fall der Churprinz ') ohne männliche Succession verfallen sollte,
sein aus deren von Degenfeld erzieleter ältister Sohn zu der Chur und
Pfalz gelangen möge, deme er auch zu solchem End die Gouvernementen
seiner Platz und mehr andere Gewalt eingeräumet haben und zu Behuf
und Mantenirung dessen allen französische Protection suchen solle*).
Von Fürst zu Anhalt habe auf beschehene Anfrag, im Fall der
König in Frankreich dieses Jahr das Reich unangegrifiFen lassen, seine
Waffen aber nach Italien wenden sollte, ob alsdann der Churfürst dazu
still sitzen und Frankreich zu seinem Vortheil agiren lassen wollte, dieses
in Antwort und engem Vertrauen erhalten, dass, da Frankreich seine
Conquesten ausser Reichs suchen würde und dabeneben dies Orts, um sich
neutral zu halten, Geld offeriren, er, der Fürst, selbsten der Meinung
Das Fräalein von Bernau. Vergl. Hänsser, Geschichte der Pfalz II. 686.
») Karl.
5) Vergl. Häusser 1. c. 684 ff.
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Des Kurforsten Erkl&rangen bezaglicb Englands. Southwell. 939
sein musste, es wurde der Churfiirst besser sich in selbige Krieg keines-
weges eiDmischen, soDdern in Ruhe zu verbleiben suchen.
Lamberg an den Kaiser. Dat Berlin 2. Juni 1680. (Or.)
[Unterredung Lambergs mit Anhalt aber die Lage der Dinge. Bemühungen Rebenacs.
Erklärungen Southwells über Englands yoraussicbtUches Vorgehen.]
Der Fürst von Anhalt bittet Lamberg, nicht offen mit ihm so viel za ver- 2. Juni,
kehren, weil das ihm schaden und dem Kaiser nichts nützen könne. Im
geheimen wolle er für Gestenreich thätig sein, habe den Kurfürsten auch
gesprochen, aber fest gefunden, dass ohne Realität, in specie ohne eine
Verfassung an Seiten E^ K. M. . . . ein mehrers verlässliches, als was von
ihme bereit geschehen, nicht zu gewarten sein werde. Es gehe auch
der Ruf, dass mit E^ K. M. Particularinstruction der Markgraf von Baden
in kurzem sich allhie einfinden wurde'). Wofern aber selbiger nicht
Realitäten mit sich bringe, wollte er, Fürst von Anhalt, nicht dazu ein-
gerathen haben, weilen man es nur für Amüsements ansehen und auf-
nehmen würde. Wohl aber gelangten E^ E. M. anietzo zweifelsohne
baare Mittel und damit die Commodität in die Hände wegen Jägern-
dorf etwas wirkliches zu demonstriren, so den Churfürsten zu einer ver-
länglichen Erklärung grösslich animiren würde. Der französische Gesandte
gibt dem Kurfürsten gute Versprechen für den Fall, dass er sich nicht mit an-
dern Mächten verbinde. Der englische Gesandte erklärt dem Grafen Lamberg,
weilen hiesiger Hof die offerirte Zusammensetzung und Allianz nicht
amplectiren wollen, nach dessen Exempel auch von denen andern Reichs-
fürsten sich desfalls nichts zuverlässig und verlängliches zu versprechen
sei, als hätte Engelland resolviret die Mesures seiner Sicherheit in parti-
culari und für sich selbst zu nehmen, welches um so viel leichter und
fürdersamer geschehen werde, weilen sich nunmehr daselbst alles zu
einer vollkommener erwünschten Einigkeit schicke und anlasse.
Markgraf Herrmann von Baden kam in der Tbat bald darauf nach Berlin.
Für seine Mission daselbst Puf. 1. c. XVlll. 6.
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i^uiijuci^ üu ucii rvciiuci. um, i3t;riiii v. oixni lvov. \yJi'J
[Unterredung Lambergs mit dem Kurfürsten über die allgemeine Lage. Des letzteren
Betheuerung nach keiner Seite hin gebunden zu sein. Gute Erklärungen des ban-
noveranischen Vertreters Schmidt. Ansicht der brandenburgischen Räthe über die
Zweckmässigkeit der Beilegung der jägemdorfischen Differenz.]
0. Juni. In der Streitfrage zwischen Brandenburg und Braunschweig bezuglich
Borkums erklärt der Kurfürst mit dem Rechtswege einverstanden zu sein,
nur bitte er, dass mit Rücksicht auf die Verhältnisse nicht die Justiz etwan
der Politika Platz mache. Da Lamberg den Kurfürsten in guter Stimmung
findet, bringt er den Discurs auf die gegenwärtige Lage, thut auch der
Friedenscontraventionen Frankreichs Erwähnung *). Ich habe wohl ab-
nehmen können, dass dieselbe sich so gut ia fast besser als dies-
seiten von solchem allem informirt hielten und die französische Un-
befugnus erkennten; wüssten sich aber ohne Gefahrbesorgung dero ia des
allgemeinen gänzlichen Untergangs nicht also zu resolviren, wie sie
sonsten zu thun sich erzeigten, dafern dasjenige zu Werk gerichtet wäre,
was sie bereit mehrmalen an die Hand gejjeben und man in einer Postur
stünde, worinnen man sich ohne so augenscheinliche Gefahr declariren
könnte. Ich nähme dannenhero Anlass etwas freier doch mit gebühr-
lichem Rospect meine Gedanken fürbrechen zu lassen, dass nemlich
allem Ansehen nach die so hoch erwünschte Declaration an Seiten des
Churfürsten für den Tag nicht ehe kommen würde, bis die für Pommern
von Frankreich versprochene 300 000 Reichsthaler in Sicherheit ge-
bracht'), worauf der Churfürst unverlangt widersetzet: Er sei an 300000
Reichsthalcr nicht gebunden, wüsste sich auch auf allen Fall deren zum
Theil zu erholen, allermassen des französischen Residentens zu Hamburg
Sohn, Baron de Bidal, von dem General Derfflinger in den Ländern über
der Oder eine Herrschaft gekauft, die ihme, Herrn Churfürsten, bei Zu-
rückbieibung der versprochenen Gelder an Abschlag an der Hand sein
würde; Bidal aber sich zu Paris könne indemnisiren lassen. Wie deme
allem, so sage er, Herr Churfürst, noch und abermal, versicherend und
betheurend, er seie weder mit Frankreich noch anderwärts engagirt, son-
dern allerdings frei und ungebunden und werde sich vom Reich nicht
trennen. Der hier anwesende hannoveranische Gesandte, Schmidt, gibt Lam-
berg die Versicherung, dass das ganze braunschwcigische Haus die besten Ge-
sinnungen hege und dem Kaiser, wenn er sich in Waffen setzen wollte, gerne
^) Vergl. die Erklärungen des Kaisers an das Reich bei Pachner von Eggenstorff
1. c. II. 242 ff. u. a. 0.; Londorp XI 45 ff.; Diarium XLIV. 86 ff.
^ Nach dem Vertrage von St. Germain en Laye; Morner 1. c. 411.
Unterredung Lambergs mit dem Kurförsten. Jägerndorf. Allianz mit England. 941
folgen wurde. Mehrere brandenburgische Minister machen Lamberg darauf
aufmerksam, wie nützlich die Beilegung der jägemdorfischen Streitfrage den
allgemeinen Verhältnissen werden könnte.
Lamberg an den Kaiser. Dat. Berlin 19. Juni 1680. (Or.)
[Des Kurfürsten abiebnendes Yerbalten bezüglich einer Allianz der Reicbsstände mit
England.]
Dem kaiserlichen Befehle entsprechend hat Lamberg dem Kurfürsten die 19.Jani.
Eroffnang von einer kaiserlichen nach Engellaod vermeinten Schickung
gethan^) und als der Herr Churförst darüber bei seinem mehrmaligen
Erinnern sich mit selbiger Krön nicht zu praecipitiren bestanden, ich
aber dieienige Grund, so E^ K. M. Befelchschreiben mir an die Hand ge-
geben, . • . mit mehrerm eingewendet, beriefe sich der Churfürst nochmal
auf die Prorogation des Parlaments'), welche mit des Königs in Engel-
land angerühmter guter Intention allerdings nicht einstimme; ich aber
versetzte, E'. K. M. Vorhaben sei eben nicht so gar eilig fortzuschreiten;
auch wann gleich endlich solche Allianz dem Reich nicht fruchten, sie
wenigst auch nicht schaden und selbiges gleichwohl sich eigener behöriger
Schntzung zu bedienen haben wurde, auch zu Benehnrang so hoch be-
sorgter Jalousie bei Frankreich das foedus gegen niemand specialiter be-
namten, sondern in genere als eine Defensivallianz eingerichtet werden
könnte; verbliebe der Herr Churfürst darauf, dass bei allen solchen
Umstanden es danooch sicherer wäre, bis das Reich in Verfassung stünde,
noch etwas innen zu halten.
Lamberg an den Kaiser. Dat. Berlin 19. Jnni 1680. (Ant.)
[Friedrich Wilhelms Ansicht von dem Plane Dänemarks gegen Lübeck und über die
Politik Englands. Beriebt des Kurfürsten über seine Unterredung mit Rebenac wegen
des gesetzwidrigen Vorgebens Frankreichs im Elsass und am Rhein. Vorsichtsmass-
regeln, welche der Korfarst für die Anwesenheit des Markgrafen von Baden in Berlin
▼orschlägt]
Aus allerunterthänigster devotion sowohl, als S'. Ch. D. absonder- 19. Juni,
liehen ersuchen, finde mich gehalten folgendes £^ K. M. a parte aller-
unterthänigst zu hinderbringen. Er, Herr Churfürst, habe die gehaimbe
sichere nachricht, die dänische demarches seyen angesehen auf die Reichs
Statt Lübek, welches gleichwie es so wänig zu E^ E. M. als sein Chur-
') Gemeint war der Graf Franz Sigismund Thun; Klopp 1. c. II. 253 ff.
^ Das Parlament war am 27. Mai 1679 prorogirt worden. Ranke 1. c. V. 256.
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felch anlangen, wesen Er sich solchen fahls würde zu verhalten haben.
Die Englische negotia betrefend, habe ihne der Conte de Rebenac ein
originalschreiben eines Ministri zu Paris in cifris aber mit obstehender
decifrirung lesen lasen, inhalts; das band zwischen denen Königen in
Frankreich und Engelland seye noch von solchen krefften, dass kein aus-
ländischer Minister solches schwächen oder den könig zu beruefung des
Parlaments bringen würde. Er, Churfürst, halte den Rebenac nicht ca-
pace solches schreiben aus einer politischen finesse erdicht zu haben
und ob mann^ wie ich anführte, glauben wolte, es seye solche finesse zu
Paris geschmidet, so stelle Er alles diseitiger willchur anhaim; schlose
aber mit disen worten: Herr Graf, Ihr werdet sehen, wie Ihr mit Eng-
land fahret, gedenket an meine red, wann kein Parlament wird zusam-
men beruefen sein*). Es vermeldet der H. Churfürst dess ferneren: Er
habe gegen mehr erwehnten Rebenac wegen dess französischen verfahren
im Elsas und an dem Rhein sich beschweret und deutlich erkläret, der
könig mache sich in seinem unbillichen verfahren zum kläger und
richtern, gehe in allem via facti; werde aber der geringste stand dess
Reichs darüber umb seine libertät gebracht, so ziehe solche die Seinige
nach sich, dahero Er gezwungen sein würde, dazu (zu) thun; warauf Re-
benac versezet. Er gestehe, dass Er seines königs demarches disfahls
nicht zu verthättigen wise; Es rühre aber alles von dem Louvois her,
gegen welchen beede Colbert') und andere eine faction formirt, ihne zu
ruiniren. Er vertrawe solches ihme, Churfürsten, als eine sacb, warauf
sein, Rebenac, leib und leben stehe, jedoch seye aus tragender devotion
gegen E. K. M. Er, Churfürst, bewogen worden, deroselben es durch mich
gegenwertig zukommen zu lasen. Bey discurirung über dess Margrafen
von Baaden ankunfft und negotiation fiele der Berr Churfürst von selbsten
auf die gedanken, umb Frankreich keine Jalousie zu machen werde
nöthig sein dem werk einen euserlichen praetext zu geben, warzoe Er
nichts tauglichers finde, als den mit der Ottomannischen Porten allge-
mach zu end lauffenden stillstand, als wardurch E. E. M. bewogen seyen
sich wider allen Türkischen anfall umb hülff bey denen Standen umb
zu thuen. Desswegen Er auch auf dess Rebenac unfehlbahres anfragen,
Diese Stelle abgedruckt bei Klopp, 0., Geschichte des Falles des Hauses
Stuart II. B. Anhang 472. Vergl. eb. 249 ff.
^ Der berühmte Finanzminister Jean Baptiste Colbert und sein Bruder Colbert
de Croissy, seit 1679 Minister der auswärtigen Angelegenheiten.
Des Kurf. Verhaudlungen mit R^benac. Markgraf von Baden. 943
was dess H°. Margrafen anherokunfft bedeutet oder nach sich ziehe^
schärzweis zu verstehen geben will, dass hochermelter eine Carta bianca
allbeliebiges mit dem Churfürsten einzugehen mit sich bringe, bey
weitem dessen anhalten aber wolle Er solchen den erstangeführten Tür-
kischen praetext anhenken; ia Es würde vileicht nicht auser weeg sein,
dafem E. K. M. bey dem König in Frankreich umb eine dergleichen
assistenz wnrklich negotiren liese, umb selbigen dardurch zu amusiren.
Im übrigen aber bezeugte Er, Herr Churfürst, wie sonderbahr Er vor
gatt befinde, dass E. K. M. durch ermelten Margrafen das vorhabende
werk bey denen Standen treiben läse; mann solle nur fortfahren und das
Reich unter der band in verfasung bringen, damit ein jeder sich nach
seinem vermögen in postur seze und wann das simplum nicht erkläkich,
werde mann nachmahl leichtlich zu dem duplo gelangen können. Er seines
orts stehe berait mit 15 000 man alle augenblük anzuziehen und da der
zustand dess Reichs ein anderes erforderet, sich demselben in allweeg
zu proportioniren und zu dem gemainen Interesse alles bey zu tragen,
was die möglichkeit zutragen würde. Bey volendung dises discurs aber
ist Er, Churfürst, auf seine an Jagemdorff hafftende praetension gefallen,
warnber Er wohl dermahleneins ainige satisfaction zu sehen verhoffte')...
Lamberg an den Kaiser. Dat. Berlin 23. Juni 1680. (Or.)
[Ankunft des Markgrafen von Baden. Soatbwell bittet um Fortsetzung der Verhand-
lungen des Kaisers mit dem Könige von England.]
Ceremonialfragen verzögern die Verbandlungen des hier eingetroffenen Mark. 23. Juni,
grafen von Baden >).
Der englische Gesandte bittet Lambeig dem Wiener Hofe zur Fortsetzung
der Verhandlungen mit dem englischen Konige zu rathen^). Lamberg hält die
Erklärungen desselben für aufrichtige.
1) Vergl. Puf. I. c XVIII. 8.
2) Vergl. Puf. 1. c. XVIII. 6.
*) üeber die österreichisch-englischen Beziehungen und die Gründe der Ver-
zögerung der Abreise Tbuns vergl. Klopp 1. c. 11. 266.
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944 VIII. Erste Mission des Grafen Job. Philipp Lamberg. Feb. 1680 — Feb. 1682.
Der Kaiser an Lamberg. Dat Pardubitz 26. Juni 1680.
(Conc.)
[Schilderung des feindseligen Vorgehens der Franzosen. Nothwendigkeit der Abwehr.
Forderung einer bestimmten Erklärung seitens Friedrich Wilhelms. Nachrichten über
England, Braunschweig, Münster. Reichstag; persönliches Erscheinen auf demselben.
Generalat. Streit mit Braunschweig bezüglich Borkums. Jägemdorf. Vorschlag einer
dänisch-brandenburgischen Allianz mit Einschluss des Kaisers.]
26. Juni. Nach dem Votum der Conferenz vom 21. Juni 1680 wird Lamberg vom
Kaiser aufgefordert, nach Danksagung für des Kurfürsten gute Erklärungen, fol-
gendes vorzubringen: Wasmassen zu wünschen gewesen wäre, das8 die
Eron Frankreich mit deme, was ihro der nim wegische Friedensschluss
eingeräumt, sich gütlich vergnügt und nicht, wie bekannt, sothanen Frie-
den so vielfaltig infringirt hätte, auch je länger, ie weiters um sich
greifen und die Stände des Reichs ohne einigen Respect auf Chur- und
Fürsten dergestalten eigenmächtig drücken thäte. Obwohln wir nun zu
diesem Ende die hiebevor von besagten Ständen eingelangte schwere
Klagen dem an unserem kaiserlichen Hof gewesten königlich-französi-
schen ministro Vitry schriftlich zustellen lassen, der gänzlichen Zu-
versicht, es würde gebührende Abheifung erfolgen, alles in Ruhestand
verbleiben und dasienige beobachtet werden, warzu selbige Eron in Eraft
vorberührten nimwegischen Friedenschlusses verbunden wird; so habe
aber ernannter Vitry sich mit deme, dass er zu Änhör- oder Annehmung
dieser Reichsgravaminum nicht befelcht seie, entschuldigt; auch ob er
schon endlichen solche angenommen und seinem Herrn eingeschickt, dan-
noch nachgehends vorgewendet, dass ihme darauf einige Antwort nicht
zukommen; nicht weniger werde man mit dem Verjus^) zu Regensburg
zusammenzutreten und dergleichen zu ahnden deswegen verhindert, dass
derselbe sich zu legitimiren unterlasse, benebens unserem nacher Paris
destinirten Abgesandten, dem Grafen von Mannsfeld, der Pass und Zutritt
an selbigen Hof unter immerwehrendem Vorwand der Contagion und
ungeachtet derselbe in 7 Wochen allbereit sich in einem ganz gesundem
Ort als Augsburg eingefunden und also den terminum der Quarantena
längstens erfüllet wider aller Völker Gewohnheit difficultirt, zweifelsohne
alles nur zu dem Ende, damit man diesseits an weiterer Remonstrirung
oberwähnter Beschwerden gehindert werde, des Eönigs L^*°. aber Zeit
gewinnen in ihren bisherigen sich täglich vermehrenden ohnbilligen 6e-
^) Louis de Verjus, Graf von Creci, der bekannte Gesandte Frankreichs in Ber-
lin, dann in Regensburg.
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Vorgeben zur Franzosen. Vorschläge der Abwehr. 945
waltthaten am so viel freier zu verfahren und die Thor zu gütlicher
Abhandlung allerdings zu sperren*); wie dann nicht aliein der Anschluss
zeigete auf was Weise in den churpfalzischen Landen ganz eigenthätig
verfahren wurde*), sondern anbei unterschiedlicher Orten, ia in Strass-
burg Selbsten^ geglaubet werden wolle, dass man französischerseits einen
Anschlag auf selbige Stadt habe und solche hinweg zu nehmen trachte,
bei welchem Erfolg der ganze obere Rheinstrom verloren gehen, die
negstgelegene Chur- und Fürsten sich unter französisches Joch ergeben
und selbiger Discretion leben müssten; demnach der Schluss leichtlich
zu machen seie, dass sie von diesem ihrem ambitiös- und unersättlichem
Vorhaben so schlechter Dingen abzuweichen gar nicht gemeint; wie wir
uns aber dabei unsers obhabenden kaiserlichen höchsten Amts und be-
schwomen Wahlcapitulation gar wohl erinnerten, also befindeten wir
auch, dass dem Werk also stillschweigend und . mit gebundenen Händen
länger zuzusehen fast unverantwortlich falle und hätten uns dannenhero
beständig entschlossen unsere vorhin auf den Beinen habende Mannschaft
dergestalten zu recrutiren und zu verstärken, dass wir einen ansehn-
lichen exercitum von 30—40000 Mann in's Feld zu stellen vermögen
wurden, nicht zwar in der Meinung dardurch zu einem neuen Krieg
Anlass zu geben, zumaln wir die Vergiessung so ohnschuldigen Christen-
bluts scbeueten, sondern blos und allein um sowohl das heilige römische
Reich bei seiner deutschen Libertät und Ruhestand gegen alle sich ab
Oriente oder occidente hervorthuende Feinde kräftiglich zu schützen, als
einen jeden getreuen Stand desselben bei dem Genuss mehrangezogenen
nimwegischen Friedensschlusses mit Nachdruck zu manuteniren. Wann
uns aber das Werk allein ohne anderwerte Beitretung anzugehen nicht
wohl zugemuthet werden könne, so setzten wir zu des Churfürsten von
Brandenburg L***". das feste Vertrauen, sie würden einiges weiteres Be-
denken nicht haben sich nunmehro positive zu erklären, was für eine
Anzahl Eriegsvolks sie auf den Nothfall hinzuzustossen gedächten, auch
wo und auf was für Zeit man sich der Coniunction zu versicheren habe.
Im übrigen wird dem Lamberg aufgetragen dem Brandenburger mitzatheilen,
dass Baiem sich schon zur Stellung von 4000 Mann zu Fnss und 1500 Mann
zu Pferd bereit erklärt habe und noch mehr verspricht und um Geheimhaltung
der ganzen Angelegenheit zu bitten. Ueberdies soll Lamberg den Kurfürsten
ersuchen, seine Rathschläge wegen Ordnung der Reichskriegsverhältnisse zu
') Vergl. Klopp 1. c. IL 324.
^ Vergl. H&osser 1. c. II. 639 ff. ; für die Klagen des Pfölzers an das Reich, Pachner
Ton Eggenstorff 1. c. II. 250ff.; Theatrum Europ. XII. 134ff.; Londorp I. c. XI. 66 ff.
Mater, s. G«tch. d. O. Karfüraten. XJV. 2. 00
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946 VIII. Erste Mission des Grafen Job. Philipp Lamberg. Feh. 1680— Feb. 1682.
geben, demselben Mittheilang von dem Allianzanerbieten Englands durch den Ver-
treter dieser Macht in Wien, Shelton, und von der beabsichtigten Sendung Thans
nach London machen <) und versichern, dass der Kaiser dem Kurfürsten von dem
Erfolge dieser Mission Kunde geben wolle. Können im übrigen nicht wohl ab-
sehen, warum des Königs in Engelland L^«"., wann selbige andersten mit
dem Parlament verglichen, (allermassen an uns dessentwegen von vor-
nehmen Orten unterschiedliche gute Versicherungen beständig einlaufen)
nicht zu trauen sein solle, sondern dienen uns die zwischen dir und
selbigem ministro') sowohl als dem fürstlich Braunschweig -Lünebur-
gischen vorgeloffene Discurs zu guter Nachricht. Dass der Bischof von
Münster 3) sich mit Frankreich in ein Bündnis einzulassen denke, dürfte nicht
richtig sein, da der Bischof dem Kaiser eine Allianz habe antragen lassen.
Der Kaiser hofft, Brandenburg werde sich auch ferner mit Frankreich in keine
Allianz einlassen.
Soviel die persönliche Zusammenkunft betrifft, müssen wir fast auch
der Meinung sein, wann man erst in rechter Postur stehe, dass man
alsdann auf dem Reichstag oder anderer Orten desto sicherer erscheinen
und freier votiren könne, warüber wir uns nach unserer Ankunft zu Linz
eines weiteren entschliessen wollen und wäre inmittelst zu melden, weiln
wir mit Chur- und Fürsten zusammen zu kommen verlangten, theils aber
in Betrachtung der französischen Bedrohungen oder der Contagion hal-
ber*) zu erscheinen abgehalten werden dörften, dass der Zeit das Werk
noch etwas Anstand leiden müsste, gleichwohln dahin zu gedenken seie,
dass nicht etwan unterdessen der Reichstag aufgebebt, sondern offen und
die Stände bei einander gehalten . . . würden, damit man auf erheischen-
den Nothfall daselbst den punctum securitatis publicae anzugreifen und,
wo möglich, in einen verlässlichen Stand einzurichten nicht gehindert
werde. Sollte dann von P. L***°. wegen des Generalats über die Armada
ichtwas weiters angebracht werden, so hast du darauf zu bedeuten, dass
davon bei künftiger Erörterung der quaestionis quomodo zu reden sein
würde. . . . Betreffs Borkums kann Lamberg neuerdings erwähnen, dem
Kurfürsten werde sein Recht werden; der von Frankreich versprochenen
300 000 Reichsthaler soll Lamberg keine Erwähnung mehr thun, . . . herent-
gegen kann dem secretario Fuchs in der jägerndörfischen Sachen be-
deutet werden, wann bei uns L L. dero Praetension förmlich anbringen
') Vergl. über die Stellung des Kaisers- zu England Klopp 1. c. IL 242 ff., 253 f.
2) Southwell.
^) Ferdinand II. von Färstenberg.
*) Vergl. Pachner von Eggenstorff I. c. IL 248 f.
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Friedrieb Wilhelms Er8€beinen auf dem Reichstage. Des Kaisers Erkl&rangen. 947
mögtOD, 80 worden wir diesfalls ein Uebriges thun und ihro, soviel die
Mittel zaliessen, an Hand gehen. Und dieweiln aus oberwähnten deinen
Relationen so viel abzunehmen, auch sonsten leichtlich zu erachten ist,
dass es sich hauptsächlich an dem stossen dörfte, dass I. L. dero Völker
nicht wohl ehender anziehen lassen, oder aus dem Land schicken wer-
den, sie haben dann vorderist den Rücken frei und die Versicherung,
dass die &on Schweden und andere benachbarte still sitzen und wider
sie nichts feindseliges anfangen würden, als hast bei P. L. du den Vor-
schlag zu thun, ob sie nicht dem Werk vorständig zu sein erachteten,
wann zwischen des Königs in Dänemark L<^. und ihro ein Bündnus ge-
schlossen und von deroselben bei des Königs L"*^". der ungesäumte An-
trag... geschehen mögte, auf dass wir mit eingenommen würden, bei
welchem Erfolg etwan die Krön Schweden, wo nicht zu diesseitiger Bei-
tretung, wenigstens zu Eingehung einer Neutralität zu disponiren wäre.
Dienet dir zur Nachricht, dass wir nicht weniger über dieses beeder
Churfürsten zu Bayern und Sachsen L.L. sentimenti in engem Vertrauen
durch unsere der Orten anwesende ministros einholen lassen, auch den
Grafen von Thun dahin instruiren, des Königs in England L**^. zu ver-
mögen, auf dass sie nachdrückliche officia zu gleichem Ende zu interpo-
niren sich beliebeten.
Was negst diesem die von des Churfürsten zu Brandenburg L***°.
an die Generalstaaten annoch praetendirende rückständige Subsidien an-
langt, hast du dich hierin als einer uns nicht angehender Sachen passive
und uns ausser allem impegno zu halten.
Lamberg an den Kaiser. Dat Berlin 30. Juni 1680. (Or.)
[Abreise des Markgrafen yon Baden nach Hamburg. Lambergs Ansicht über das
Verbiltnis Brandenburgs zu Frankreich. Ablehnende Haltung des Kurfürsten gegen-
ät>er dem Plane einer Einigung mit England. Unterredung mit Jena aber die Reichs-
sicherheit und aber die ungarischen Verhältnisse. Klagen Jena's und des Kurfürsten
über Spaniens Vorgehen.]
Der Markgraf von Baden ist nach Hamburg gereist; der Kurfürst hat 30. Juni,
demselben verschiedene Wege vorgeschlagen, auf denen die Sicherheit des
Reiches zu erhalten sein werde. Nach des Markgrafen Rückkunft wird
weiter darüber berathen werden. Inmittelst lässt sich der Herr Churfürst
sehr angelegen sein die ruckständige 300000 Reichsthaler von Frank-
reich einzubringen, zumalen auf Anliegen der Frau Churfurstin deren
60*
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948 VIII. Erste Mission des Grafen Job. Philipp Lamberg. Feb. 1680— Feb. 1682.
ältestem Prinzen ^) solche Summa unter anderm zum Apanage vermeinet
ist. Frankreich entgegen, dessen allen wohl kundig, trachtet den Herrn
Churfursten vielmehr zu amusiren, wozu dann allem Ansehen nach der
wegen der Herrschaft Wiedenbruch, so im Pommern gelegen und dem
Baron Bidal zuständig ist, auf die Bahn gebrachte Kauf zum Mittel
dienen musss, massen solcher Bidal nachmals detracta larva sagen kann,
er wisse sich des in Frankreich angewiesenen Eaufschillings nicht zu
versichern, womit er sodann den Praetext nehmen wird den Kauf ab-
zubrechen. Der Kurfürst, den Lamberg für die von englischer Seite angestrebte
Einigung zu gewinnen sucht, erklärt die Sache sei jetzt noch nicht seinem
Interesse entsprechend.
Lamberg an den Kaiser. Dat. Beriin 7. Juli 1680. (Or.)
[Erklärungen des Kurfürsten bezüglich puncti securitatis. Kälte des Kurfürsten gegen-
über Soutbwell.]
7. Juli. Der Kurfürst erklärt bezüglich puncti securitatis , Lamberg möge den
Kaiser im Namen des Kurfürsten ersuchen; Sie wollten geruhen |: seinen
desfalls gethanen Vorschlag in Erwägung zu ziehen, keinen Augenblick
müssig vorbei zu lassen, dero commissarios an die Kreise abzufertigen
und in dem Vortrag sich keinesweges von der quaestione an? behindern
zu lassen, sondern alsbald auf den modum der Bewerkstelligung zu fallen,
wobei der Churfürst als in einem und andern Kreisausschreibender Fürst
seines Orts sich also bezeigen wollte, wie es einem gegen E. K. M. de-
voten und über des Reiches Ehr und Wohlfahrt eiferenden Churfursten
zukomme :|. Unter hiezwischen gekommener Tafel, da auch der eng-
lische Minister sich zur Stell befände, zeigte der Herr Churfürst sich
eines absonderlich wohlgestellten Gemüths, erwähnte eines von papst-
licher Heiligkeit an den König in Frankreich für etlich Monaten erlassen
Schreibens^); befahle uns solches zu communiciren und Hesse über dessen
Inhalt und dass gegenwärtiger Papst') die Coufidenz hätte diesem König
in so resolvirten terminis zuzuschreiben eine sonderbare Vergnügung und
Estime blicken.
Die nach der Tafel gegen den Herrn Churfursten von uns beiden
*) Markgraf Pbilipp.
») Vermutlich das Breve vom 27. Dec. 1679. Vergl. Ranke, Gesch. der Päpste
III. 113.
^ Innocenz XL Vergl. Ranke, Gesch- der Päpste 6. Auflage III. 111 ff.
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Brandenb.-franzos. BeziebuDgen. Verbandlungen Lambergs mit dem Eurf. u. Jena. 949
zugleich angelassene Discursen fährten mich von selbsten auf die mit
Engelland getroffene spanische ') Allianz, über welche aber bei dem Herrn
Churfnrsten eine so deutliche Kaltsinnigkeit sich äusserte, dass der eng-
lische Minister bei der Rückkehr eine merkliche Bestürzung und wie
wenig Hoffnung er mehr übrig habe etwas fruchtbarliches in seiner hie-
sigen Negociation zu verrichten von sich gestellet, zumalen auch alle
chorfurstliche ministri solche Zeitung von ihm mit gleichmässiger In-
differenz angehöret hätten. Der Kanzler Jena, mit welchem Lamberg am fol-
genden Tage spricht, gibt betreffs des Punktes der Pienipotenz des Veijus an das
Reich die besten Versicherungen bezüglich des vom Karfürsten geplanten scharfen
Vorgehens in dieser Sache. Dann kommt Jena auf den punctum securitatis zu
sprechen {:und recommendirte stark den ab Electore an Hand gegebenen
modum unverlangt zu amplectiren und dieses mit solchen terminis, dass
ich nicht zweiflen konnte, vorgeführter des Churfürsten Discurs wäre
aus dieses seines Canzlers Mund gezogen. Selbiger fragte mich sodann,
wessen man sich auf die geschöpfte Resolutionen des Hofs zu verlassen
hätte. Ich wendete hierüber alle gute Versicherung ein und eröffnete,
was mir Pflicht und Treu halben zugelassen sein wollte, welches er mit
diesen Worten versetzte „das Werk werde den Meister loben und kein
Augenblick mehr zu versäumen sein**. Er bewunderte ferner höchlich,
dass das ungarische Unwesen noch auf kein verlängliches Ort zu bringen
und hielte dafür, dass gleichwohl solches aus dem Weg zu räumen bei
diesen Coniuncturen sehr vorträglich sein würde, wann auch gleich E^
K. M. allerhöchste Autorität etwas dabei zu leiden scheinen sollte, an-
gesehen solches geschehen würde dem König in Frankreich selbige Di-
version zu benehmen, massen durch dessen Fomentation die rebelies
weit mehr als aus eigenem Willmut bei ihrer Hartneckigkeit unter-
halten würden und was diesmal um der übelen Zeit willen E. K. M.
ihnen nachsehen möch^, solches könnte bei erfolgenden besseren Jahren
redressirt werden.
Jena, wie der Kurfürst selbst, beklagen sich über Spaniens Vorgeben, das
noch immer die Satisfaction der Restanten nicht leiste, so dass des Kurfürstep
Minister nach 3jährigem Aufenthalte in Madrid unverrichteter Dinge nach Hause
zu kehren genöthigt worden sei ^).
>) Klopp l. c. II. 255. Der Vertrag vom 10./20. Juni 1680 abgedruckt bei Du
Mont I.e. VII., 2 ff.
«) Vergl. Puf. 1. c. XVIII. 10; Droysen I. c. III., 710. Der brandenburgische Ge-
sandte in Spanien hiess Roucq.
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950 VIII. Erste Mission des Grafen Job. Philipp Lamberg. Feb. 1680 — Feb. 1682.
Laraberg an den Kaiser. Dat. Berlin 24. Juli 1680. (Or.)
[Des Kurfürsten Antwort auf die ihm von Lamberg nach der Weisung vom 26. Juni
gemachten Erklärungen, insbesondere bezüglich Dänemarks, Braunscbweigs und der
Pfalz. Unterredung Lambergs mit dem Kurfürsten über die gegen Frankreichs Aus-
schreitungen einzuschlagenden Wege. Unterredung Lambergs mit Jena über dieselbe
Frage. Des Kurfürsten Entscheidung in der englischen Angelegenheit.]
24. Juli. Lamberg theilt dem Kurfürsten den Inhalt der Weisung vom 26. Juni
mit*). Dieser verspricht weitere Berathangen pflegen zu lassen. Zwar
die Krön Dänemark belangend, Hesse er sich alsobald in familiari
discursu vermerken, dass dero Botschafter zu Paris mit Frankreich in
Handlung befangen, solches auch von allhiesigem ministro Ahlefeld be-
kräftiget würde und machte es ihme nicht wenig Gedanken, was es doch
nach sich ziehen dörfte, dass der König in Dänemark auf franzosische
Interposition im Begriff stehe gegen den Herzogen zu Gottorp sich nun-
mehr freundlicher anzulassen und zu vergleichen'). So stünde er, der
H. Churfürst, auch an, was das Haus Braunschweig eigentlich im Schild
führe'), angesehen, wie die genannte Nachricht eingeloffen und er mir
in Vertrauen gemeldet haben wollte, der Herzog zu Celle *) so ungemeine
contestationes an Frankreich thun lassen, auch nunmehr mit seinen Brü-
dern, dem Herzogen zu Hannover^), in sehr gutem Vernehmen stünde,
welches etwas nachdenkliches in sich führen müsste, deme jedoch auf
allen Fall, so es praeiudicirlich sein wollte, vielleicht unschwer zu be-
gegnen sein würde vermittelst Schweden, welche Eron gegen selbiges
Haus in einem unglaublichen Hass stünde^) und Hesse sich auch gar wohl
abnehmen, wie gern der H. Churfürst wegen versagter Passage dessen
Truppen nach dem Clevischen Revange zu haben die Gelegen finden
möchte. Es trüge S. Ch. D. ferner der Discurs auf die Meldung, welcher-
massen Churpfalz ihre die französische unbilliche Verfahrungen schrift-
lich vorgestellet 0) dero sie mit wenigem antw|prtlich zu verstehen ge-
geben, es hätte letztbesagter Herr Churfürst sich solches alles selbst bei-
1) Vergl. p. 945 ff.
^ üeber das Verhältnis Christian V. zu Christian Albrecht von Holstein-Gottorp
und über die jahrelangen Streitigkeiten vergl. Puf. 1. c. XIX. 62 ff.; Waitz, Schleswig-
holsteinische Landesgeschichte, Kiel 1864, 124 ff.
*) üeber Braunscbweigs Haltung F. L. Maller, Wilhelm III. von Oranien und
Georg Friedrich von Waldeck I. 56, 68f.
*) Georg Wilhelm.
*) Ernst August.
«) Vergl. Maller 1. c. I. 69.
Vergl. Puf. 1. c. XVIII. 17.
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Verhandlungen Lambergs mit dem Kurfürsten und mit Jena. 951
xumessen, als welcher gegen alles von hiesigem Hof beschehenes vor-
sagen und warnen, dass solche Unordnung darab entstehen wurde, dan-
noch auf dem nimwegischen Friedenschluss bei E^ K. M. und dem Reich
so stark angedrungen hätte; wodurch ich Änlass genommen R Ch. D.
zu Gemuth zu fuhren, dass gleichwohl das Werk damit nicht gehoben,
sondern solche französische Unbefugnussen und Thätlichkeiten es dabei
nicht bewenden lassen, sondern taglich mehrers anwachsen und hier und
da bald diesem bald ienem etwas abzwacken, endlich dero clevische
Land selbst der Gefahr die nächste sein worden, wann man bei solchem
Unwesen still sitzen und müssig zusehen wollte. Sie versetzten mir
hierauf, dass sie die Gefahr zwar je länger je mehr erkenneten, sähen
aber nicht, wie das Werk ohne allgemeinen Reichsconsens möge einge-
richtet werden. Ich bezeugte, dass solches mit E'. K. M. Gedanken über-
einstimmig wäre; nur verlangten dieselbe dermalen Bericht einzuziehen,
was die faruehmere Stand des Reichs auf allen Nothfall zu leisten ge-
sonnen sein mochten. Ueber welches sich S. Ch. D. nicht in forma,
sondern nur ad alia transeundo mit deme vermerken Hessen, dass Sil-
vi US am braunschweigischen Hof die von Engelland angetragene Subsidien
nur auf Krieges-^ die Herzogen aber auch auf Friedenszeiten wollten
verstanden haben*).
Endlich bittet Lamberg um Geheimhaltung seiner Mittheilungen, was der
Kurfürst verspricht; nur Jena soll Nachricht von denselben erhalten. Jena,
der darauf mit Lamberg verhandelt und seine dem Kaiser geneigte Gesinnung
wiederholt betont, erklärt im Namen des Kurfürsten: L Ch. D. bedankte sich
nochmal vorangefuhrtermassen, wollten mit dero unterthänigsten Devotion
niemal aus Händen gehen; beklagten dabei höchstens, dass L K. M. in
Frankreich dergestalt ohne ßefugnus das Reich beunruhigen und ein und
anderer Churfurst also zur Ungebühr bedränget werde; dass S. Ch. D.
die dem Reich daher anwachsende Gefahr in völliger Erkenntnus hätten;
könnten sich aber pro hie et nunc weiter nicht als sie bereit gegen den
Markgrafen von Baden und mich gethan vernehmen lassen, nemlich,
wofern E. K. M. und das Reich zu einem Schluss gelangen wurden, sie
sich von demselben keineswegs wollten absondern. Was aber das quan-
tum, locum et tempus coniunctionis armorum belange, hätten sie mehr
Yolks wirklich auf den Beineu als Churbayern und Sachsen beide ver-
sprochen hätten, mit welchem sie auf allen gäben Fall zur Hand sein
könnten. Bäten dahero allerunterthänigst, E. E. M. möchten sich mit
1) Gabriel Silyius; vergl. über seine Mission Müller I.e. 62 f.
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würde ihro unmöglich fallen sich in ermelton quaestionibus der erste
positive zu erklären; E. K. M. wollten sich gefallen lassen das Werk
bei einem und andern Churfürsten zu poussiren und sich deren besser
zu versichern. Als ich hierauf fürgestellet, wessen sich Chur-Bayern und
Sachsen gleichwohl resolviret, versetzte er, Jena, dass zwar auch der
Abt von Banz bereit für einig Monaten allhie mit mir anwesend der-
gleichen gegen sie angeführet, man habe aber darauf von beiden Höfen
Erkundigung einziehen lassen und befunden, dass man nicht eben solche
Particularmeinungen allda führte; würde aber seines Bedünkens das för-
derlichste sein, dafalls Churbayern von solcher dero gefassten Resolution
S'. allhiesigen Ch. D. schriftliche Apertur thun würde. So hätten die-
selbe auch in Erwägung gezogen, dass E'. K. M. petitum wegen der Con-
junction auf einen Nothfall gerichtet, dieser aber insoweit annoch nicht
vorhanden sei; dabei E. K. M. dero Armee zu recrutiren und auf 40000
Mann zu verstärken gewillet, solches aber ebensowohl annoch nicht voll-
zogen wäre. Als ich ihme hierüber beweglich zu Gemüth geführet, dass
S. Ch. D. mir nicht ein- sondern mehrmalen zugesagt hätten sich mit
den andern zu proportioniren , bäte er mich, ich piöchte doch bei P. Ch.
D. in solchem negotio so gar pressirende Instanz zu thun etwas an
mich halten, inmittelst aber gleichwohl sehen, wessen dieselbe sich et-
wan gegen mich zuversichtlichens würden verlauten lassen. Bei der Krön
Dänemark würde seinem Herrn wegen einer Bündnus ferner anzusuchen
schwer fallen, weilen allbereit kurz auf den Friedenschluss ein Anwurf
dessen geschehen, aber daselbst nicht annehmlich erscheinen wollen, da-
hero auch dero Minister unverzüglich von dannen zurückgerufen worden.
Was des Reichs fernere Angelegenheit wegen der Stadt Strassburg be-
treffe, wäre bei der Gesandtschaft zu Regensburg bereit die Verordnung
geschehen, alles bestermassen zu secondiren, würde auch I. Ch. D. wegen
Subsistirung oder Verlegung des Reichstages sich fortan mit den majori-
bus conformiren und E^ K. M. allergnädigsten Intention darinnen . . .
keineswegs entgegen sein. Wegen allergnädigster Communication in
englischen Sachen bezeugten I. Ch. D. dero allerunterthänigste Dank-
nehmigkeit; müssten dero Gedanken darüber dermalen noch in suspenso
halten, bis bei einem sitzenden Parlament sich äussern würde, ob die
gute Verständnus so gross als man ausgebe, woran zu zweiflen sie noch
viel Ursach hätten, ohne dies aber von selbiger Krön nichts zu hoffen
wäre.
L -
VerbandluDgen Lamberga mit Jena. Anhalt ober den Berliner Hof. 953
Neue Bemähangen Lambergs ein mehreres vom Kurfürsten zu erhalten,
bleiben erfolglos.
Lamberg an den Kaiser. Dat. Berlin 28. Juli 1680. (Or.)
[Anhalts Mittheilungen über die Parteien am kurfürstlichen Hofe, über das Vorgehen
der französischen Partei und über die Haltung des Kurfürsten. Nothwendigkeit einer
Satisfaction für Jägemdorf. Weigerung des Kurfürsten sich mit Geld abfinden zu
lassen. Rüstungen des Kurfürsten zur See. Urtheil Lambergs darüber.]
Die Rüstungen zur See seitens des Kurfürsten beunruhigen den Grafen 28. Juli.
Lamberg, der eine Unternehmung Brandenburgs gegen Spanien furchtet*). Er
sacbt von dem an den Hof zurückgekehrten Fürsten von Anhalt etwas darüber,
sowie über die Haltung des Kurfürsten überhaupt, zu erfahren. Anhalt be-
neblet, er habe seit seiner Rückkehr so viel bemerken können, {: dass die mir
bekannte französische Kette Meinders^ Fuchs and Grumbkow, wozu auch
zuletzt der Churfurstin Favoritin, von Wangen, hineingezogen worden,
deroselben Gemüth ganz irrig gemacht, al^ dass er, Fürst, solches
anietzo ganz verändert gefunden, zumalen sich Elector durch den fran-
zösischen Abgesandten bereden lassen, dass sein König dieses ganze Jahr
durch absolute keinen Krieg eingehen, sondern seines Orts den Ruhe-
stand vollkommenlich behaupten wolle; dass auch der Ruf wegen Strass-
burg von Churfürsten pro terrore panico gehalten werde und als eine
Sach; so nicht ad effectum gereiche. Der Fürst befinde auch Electorem
auf einer ganz festen Resolution über die an E. K. M. durch mich be-
schehene Declaration sich im geringsten nicht femer specialiter einzu-
lassen, bevor ihme wegen der Praetension von Jägemdorf Satisfaction
erfolget sei, welches dann von Fürsten sowohl als mir für ein von der
französischen Faction zu Assequirung ihres Intents an die Hand genom-
menes scheinbares Mittel angesehen würde, als welche den Electorem
dahin zu bringen trachtet, damit er ohne solche Wirklichkeit zu E'. K.
M. höchsten Intention nichts beiträgliches categorisches resolviren könne,
da sie andemtheils wohl vermuthen können, I. K. M. werde zu solcher
Sachen nicht so leichtlich schreiten, demnach das ganze Werk stecken
bleiben. Dannenhero sein Fürsten zu Anhalt unvorgreifliche Meinung
wäre, dafalls I. K. M. einer Particularallianz mit dem Churfürsten oder
dessen Beistands sehr benöthigt sein sollten, dass solchenfalls auf einige
Satisfaction zu gedenken sein würde, oder wo nicht, so hielte er für zu-
träglicher mit femer pressanter Instanz gemach zu gehen, um etwan den
») Vergl. Droysen I. c. III.j 714.
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954 Vnr. Erste Mission des Grafen Job. Philipp Lamberg. Feb. 1680— Feb. 1682.
Churförsten nicht gänzlich dadurch zu überwerfen, zumalen man doch
versichert sein könne, dass auf den hohen Nothfall selbiger sich gleich-
wohl von E^ E. M. und dem römischen Reich nicht separiren, sondern
als ein treuer Churförst sich erzeigen werde, massen er, Fürst, verge-
wissert sei, dass der Churförst mit Frankreich einiger Wege nicht in
Allianz befangen stehe :|.
Lamberg theilt dem Fürsten von Anhalt mit, dass der Kaiser nicht abge-
neigt sei in der jägemdorfischen Angelegenheit etwas zn thun. Anhalt räth
dem Kurfürsten davon Mittheilung zu machen. Dies geschieht, der Kurfürst er-
klärt aber, sich mit Geld unter keinerlei Umständen begnügen zu wollen.
I : Wegen oberwähnter sechs neu designirter Schifft) ist mir von
dem Fürsten so viel Lichts ertheilt worden, dass I. Ch. D. schon vor-
längst bei Frankreich Anwurf gethan, im Fall sie bei Spanien und Hol-
land kein Satisfaction wegen ihrer Restanten erlangen könnte, ob Frank-
reich ihm darzu verhülflich erscheinen möchte, welcher aber zur Antwort
hinwiderum wissen lass^, dass weilen solche Subsidien in wehrender
wirklicher Kriegsbefahung gegen einander paciscirt worden, es seiner
Autorität sehr praeiudicirlich fallen würde seinem damaligen Feinde
anietzo dazu an die Hand zu gehen :|. Vermeinte also der Fürst solche
Ausrüstung der Schiff werde vielmehr zu Convoitirung der Ostindien-
fahrer angesehen sein. Ich konnte aber dannoch gleichsam soviel ab-
nehmen, dass im Fall per hazard ihnen etwan ein spanisch- oder hollän-
disches Schiff in dem Wege kommen sollte, es wohl anstatt Repressalien
interim angehalten werden könnte.
Lamberg an den Kaiser. Dat. Berlin 4. August 1680. (Or.)
[Des holländischen Gesandten Ansichten über die Rüstungen des Kurfürsten zur See.
Dortmund.]
4. Aug. Der holländische Gesandte meint, die Rüstung des Kurfürsten zur See sei
auf Rio de la Plata gerichtet; auch meldet der holländische Gesandte den Eot-
schluss der Staaten, die Subsidienrestanten bis 1676 dem Kurfürsten zu
zahlen >). Die Stadt Dortmund sucht Schutz beim kaiserlichen Gesandten gegen
Bedrückungen des Kurfürsten.
') Vergl. Droysen I. c. Jll 3 7, 14. Aum.
2) Vergl. ürk. u. Act. 111. 584.
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Jigerndorf. Rüstungen Brandenborgs zar See. Massregeln gegen Frankreich. 955
Lamberg an den Kaiser. Dat Berlin 14. August 1680. (Or.)
[Rebenacs Bethenerungen der Friedensliebe des französischen Königs finden Glauben
bei Friedrich Wilhelm. Ausstreuungen der französischen Partei über die schlechte
Lage des Kaisers.]
Rebenac erklärt dem Kurfürsten ununterbrochen, sein Herr sei überaus 14. Aug.
friedlich gesinnt und findet mit seinen Betheuerungen Glauben beim Kurfürsten*).
Der Fürst von Anhalt glaubt seinerseits auch, dass vom Kurfürsten mit Rück-
sicht auf dessen Ueberzeugung von der Aufrechterhaltnng des Friedens durch
den König von Frankreich nichts mehr, als wozu er sich bereit erklärt, werde
za erhalten sein. Die Gegenpartei am kurfürstlichen Hofe thut überdies alles,
den Kurfürsten von der üblen Lage, in der sich der Kaiser befinde, zu über-
zengen.
Der Kaiser an Lamberg. Dat. Linz 19. August 1680. (Cönc.)
[Nothwendigkeit der Bereithaltung der Truppen gegen Frankreich. Vorschläge zur
Einigung in der Jägemdorfer Angelegenheit Des Kaisers Bemühungen am spanischen
Hofe zu Gunsten Brandenburgs.]
Die Schreiben vom 9. Juni bis 4. August hat der Kaiser erhalten. Lam- 19. Aug.
bei^ soll trachten den Kurfürsten zu einer energischen Erklärung mit Rücksicht
auf die zu treffenden Sicherheitsvorkehrungen zu vermögen und dass dieselbe
ihre Mannschaft in solcher guten Bereitschaft halten wollten, damit sel-
bige auf den Nothfall wirklich anziehen, sich mit denen unserigen und
andern Auxiliarvölkern coniungiren, einfolglich man auf diese Weise
dem andringenden unbilligen Gewalt gesammter Hand kräftiglich begegnen
möge. In der jägemdorferschen Sachen dörfte bei deren Vornehm- und
genauerer Ergründung sich weit ein anders finden, als churbrandenbur-
gischerseits vorgegeben wird, iedoch um P. L. Gemuth um soviel
mebrers zu praepariren und zu besänftigen, zumaln sie auf diese Satis-
faction stark andringen, als ist von erst berührtem Ungrund zu abstra-
hiren und herentgegen inhaerendo prioribus deroselben zu bedeuten, was
massen das beste Mittel sein würde, wann sie ein eigenes Subjectum mit
denen bedürftigen Documenten anhero schicken mögten, damit man das
Werk aus dem Fundament überlegen, beederseits gehörige Information
einasieben und dahin sehen könnte, wie es in der Güte gehoben werde.
Nun würde zwar gut sein, wann der Jena dahin zu bereden wäre, dass
er zo Annehmung eines gewissen Stück Gelds einrathen thäte; allein
scheinet darzu fast wenig Hofihung, weiln er nicht minder, dann des
Gh. L. Selbsten, solches für unverantwortlich haltet Nichtsdestoweniger
J) Vergl. Puf. L c. XVIU. 7.
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956 VHI. Erste Mission des Grafen Joh. Philipp Lamberg. Feb. 1680 — Feb. 1682.
hast du bei demselben auf den Fall, dass I. L. zu erstermelter Ab-
schickung nicht zu vermögen, dahin anzutragen, auf dass man die Ge-
danken einiges Vergleichs eröffne und, da man darmit nicht heraus
wollte, endlichen in Vertrauen und für dich selbsten den Anwurf zu
thun, was er vermeine, dass sonsten für ein zulängliches Mittel, um end-
lichen dermaleneinst hieraus zu kommen, zu ergreifen und ob nicht P. L.
einige arbitri aus Chur- oder Fürsten des Reichs, (indeme wir zu einigen
Ausländischen grosses Bedenken haben .würden), anständig sein mögten.
Der Kaiser setzt seine Bemühungen am spanischen Hofe um Zahlung der Sub-
sidienrestanten fort und hofft auf Erfolg.
Lamberg an den Kaiser. Dat Berlin 8. Sept 1680. (Or.)
[Vorschläge des Kurfürsten bezüglich der Reichssicherheit ungünstige Ansicht dw-
selben über die Herzoge von Celle und Wolfenbüttel sowie über den Kurfürsten von
Sachsen. Entgegnung Lambergs. Unterredung des Lamberg mit dem Kurfürsten
über Baiem, Schweden und über die jägerndorfische Angelegenheit. Zurückweisung der
französischen Mediation in dem Streite Brandenburgs und Braunschweigs durch die
erstere Macht. Erklärungen Jena's im Auftrage des Kurfürsten bezüglich der Reichs-
sicherheit und Brandenburgs Haltung in dieser Frage. Weigerung des Kurfürsten
einen Gesandten zur Schlichtung des jägerndorfischen Streites nach Wien zu senden.]
8. Sept Lamberg theilt dem Kurfürsten mit, was der Kaiser ihm am 19. August
überschrieben. Der Kurfürst dankt für die Bemühungen des Kaisers bei Spanien.
Was meinen Vortrag wegen einer Specialentschliessung (in der Sicher-
heitsfrage) anlangte, könnten sie als über eine sehr wichtige nachdenk-
liche Sach sich nicht alsofort categorice herauslassen. So viel sie aber
für sich allein diesmal sonsten ihre Gedanken eröffnen möchten, wäre,
dass ohne gehorsamste Massgebung vielleicht zuträglicher sein würde,
dafalls dermalen zu Bewerkstelligung der Werbungen nicht eben neue
Regimenter auf den Fuss gebracht, sondern zu Verhütung unnöthiger
Jalousie die alte solchergestalt recrutirt und verstärkt würden, damit
man aus denselben allenfalls neue Regimenter aufstellen und demnach
jeder Zeit in guter Verfassung verbleiben möchte. Sie hätten folgenden
modum den fürträglichsten befunden, dass wann bei Friedenszeiten ein
altes Regiment von 1000 Köpfen bestünde, sie bei fürkommenden Wer-
bungen den halben Theil davon einem neuen Obristen übergäben, durch
alle neue Compagnien austheilten und sodann von neuen Leuten diese
compliren, die alte aber recrutiren Hessen, welchergestalt in kurzer Zeit
diese neue neben den alten zu guten Soldaten gediehen.
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Verband], über die Reichssicherheit a. über Anderes zwischen Lamberg u. Fr.Wilh. 957
Der Kurfürst erklärt auch, er halte die Herzoge von Celle und Wolfen-
buttel für Anhänger Frankreichs. Ebenmässiges wollte ihro auch von Chur-
Sachsen beigebracht werden und dass die franzosische Partei sich da-
selbst rühmte, wie sie auch des Churprinzens sich nicht weniger mit
ebistem versichert hielten. Ich versetzte: Solches könnte nichts an-
ders als französische Arglist sein, deren sie sich bedienten, die Fürsten
gegen einander mistrauig und irre zu machen und welcher dann sich
meistens blos gebe, dessen würden sie sich praevaliren. Solche meine
Meinung desto glaublicher zu machen, diente mir allerunterthänigst bei-
kommender von dem englischen ministro zu Hannover, Silvio, an den
allhiesigen Envoye selbigen Königs erlassener Anschluss^), aus welchem
ich dem Herrn ChurfSrsten mit mehrerm dargestellet, was für Fund und
artificia die Franzosen mit einem und andern Fürsten zu spielen und
solches zu hintergehen in hergebrachter Uebung hätten, und was Chur-
sachsen anlange, würde S'. Ch. D. noch in Andenken schweben, welcher-
gestalten selbiges vermittelst eines noch fürhandenen Handbriefleins der
erste gewesen, so gegen E. K. M. wegen der allgemeinen Sicherheit sein
Parere von sich gestellet. So hätte ich auch S^ Ch. D. selbigen Chur-
prinzens eigenhändige Versicherung fürgelesen, dass selbiger von der
französischen Partei in keinerlei Wege sich habe noch werde gewinnen
lassen. Worüber der H. Churfürst auf seine ehemalige W^arnung ge-
diehen, dass sich auf Chursachsen nichts zu verlassen und selbiges der-
malen nicht 1500 Mann zu Feld stellen könnte. Gegen dieses wollte
ich des Praelaten von Banz mir zugeschickte Liste noch auf dem Fuss
stehender sächsischer Soldatesca fürlegen; S. Ch. D. aber vermeinten,
es wäre sehr leicht viel auf das Papier zu bringen, meldeten auch
femer, wann das Werk zur Action kommen sollte, trügen sie Bedenken,
ob solche Auxiliarvölker was taugen würden und ob sie denen die ihrige
beistossen sollten. Dieses sähe ich für gut an unbeantwortet zu lassen;
wendete mich aber auf die Churbayrische Sachen, sondirend, ob über
selbige churfiirstliche nunmehr verificirte Erklärung S'. Ch. D. noch
einiger Zweifel beiwohnen möchte. Auf welches dieselbe mir begegnet,
sie hätten ihren ministrum') zu Regensburg mit daselbstigem churbayri-
schen ministro über sothane Specialerklärung in Vertrauen sprechen
lassen, solchen aber dessen ganz unwissend befunden. Welches ich dann
^ Ein Auszug dieses Schreibens d. d. Celle 12./22. August 1680 liegt bei. Eng-
lischer Gesandter in Berlin ist noch Soutbwell.
*) Gottfried Jena.
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958 Vni. Erste Mission des Grafen Joh. Philipp Lamberg. Feb. 1680 — Feb. 1683.
unschwer mit deme beantworten können, dass solche Specialerklarungen
ein dermalen in das höchste Interesse des Reichs einlaufendes arcanam
seie, so man unter dergleichen nur zu denen offenbaren regensburgischen
Reichsgeschäften deputirte ministris nicht pflege kommen zu lassen.
S. Ch. D. fielen hiemit auf die Krön Schweden und deren Demarches,
mit Bedeuten, dass selbige sich so zu Wasser als Land in Armatur zu
setzen höchstens bemuhet wäre^) und auf mein Anfragen, ob es mit
französischen Mitteln beschehe, sagten sie vergewissert zu sein, dass
Frankreich die Schweden verlassen und sich völlig an die Krön Däne-
mark, sich deren zu ihrem Intent zu gebrauchen, gemacht habe, auch
dass die französische nach Hamburg remittirte Gelder, so den Argwohn
wegen der Schweden verursacht, auf S. Ch. D. wegen nunmehr zu End
laufenden vierten Termins der pommerischen Abtretungsgelder angesehen
seien, massen ihre von dannen die Vertröstung beschehen, dass hie-
nechstens die Abstattung der völligen Summa auf einmal folgen werde.
Im übrigen aber legten sich einige Anzeigen herfur, dass ernannte Krön
Schweden wohl wiederum Lust haben möchte etwas an I. Ch. D. zu
versuchen. Man dringe auf einen Kreistag im Niedersächsischen und
wann S. Ch. D. solchen vigore instrumenti pacis ausschreiben sollten,
würde vielleicht Schweden wegen der Competenz vermeinen eine Ursach
zu disgusto überkommen zu haben. Solchem aber zu entgehen seie er,
der H. Churfürst, bedacht, bloshin an den Herzogen zu Celle als mit-
ausschreibenden Fürsten ein und andere Nothdurft des Kreises gelangen
zu lassen und, im Fall auch dieser sich auf einen Kreistag bewerfen
sollte, alsdann zu antworten, dass dessen noch dermal keine Noth wen-
digkeit fürhanden, sondern was ietzo fürfalle gar wohl nur durch eine
Communication unter den Ständen möge gerichtet werden.
Auf die Erklärungen Lambergs in der jägemdorfischen Angelegenheit er-
klärt der Kurfürst, er erwarte von solchen Verhandlungen nichts mehr. Einige
Tage darauf theilt der Karfärst dem Lamberg mit, dass der franzosische Ge-
sandte die Mediation seines Herrn in den Streitigkeiten zwischen Brandenburg
und Braunschweig angetragen, die er aber mit der Erkiäning zurückgewiesen
habe, dass es nur ganz unbedeutende Differenzen seien und daher die Mediation
einer dritten Macht nicht nöthig wäre. Am Abend des 7. September erklärt dann
Jena dem Grafen Lamberg im Auftrage des Kurfürsten: Sie lebten der unter-
thänigsten Zuversicht E. K. M. würden in keiner Ungnad vermerken,
dass dieselbe über dero bereit ein- und andermalig gegebenen Ver-
sicherung sich von E^ K. M. und dem Reich keinesweges zu separiren,
*) Vergl. CarlsoD, Gesch. Schwedens V. 9 ff.
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ünterredangen Lambergs mit dem Karf. aber Schweden, JägerndoK etc. 959
sich specialer nicht herauslassen könnten, mochten auch nicht wohl be-
greifen aus was Ursach E. K. M. auf solche Particularerklärung der
4000 zu Fuss und 1500 zu Pferd, oder auch eines mehrern dergestalt
andringen thäten, zumalen S. Ch. D. ein grosseres dann Chur-Bayem und
Sachsen sammentlich auf dem Fuss hätten, E. K. M. seiner Devotion
versichert und in Gleichnus, wann ein Freund den andern seiner Treu
und Freundschaft gewiss machte, dieser billich sich damit zu begütigen
und auf weitere sonderbare determinationes nicht eben so heftig zu trei-
ben hätte. Er, Kanzler Jena, hätte mir bereit vorhin in Vertrauen bei-
gebracht, es würde furträglicher sein auf I. Ch. D. nicht also stark an-
zugehen, wie es dann noch ietzo gewiss wäre, dass die Zeit das beste
für E. K. M. erarbeiten wurde. Da ich aber hingegen angeführt, welcher-
massen die verlangte nähere Erklärung S^ Ch. D. gleich anfangs von
sich gestellten Antwort und Parere gleichförmig sei, vermittelst deren
an die Hand gegeben worden, I. E. M. möchten bei ein- und anderem
Churfürsten dessen Gedanken über die Einrichtung des puncti securitatis
publicae einholen lassen und nach Maass, dass solche ausfallen würden,
S. Cb. D. sich deren zu conformiren nicht entgegen sein lassen wollte,
wurde mir widersetzet, warum dann die Churfürsten nicht selbsten unter
sich communicirten? Ich herentgegen bedauerte, dass unter denen Stän-
den des Reichs so grosse Jalousie und so geringes Vernehmen sei. Die
Ursach dessen masse der Kanzler dem nimwegischen Frieden bei, als
wodurch die Reichsglieder beides disarmirt und disuniret worden. End-
lich begäbe er sich fragsweis dahin, ob dann E. K. M. mit einer Special-
erklärung von sechsthalbtausend Mann mehrers als mit einer General-
versicherung, dass man mit gesammter Mannschaft und allen Kräften
von dero und dem Reich sich nicht absondern wollte, gedienet sein
würden, oder ob sie sich auf die von Chur-Bayem und Sachsen ver-
sprochene Mannschaft, die noch nicht bei Händen sondern erst geworben
werden müsste, mehrers zu verlassen hätten und ob man glauben könnte,
dass sein gnädigster Herr mit etwan nur 5500 Mann zu Feld ziehen
würde? Ich wollte zu Fürkommung alles weitläuftigen beantwortens ver-
sichern, dass die versprochene churbayrische und chursächsische Mann-
schaft wirklich parat stünde; der Canzler aber wendete ein, dass man
des Widerspiels hiesigen Orts allerdings versichert lebte.
Von der Absendang eines Gesandten nach Wien, um in der jägemdorfischen
Angelegenheit zu einer Einigung zu gelangen, will der Karfürst nichts wissen.
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960 VriT. Erste Mission des Grafen Job. Philipp Lamberg. Feb. 1680 -Feb. 1682.
Lamberg an den Kaiser. Dat. Berlin 27. Sept. 1680. (Or.)
[Unterredung Lambergs mit dem Fürsten von Anhalt über die jägemdorfische Ange-
legenheit und über des Kurfürsten Haltung zur Frage der Sicherung des Reiches.
Klagen Jena^s über das Vorgehen des kaiserlichen Bevollmächtigten in Regensbnrg
in der Magdeburger Angelegenheit. Erklärungen Jena's in der Jägemdorfer Fra^e
und bezüglich der Haltung des Kurfürsten. Ansicht Lambergs über die Pläne des
Kurfürsten. Dänische Allianzanträge. Beziehungen des Kurfürsten zum Prinzen ?on
Oranien.]
27. Sept Der Fürst von Anhalt, zu dem sich Lamberg nach Dessau begibt, ver-
sichert, er werde, sobald er in Berlin angekommen, alles aufbieten, nm den
Kurfürsten und Jena zu bewegen, sich mit einer Geldsatisfaction in der Jägern-
dorfischen Angelegenheit zufrieden zu geben. Was aber die churfurstliche
categorische Resolution betreffe, könne er nicht in Abred sein, dass er
Selbsten bei sich anstehe, ob über den H. Churfursten, ungeachtet al-
bereit gegebener Erklärung, dass er sich mit andern Fürsten und Reichs-
ständen conformiren wollte, dermalen etwas werde zu gewinnen sein, so
lang nemlich Frankreich still sitze, nicht mit weitem Gewaltthätigkeiten
um sich greife und keinen Stand über einen Haufen werfe. Er, der
Fürst, finde sich indessen gehalten zu glauben, dass^ dafern es auf eine
rechte Thätlichkeit ankommen und die andere Reichsstände sich zusam-
men setzen sollten, S. Ch. D. sich sodann keinesweges dem Werk ent-
ziehen, sondern das ihrige nach Möglichkeit gleichfalls beitragen würden.
Damit aber der Herr Churfürst nicht etwan in particulari, sondern E^.
E. M. Intention gemäss mit anderer Stände Beitrag sich proportiooiren,
auch zu einer absonderlichen Allianz mit E^ K. M. desto leichtlicher za
ziehen sein möge, hielte er, Fürst, sehr füglich und zuträglich, dass vor-
gemeltermassen die jägemdorfische Sach auf ein gedeihliches Ort ge-
bracht würde Ausser deme oder dergleichen anderwärtiger Demul-
cirung seie er fast des Glaubens, dec Herr Churfürst werde die Waffen
schwerlich in die Hand nehmen, so lange Frankreich auf dem west-
phälischen Frieden zu beharren sich annehme und gegenwärtige contra-
ventiones als ein ihme durch die nimwegische Tractaten gegebenes
Recht qualificire.
Jena, zu dem sich Lamberg nach seiner Rückkehr nach Berlin begibt, er-
klärt, I. Ch. D. hätten sich gegen ihne jüngst höchst schmerzempfindlich
vernehmen lassen, welchermassen E^ K. M. österreichischer Deputirter «u
Regensburg bei Fühmng des neuburgischen voti in der magdeburgischen
Sach sich abermalen mit Einmischung E^ K. M. Autorität und Androhung
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J&gemdorf. ßrandenburg-spaniscbe Differenzen. 961
schwedischer Gewalt vernehmeD lassen, wovon er die particalaria zu
commaniciren versprochen^)
In der jägemdorfischen Angelegenheit betont Jena von Neuem, der Kurfürst
könne sich mit einer Geldsatisfaction nicht einverstanden erklären; bekräftigt
aber die Ansicht, dass die Absichten des Kurfürsten durchaus nicht auf Tren-
nung von Kaiser und Reich in den allgemeinen Angelegenheiten gerichtet seien ;
doch möge Lamberg davon abstehen, weitere Erklärungen vom Kurfürsten unter
den gegebenen Verhältnissen zu fordern. Welches alles ich dann anderswohin
nicht ausdeuten kann, | : als man wolle zusehen bis Frankreich mit wirk-
licher Feindseligkeit weiter in das römische Reich setze, alsdann der
Herr Churfurst wegen haltender guter und starker Mannschaft der noth-
wendigste sein und wie in vorigem Krieg die Mesures nach dem Privat-
interesse mehrers als auf das publicum einzurichten gedenken werde. : |
Der dänische Gesandte Ahlefeld hat dem Kurfürsten eine Allianz im Namen
seines Herrn angetragen, hat aber keine Antwort erhalten, was ihn sehr be-
kümmerte; es scheint, als wolle der brandenburgische Hof nichts mit Dänemark
zu thun haben.
Der Prinz von Oranien hat eine Zusammenkunft mit dem Kurfürsten zu
Magdeburg gewünscht, welche trotz aller Gegenbemühungen Reb^nacs auch
stattgefunden haben würde, wenn nicht die in jenen Gegenden grassirenden
ansteckenden Krankheiten die Zusammenkunft verhindert hätten; der Kurfürst
hat nun den Prinzen eingeladen hieher zu kommen.
Lamberg an den Kaiser. Dat. BerUn 30. Sept 1680. (Or.)
[Wegnahme des Schififes „Carolus II.'' Aufregung darüber. Mutmassliche Folgen.]
Lamberg berichtet über die Wegnahme des SchifTes ,Carolus IL" durch die 30. Sept.
brandenburgische Flotte und über die Aufregung, welche dieses Ereignis nicht
nur in Spanien, sondern auch in den Niederlanden hervorgerufen ^. Man glaubt,
die Staaten werden fordern, dass man den in Königsberg weilenden Urheber
solchen Anschlags, Namens Raule, abstrafe ^. | : Weilen es aber das Ansehen
hat, dass das Werk meistlich aus des Electoris Kopf selbst herrühre, als
dörfte schwerlich dazu resolvirt werden. Nachdemalen aber aus^ einem
») Vergl. Puf. 1. c. XVIII. 12.
*) Für diese Angelegenheit Urk. u. Act. III. 585 ff. und die dort citirte Literatur.
Das Schiff „Carolus II.*' war von den unter Befehl des Cornelius van Beveren ausge-
laufenen 6 Fregatten im Kanal gekapert worden. Es war mit brabanter Spitzen und
Leinwand beladen. Stuhr, P. F., Gesch. der See- imd Colonialmacht unter Friedrich
Wilhelm, 23 ff.
*) Marincdirector Benjamin Raule; vergl. Isaacsohn I.e. II. 287; Stuhr, P. F.,
L c 4f. Neuestens Schuck, R., Brandenburg-preussische Colonialpolitik 1647—1721.
Mat«r. z. Geflch. d. 0. Kurfürsten. XIV. 2. 61
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962 VIII. Erste Mission des Grafen Joh. Philipp Lamberg. Feb. 1680 — Feb. 1682.
QDgereimten Ding gemeinlich noch mehr zu folgen, Frankreich aber sich
in alle Handel einzuflechten pfleget, so stehet zu befahren, im Fall
Spanien und Engelland, auch Holland sich zusammenstellen und über
solchen Affront Satisfaction begehren würden, I. Ch. D. sich in franzö-
sische Protection und Allianz werfen und der Krön Frankreich nicht
einen neuen Krieg Thür und Thor öffnen würde :|. So kann ich hiebei
nicht umgehen in behörige Reflexion zu ziehen, was so von S'. Ch. D.
selbst, als auch mehrmal von dem Kanzler Jena mir gesagt worden,
von diesem zwar: Ich sollte nur etwas in Geduld stehen, die Zeit würde
das beste operiren, von jenem aber: Es stünde ihre noch etwas bevor,
dessen sie gern den Ablauf sehen möchten; welches zweifelsohn beides
dahin gezielet, dass sie abwarten wollten, |:wie E. K.M. und Spanien
sich bei nunmehr in das Werk gestelltem Anschlag verhalten und an-
lassen würden, ihnen aber der Weg, sich an Frankreich zu halten, offen
bleiben möchte:!.
Lamberg an den Kaiser. Dat. Berlin 6. October 1680. (Or.)
[Hittheilnngen des Fürsten von Anhalt über die 'Schiffsangelegenheit, über die Pläne der
französischen Partei und über seine Unterredung mit dem Kurfürsten. Bedenken An-
halts betreffs der Stimmung des Kurfürsten. Bericht Anhalts über die Versuche R^
bönacs, ihn für die französische Partei zu gewinnen. Aeusserungen Röbenacs. Noth-
wendigkeit Jena zu belohnen. Zweck des Aufenthaltes des braunschweigischen Mi-
nisters Platen.]
6. Oci I : Was in meiner an E. K. M. unterm 30. Sept. allerunterthänigst ab-
gelassener Relation das churbrandenburgische attentatum gegen die Krön
Spanien betreffend meiner damaligen geringfügigen Muthmassung nach
allergehorsamst hinterbracht, stimmet gleichsam in allem mit deme über-
ein, was der Fürst von Anhalt in gestriger mir ertheilter Audienz eröffnen
wollen, wie nemlich solcher Commercienanschlag einig und allein vom
secretario Fuchs und von einem also genannten Kammerjunkern Balter
herrühre, so aus ihrer Particulareigennützigkeit und dem Gewinn, so sie
bei solcher neuen Handelschaft als Mitinteressirte zu hoffen haben, S.
Ch. D. zu dergleichen ünterfahungen mittelst der Hoffnung eines grossen
Gewinns verleitet, deme dann dieselbe gleich zugeschlagen. Was aber
die Execution zu Ostende anlange, solche rühre her aus des Churfürsten
eigenem Capriccio; dann was der Privatgewinn über dessen Gemüth für
einen Ascendenten gewonnen seie unter andern daraus abzunehmen,
dass gleich bei Ergreifung des Anschlags der Churfürst zu seiner Be-
werkstelligung die beste Gefälle angegriffen und dem secretario Fuchs
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Erklärungen Anhalts an Lamberg betreffs des Berliner Hofes. 963
za dem Ende auf Verordnimg auszahlen lassen. Der Schnitt, so dieser
hiebei mösste gemacht haben, stehe leicht zu ermessen. Ich wider-
setzte fragweis, ob Meinders und die übrige Glieder der französischen
Partei solches ruhig ansehen und nicht hindern wurden. Worauf mir
die Antwort fiele: Die andern mangleten anderwärtig ihrer Gelegenheit
nicht den Beutel zu spicken; der Churfurst werde aller Seiten trefflich
beschnitten. Wer solches ändern wollte, würde übel anlaufen und an-
ders nichts als die Reputation einer Privatpassion und eines Verleumders
davon bringen. Sonsten stehe man des Schiffs halber gleichwohl noch
wegen Schweden in Sorgen, dass solche es anhalten möchten, als welche
vorhin gegen Dänemark ressentirt, dass man armirte Schiffe durch den
Sund habe passiren lassen.
Soviel nun das attentatum selbst betrifft, hätte die übelgesinnte
Partei so viel mehrem Antrieb gehabt den Churfürsten in seiner ge-
fassten Meinung zu stärken, als sie die Wirkungen solcher Sachen, nem-
lich dass derselbe hiedurch so viel leichter in das französische Interesse
zu ziehen sein würde vorsehen können, wie sie dann, dass Frankreich
inmittelst ihme seine Häfen verwilligt, vor ihme, dem Fürsten, in sonder-
barer Geheim gehalten hätten. Es wäre zwar anfanglich das Werk
allein auf Repressalien gegen Seeland angesehen gewesen; nachdeme aber
dieses mit Abstattung der Halbscheid seiner Schuld sich eingestellet,
sei es auf die Spanier gefallen, welche, wann sie in tempore etwas besser
entgegen gegangen sein würden, der Churfurst sich mit dem dritten Thei^
der forderenden 18 Tonnen Golds würde zufrieden gestellt haben. So-
bald nun die Zeitung des Ablaufs dem Churfürsten zugekommen und
zugleich Meinders und Fuchs sich bei ihme eingefunden, hab hierauf er,
der Fürst, denselben ganz verändert und folgende formalia gegen ihne
meldend angetroffen: Die Spanier haben mich wie einen „Bernhäutter^
tractirt, meine ministros, so ich ö Jahr bei ihnen gehalten, spöttlich ab-
gefertiget und keine Zeit, wann sie mir von rückständigen Subsidien
einen Heller zahlen wollten, benennet; dahero was ich vorgenommen,
dazu bin ich mit den Haaren gezogen worden. Das Haus Oesterreich
sucht in allen Wegen mich zu choquiren und sollte er, der Fürst, sich
von seinem obristen Stallmeister, dem de la Panie, informiren lassen,
wie generös der König in Frankreich, unangesehen er dessen öffentlich
erklärter Feind gewesen und ihme in seinen fernem Progressen im Nie-
derland durch die Diversion gegen die Schweden sehr verhinderlich ge-
fallen, bei denen nimwegischen Fricdenstractaten hätte handien lassen,
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964 Vm. Erste Mißsion des Grafen Joh. Philipp Lamberg. Feb. 1680— Feb. 1682.
da der König ihme, de la Panie, kürzlich Selbsten gesagt, dass E'. E. M.
plenipotentiarii, der Bischof von Gurk') und Stratman, denen Franzosen
ZQ vernehmen gegeben, der Churfurst würde bald zur Raison und za
einem Frieden zu vermögen sein; ja es wisse er, König, selbst, dass
man bei dem kaiserlichen Hof die consilia geführet, Pommern an Schwe-
den, Preussen an Polen, Magdeburg und Ball an Sachsen, Minden und
Halberstadt an Braunschweig und die clevische Land an Pfalz-Neuburg zu
bringen. Der König in Frankreich aber habe in dergleichen nimmer-
mehr einwilligen wollen, sondern unangesehen er dessen Feind, dannoch
seine Meriten angesehen, dahero er die Behauptung aller erzählten Landen
dem König zu danken habe. Er, der Fürst, habe nachmal mit la Panie
gesprochen, der ihm alles solches von Wort zu Wort wiederholet, auch
angehenket, des Churfürsten Minister Spanheim') zu Paris habe ihm
noch iüngst geschrieben, der König hätte ihme für ihne, de la Panie, ein
köstlich Kleinod einhändigen lassen und wüsste er nicht, womit er die
Gnad verdienet. Ob nun solches zwar bei allen anderen dem Fürsten
ein verwerflicher Discurs gewesen sein würde, scheint er dannoch bei
dem Churfürsten eine Impression zu machen und finde er, Fürst, den-
selben dergestalt änderst, dass er nicht unklar erkenne, es könnte der-
selbe bei dieser Coniunctur sich leichtlich an Frankreich henken, um
still zu sitzen, Geld annehmen und dessen Schutz und Protection sich
untergeben; sintemal die französische Partei dem Churfürsten die Con-
tagion in denen Erblanden und Unruhe in Ungarn dergestalten vorge-
malet, dass sich derselbe gegen ihn, Fürsten, verlauten lassen, wie man
sicher mit E^ K. M. in Allianz treten könne, da man solche zu manu-
teniren unfähig und mit denen Hausunruhen genugsam beschäftigt sei.
Er, Fürst, bedaure an seinem Ort, dass zu E'. K. M. höchstem Interesse
er mehrers nicht beitragen könne. Dann da er ohne dem allen hiesigen
ministris ein Splitter in den Augen sei, könne er wohl abnehmen, dass
sie zwei extrema, nemlich durch Promessen von Frankreich ihn auf ihre
Partei zu ziehen, oder aber durch disgusta ihn zu selbstiger Begehrung
des Abschieds zu bringen, versuchen würden. So hätte über das all-
schon von Zeit seiner Ankunft der französische Minister Rebenac sich
an ihn gemacht und bereden wollen, welchermassen, wann in der Sachen
') Jobann VU. von Goess.
^ Vergl. für Ezechiel Spanbeims Vertretung des Kurfürsten in Paris (seit Mai
1680) Ranke, Franz. Gesch. V. 2G8ff.
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Rebenacs Thätigkeit. Bericht Anhalts über seine Unterredungen mit R^benac. 965
von Ascanien ') E'. K. M. österreichische Gesandtschaft gleich des Chur-
forsten seine ihre vota geführet und wie es der Verjus unter der Hand
zu portiren gesucht hätte, wurde die Sach aller Wege zu genügen aus-
geschlagen sein. Er, der Fürst, aber habe geantwortet: Der Envoye
müsse nicht wohl informirt sein, gestalten er Selbsten alle protocolla von
der Sachen gelesen und nichts gefunden habe, als was er gewünschet.
Hierüber hätte ihme der Rebenac seines Königs Freundschaft und auf
Begebenheit alle möglichste Assistenz anerboten, auch sich deutlich ver-
nehmen lassen, dass er alles dran wenden wollte, ihne in seines Königs
Interesse zu ziehen; hätte sich ferner sobald auf den Discurs von des
Fürsten von Oranien Anherokunft beworfen und vorstellig gemacht, dass
ihm desselben Negotiation an hiesigem Hof nicht unbekannt wäre, nem-
lichen den Churfürsten mit denen Staaten und Haus Braunschweig in
eine Bündnus zu bringen und vor dem Fürsten Ludwig, im Fall der von
Oranien ohne Succession mit Tod abgehen sollte, seiner öüter Erben
einzusetzen, antragen wolle'); dann wegen seiner habenden Officien in denen
Niederlanden hätten die Staaten nicht einwilligen wollen gleiche Dispo-
sition zu thun. Er wundere aber, mit was Grund der Fürst solches
thun könne, da doch bekannt, dass seine Länder auch auf die Kunckel
fallen, einfolglich unter aller 4 seines Vaters hinterlassene Schwestern
oder dero Kinder zu theilen seien, welchenfalls er, der Fürst von An-
halt, sich zu versichern hätte, dass sein König für allen andern seiner
Gemahlin Partei sich würde lassen empfohlen sein*). Der Fürst von
Anhalt erklärt dem Lamberg, er habe all' diese Anerbietungen zurückge-
wiesen. Der Fürst von Anhalt theilt auch mit, dass Friedrich Wilhelm ein
Rechtfertigungsschreiben über die Wegnahme des Schiffes an Spanien und an
die übrigen Mächte ergehen lassen werde. Er (der Fürst von Anhalt) sehe in
summa nicht allein, dass der Churfürst, sondern auch des Churprinzen
Gemüth gegen E. K. M. durch die französische Partei von kurzer Zeit
her gewaltig eingenommen ; indeme der letztere, als er ihme, Fürsten, die
aufgesetzte Lista, welche er zu seiner neugebornen Prinzessin zu Ge-
vattern zu bitten gesonnen, primo loco den König in Frankreich gefun-
den^) und da er solches gewundert und warum man E. K. M. nicht dahin
«) Vergl. Pachner von Eggenstorff 1. c. IL 189 ff., 265.
3) Vergl. ürk. u. Act. III. 600 und Anm.
•) Die 4 Schwestern Wilhelm II. waren Louise Henriette, erste Gemahlin Frie-
drich Wilhelms von Brandenburg; Emilie Albertine Agnes, Gemahlin Wilhelm Frie-
drichs; Henriette Katharina, Gemahlin Johann Georg IL; und Marie, Gemahlin Ludwig
Heinrichs, Pfalzgrafen v. Simmern.
*) Der Sinn dieses sprachlich confusen Satzes ist klar,
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966 VIII. Erste Mission des Grafen Job. Philipp Lamberg. Feb. 1680— Feb. 1682.
erbitten wollten, habe der Prinz ihmo darauf unverholen geantwortet, E.
K. M. hätten seinen Herrn Vätern gegen alle gegebene Versicherungen
verlassen, hingegen vom König in Frankreich seie alle Protection zu
hoffen. Was ihne, Fürsten, doch endlich wiederum tröste, wäre, dass
als erstgemelte Lista dem Churrürsten vorgezeigt worden, er den König
in Frankreich propria manu ausgestrichen. . . .
So aber E. K. M. eine sondere Allianz an den Churfürsten oder ein
enges und beständiges Vernehmen verlangen sollten, müsste er, Fürst,
fortan auf seiner ersten Meinung verharren, dass Jena, als welcher allein
allen gegenwärtigen übelen Dispositionen das Gegengewicht zu geben
fähig sei, für allen Dingen mittelst bewusster 4000 Thaler zu gewinnen
wäre : |. Ueber Platens *) Aufenthalt in Berlin meldet auf Befragen Lambergs
Anhalt, derselbe habe die Stimmung des hiesigen Hofes in der Frage der se-
cuhtas publica zu erforschen gesucht; von einer Particularallianz sei niclits
gesprochen worden').
P. S. Lamberg übersendet eine Copie des kurfürstlichen Schreibens an
Spanien betreffend die Wegnahme des Schiffes „Carlos II."
Der Kaiser an Lamberg. Dat. Linz 13. Oct. 1680. (Conc.)
[Nothwendigkeit den Kurfürsten für ein energisches Vorgehen gegen Frankreich zu
gewinnen und ein gutes Einvernehmen zwischen Brandenburg und Sachsen herzustellen.
Kummer über die Wegnahme des Schiffes. Jägerndorf.]
13. Oct. Lamberg soll den Kurfürsten überzeugen, wie nothwendig es sei, damit
weder die Stadt Strassburg, noch einig anderer importanter Ort am
Rheinstrom in französischen Gewalt gerathe, auch lauter ohnbegründetes
Vorgeben seie, dass die Krön Frankreich, so lang einige Allianzen nicht
aufgerichtet werden mögten, still sitzen würde. Lamberg soll trachten
seine Beliebtheit bei dem Kurfürsten von Sachsen dahin auszunützen, auf dass
das Verhältnis Brandenburgs zu Sachsen ein möglichst gutes werde. In den
Reichstagsangelegenheiten möge Lamberg den Kurfürsten zur Unterstützung der
kaiserlichen Pläne zu gewinnen trachten. Das Vorgehen Brandenburgs gegen
Spanien hat den Kaiser unangenehm berührt, umsomehr als nach den letzten
Erklärungen der spanischen Regierung eine Abzahlung der schuldigen Subsidien
zu erwarten war. Bezüglich der Jägerndorfer Angelegenheit hat Lamberg bei
seinen bereits gegebenen Erklärungen zu verbleiben.
^) Franz Ernst von Platen, Minister Ernst Augusts von Hannover.
*) ücber den Aufenthalt Platens in Berlin und über den Zweck desselben Puf.
1. c. XVIII. 25.
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J
PlateiL Verhandlungen Friedrich Wilhelms mit dem Prinzen von Oranien. 967
Lamberg an äen Kaiser. Dat Berlin 25. Oct. 1680; (Or.)
[Yerbandlungen des Prinzen von Oranien mit dem Kurfürsten. Wendung durch das
Eiogreifen der kurfürstlichen Ratbe. Unterredung Lambergs mit dem Prinzen. Dessen
Erklärungen. Bericht des englischen Gesandten über die Conferenzen des Prinzen
mit dem Kurfürsten.]
...Was DUO des Prinzen von Oranien allhie unternommene Negotiation 25. Oct.
betrifft ^)^ ... hat er ganz vertreulich sich vernehmen lassen, sein fur-
nehmster Zweck sei, den Herrn Churfürsten zu der englischen VerbOndnus
zu vermögen, mit dem Herzogen zu Celle das gute Vernehmen zu wider-
bringen und mit Vorstellung, was in fernerweitiger Vorenthaltung des
weggenommenen Schiffes für Inconvenienzen zu befahren, dessen Resti-
tution bestens zu persuadiren und wollte er mich versichern, dass er zu
gemeiner Ruhe und Sicherheit das möglichste beizutragen nicht umhin
werde. In Negotiirung dieses ist ein und anderer Tag verflossen, wo-
rüber dann in geheimer Alleinsprechung mit dem Prinzen der Herr Chur-
fürst sich zu Restitution ermelten Schiffes willfahrig erzeiget. Es seind
aber die ministri Jena, Meinders und Fuchs nicht sobald zu Rathschla-
gung dessen gezogen worden, als S. Ch. D. sich gegen den Prinzen
darinnen widerum ganz anderen Sinnes vermerken lassen und nichts
davon wissen wollen, solang bis die Krön Spanien 500000 Reichsthaler
baar werde erlegt haben. Erst weiteren Bemühungen des Prinzen gelang es
den Kurfürsten zu billigeren Bedingungen zu vermögen'). Bei dem Abschied
hat der Prinz E^ K. M. Nachfolgendes unterthänigst hinterbracht zu wissen
Verlangen bezeuget; nemlich, dass er von dem H°. Churfürsten für der
Beurlaubung in vertreulichem Discurs versichert worden, sie seien mit
Frankreich nicht allein in keiner Allianz befangen, sondern gedächten es
auch nicht zu werden; von dem römischen Reich wollten sie sich nim-
mermehr trennen, doch könnten sie dem Prinzen nicht bergen, dass sie
von E'. K. M. durch den nimwegischen Frieden sehr übel tractirt wor-
den, auch noch jetzo ihre das Herzogthum Jägemdorf vorenthalten werde
und sie nach so langen Jahren zu keiner Billichkeit gelangen könnten;
dergleichen wäre ihre Spanien ein so grosses rückständig und dannoch
von keiner Satisfaction zu hören. Ob ihre dann zu verübelen, dass sie
das ihrige zu suchen bedacht? Wegen Beitretung mit E^ K. M. in die
englische Allianz hätte er, Prinz, ein mehrers nicht gewinnen mögen.
*) üeber die Reise des Prinzen Wilhelm von Oranien nach Berlin; Urk. n. Act.
IIL 588 Anm.; Droysen L c. IIL, 718.
^ Puf. 1. c. XVIII. 11; Droysen 1. c. 717 ff.
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968 ^UI- Srs^ Mission des Grafen JoL. Philipp Lamberg. Feb. 1680— Feb. 1682.
als dass der Herr Charfurst sich auf die Sitzung und den Ablauf des
Parlaments beworfen, bevor dessen er sich zu nichts zu entschliessen
wüsste. Er, Prinz, wäre jedoch der Meinung, E. K. M. würden ein grosses
gewonnen haben, wann sie den Herrn Churfürsten in dessen Prätensionen
zu besänftigen sich gnädigst wurden belieben lassen. Es wollte der
Prinz weiter fortfahren, wurde aber durch Zwischenkompst und Abschied-
nehmung des Chur- und der andern jungen Prinzen unterbrochen, nach
welchem sich dann die Gelegenheit nicht mehr fügen wollen. So viel
ich aber von dem englischen Envoyö vernommen, wäre das fernere ge-
wesen, dass der Prinz endlich und nach vielen schweren Instanzen den
Herrn Churfürsten bewogen, die alte gute Verständnus und das Vertrauen
mit dem Herzogen zu Celle wiederum unter die Hand zu nehmen^).
Und weilen solche Instanz mit Fleiss in Gegenwart der Frau Churfurstin
beschehen, die auch das ihrige, als fortan selbigem Haus sehr geneigt,
eiferig hinzugethan, haben sich I. Ch. D. endlich darin ergeben und
solches gute Vernehmen einzurichten ihme, Prinzen, überlassen, auch zu-
gesagt, im Fall der Herzog einen ministrum anhero schicken würde, sie
alle Willfahrigkeit erzeigen wollten. Derowegen dann der Prinz willens
ist sich noch einen Tag zu Wolfenbüttel , 2 zu Celle und 3 zu Han-
nover aufzuhalten, um alles in guten Stand zu setzen, demnächst sich
nach Holland zu verfügen. Es hat mir der von Amerongen auch sonsten
eröffnet, dass der Herr Churfürst, um die Generalstaaten zu Abstattung
seiner noch theils praetendirender Subsidien so viel leichter zu vermögen,
ihnen die Schenkenschanz gratuito zu überlassen verwilliget'). Er hat
mir femer unverhalten, wessen er von seinen Principalen mit gestriger Post
beordert worden, nemlich es in alle mögliche Wege bei dem Herrn Chur-
fürsten auf die Relaxation des spanischen Schiffes anzutragen. Er hoffe aber
nicht auf Erfolg, zumalen der Churfürst sich bereit verlauten lassen, im
Fall Engelland und Holland Spanien in der Sach zu schützen sich unter-
nehmen sollten, er sich an Frankreich zu henken und Schutz zu suchen
gemüssiget finden würde.
') Für Wilhelms von Oranien Bestrebungen in dieser Zeit Tergl. Klopp 1. c. II.
286; Müller I.e. I. 68 ff.
^ Vergl. ürk. u. Act. lU. 590.
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J
Erkllrungen des Prinzen von Oranien. Scbiffsangelegenbeit. 969
Lamberg an den Kaiser. Dat. Berlin 30. Oct 1680. (Or.)
[Amerongens Bemdbungen bebafs Beilegung des Streites wegen des spaniscben Scbiffes.
Ratbscblag Spaens, wie ein Conflict zwiscben Brandenburg und Spanien zu ver-
meiden sei.]
Amerongen sucht den Korförsten zur Rückgabe des weggenommenen 30. Oct
Schiffes zu bewegen *) und betont Lamberg gegenüber die Gefahr eines Krieges,
falls der Kurfürst nicht nachgeben sollte.
P. S. Gleich nach Schliessung gegenwärtigen Allerunterthänigstens
werde von General Spaen in bei mir gegebener visiti verstandiget, er sorge
sehr, die Misverständnus zwischen der Eron Spanien und hier laufen auf
einen offenbaren Krieg hinaus. Seines Ermessens würde das förderlichste
dagegen sein, dass E. K. M. sich in das Mittel schlüge und zweifle er
nicht, im Fall sie in der jägemdorfischen Sach dem Herrn Churfürsten
zu condescendiren geruheten, ihro derselbe das Aggiustament mit Spanien
deferiren uud völlig zu Händen stellen würde.
Lamberg an den Kaiser. Dat. Berlin 1. Nov. 1680. (Or.)
[Scbiffsangelegenbeit.]
Berichtet nach Mittheilungen Amerongens über dessen Unterredungen mit 1. Nov.
Jena in der Schiffsangelegenheit >). Der englische Gesandte Southwell hat auf
sein Memorial in dieser Angelegenheit keine Antwort erhalten^).
Der Kaiser an Lamberg. Dat. Linz 5. Nov. 1680. (Conc.)
[Notb wendigkeit einer Allianz gegen Frankreich. Unricbtigkeit der Geröcbte über
beabsichtigt gewesene Tbeilung der brandenburgiscben Länder. Belohnung Friedrichs
Ton Jena.]
Aus den Berichten Lambergs hat der Kaiser ersehen, in welch ungünstiger 5. Not.
Stimmung sich der brandenburgische Hof befindet. Lamberg soll trachten die
Stimmung daselbst zu bessern und dem Fürsten von Anhalt die Versicherung
geben, dass an den Reden wegen beabsichtigt gewesener Tbeilung der branden-
burgischen Länder kein wahres Wort sei. Die Schreiben des Kurfürsten in der
spanischen Sache sind mehr Ludificirungs- als Entschuldigungsschreiben^).
Dass sonsten der Churfürst wegen vorhabender Bündnus mit Eng-
land priora erholet, bleibt dermaln an seinen Ort gestellt und wird der
Vergl. ürk. u. Act IH. 590ff.
>) Vergl. ürk. u. Act. III. 591 ff
*) Vergl. ürk. u. Act IH. 588, 593.
*) Das Schreiben an den König von Spanien bei Londorp 1. c. XI, 23.
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970 VIII. Erste Mission des Grafen Job. Pbilipp Lamberg. Feh. 1680— Feb. 1682
Ausgang ein mehrers zeigen, stehet auch dahin, was mit dem Prinzen
von Oranien verabredet werden möge. Du aber hast dich dahin zu be-
arbeiten, dass womöglich eine Allianz dem gemeinen Wesen zum besten
aufgerichtet und zu unserm und des Reichs Praeiudiz nichts geschlossen
werde und kannst du im Uebrigen gedachten Prinzen wegen des engel-
ländischen Wesens negst Bezeugung unsers in dessen Befürderung haben-
den Eifers wohl soviel bedeuten, dass, wann es daselbsten zu einem
gewissen Schluss ankommen sollte, es alsdann unsem dahin abgeschick-
tem Kämmerern und Malteserritter, dem Grafen von Thun, an behöriger
Instruction nicht ermanglen würde.
Bezüglich der Belohnung Friedrichs von Jena soll Lamberg dem Fürsten
von Anhalt sagen, wenn der in Regensburg befindliche Bruder Jena's^), der
sich so schlecht aufführt, abberufen wird — unter dem Vorwande des Antrittes
des ihm übertragenen Kanzleramtes im Halberstadtischen — Friedrich von Jena
nicht nur alsogleich die Hälfte der noch rückständigen 4000 Rthlr. erhalten,
sondern auch sonst belohnt werden würde.
I^amberg an den Kaiser. Dat Berlin 8. Nov. 1680. (Or.)
[Unterredung Lambergs mit Friedrich Wilhelm über die Reicbsangelegenheiten. Be-
rathuog Lambergs mit Anhalt über ein Mittel den Kurfürsten zur Zahlung seiner
Quote an die Reichskriegscassa zu vermögen. Neuerliche Unterredung Lambergs mit
dem Kurfürsten über Errichtung einer Reichskriegscassa. Erklärungen Friedrich Wil-
helms bezüglich des spanischen Conflictes und seiner Stellung zu Frankreich und über
die von dieser Macht drohenden Gefahren. Jägerndorfische Sache. Parteiungen am
schwedischen Hofe]
8. Nov. Der Kurfürst, den Lamberg aufsucht, ist bettlägerig, die Kurfürstin bei ihm,
daher ein eingehendes Gespräch nicht möglich. Soviel aber per familiäre
colloquium von P. Ch. D. vernommen, wäre, dass sie von vertrauter Hand
die Nachricht eingezogen, es führe der Herr Churfürst zu Mainz die Ge-
danken den Reichstag, soviel an ihn wäre, aufzuheben, welches P. Ch.
D. aus dem Sinn zu reden und für einen französischen Fund auszu-
deuten (ich) versuchte, dieselbe anlangend, sie wollten nur auf allen
Fall ihrer Seiten dero ministrum zu Manutenirung des Convents instru-
iren, E. E. M. würden dero höchsten Orts bei Churmainz die Sach auf
gerechtem Wege zu halten auch nicht unterlassen. Vom Fürsten von
Anhalt sucht Lamberg zu erfahren, auf welche Weise man den Kurfürsten am
besten zur Erlegung seiner Quote für die Reichskriegskassa bewegen könnte. Der
Fürst theilt ihm mit, es würden I. Ch. D. auf sothanen Fürtrag zur Ant-
1) Gottfried Jena,
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Allianz gegen Frankreich. Jena. YerbandlangenLambergs mit Friedrich Wilhelm. 971
wort erfolgen lassen, dass sie ihre desfalls in der Matricul aufgezeichnete
Summa zu Erhaltung dero wirklich bereit auf dem Fuss habender Völker
anzuwenden würde gehalten sein. Ich widersetzte fragweis, im Fall
deroselben zugleich an die Hand gegeben würde, dass E. E. M. bei dem
Reich darob sein wollten, damit, was auf den Notfall I. Ch. D. mehrers
an Volk als dero Antheil ertrüge beistossen sollten, solches ebenmässig
aus ermelter Cassa oder sonsten von dem Reich erstattet und unter-
halten würde, ob sie alsdann desto eher sich möchten zu solchem Bei-
trag bequemen? Diesem geringen Fürschlag wurde sobald Beifall ge-
geben, auch noch hinzugesetzt, dass solches ein Mittel sein würde den
Herrn Churfürsten desto eher zu einer cathegorischen Resolution zu ver-
mögen, wann er sehen sollte, dass E. E. M. wegen des durch den nim-
wegischen Frieden erlittenen Schadens, im Fall er ein mehrers für des
Reichs Wohlfahrt leisten sollte^ ihme von dannen in ein oder anderen
Wege etwas Ergetzung zukommen zu lassen sich allergnädigst annehmen
wollten. Auch betont Anhalt nochmals die Nothwendigkeit einer ^Onadenbe-
zeugong für den Kanzler Jena.
Am 6. hat Lamberg Audienz beim Kurfürsten, dem er mittheilt, dass
die meisten Kurfürsten und Fürsten bezüglich puncti securitatis sich dafür
ausgesprochen durch einen gemeinen Reichsschluss eine Reichskriegscassa zu er-
richten und dass der Kaiser vom Kurfürsten von Brandenburg die Gutheissung
dieses Beschlusses erwarte. Der Kurfürst erklärt die Sache im geheimen Rathe
erwägen zu wollen. Bezüglich der Schiffswegnahme sucht der Kurfürst sein
Vorgehen zu rechtfertigen und als Lamberg meint, des Kurfürsten Benehmen
habe die Furcht erweckt, als wolle, er sich auf die Seite Frankreichs schlagen,
versichert Friedrich Wilhelm, dass er annoch ganz freier Hand sei und mit
Frankreich in einige Wege sich nicht habe verbündlich gemacht. Im
Fall man aber ihne auf eine Extremität treiben sollte, würde er sich ge-
nöthiget finden, Hilf zu suchen, wo er könnte und sei er kürzlich ent-
schlossen den durch das iüngste holländische Flacat^) empfangenen Af-
front zu ressentiren und die Generalstaaten zu dessen völligem Widerruf
anzuhalten, oder er würde darauf mit gleichmässigen Revocatorien seiner
Unterthanen begegnen und sollte inzwischen einer von denen Schiffs-
burschen dem Placat zu pariren sich unterfangen, hätte er befohlen
(dieses waren die formalia) solchen a dispetto der Holländer als einen
Ausreisser aufhenken zu lassen. Hierüber hielte ich mich geflissen S.
Ch. D. bestens zu besänftigen, ihre, im Fall die Bach auf Extremitäten
kommen sollte, die üble Suiten und wie ein gewünschtes Spiel Frank-
^ Vom 8. October; vergl. ürk. u. Act. III. 589 und 593 ff.
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972 VIII. Erste Mission des Grafen Job. Philipp Lamberg. Feb. 1680— Feb. 1682.
reich dadurch überkommen würde, zu repraesentiren. Sie aber ver-
meineten, solches alle läge an der Krone Spanien, sie ihres Orts ver-
langten keine Weiterungen, könnten aber auch ohne die gerechte Satis-
faction keiner Seiten nichts praestiren, sondern wollten sich von oftge-
melter Krön für allen Dingen zufrieden gestellet wissen. Wegen ihres
Fürhabens und Anschlags auf die spanische Schiff hätten sie sich mit
Frankreich im geringsten nicht verglichen, oder es mit dero überlegt,
(dessen Widerspiels ich zwar sonsten anderwärtsher wohl versichert),
sondern einig und allein der Krön Dänemark wegen Passirung des Sunds
communiciret und möchte mir gar wohl unverhalten bleiben, dass letzt-
ermelte Krön mit ihrer ebenmässigen Forderung blosser Dingen der Ur-
sachen zurückhalte, damit sie den Ablauf dieses Handels abwarten
und sodann auch ihres Orts herfürbrechen möge. . . .
Ich bewarfe mich hienechst, dem Herrn Churfürsten die französische
gegen den westphälischen und nimwegischen Frieden laufende Thätlich-
keiten zu Gemüth zu führen und dass, dafern man weiter zusehen sollte,
dem Reich der gänzliche Untergang bevorstünde. Demselben nun wäre
zwar nicht entgegen die Erkenntnus der Gefahr zu gestehen, auch mich
wissen zu lassen, es wäre ihm Nachricht eingeloffen, ob stünde die
Stadt Strassburg in procinctu mit Frankreich zu capituliren und sich
dero unterthänig zu machen, welches mir so viel mehr Anlass gegeben,
I. Ch. D. zu animiren und um eine cathegorische Resolution für das
Reich anzusuchen. Diese aber widerlegten solches mit deme, dass sie
in iüngstem Kriege alles das ihrige für das Reich angewendet, durch
den nimwegischen Frieden aber übel dafür wären belohnet worden, deme
sie dann deren Gewohnheit nach die Ursach alles Unheils zulegten.
Auf weiteres Znreden Lambergs erklärte der Knrfurst, er werde die Sache der
Reichskriegscassa im geheimen Rathe besprechen. Aehnlich wie der Karfarst
äussert sich Jena und betont insbesondere die Nothwendigkeit gegen Holland
energisch vorzugehen. . . . Die jägerndorfische Angelegenheit wird jetzt gar
nicht hervorgehoben; Lamberg glaubt, man hebe sich die Sache für einen ge-
eigneteren Zeitpunkt auf und bittet um Instruction. Von der Krön Schwe-
den hat mir der Herr Churfürst eröffnet, es erregten sich daselbst 2
Factionen, deren eine den König wiederum mit Frankreich zu ver-
wicklen, die andere aber an E. K. M. und das Reich fest zu machen
suchte^).
^) lieber die damaligeD Verhältnisse in Schweden; vergl. Carlson 1. c. 48 ff.
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M
Unterredungen Lambergs und Amerongens mit dem Karfärsteo. 073
Lamberg an den Kaiser. Dat Berlin 15. Nov. 1680. (Or.)
[Amerongens Verhandlangen mit dem Karforsten. Mittbeilungen Amerongens an
Lamberg Ton des Kurfürsten Aeusserungen über den Kaiser. Ansicht Lambergs. Unter-
redung mit dem Kurfürsten über die französische Antwort auf das Schreiben des
Reiches.]
AmeroDgen berichtet dem Lamberg über seine Unterredung mit dem Kurfürsten 15. Not.
bezüglich der schwebenden Streitigkeiten. Er könnte mir anbei in Yer-
trauen nicht verhalten, dass der Discars den Churfursten auch über
meine obhabende Negotiation getragen und der ihme zu erkennen gegeben
hätten , dass E. K. M. dero Armee auf 40 000 Mann zu verstärken und
zugleich die Reichskriegscassa aufzurichten gesonnen und es die Meinung
hätte, dass ein ieglicher Stand des Reichs dazu contribuiren solle. Er,
Churfnrst, sehe wohl wo die consilia hinausliefen und wollte sich zu
keinem Sklaven machen lassen und hätte man ihne am kaiserlichen Hofe
auch sonsten also tractirt, dass er nicht Ursach hätte diesen Vorschlägen
zu deferiren. Er, von Amerongen, hätte hierauf angefuget, von mir
mehrmalen vernommen zu haben, solches Werk beruhe auf dem, dass
I. Ch. D. ein taugliches subjectum an E^ E. M. Hofe schicken und dero
Gerechtsame vorstellen lassen wollten. Die aber hätten versetzt, solcher
Vorschlag wäre bereit mehr geschehen und seiner Seiten vollenzogen,
aber nichts als leere Wort davon gebracht, unerachtet die Restitution
des Herzogthums Jägemdorf zu mehrmal versprochen worden. Aus so-
thanem Discurs habe soviel abzunehmen gehabt, es wolle der Vorschlag
wegen der Reichscassa denen churfurstlichen ministris der Ursach nicht
eingehen, weilen alsdann der Churförst nicht mehr necessarius sein,
noch die Winterquartier seines Gefallens würde nehmen können. Ich
werde mich solchen Advertissements an Zeit und Orten zu gebrauchen,
auch die mir allergnädigst an Hand gegebene motiva zu Convincirung,
dass solche Reichscassa zu nichts als des Reichs selbst eigener Sicherheit
gerichtet, dextere und beweglich fürzustellen geflissen sein. Sorge iedoch
der Ursach wenig zu erhalten, weilen der Churfürst seines Particular-
interesse halben lieber zu sehen scheinet, dass alles ad extrema komme
und der punctus securitatis publicae tumultuarie an Hand genommen,
sodann seine Völker, als zu der Reichsdefension nöthig, durch assignirte
oder selbst genommene Quartier mit fremden Mitteln unterhalten, des
Charfürsten Land aber verschont werden, da im Gegentheil bei stehen-
der Reichscassa solches alles ordentlich zugehen und kein Stand für dem
andern desfalls einigen Vortheils geniessen dörfte.
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A
974 VIII. Erste Mission des Grafen Job. Philipp Lamberg. Feb. 1680— Feb. 1682.
Am 14. neue Unterredung mit dem kranken Kurfürsten. Dieser meldet,
er habe die französische Antwort auf das zu Regensburg von den versammelten
Ständen ergangene Schreiben erhalten ^). Worauf ich gleichsam lächlend
gefragt, ob solche nach des Reichs Vergnügen ausgefallen. I. Ch. D. aber
antwortete mir nicht in forma, sondern mit ihrer nun fast zu einem Sprich-
wort gediehenen Klag, der nimwegische Fried sei an allem Ursach.
Der Kaiser an Lamberg. Dat. Linz 26. Nov. 1680. (Conc.)
[Anerbieten der Vermittelung in dem Streite des Eurfarsten mit Holland und Spanien.
Geld für Jena.]
26. Nov. Lamberg soll trachten den Kurfürsten von Gewaltmassregeln in der Streit-
sache mit Spanien und Holland zurückzuhalten und die Mediation des Kaisers
anbieten. . . . Die Wechsel über die 4000 Reichsthaler für Jena werden über-
schickt, Lamberg soll durch Anhalt dem Jena davon Mittheilung machen, zu-
gleich aber betonen lassen, der Kaiser hoffe, Jena werde bewirken, dass sein
Bruder in Regensburg sich besser aufführe. £r selbst solle den Kaiser in allen
Fragen unterstützen.
Lamberg an den Kaiser. Dat. Berlin 29. Nov. 1680. (Or.)
[Unterredung Jena^s mit Lamberg über die Reicbskriegscassa, über die Scbiffswegnahme
und über den Zweck der Reise des Prinzen Ludwig nach Preussen. Entscheidung des
Kurfürsten in der Reichskriegscassafrage. Vergebliche Versuche Lambergs den Kur-
fürsten in dieser Angelegenheit zu besseren Entschlüssen zu vermögen. Bemerkungen
Friedrich Wilhelms über seine Stellung zu Baiem und Sachsen.]
29. Nov. In der Angelegenheit der Reichskriegscassa hat Jena gesagt, dass nach
den gemachten Vorschlägen sein Herr deterioris conditionis als andere
unbewaffnete sein würde, indeme diese nur ihr simplum in Geld bei-
trügen, der Herr Churfürst aber eben solches praestiren und noch anbei
seine Mannschaft unterhalten müsste. Auf die Entgegnung Lambergs, man
werde ja gerade die Truppen Brandenburgs werben müssen, antwortet Jena,
der Kurfürst werde seine Truppen nicht abgeben. Jena verspricht dann die
Sache dem Kurfürsten zu empfehlen, betont aber, dass er die Durchführung für
schwierig halte.
Der Discurs trüge uns hienechst auf die bei Ostende beschehene Prise
und eröffnete mir der Kanzler, was er seines Orts dem Churfürsten für-
stellig gemacht und sie mit diesen Worten angeredet habe, dass die-
^) Das Schreiben der Reichsstände vom 27. Juli (abgedruckt Theatr. Europ. XII.
137 ff) betrifft die Verletzung des Friedens durch Frankreich; Ludwig XIV. Antwort
ebendaselbst 141 ff.
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Unterredung Lambergs mit Jena. 975
ienige Rathe, so dasselbe an Hand gegeben, entweder dero statnm nicht
verstunden, oder za Fleiss dieselbe dahin einzufahren gesucht, auf dass
sie den ersten Angriff thun und zu Vollnziehung der französischen disegni
der Urheber sein sollten. . . . Die Schiffausrüstung hätte bereit mehr
als 1 Million gekostet baar und der besten Gefall und gehöre ein grosser
Verlag dazu eine Flotte zu unterhalten und im Fall dem Churfiirsten
ein Unglück damit zustehen sollte, würde es dero äusserster Schade sein.
Er führe weiter gegen mich fort, man hätte solche Anschlag vor ihme
verborgen bis sie zur Extremität gelangt, so aber dannenher gerühret,
weilen die bei dem Handel Interessirte ihne, Canzlem, anfangs zum Prae-
sidenten dieses commercii zu machen ersucht, er aber dasselbe refusirt
und dem Churfursten bedentet hätte, dass er mit andern Geschäften
genugsam überhäufet, allzeit bei Hof sein müsste, demnach deme, was in
Preussen gehandlet würde, nicht abwarten könnte. Dieses hätte ver-
ursacht, dass man Mistrauen in ihne gesetzt und bezeigte er sich mit
dem secretario Fuchs und Raule als fumehmsten Interessenten sehr übel
zufrieden. Im üebrigen vertheidigt Jena das Vorgehen des Kurfürsten gegen-
über Holland und Spanien. Hierüber beflisse mich zu vernehmen, worauf
doch des Prinzen Ludwigs Reise nach Preussen angesehen und ob sich
in Wahrheit befinde, was mir zu Ohren gekommen, dass es die Prin-
zessin Radziwill betreffe und Frankreich sich anerboten, demselben bei
dem König und Senat in Polen zu deren Gütern in Litthauen zu ver-
helfen. Hierauf bekräftigte er mir das Gegentheil mit diesen Formalien:
Ich sollte ihn für einen Schelmen halten, wann sein gnädigster Herr dies-
falls von Frankreich die geringste Assistenz suche. Besagten Prinzens
Reis ziele einigst dahin die Vermählung gewiss zu machen, die Copu-
lation fürgehen zu lassen und damit denen besorglichen neuen statutis
auf dem Reichstag furzubiegen, sodann aber seine Reisen ein paar Jahre
fortzusetzen. Ich fragte , ob alle Strittigkeiten wegen I^ Ch. D. In-
digenats beigelegt und sie in Polen Güter zu geniessen befugt wären.
Er aber vermeinte, wann nur die Vermählung versichert, dem übrigen
wohl zu helfen sein würde, da es so wenig in Polen als Lithau an Freun-
den ermangle ...').
Einige Tage später lässt der Kurfürst dem Lamberg seine Entschliessnng
in der Reichskriegscassafrage dahin kund thnn, er habe das Werk fleissig über-
legt, fanden es aber in keinerlei Wege zu dero für des Reichs Sicherheit
') üeber diese Streitigkeiten und Frankreichs Haltung Puf. I. c. XVIII. 29 f.
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976 VIII. Erste Mission des Grafen Job. Philipp Lamberg. Feb. 1680— Feb. 1662.
gefassten latention beiträglich, angesehen es sehr langsam hergehen
würde alle Stand auf die Reichskriegscassa einstimmen zu machen, her-
nach dieselbe einzurichten, dann ferner die assignationes zu schlichten
und wann solches alles geschehen würde dannoch das Reich ohne Mann-
schaft stehen; auf einen wirklichen feindlichen Einbruch aber erst Völker
zu werben würde zu spät sein und wann demnach einige Stand zu
Boden geworfen, würden solche unnützlich werden, das Werk in's Stecken
gerathen und zerfallen. Lamberg sacht den Kurfürsten in Potsdam auf und
bemüht sich ihn von dieser Ansicht abzubringen, allein vergebens. Das einzige,
wozu ihn Lamberg bewegt, ist die Versicherung, dass wann die andere Chur-
fürsten und Stände auf die vorgeschlagene Reichskriegscassa es antragen
und einstimmen würden, sie sich sothanem Reichsschluss ganz nicht ent-
gegensetzen, sondern ihren ministrum befehligen würden sich denen
maioribus zu conformiren. Dass sie aber sich gleich ietzo erklären
sollten, würde ihre der Drsach nicht können angemuthet werden, weilen
es allzu gefahrlich gefallen wolle abermal der erste sich verfänglich zu
machen. Uebrigens gaben sie mir die vorhin mehrmal beschehene Ver-
sicherung, dass sie sich vom Reich keineswegs trennen, sondern mit dero
conclusis ieder 2«eit beihalten würden.
Hierauf ergäbe sich die Gelegenheit des Discurses S'. Ch. D. vorzu-
stellen, wie zum allgemeinen Interesse absonderlich gedeihlich sein würde,
wann dieselbige sich mit Churbayem und Sachsen in enger und steter
Communication zu stehen möchten belieben lassen, auf dass sie, was
selbige Churfürsten zu Einrichtung des puncti securitatis publicae für
Gedanken führten, soviel mehrers in Erfahrung bringen, also die Not-
durft in der Enge abhandlen möchten. Hierüber fügten mir dieselbe an,
dass sie mit dem Churhaus Bayern in absonderlicher Communication, die
sie doch mehrmalen ausdrücklich zu suchen nicht ermanglet, von dort
aus aber nicht cultivirt worden, niemal gestanden. Mit Chur-Sachsen
aber würden sie die Freundschaft durch Abschickung eines Cavaliers zur
Condolenz ^) zu befestigen in alle Wege bedacht sein. ... So wüssten
sie auch nicht, was sie von Churbayern eigentlich schliessen sollten,
angesehen ihre die Nachricht einkommen, ob wäre es mit Frankreich
weit näher befangen, als es vielleicht E^ E. M. möchte sein hinterbracht
worden.
Johann Georg II. war am 22. Aug. 1680 gestorben.
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Eatscbeidiing Fr. Wilh. in der Eeicbskriegskassafrage. Brandenb. u. Sacbsen. 977
Lamberg an den Kaiser. Dat. Berlin 6. December 1680.
(Or.)
[Erklärungen des Kurfürsten über sein Verbalten gegenüber den Staaten. England.
Amerongens Erklärungen über das Verhalten des Kurfürsten. Jena.]
Der Kurfürst sucht in einer Unterredung mit Lamberg sein Verhalten 6. Dec.
den Staaten gegenüber zu rechtfertigen. Engel land betreffend gaben sie
alle Hoffnung auf, dass für das allgemeine Wesen dannenher etwas er-
spriessliches folgen würde. Amerongen theilt dem Lamberg mit, er finde die
brandenburgischen Minister viel besser gestimmt*). Jena zeigt sich mehr und
mehr E^ E. M. devot zu sein, wie er dann iüngsthin gegen mich seines
Bruders condotta improbiret und solche zum Theil der mit Verjus haben-
der Freundschaft beigemessen.
Lamberg an den Kaiser. Dat. Berlin 13. December 1680,
(Or.)
[ürtheil des Fürsten von Anhalt über des Kurfürsten Beziehungen zu Sacbsen und
Braunschweig. Des Kurfürsten Bemerkungen über die Rüstungen der Türken, über
sein Verhältnis zu Spanien, über die französische Partei in den Niederlanden, über
Dänemark, Schweden, England. Klagen des Kurfürsten über das Hans Braunscbweig*
Gottfried Jena in Regensburg. Jägerndorf.]
Der Fürst von Anhalt, den Lamberg über die Beziehungen des Kurfürsten 13. Dec.
zu Sachsen und Braunschweig ausfragt, erklärt, es sei beiderseits nur ganz all-
gemein verhandelt worden'). Der Kurfürst erklärt, wie der Kaiser habe auch
er Nachricht, dass man in Constantinopel stark rüste; es wäre daher nicht übel
getban, sich in Verfassung zu setzen ^). . . . Bezüglich der Wegnahme des spani-
schen Schiffes erklärt er nochmals, damit nichts feindliches gegen Spanien im Sinne
gehabt zu haben. Gleichwie ich sonsten I. Ch. D. in Bespect ersuchet die
Einrichtung der Werbungen in secreto zu halten, welches sie mir auch
zugesagt, also haben dieselbe mir hiowider in Vertrauen zu vernehmen
gegeben, wie sie von sehr erheblichem Ort aus dem Haag berichtet
worden, dass die Generalstaaten mit Frankreich in die alte Allianz zu
treten gänzlich entschlossen und würde solches in kurzem ausbrechen.
Für dem Prinzen von Oranien wäre solches vorhin verhalten worden und
Vergl. Urk. u. Act. III. 599.
») Vergl. Puf. 1. c. XVIII. 25, 26.
^ Für die Rüstungen der Türkeo und bezüglich der Gefahr vor einem Einfalle
derselben vergl. Klopp, 0., Das Türkenjahr 1683 u. s. w. 70ff.
Mater, t. 0«teh. d. 6. KurfurM«u. XIV. 2. 62
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978 VIII. Erste Mission des Grafen Job. Philipp Laroberg. Feb. 1680— Feb. 1682.
danoenher als dieser es nunmehr za hindern gesucht, allschon zu spät
gewesen. Ich stellte für, dass solches etwan ein französisches stratagema
sein dörfte P. Ch. D. bevorstehendes Accommodement mit denen General-
staaten wegen der Placaten zu stören. Die aber versicherten mich, dass
sie dessen von allzu gewissem Ort informiret. Es hätten ferner die
Kronen Schweden und Dänemark sich per ministros verglichen einander
hinfahre nicht mehr anzugreifen, noch zu hindern, sondern ihr beider-
seitiges Interesse mittelst Frankreich zu suchen, selbiges in seinen An-
schlägen zu secondiren und herentgegen bei deme zu gesinnen, dass auf
den Fall künftigen Krieges im Reich der Einen die Weser, der Andera
die Elbe zur Disposition stehen und beide darüber von der Krön Frank-
reich sollten geschützet werden '). Nicht weniger hätten I. Ch. D. aus
Engelland die Nachricht, dass das Parlament die Ueberhand gewinne
und grosse Zerrüttungen erfolgen würden'); worauf ich angefüget, dass
ie weniger Hilf von aussen, ie mehrer Nothwendigkeit von innen zu
sein scheine desto enger zusammen zu treten und auf die gemeine Sal-
virung selbsten zu gedenken; welchen Anwurf aber I. Ch. D. zu beant-
worten nicht beliebt, sondern geahndet, dass das Haus Braunschweig
etliche von Magdeburg mit Getreid kommende Schiflf unter Vorwand
der Contagion nicht allein angehalten, sondern auch das Volk davon
wider zurückgewiesen, also das Getreid verderben müsste, welches kein
nachbarliches Verfahren wäre, worüber dann dieselbe sich sehr alterirt
bezeigten und klagten, dass solches Haus sich in allen Begebenheiten
so widrig anliesse und würde der Fall sich darthun solches seiner Zeit
nach der Billichkeit zu ressentiren.
Anhalt hat mit Jena wegen dessen Bruders Benehmen gesprochen, Jena
hat sein Eingreifen zugesagt.
Wegen der jägerndorfischen Sach hat der Fürst ferner bei ihme an-
gefragt, warum anietzo so rigide auf Widersteilung des Herzogthuma
Selbsten gehalten würde, da gleichwohl man sich vorhin mit Geld und
vielleicht wenigerem als ietzo zu hoffen stünde contentiren hätte wollen.
Es wurde geantwortet: Dazumal wäre es das tempo gewesen, so aber ver-
absäumet worden. | : Der Fürst fragte weiter, ob es dann nicht noch an-
ständig sein könnte, angesehen P. Ch. D. mit dem Geld vielleicht mehr,
als einem inmitten der kaiserlichen Länder gelegen Fürstenthum möchte
') Far die wirklichen Pläne Schwedens in dieser Zeit vergl. Garlson 1. c V. 52 ff.
^ För die Verbandlungen des Oct 1680 zosammengetretenen Parlamentes Ranke,
Engl. Gesch. V. 277 ff.; Klopp 1. c. II. 275 ff.
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k
Erklärungen des Kurfürsten. Der Kaiser und die brand-span. Scbiffsfrage. 979
gedienet werden. Der Kanzler versetzte, es konnte sein, dass etwan die
Conioncturen sich änderten und sich das tempo wieder darstellte, welches
alsdann besser zu beobachten sein wurde:!.
Der Kaiser an Lamberg. DaL Linz 17. Dec. 1680. (Conc.)
[Instruction für Lambergs Verhalten in der Schiffswegnabmefrage.]
Der Kaiser fürchtet weitere Verwickelungen lin der spanischen Schiffs- 17. Dec.
angelegenheit; Lamberg soll daher die Mediation auf Engelland und die
Generalstaaten der vereinigten Niederlanden zwar befürdern, da aber
selbige etwan uns zugemuthet werden wollte, es dextre decliniren und
blos in denen terminis guter Ofßcien beharren; herontgegen dich da-
hin zu bearbeiten habest, damit von weiterer Thätlichkeit abgestanden,
auch der churbrandenburgische Regimenteranzug nach denen clevischen
Landen eingestellt werde. . . . Damit nun des Churförsten L^^°. von dero
weitaussehenden bedrohlichen Gedanken abgebracht werden und sich end-
lichen auf gelinderen Weg leiten lassen mögen, so befinden wir das zu-
länglichste Mittel zu sein, dass ernannte Generalstaaten die Hände von
der Sachen nicht abziehen, sondern auf dem ergangenen avocatorio fest
bestehen, dannenhero du mit dem von Amerongen (iedoch ohne Mel-
dung, also seiest du dessen befelcht) in höchster Enge ganz vertreuliche
Unterredung zu pflegen und ihne dahin anzufrischen hast, dass er sowohl
bei seinen Principalen, damit das Placat in vigore verbleibe und nicht
widerum cassirt oder revocirt werde, daran sein, als sonsten an dem
churbrandenburgischen Hof noch ferner die Inconvenientien beherzt vor-
stellen wollte.
Lamberg an den Kaiser. Dat. Berlin 27. Dec. 1680. (Or.)
[Unterredung Lambergs mit dem Kurfürsten aber die Schiffsangelegenbeit und aber das
Verhältnis zu Spanien überhaupt. Pftiziscbe Klagen über Bedrückungen durch Frank-
reich. Des Kurfürsten Ansicht darüber und über die Beziehungen Schwedens zu
Dänemark, sowie über seine Stellung zu Polen. Unterredung Lambergs mit Meinders
und Jena über die spanische Streitfrage. Rathschläge des Letzteren.]
Die Zurücksendung des an den König von Spanien erlassenen Schreibens *) 27. Dec.
dnrch des Kaisers Residenten im Haag^) hat den Kurfürsten sehr unangenehm
>) Gemeint ist wohl das Schreiben TOm 22. Sept 1680; Londorp 1. c. XH. !
Vergl. Klopp I. c. IL 267 f.
^ Kramprich.
62^
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980 Vlll. träte Mission des Grafen Job. Philipp Lamberg. Feb. 1660 — Feb. 1681
berührt. Lamberg sacht nachzuweisen, dass dies nur geschehen sei, um eine ani-
mose Antwort der Spanier zu verhindern, womit sich der Kurfürst aber anfangs
nicht zufrieden gibt, ^ielmehr die neuerliche Expedirung in Aussicht stellt. Als
darauf Lamberg die bedenklichen Folgen eines solchen Vorgehens klarlegt, ant-
worteten L Ch. D. mit einem sonderbaren Eifer und Gemüthsbewegung, mir
aber zu innerlicher Vergnügung, man würde den Nachklang von ihro nimmer-
mehr erleben, dass sie ein Ursacher neuer Unruhe sein sollten. Sie wüssten
von keiner Bündnus mit Frankreich und versicherten mich nochmal dessen,
was sie also oft contestiret, dass sie vom Reich und dessen Interesse sich
keinesweges separiren wollten. Sie hätten bei der Krön Spanien ein mehrers
nicht gesucht als die Billichkeit und nur auf die äusserste Nothdrängnus
dasienige an die Hand genommen, was solchenfalls auch bei Particularen
würde zulässig gewesen sein. Ein solches würde das ergangene Schrei-
ben zu erkennen gegeben haben. Sie wollten mir aber durch dero mi-
nistros so bewandte Fürschläg communiciren lassen, welche thunlich sein
und dargeben würden, dass sie ein mehrers nicht bei der Sach thun
könnten. Und weilen Spanien die Mediation nicht erkennen wollte, er-
wähneten sie ferner, dass auch ihres Orts sie sich deren entschlagen
müssten. Ich versetzte, dass solches den 15. October beschehen, wir
aber nunmehr auf dem End des Jahres stünden und mittler Zeiten sich
zu Madrid viel veränderliches zutragen und das verworfene hätte am-
plectirt werden können und wären meines wenigen Erachtens in der-
gleichen Entlegenheiten der Oerter die Resolutionen bis auf das gewissere
auszustellen. Dieses Einwenden bezeigten I. Ch. D. nicht ungenehm zu
halten; Hessen sich auch weiter vernehmen, dass an dero Hof sich der
churpfalzische Rath und Secretarius Schmettau befände, um die von
Frankreich gegen seinen H**. Churfürsten verübende Thätlichkeiten und
in specie dieses fürsteilig zu machen, dass Frankreich gleich ietzo im
Werk begriffen einige churpfalzische Afterlehen in der Grafschaft Spon-
heim unter die olsässische praetensiones mitzuziehen. Worüber S. Ch.
D. sich bezeugten resolvirt zu sein dem französischen Envoye Rebenac
gut rund zu erklären, sie würden ein solches nicht gestatten. . . . Nechst-
deme meldeten sie noch des festen Glaubens und von Neuem berichtet
zu sein, dass die Verständnus zwischen Dänemark und Schweden sicher
und dieser Krön von dem dänischen Botschafter Juel angetragen worden,
sie beide nordische Potenzen möchten künftighin ihre Conquesten gegen
und unter sich beiden zu suchen einander verschonen und solche viel-
mehr mit Hilf Frankreichs bei und in dem Reich zu suchen. Mit der
polnischen Republik vermeinten I. Ch. D. in gutem Vernehmen zu sein
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Span.-bnmd. Differenzen. Pfölzische Klagen über Frankreich. Punctum secnritatis. 981
ubd obzwar dero Sohn, dem Prinzen Ludwig, sie theils das Indigenat
dispatiren wollten, hofften sie iedennoch die Possess der litthauischen
Radziwillischen Güter zo behaupten. . . .
Nach Berlin zurückgekehrt hat Lamberg eine längere Unterredung mit
Jena und Meinders wegen der spanischen Angelegenheit^). In einer weiteren
Besprechung mit Jena macht Lamberg auf die übergrossen Forderungen Bran-
denburgs an Spanien aufmerksam. Jena aber vermeinte ^ wann die Krön
sich nur zum billichen verstehen wollte, dass quoad liquidationem die
Sach schon ihr Ort finden würde; wollte auch mir zu Bezeugung seiner
allerunterthänigsten Devotion gegen E. K. M. particulariter in höchstem
Vertrauen an die Hand gegeben haben, dass nachdem ihme wohl wissend
wie grosse praetensiones auch E. E. M. an die Krön Spanien hätten, es
anietzo mittelst deren eine gute Gelegenheit sein würde auch die Jägern-
dorfische Streitsach abzuthun, wann nemlich die Krön Spanien dahin
gehalten würde etwas mehrers an Land als sonsten die churfürstliche
praetensiones portirten einzuräumen. Er, Jena, würde dadurch zu E^
K. M. Diensten bei dem H^ Churfürsten zu cooperiren desto fähiger
werden. Könnte mir anbei nicht verhalten befehligt zu sein die auf
Jägemdorf habende Gerechtsame auf französisch an König von Engelland
einzuschicken. Lamberg ersucht dringend dies zu unterlassen.
Der Kaiser an Lamberg. Dat. Linz 2. Januar 1681. (Conc.)
[Punctum securitatis.]
Der Kaiser hat sich durch Frankreichs und der Pforte Vorgehen genöthigt 2. Jan.
gesehen punctum securitatis publicae beim Reichstage in Regensburg vor-
zubringen, ohne sich vorerst mit dem Kurfürsten von Brandenburg weiter zu
berathen '). Lamberg soll dies dem Kurfürsten klar machen und denselben um
Unterstützung der kaiserlichen Sache angehen.
I) Das Protocoll dieser Sitzung ist erbalten. Das Ergebnis ist, dass die kur-
fürstlichen Minister nachweisen, dass Spanien anstatt der 2068 409 Rthlr., die es im
letzten Kriege an Brandenburg zu zahlen verpflichtet gewesen, blos 299 750 Rthlr.
gezahlt habe, daher 1 768 659 Rthlr. Brandenburg schulde. Der Kurfürst würde gerne
ein Stück Landes als Pfand bis zur Abzahlung dieser Summe nehmen. ^Und im Fall
dieselbe sich hierüber auf ein Stück von Geldern resolviren wollte und dessen die
Versicherung an die beliebte roediatores, als dermal Holland, beschehen sein würde, so
wollten I. Ch. D. das bei Ostende abgenommene Schiff sammt aufgehebten Waaren
unverzüglich zu Händen besagter Mediatoren stellen.^
^ Das Decret vom 15. Jan. dict Regensburg 17. Jan. abgedruckt bei Pachner
von Eggenstorff 1. c. IL 288 ff.; für die Verhandlungen über diesen Gegenstand Fester
I.e. 29ff.; Wagner 1. c. L 519 f.
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982 VIII. Erste Mission des Grafen Joh. Philipp Lamberg. Feb. 1680— Feb. 1682.
Lamberg an den Kaiser. Dat. Berlin 6. Januar 1681. (Or.)
[Gratulation zur Geburt der kaiserlichen Prinzessin. RadziwilPscbe Göter. Spanische
Streitfrage.]
6. Jan. Der Kurfürst und die Kurfürstin gratuliren zur Geburt der kaiserlichen
Prinzessin*). Die Polen machen Schwierigkeiten in der Radziwill'schen Güter-
angelegenheit'). In der spanischen Schiffsangelegeoheit ist alles im alten Stande.
Der Kaiser an Lamberg. Dat. Linz 10. Januar 1681. (Conc.)
[Französiscb-staatische Allianzpläne. Jägerndorf. Brandenbnrgische Satisfactions-
anspräche.]
10. Jan. Auch aus dem Haag wird dem Kaiser gemeldet, dass die Frage einer
Allianz der Staaten mit Frankreich im Hinblick auf die ungünstige Position
Englands aufgeworfen worden sei. Lamberg soll näheres darüber zu erfahren
suchen und Amerongen die grossen Gefahren vorhalten, die in einem solchen
Falle ganz Europa drohen würden.
Den Vorschlag Jena's, von Spanien ein grosseres Stück Landes zu fordern,
um so die jägerndorfische Sache zugleich beizulegen, kann der Kaiser nicht
billigen, doch ist er im Uebrigen bereit Brandenburgs Forderungen an Spanien
auch femer zu unterstützen Betreffend die von Brandenburg gesuchte In-
demnisation wegen des beim letzten Krieg erlittenen Schadens'), ist mit Rücksicht
auf ein dadurch geschaffenes Praecedenz die Bewilligung nicht möglich, mit Rück-
sicht auf die jetzt in Berathung stehende Securitätsfrage die Zurückweisung nicht
empfehlenswerth, also dass vielmehr P. L***". das Werk lediglich anheim zu
stellen^ ob? und wann sie es an die Reichsversammlung zu Regensburg
gelangen lassen wollten, mit angehenkter Contestirung, dass wir sonsten
unserer vorhin gethanen Erklärung gemäss deroselben ein solches wohl
gönneten. Weil aus den letzten Reden Anhalts und Jena's zu ersehen, dass
noch nicht alle Hoffnung verloren ist durch Geld die Jägerndorfer Streitfrage
zu erledigen, erhält Lamberg die in dieser Sache nothwendige Information und
für Jena werden 4000, oder für jetzt wenigstens 2000 Reichsthaler übersendet.
1) Marie Elisabeth; vergl. Pachner 1 c. IL 286.
«) Vergl. Puf. 1. c. XVIII. 30.
») Vergl. Puf. 1. c. XVIII. a
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J&gerndorf. Brandenbnrgs Satisfactionsanspräche. Massregeln gegen Frankreich. 983
Lamberg an den Kaiser. Dat Berlin 31. Janaar 1681. (Or.)
[Unterredung Lambergs mit dem Kurfürsten über Frankreichs Vorgehen und über die zu
ergreifenden Sicherbeitsvorkebrungen. Des Kurfürsten Verhältnis zu Polen. Ame-
rongen erkl&rt die Behauptung Ton einer Allianz der Staaten mit Frankreich für
eine Erfindung. Der Kurfürst leugnet eine Allianz mit Frankreich geschlossen zu
haben. Desselben Erklärungen über die Beziehungen Schwedens zu Dänemark. Jena's
Erklärungen über des Kurfürsten Haltung. Lambergs Ansicht über die Lage der
Dinge.]
Auf die Auseinandersetzungen Lambergs, betreffend die Securität, antwortet 31. Jan.
der Kurfürst, er wolle die Sache im geheimen Rathe besprechen, theile dem Lam-
berg aber mit, dass er sich R^benac gegenüber sehr scharf über Frankreichs
Vorgehen beklagt und dass R^b^nac an den Konig von Frankreich darüber zu
berichten sich bereit erklärt nnd hinzugefügt habe, Ludwig XIV. werde gewiss
das Recht gelten lassen. Lamberg meint, das hindere nicht sieh in Verfassung
ZQ setzen. Bezüglich Polens erklärt der Kurfürst, die Republik sei für den
Prinzen Lndwig, der König gegen ihn; er, der Kurfürst, werde alles thun, um
die Rechte seines Sohnes zu wahren. Von Amerongen [erfährt Lamberg, dass
an den Reden von einer Allianz zwischen den Staaten nnd Frankreich, — wie
Amerongen vom Prinzen von Oranien selbst erfahren — , kein wahres Wort
sei*). Ebenso leugnete der Kurfürst Amerongen gegenüber den Abschlnss
einer Allianz zwischen Brandenburg und Frankreich '). Im Uebrigen aber rüstet
der Kurfürst an einer grossen Flotte Die beide nordische Kronen be-
langend, verharret L Ch. D. wenigst äusserlich in ihrer ersten Meinung'),
dass sie beiderseiten bei Frankreich sich um Bündnus bewürben und
gegen das Reich sich gebrauchen lassen wollten. Angesehen aber mich
Graf von Mannsfeld ^) zu Paris berichtet, dass des H°. Churförsten Alli-
anz daselbst auch mit Ausschliessung der Schweden gesucht würde,
anderseiten gleichfalls verlauten wollen, als ob der Herr Cburfürst mit
der Krön Dänemark zu Erbebung beiderseiten gleichmässiger Praeten-
sionen gegen die Krou Spanien zusammen spannen wollten, so stünde
dahin, ob sothane depraedicirte Allianz beider Kronen nicht ein selbst
gemachter Vorwand sei, um gedachtes mit^ Dänemark etwan habendes
1) Für die Haltung der Staaten in dieser Zeit Klopp 1. c. II. 234; Müller 1. c.
65 ff.
*) In der That hatte Friedrich Wilhelm bereits am l./l I.Jan. 1681 einen Ver-
trag mit Frankreich geschlossen, durch den sich Frankreich (Art. 20) yerpflichtete, in
einem brandenburg-spanischen Kriege den Kurfürsten zu Wasser und zu Lande zu
unterstützen. Vergl. Momer L c. 418ff. Abdruck 708ff.; Droysen 1. c. 719f.
3) Vergl. Urk. u. Act III. 601 ; für die wirkliche Haltung der beiden Staaten
Carlson 1. c. V. 170ff.
*) Kaiserlicher Gesandter in Paris.
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984 Vin. Erste Mission des Grafen Job. Philipp Lamberg. Feb. 1680— Feb. 1682.
Absehen, sa viel mehr ausser allem Verdacht zu halten ').... Jena er-
klärt bezQglich der Liga Frankreichs mit Brandenbarg: Lamberg sollte ihn
für einen Schelmen halten, wann ihm das mindest von dergleichen
Allianz bewusst wäre. Meinders und Fuchs hätten auch den Angriff
gegen Spanien für ihm verborgen gehalten; es könnte sein, dass sie
beede Zeit seiner Krankheit ein Project gemacht hätten; von solchem
allem aber sei ihm nichts bewusst; was ihm aber bewusst sei, wolle er
frei heraussagen, nemlich dass Elector auf Vernehmung der spanischen
Bedrohungen bei Frankreich angefragt, ob, auf den Fall sie von ienen
zu Wasser angegriffen würden, dero Schiff sich in französischen Häfön
retiriren dörfte und was für Schutzes sie dannenhero sich zu getrösten
hätten. So sollte ich auch für ein gewisses Zeichen halten, dass so lang
keine Regimenter aus Preussen marschirten, man sich versichern könnte,
dass gegen Spanien nichts aufgerichtet worden Mit Meinders, Fuchs
und seinem Bruder in Regensburg zeigt sich Jena nicht zufrieden. Jena ver-
spricht alles zu thun, um den Kurfürsten bezüglich der kaiserlichen Pläne in
Regensburg zu günstigen Entschliessungen zu bewegen. Auch der Kurfürst gibt
gate, nur zu allgemein gefasste Erklärungen in diesen Dingen ab; trotzdem
kann Lamberg nicht umhin, die Lage für darchaus nicht so harmlos anzusehen.
Lamberg an den Kaiser. Dat. Berlin 3. Februar 1681. (Or.)
[Haltung des kurfürstlichen Hofes bezüglich puncti securitatis. Jena^s Vorgehen gegen
seinen Bruder Gottfried in Regensburg.]
3. Febr. Bezüglich puncti securitatis publicae bleibt der kurfürstliche Hof, wie
Lamberg aus Jena's Reden ersieht, dabei, dass das Werk im Vortrag allein
generice auf eine Reichsverfassung angetragen, wie solches aber in specie an-
zugreifen den Reichsständen vorzuschlagen überlassen werden sollte. Auf
weitere Erörternngen Lambergs erklärt Jena, dass L Ch. D. auf nichts als
die Billichkeit zielten und von einem allgemeinen Reichsschluss nicht ab-
seits gehen würden. Femer versichert der Kanzler Jena, er habe seinem
Bruder nach Regensburg energisch geschrieben sich zu massigen und dem Kur-
fürsten eingerathen, in Regensburg dem Verjus — dem Vertreter Frankreichs —
erklären zu lassen, er halte das Verfahren Frankreichs für ganz unbillig.
Vergl. Puf. 1. c. XVIII. 24.
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Punctum securitatis. Gottfried Jena. Dänisch-schwedische Pl&ne. 985
Lamberg an den Kaiser. Dat. Berlin 10. Februar 1681. (Or.)
[Ahlefelds Mittheilungen über die Pläne Dänemarks und Schwedens. Erwiderung des
Kurfürsten. Erklärung des Kurfürsten sich mit Frankreich nicht verbunden zu haben.
Eben solche Erklärungen Anhalts. Jägerndorf. Unterredung Lambergs mit Jena und
Friedrich Wilhelm über die spanische Streitfrage.]
Ahlefeld *) hat dem Kurfarsten mitgetheilt, was massen die Kronen 10. Febr.
Schweden und Dänemark sich vornehmlich der Ursachen zu vereinigen
entschlossen, damit sie in der baltischen See gegen Polen und Holland
Meister des commercii sein mochten, auch weilen sie gegen die chur-
fnrstliche Schiffrüstungen Jalousie geschöpft; secundario aber, um sich
mit Frankreich gegen das Reich zu binden und sich der Weser und
Elbe zu ihren Quartieren zu bemächtigen; worüber I. Ch. D. nicht ge-
ringe Apprehension gefasst, doch sich gegen den von Ahlefeld vernehmen
lassen, wie sie dessen bereits vorhin auch anderwertshero verständigt
worden, wüssten ihm aber wohl zu helfen, als die ohne dem zu einem
Defensionsschluss mit Hannover gelanget'), nicht weniger zu gleichem
End mit dem chursächsischen ministro Gersdorf zu tractiren den ge-
heimen Rath Meinders anschicken'), auch auf ebenmässigen Fuss sich mit
Münster und einfolglich mit dem westphälischen Kreis zu binden suchen
würden. Der Kurfürst, der mit Lamberg von diesen Dingen spricht, erklärt,
und wann auch gleich beide nordische Kronen bei fürkommender Ck)n-
iunctur etwas gegen das Reich feindliches unternehmen sollten, vermeinten
sie mit einer Armee den Oderstrom gegen Schweden zu versichern, mit
einer andern aber in Holstein alsobald und Dänemark gleichsam in das
Herz zu gehen. Aus welchem doch einigermassen abzunehmen, dass I.Ch.D.
für das Reich annoch gute Gedanken fuhren müssten. Nach so vollende-
tem Discurs habe den von Ahlefeld ersucht bei dem Churfursten dextre
zu sondiren, ob sie dem von unterschiedlichen Orten kommenden Verlaut
nach gegen Spanien mit Frankreich eingetreten wären, der mir solches
treulich zu vollziehen versprochen, auch folgends in Gegenwart des von
Amerongen antwortlich überbracht, welchermassen er unter churfürst-
lieber Parola wäre versichert worden, dass I. Ch. D. noch ganz frei und
ungebunden wären. Auch der Forst von Anhalt gibt ähnliche Versicherungen.
Den Vorschlag Lambergs die Jägemdorfer Sache dadurch beizulegen, dass der
Kaiser das Geld zur Einlösung eines und anderen mit Schulden belasteten Amtes
>) Ehemals Vertreter des Königs von Dänemark am brandenbuipschen Hofe.
») Vertrag ^om 21. Jan. 1681; Mömer 1. c. 422f.
3) Vergl. Piif. 1. c. XVUI. 26.
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986 Vill. Erste Mission des Grafen Job. Philipp Lamberg. Feb. 1680— Feb. 1682.
hergibt, auf das der Kurfürst nach Abiehen des Administrators zu Magdeburg
besonderes Verlangen gezeigt hat, billigt Anhalt und verspricht mit Jena weiter
darüber zu berathen. Dem Kanzler Jena hält Lamherg vor, dass er gesagt,
es sollten die Waaren des spanischen Schiffes nicht verkauft werden und dass
dies jetzt doch geschehen solle. Jena sagt, er habe damals nur von dem Fall
gesprochen, dass keine neue Verbitterung eintrete, was aber durch Spaniens
Weigerung der Annahme der Mediation Hollands und Englands geschehen sei.
Lamberg erwidert, er wisse nur von einem Aufschub, aber nicht von einer de-
finitiven Weigerung der Mediationsannahme und räth nochmals von dem Ver-
kaufe der Waaren ab. Jena meint, er möge darüber mit dem Kurfürsten
sprechen. Dies geschieht, der Kurfürst ist aber nur zu einem 14tägigen Auf-
schübe zu vermögen.
Lamberg an den Kaiser. Dat. Berlin 14. Febr. 1681. (Or.)
[Unterredung Lambergs mit Jena über die spanische Streitfrage. S&tisfactionsan-
sprüche Brandenburgs an das Reich. Mittbeilungen Anhalts über das Bündnis des
Kurfürsten mit Frankreich. Belohnung für Jena. Unterredung mit Friedrich Wilhelm
über England und über die allgemeine Lage, sowie über den Verkauf der Waaren des
spanischen Schiffes. Des Kurfürsten Ansicht über Holland und Polen. Zusammen-
kunft Friedrich Wilhelms mit dem Kurfürsten yon Sachsen. Mittfieilungen Anhalts
über das branden burg-hannoTerische Bündnis.]
14. Febr. Jena wiederholt die Gefahren, welche hei neuerlicher Weigerung Spaniens,
die Mediation Hollands und Englands anzunehmen, drohen und bringt auch die
Indemnisationsfrage vor. Lamberg hetont, dass in letzterer Frage der Consens
des ganzen Reiches erforderlich wäre; Jena aber meint, wenn nur der Kaiser
wolle, würden die anderen nichts dagegen haben. Die Sache sei von geringer
Bedeutung; es handle sich blos um die Aufhebung zweier Dompraehenden zu
Halberstadt und dreier oder vierer im Mindischen ; im Magdeburgischen aber sei
seines Wissens keine katholische Dompraebende mehr übrig.
Von Anhalt erfährt Lamberg am folgenden Tage, er hahe von Fuchs ge-
hört, dass zwar der Churfürst sich mit Frankreich wirklich verbunden,
solches aber allein auf den Fall zu verstehen sei, im Fall sie von
Spanien angegriffen'^'wiirden, im Uebrigen aber, was das römische Reich
angehe, sich absolute eine freie Hand vorbehalten hätten^). Zu solchem
wären aber I. Ch. D. lediglich bewogen worden, um willen Spanien sie
so stark bedrohet und Fuen Mayor*) von Seeland wirkliche Assistenz
begehrt hätte. Dessen aber ungeachtet, vermeinte er, Fürst, wann Spanien
nur die geringste Anzeig von einer Satisfaction von sich legen sollte,
solches alles abgethan sein, Elector völlig gewonnen und noch darzu der
Dass dem nicht so ist, lehrt eine einfache Betrachtung des Vertragsinstm-
mentes.
^ Spanischer Gesandter im Haag. Vergl. Urk. u. Act HL 585.
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Brandenb.-spaniscbe Differenz. Brandenb-franz. Beziehungen. Holland. 987
Krön Spanien anhängig gemacht werden konnte. Lamberg beklagt sich
über dieses Vorgehen des Kurförsten und ersucht Anhalt die Pankte der bran-
denbargisch-französischen Allianz zu erforschen. Die Wechsel über 4000 Thaler
für Jena kann Anhalt nicht nehmen, weil er bestimmt weiss, dass Jena eine
Quittung darüder nicht ausstellen wird; Anhalt ist bereit seinerseits die 4000
Thaler zu quittiren. Lamberg ersucht um Instruction in diesem Punkte. Der
Kurfürst, zu dem sich Lamberg hierauf begibt, bemerkt, ob sie nicht treulich
geratben hätte, dass E. K. M. sich mit Engelland nicht zu übereilen hätte,
nachdeme nun die That erweise, was sie bereit vor 5 Monaten vorge-
sagt '). Ich versetzte, E. E. M. hätten sich mit selbigem conformirend
bishero zurückgehalten und zumalen es nun dahin angekommen zu sein
scheine, dass von aussen nirgendsher für das deutsche Reich etwas bei-
hilflich oder erspriessliches zu hoffen, wohl aber alles übel zu besorgen,
wäre die innerliche Zusammensetzung, um welche sich E. K. M. so eiferig
bewürben, soviel nothwendiger. Worauf sie alsobald sagten, dass eben
zu solchem Ende sie allbereit ihre Gesandtschaft hätten instruiren lassen.
Ich fragte, ob solches auch über die modos speciales der Securität be-
scbeben wäre? Sie antwortete mir hierauf, dass ermelte Gesandtschaft
zwar dahin nicht immediat« befelcht, dann sie anstehen müssten, ob die
von E'. K. M. bescbehende Vorschlägt) von dem gesammten Reich wür-
den eingewilliget werden. Im Fall aber von Seiten E^ K. M. man damit
nicht auskommen und sich Beschwerden desfalls erzeigen sollten, wüssten
sie mit keinem bessern Vorschlag beizutreten, dann dass E. K. M. dem
Reich solche selbst an Hand zu geben überliesse, wodurch ihres Dafür-
haltens soviel ehender zu gemeiner Sicherheit zu gelangen sein und ein
und anderer Stand nicht so leicht auf die Gedanken kommen würde, als
ob E. K. M. einig Particularabsehen dabei hegeten. Bezuglich des l^aaren-
verkaufes erklärt der Kurfürst vom 25. Febr. an noch 14 Tage zu warten; ver-
sicherte femer, dass man, wenn Spanien nur verhandeln wollte, wohl zu einem
Ergehnisse gelangen konnte.
Sie fielen demnach auf die Holländer und wollten mich versichern,
dass sich allda von neuem grosse factiones gegen den Prinzen von
Oranien formirten und sie sehr, besorgten, dass Groningen, Friesland und
die Stadt Amsterdam sich nach nunmehr cassirtem Parlament in Engel-
land, um sich gegen Frankreich in Sicherheit zu stellen, mit selbigem
auch wider Willen des Prinzens zu binden suchen werden. . . . Wegen
') Das Parlament war am 10./20. Jan. 1681 prorogirt worden, nachdem der Ver-
such einer Einigung gescheitert war. Vergl. Ranke, Engl. Gesch. V. 291.
^ Gemeint ist die Proposition Tom 15. Jan. 1681.
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988 VIII. Erste Mission des Grafen Job. Philipp Lamberg. Feb. 1680— Feb. 1682.
Polen meldeten I. Ch. D., dass die von dem König controversirte Stritt-
sach des Indigenats nunmehr allein darauf beruhe, dass sie demselben
50000 Reicbsthaler abfolgen Hessen, welches sie jedoch nicht zu thuo
gesonnen wären, sondern es durch die Republik zu behaupten getraueten.
Mit dem Kurfürsten von Sachsen werde er zusammenkommen, vornehmlich um
sich mit ihm wegen Sicherheit der beiden sächsischen Kreise za unterreden.
Von Anhalt erfährt Lamberg, als er den Kurfürsten verlässt, über die
Allianz mit Hannover, dass der Herzog, auf den Fall Elector einiger Seitea
im Reich angegriffen werden sollte, mit 2000, vice versa aber der Chur-
fürst ihm mit 4000 Mann assistiren sollte 0.
Lamberg an den Kaiser. Dat. Berlin 21. Februar 1681. (Or.)
[Erklärungen des nach Potsdam gekommenen Kurfdrsten Ton Sachsen. Ansicht Lam-
bergs über den Zweck des von diesem vorgeschlagenen Bündnisses.]
21. Febr. Der Kurfürst von Sachsen ist in Begleitung seiner Frau und des Prinzen
Christian am 19. d.M. nach Potsdam gekommen '). Lamberg gegenüber erklärt
der sächsische Kurfürst: Ich komme nicht anhero Intrigues zu machen,
sondern mit dem H°. Churfürsten zu Brandenburg bekannt zu werden
und gute Nachbarschaft zu stiften. Im übrigen zeigt sich in einigen Unter-
redungen, dass der Kurfürst vpn Sachsen in der Securitätsfrage für die An-
sichten Brandenburgs eintritt und durchaus nicht für die in Regensbnrg vorge-
schlagenen 7 Punkte eingenommen ist^). Soviel ich aber hinc inde ein-
nehmen können, solle die mit Churbrandenburg intentionirte Bnndnus so-
wohl ein als anderer Seiten meistlich dahin angesehen sein sich beider
sächsischen Kreis halben zu vereinbaren^ um bei ereignendem Krieg alle
auswärtige Winterquartier und Durchzug abzuhalten, sich aber deren
allein auch über ihre geringere benachbarte Nebenständ zu unterziehen,
hernach etwan nur nach eines oder andern Particularinteresse oder
nur pro libitu E^ K. M. und dem übrigen Reich zu succurriren *). Anhalt
verspricht genau die Bestimmungen dieser Allianz zu erforschen.
^) Vergl. § 6 des Bündnisses vom 21. Jan.; Mörner 1. c. 422.
2) Urk. U.Act. III. 601.
') Gemeint sind die 7 Punkte des Decretes vom 15. Jan.; vergl. Pachner I.e.
II. 289.
*) Vergl. auch Urk. u. Act III. 601. Die Allianz kam erst am 8./18. Apal za
Stande; vergl. Mörner I.e. 424 ff.
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ßrandenburg-^chsische Beziehungen. Reichsangelegenheiten. Jena. 989
Lamberg an den Kaiser. Dat. Berlin 28. Februar 1681. (Or.)
[Mittheilnngen Anhalts über die sächsisch - brandenburgiscbe Allianz. Spanischer
Waarenyerkauf. Jena. Jägemdorf.]
Anhalt theilt mit, dass eine Defensivallianz zwischen Brandenburg und 28. Febr.
Sachsen geplant, aber noch nicht vollständig ausgearbeitet sei, dass die däni-
schen Rnstnngen die beiden Fürsten sehr beunruhigt hätten^). Am folgenden
Tage hat Lamberg Audienz beim Kurfürsten von Sachsen, der ihm von der
beschlossenen aber noch nicht ausgearbeiteten Defensivallianz Kunde gibt.
Den Verkanf der spanischen Waaren hat der Kurfürst auf den 1. April st v.
verschoben; im übrigen bleibt er bezüglich Spaniens bei den gefassten Be-
schlüssen'). Anhalt hat dem Jena von den 4000 Reichsthalem Kunde gegeben,
welche anzunehmen dieser sich nach längerem Sträuben unter Bethenerung
seiner Devotion gegen den Kaiser bereit erklärte. Jena räth die Jägemdorfer-
sache jetzt ruhen zu lassen, da jetzt kein geeigneter Moment zur gütlichen* Bei-
legung sei.
Der Kaiser an Lamberg. Dat Linz 1. März 1681. (Conc.)
[Instroction bezüglich der Reichsangelegenheiten. Belohnung für Jena.]
In die Indigenatsstreitigkeiten des Kurfürsten will sich der Kaiser nicht 1. März,
mischen. Lamberg soll dem Kurfürsten sagen, der Kaiser hoffe, dass der
Kurfürst seinen Gesandten in Regensburg Befehl ertheilt haben werde, in
puncto securitatis bestmöglichst den Kaiser und dessen Vertreter zu unter-
stützen. Und weil nach Lambergs Relationen der Kurfürst gewünscht habe,
dass man in der communicirten formula decreti die Specialitäten, besonders was
wegen der armirten Stände erwähnt war, dass sie auf der Anderen Ansuchen
einige Mannschaft hergeben möchten, auslassen thäte, hat der Kaiser seiner Ge-
sandtschaft dies zu thun befohlen. Selbst wegen der Dompraebenden einen
Vorschlag in Regensburg machen, kann der Kaiser nicht; doch will der Kaiser,
wenn Brandenburg selbst den Vorschlag macht, ihn unterstützen.
Es ist gegen den Willen des Kaisers geschehen, dass wegen der 4000
Thaler die Sache vom Hof aus an die Kammer in Schlesien remittirt wurde;
man wird dort strengstes Geheimnis anbefehlen. Eine Quittung hat Lamberg
von Anhalt nicht zu begehren.
Lamberg an den Kaiser. Dat. Berlin 10. März 1681. (Or.)
[Aufnahme der Antwort des Reiches auf die Erklärungen Frankreichs am knrförst-
licben Hofe.]
Die Antwort aof die „contraventiones^ Frankreichs, Namens des Reiches, lo. März.
Gleiche Mittheilungen von Amerongen Urk. u. Act III. 601.
«) ürk. n. Act. III. 601.
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990 Vill. Erste Missioo des Grafen Job. Philipp Lamberg. Feb. 1680— Peb. 16S2.
hat hier Beifall gefunden'), gleichwohl ist keine Aussicht, dass sich dieser Hof
zu etwas entscheidendem entschliessen werde, bevor die spanische IMfferenx
beigelegt ist
Lamberg an den Kaiser. Dat. Berlin 21. März 1681. (Or.)
[Unterredung mit Friedrich Wilhelm ober die Reichssicherheit, über Frankreichs Ver-
halten und über Spanien. Ansicht Larobergs über den Conflict Brandenburgs mit
Spanien. Erklärungen des Meinders und Jena^s in dieser Angelegenheit Dank Jena*a
für die erhaltene Belohnung. Polnische Indigenatsstreitigkeit.]
21. März. Auf die Mittheilungen Lambergs im Sinne der Weisung vom 1. Mfirs er-
widert der Kurfürst, er danke für des Kaisers gute Gesinnung und für die
Concessionen in puncto securitatis; er werde seinen Gesandten in Regensburg
befehlen, mit des Kaisers Vertretern yertrauliche Correspondenz zu fuhren,
die Sache eifrig zu betreiben und darauf zu sehen, dass die Sache zu eioem
Schlüsse komme. Im Uebrigen und bis man sehe, wessen sich die Krön
Frankreich auf die in puncto contraventionum unlängst abgegebene
Reichsreplik vernehmen lasse und wie es mit der veranlassten Com-
mission ablaufe, wüsste er, der Herr Churfurst, zu des Reichs Interims-
versicherung nichts zulänglicher, als dass ein ieder Stand sich nach
seinem besten Vermögen in Postur setze. Der Kurfürst theilt dem Lam-
berg den wesentlichen Inhalt der mit Hannover und Sachsen geplanten Allianzen
mit Auf die vom Verkaufe der spanischen Waaren abmahnenden Reden Lam-
bergs erklärt der Kurfürst, nicht mehr lange warten zu können, da Spanien
keine Anstalten zur Ausgleichung der Streitfrage treffe. Ich konnte aber im
Uebrigen wohl verspüren, dass sie ihre Zufriedenstcllung mehrentheils
zu Wasser holen und die Spanier zu- Land anzugreifen sich schwerlich
resolviren wurden. Sie setzten aber diese formalia bei : Spanien bedrohet
mich im Clevischen anzugreifen, dahero ich auf meiner Hut stehen muss
und des Erfolgs zu erwarten habe. Ich habe aber entzwischen 3 Arti-
glerien aufzurichten die Anstalt gemacht, deren eine in Preussen, die
andere in der Mark, die dritte im Clevischen verbleiben solle, habe auch
entschlossen, mich bei der auf den 10. Mai st. v. ausgeschriebener Hul-
digung zu Magdeburg einzufinden und von dannen nach Bielefeld. . . .
zu verfugen. Ich konnte anbei einigermassen abnehmen, dass sie von
dannen sich wohl gar nach Cleve erheben dörften. Auch Jena und Anhalt,
mit denen Lamberg conferirt, erklären, der Kurfürst werde zu Lande nichts thun,
bezüglich der Actionen zu Wasser könnten sie nicht gut stehen. Jena, dem
Lamberg die 4000 Thaler gegeben, hat sich sehr bedankt und gute Dienste
versprochen.
>) Vergl. Theatr. Europ. XIL 273.
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Verhandlongen Lamberts mit dem Kurfürsten. Jena. Polniache Indigenatsfrage. 991
P. S. Der Earfürst klagt über des Palenkönigs Vorgehen in der Indige-
natsangelegenheit *).
Lamberg an den Kaiser. Dat. Berlin 24. März 1681.
(Or.)
[Brandenburg-bannoTeriscbe Allianz. Gratulation' Frankreicbs zur Heiratb des Pnnzen
Ludwig. Halberstadt- und mindische Dompraebenden. Einzug des Prinzen Ludwig
in Berlin.]
Lamberg übersendet unter dem 24. März eine Abschrift der zwischen 24. März.
Brandenbnrg nud Hannover bis auf die Ratification geschlossenen Allianz*) und
berichtet, dass der Konig von Frankreich ein herzliches Oratnlationsschreiben
an den Kurfürsten gelegentlich der Vermählung des Prinzen Ludwig gerichtet,
was den Anhängern Frankreichs Gelegenheit biete, die gute Freundschaft
zwischen Brandenburg und Frankreich zu betonen. Ferner berichtet Lamberg
von den Bemühungen Jena's wegen Extinction der halberstadt- und mindischen
Dompraebenden, und dass er — Lamberg — ihm privatim vorgestellt, dass
dergleichen ohne geistlichen Consens und Dispensation bei denen Katho-
lischen nicht geschehen, solche aber einiger Dingen nicht zu hoffen stunde,
dafem nicht der katholischen Religion in andere Wege ein majus bo-
Dum, Exempelweis durch Erbauung katholischer Klöster und Zulassung
dos katholischen exercitii, wo etwan de facto noch keines wäre, zuwachsen
sollte. Gegen sein Vermuthen hat Lamberg aber erfahren müssen, dass nicht
nur Jena ein solches Zugeständnis nicht verworfen, sondern auch der Kurfürst
sich dazu geneigt gezeigt habe. Lamberg hat daher betont, dass er diesen Vor-
schlag nur Beispielsweise gemacht habe. In dem Schreiben vom 28. März be-
richtet Lamberg vom Einzüge des Prinzen Ludwig in Berlin und dass der Kur-
fürst mit Pplen in der Indigenatsangelegenheit nicht zufrieden sei.
Der Kaiser an Lamberg. Dat Linz 2. April 1681. (Conc.)
[Veriialten zu den Separatverträgen Brandenburgs. Plan einer osterreichiscb-branden-
burgischen Particularallianz. Polnische Indigenatsstreitigkeit Spanischer Gonflict
Sicbeniog Strassburgs und Speiers.]
Gegen Separatbündnisse, falls diese zum Vortheile des Reiches angesehen 2. April,
sind, ist der Kaiser nicht, doch soll Lamberg Jena und Anhalt fragen, ob es nicht
dem im Werk begriffenen allgemeinen Friedensschlüsse hinderlich sein werde.
') Vergl. Puf. 1. c. XVIIl. 30.
^ Vergl. Mömer 1. c. 422 f. und 424; der Vertrag ist vom 21. Januar; der Se-
paratartikel vom 25. März.
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992 VIH. Erste Mission des Grafen Job. Philipp Lamberg. Feb. 1680— Feb. 1682.
wenn vor dessen Abschlüsse solche Sonderbnndnisse eingegangen werden i). In
jedem Falle soll der Kurfürst neuerdings seinen Gesandten in Regensborg
Befehl ertheilen punctum securitatis im Sinne des Kaisers mit allem Eifer
zu betreiben. Auch soll Lamberg, jedoch vorsichtig, zu erfahren suchen, ob
Brandenburg für den Abschluss einer Particularallianz mit dem Kaiser bis zu
erfolgendem Beschluss der allgemeinen Securität zu bewegen sein würde. In
die polnische Indigenatsangclegenheit soll sich Lamberg nicht mischen.
Sodann ist zwar nicht unzeitig zu besorgen, es dörfte die gütliche
Beilegung der zwischen der Krön Spanien und mehrernanntes Chur-
fürsten von Brandenburg L***». erregter Mishelligkeit aus denen von dir
angeführten Ursachen ie länger ie schwerer fallen, dazumaln I. L. sich
endlichen zu ihrer Sicherheit völlig in französischen Schutz zu werfen
resolviren mögten; iedoch will bei gegenwärtigem gefährlichem Zustand
des Reichs nicht rathsam sein, dass wir uns der Sachen, (obwohln wir
deren schiedliche Abthuung sehr gern sehen thäten), . . . operose an-
nehmen, also dass des Fürsten von Anhalt lA und des Jena Rath, dass
nemlichen das odium vielmehr auf andere zu wälzen, dermaln bei
beecierseits gegen einander verbitterten Gemüthern der beste ist. . . .
Was aber die Gedanken betrifft, dass der Stadt Strassburg Sicher-
heit nicht wohl andersten dann durch Einlegung einiger Reichsvölker
und der Stadt Speier vermittelst einer Neutralität vorgesehen werden
könne, dienet dir zur Nachricht, dass wir besagte Stadt Strassburg durch
unsern Residenten daselbst bereits zu mehrmalen erinnert, dass sie sich
hiezu verstehen wollte, auch solches zu ßenehmung aller unzeitigen 6e-
losia etwan von ein- und auderm der augsburgischen Confcssion zuge-
thanem Chur- oder Fürsten zu beschehen hätte. Es hat aber dieses
alles bis dahero nicht verfangen, iedoch wäre gut, wann ^ie annoch
durch anderwerte officia zu solchem vermögt werden könnte.
Lamberg an den Kaiser. Dat. Berlin 18. April 1681. (Or.)
[Unterredung Lambergs mit dem Kurfürsten und mit Jena ober die Reicbsangelegenheiten.
Jägerndorf. Spanischer Waarenverkauf]
18. April. Auf die dem Lamberg aus Regensburg zugekommenen Nachrichten, dass
Brandenburgs Vertreter in der quaestio an? der Securität sich sehr kalt gezeigt
und nur in den allgemeinsten Formen ihre Zustimmung gegeben haben, beschwert
sich Lamberg bei Jena und bei dem Kurfürsten, erhält aber nicht die gewünschte
') Vergl. für diese Sonderbändnisse und für die Parteiangen im Reiche in dieser
Zeit im allgemeinen; Müller 1. c. L 48ff.; Fester 1. c. 42ff.
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Spanisch'brand. Beziehungen. Strassbnrg. Oesterreicb-brandenb. Bündnis. 993
Antwort Lamberg fordert von dem Kurfürsten eine Erklärung, wie seine Ver-
treter in der Frage qnomodo sieb erklären würden und bemüht sich den Kur-
fürsten zu yermögen, sie zu vertraulicher Oorrespondenz mit den Vertretern des
Kaisers anzueifem, erhält aber nur die Antwort, die kurfürstlichen Vertreter
seien schon instruirt Lamberg glaubt daher, der Kurfürst werde erst sehen
wollen, ^wohin die majora gehen**. In der jägemdorfischen Sache bleibt es
dabei, dass jetzt keine günstige Gelegenheit zur Beilegung der Differenz ist
Der Verkauf der spanischen Waaren hat in Königsberg begonnen.
Lamberg an den Kaiser. Dat Berlin 28. April 1681. (Or.)
[Verhandlung mit Jena über ein österreiebisch-brandenburgiscbes Particularbündnis.
Ablehnende Haltung Jena's. Bemerkungen Jena's über die Allianz Brandenburgs mit
Hannover und Sachsen, über die Reichskriegscassa, über die Gerüchte von des Kaisers
Plänen bezüglich des Herzogs Ton Lothringen, über Strassburgs Rettung. Mitthei-
lungen des Kurfürsten über die Einträglichkeit der Accisen und des Papierstempels,
über den Zweck seiner Reise nach Pyrmont, über eine Allianz mit Oesterreich.
Testamentsangelegenheit.]
Lamberg sondirt zuerst bei Jena, ob S. Ch. D., E'. K. M. Intention nach, 28. ApriL
bis dass der punctus securitatis pablicae völlig aasgearbeitet, neben an-
deren Chur-Fürsten und Standen zu einer Particularallianz sich wurden
vermögen lassen, auf dass bei nechstvorstehendem Congress der König
in Frankreich nicht etwan sub clypeo seine durch beide Frieden ver-
meintlich erhaltene Dependentien durchdrucke, oder etwan gar denen
Reichsconclusis vorbiege und durch Gewaltthätigkeiten noch weiter in
das Reich eindringe und was E. K. M. zu vollziehen mir des mehrern
allergnädigst anbefohlen. Hierüber wollte mir der Kanzler Jena antwort-
lich in Vertrauen unverhalten, sein Herr wurde sich bei gegenwärtigen
Beschaffenheiten mit E*^. K. M. schwerlich zu einer Particularbündnus ver-
stehen. Ich nähme aber ex instant! wahr, dass er soviel sagen wollte,
dass vor völliger Erörterung der spanischen und polnischen Mishellig-
keiten I. Ch. D. nicht gern bei Frankreich einen Verdacht würden er-
wecken wollen; vermeinte jedoch, dergleichen Allianz wurde um so viel
weniger Beeiferung wirken können, als sie zu niemands Beleidigung,
sondern allein zu höchstnöthiger eigener Beschätzung angesehen, dadurch
denen der Gefahr nechstgelegenen Standen zu desto freier Herauslassung
ihrer Stimmen Anlass gegeben und sodann der punctus securitatis
publicae so viel forderlicher auf ein gewünschtes End wurde gerathen
können.
Er überginge aber diese meine motiva mit Stillschweigen und ver-
Ifater. z. Gesch. d. G. Karfurgten. XIV. 2. 63
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994 VIII. Brate Mission des Grafen Joh. Philipp Lamberg. Feb. 1680— Feb. 1682.
setzte, dass er zwar es seines Orts secundiren wollte, doch wegen der
Aufkompst damit besorgt sein musste Hienechst fahrte ich selbigem
weiter zu Gemüth, dass, indeme der Herr Churfurst mit Aufrichtong
einer beiderseitigen Defensivallianz mit Chursachsen und mit Braun-
schweig-Hannover begriffen und es damit bis zu der Ratification und
Auswechslung seine Richtigkeit hätte, die Krön Frankreich gleichwohlen
kein Ombrage hierüber zu fassen beginne, diese Allianz zweifelsfrei auf
weit festeren Fuss würde gestellet sein, wann I. K. M. und etwan Chor-
bayern, auch wen I. Ch. D. ferner dazu bequem hielten, mit sollten
hineingezogen werden. Hierüber erwähnete mehrberührter Kanzler, ob-
wohl das allhie projectirte foedus mit Chursachsen kürzlich zu Finster-
walde durch den geheimen Rath Meinders zum Schluss gebracht worden'),
so tauge doch noch dieses, noch das Hannoverische, soviel als eine
Bohne und hätten es sowohl Chursachsen, als der Herzog zu Hannover
dahin verstanden, dass sie sich mit hiesigem Herrn Churfürsten in das
spanische Werk mit nichts befangen und solchen Puncten soviel als aus-
genommen haben wollten Die sächsischen ministri haben bei der
Conferenz mit Meinders sich vernehmen lassen, man solle zu Bewerk-
stelligung der quaestio quomodo in puncto securitatis publicae meistlich
dahin sehen, damit bei Verwilligung des quanti ein ieder solches interim
bei sich behalte und vor wirklichem Krieg die Reichsvölker in kein
corpus gebracht werden, massen widrigenfalls es manchem Reichsstand
zu hart sein müsste in währendem Frieden mit Quartieren belegt zu
werden... und setzte Jena bei, man sei bei Chursachsen sowohl als
allhie der Meinung, E'. K. M. Intention mit der allgemeinen Reichscassa
werde nimmermehr zur Wirklichkeit gereichen, angesehen mehre ntheils
Stände den Verdacht haben könnten, als ob E. K. M. solche nur zu dero
Particularinteresse, und um eine freie Hand darüber zu haben, praetendirten,
vorderist da dero Gesandtschaft zu Regensburg etwas eiferig darauf ge-
drungen'). Dannenhero er, Kanzler, noch beständig eingerathen haben
wollte von solchem Specialmodo zu abstrahiren und das odium von sich
auf andere zu schieben. Dann dass E. K. M. bei Ereignung eines Kriegs
einer so despotischen Autorität wie in vorigem habhaft werden sollten,
dessen müsste er in Zweifel stehen, oder sehr abusirt sein. Und wann
gleich die Reichssicherheit dermal nicht eben allerdings nach E^ K. M.
Vorschlag und Intention ausfallen sollte, sei ia gleichwohl besser, dass
') Vertrag vom 8./18. April 1681. Momer 1. c. 424ff.
') Vergi. Londorp 1. c. XI. 301.
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YerbandluQgea Lambergs mit Jena. • 995
sie, da dud die qaaestio quomodo id motu, qaocunque modo stabilirt,
als ganz ohne Effeet zerschlagen wfirde. Zu schleunigster Ausarbeitung
aber dieses unter Händen habenden Werks finde er an seinem Ort kein
znliinglicher Mittel, dann dass E. K. M. bei dem Reicbsconvent durch dero
Gesandtschaft vor allen Dingen auf die Verwilligung des quanti, es sei
nun in duplo, triplo, oder wie es der Nothdurft erachtet wurde, antreiben
lassen sollten. Wann solches festgestellt, konnte die Gesandtschaft denen
Standen vortragen, weilen nunmehr das quantum nach denen Reichscon-
stitutionibus resolvirt, dass zu gleicher Austheilung dessen E. E. M. für
notJiwendig erachteten allen Kreisausschreibenden Fürsten und Obristen
per rescripta zu intimiren und die Gewalt zu ertheilen, damit sie alle
und jede Kreisstand nach Ausweis der Matricul ihre Mannschaft auf
den Fuss zu stellen und zu deren Verpflegung, auch zu allen andern
Kriegsgereitschaften die Vorsehung zu thun, anhalten möchten. Dafem
aber einige mit der Mannschaft aufzukommen nicht fähig, sollten die
Kreisobriste oder ausschreibende Fürsten solche von der ihrigen ersetzen
und von jenen nach eines jeden Proportion verpflegen lassen. Ebenso
solle es bei der Artillerie gehalten werden. Es sei im Uebrigen die chur-
furstliche Gesandtschaft zu Regensburg ratione quanti zu instruiren re-
solvirt, dass I. Gh. D. sich mit dero Contingent nach Proportion anderer
Churfarsten und der Matricul conformiren und solches zu der Reichs-
sicherheit allezeit auf den Beinen halten wollten. Jena theilt dem Lamberg
femer mit, dass man am karfurstlicben Hofe jetzt eine Gopie der zwischen Schwe-
den ond Dänemark geschlossenen Allianz besitze, ans welcher za ersehen, dass die
beiden Staaten in allen Angelegenheiten nur gemeinsam vorgehen wollen '). Zum
Abscheid bedeutete mir Jena zur Nachricht, dass von der französischen
Faction der Ghurfurst beredet zu werden gesucht wfirde, ob wurde von E'.
K. M. mehr gedacht einen Krieg zu Wiedereinsetzung des Herrn Herzogens
zu Lothringen selbst anzufahen, als denen Differentien mit Frankreich durch
einen schiedlichen Weg des Congresses abzuhelfen. Dass dem so sei, hat Lam-
berg auch bei seiner Unterredang mit dem Kurfürsten merken können, der über-
haupt gezeigt, dass er keine Lust habe mit dem Kaiser in eine Allianz zu treten.
Sie wollten mir aber wegen der Stadt Strassburg unverhalten, nachdeme
selbige fremde Mannschaft einzunehmen Bedenken trüge, sollte man
etwan trachten ihre mit einem genügsamen quanto an Geld zu assistiren,
wozu L Ch. D., wann andere auch ein billiches thäten, ihres Orts 10000
Reichsthaler hergeben wollten; um aber dessen guter Verwendung auf
die Völker (so etwan Schweizer sein könnten) versichert zu sein, sollte
') Ueber die dänisch-schwed. Beziehungen in dieser Zeit Carlson I. c. Y. 29 ff.
63*
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996 VIII. Erste Mission des Grafen Joh. Philipp Lamberg. Feb. 1680— Feb. 1682.
man von Reichswegen einen Commendantcn hineinlegen, wozu sie einen
guten und der Stadt annehmlichen farzuschlagen wussten.
Bei einer Fahrt zum neuen Lustbaas Glienlcke') erzahlt ihm der Kurfürst
von dem guten Fortgang der anstatt voriger Contributionen neueingefuhrter
Accisen, mittelst welcher allein die Landstadt soviel einbrachten, als vorhin
das ganze Land an Contribution gethan; der Adel sei dem zwar noch
etwas entgegen, sie verhofFten es aber gleichwohl noch auf guten Weg zu
bringen. Mir aber wird ad partem von diesen Accisen viel widriges
referirt und an dem Ausgang, auch deren Zulänglichkeit, stark gezweifelt.
Ferner meldeten L Ch. D., sie hätten sonsten noch einen fundo zu ihrer
Sfachen Artiglerie an der Hand durch den Stempel des Papiers, welchen
sie auch E^ E. M., als die so grosse Länder hätten, für ein sehr erträg-
liches Werk angerathen haben wollten. Der Kurfürst beklagt sich auch
über des Herzogs zu Celle Benehmen, gaben mir femer in Vertrauen zu
vernehmen, |: ihre Reis nacher Pyrmont beschehe zwar die Frau Chur-
furstin dahin zu begleiten, vornehmlich aber von der verwittibten Kö-
nigin zu Dänemark'), auch Churfurstinnen zu Sachsen *) und Pfalz ^) die
geheime Rathschläg der Krön Dänemark und der Häuser Braunschweig
zu penetriren^):|. Ich thäte endlich noch einen An wurf wegen der Parti-
cularallianz, sie aber beschieden mich anstatt der Antwort, dass sie mir
bei dero morgigen Anherokunft den tenorem des sächsischen foederis
wollten zukommen lassen, woraus zu ersehen sein wurde, dass auf der-
gleichen Seitenallianzen sich nichts zu verlassen Sonsten ist mir in
Vertrauen wisslich worden, |: die churfürstliche Hereinkunft sei meistlich
angesehen das churfürstliche Testament völlig zu Standen und alles vor
der magdeburgischen Reis auf ein Ort zu bringen, wie dann der Churfurst
sich gegen einige Confidenten verlauten lassen, sie befanden in sich, dass
sie nicht lang mehr zu leben hätten, wollten dannenher die Vorsehung
in tempore thun; auch dass unangesehen die französische Faction sich
sehr bemuhet die Prinzen zweiter Ehe abzutheilen, der Churfurst dan-
noch dabei verbleibe, selbige nur mit einem von der Chur dependiren-
den Appenagio abzufertigen in Geld oder Land und sonsten alles bei
einander und bei gedachter Chur zu lassen ^):{.
*) A = Kliningen. *) Sophie Amalia.
*) Anna Sophie, Tochter Friedrich III. von Dänemark.
*) Wilhelmine Emestine, Tochter Friedrich III. von Dänemark.
^ Üeber die Zusammenkunft zu Pyrmont Droysen l. c. 724.
^ Ueber die Testamentsangelegenheit in dieser Zeit Droysen, Das Testament
des grossen Kurfürsten, G. d. p. P. IV. 4 144 ff.
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Accise. Papierstempel. Reicbsaogelegenheiteo. Jägemdorf. 997
Lamberg an den Kaiser. Dat Berlin 2. Mai 1681. (Or.)
[Unterredung mit Jena über die Reichsangelegenheiten. Rathschlag Jena's zur Bei-
legung der jägemdorfischen Streitfrage. Spanischer Ck)nflict Haltung des Hofes R^
benac gegenüber.]
Uebersendet eine Abschrift der schwedisch-dänischen Allianz vom 27. Sep- 2. Mai.
Umher 1679*).
Jena sagt mir, I. Ch. D. werde keinem in E'. K. M. decreto an dero
commissarios beim Reichsconvent circa modum der Verfassung enthal-
tenen Punkten entgegenstreben, als allein dem dritten^, wegen einer all-
gemeinen Reichscassa, so iedoch durch die Ereiscassen könne ersetzt wer-
den, und dann dem siebenten*), vermög dessen die bewaffnete Stande
ihre geübte Völker denenienigen zu gutem, so mit keiner tauglichen Mann-
schaft aufzukommen wussten, hergeben sollten. Uebrigens seien dieselbe
bereit sich mit dem Reichsconcluso ratione quanti, ob es gleich auf
60000 Mann hinauslaufen sollte, zu conformiren. |: Nachdem wir auch
hierüber auf die jägerndorfische Sach gerathen, vermeint er, es könnte
sich mit der an Sachsen nunmehr gehörigen Grafschaft Barby ein gute
Gelegenheit darzu ergeben, auf welche der Churfarst ein Aug geworfen
sie käuflich einzuhandlen, als die mit Schulden fibersetzet und die
sächsische darauf haftende Lehenschaft mit der Magdeburgischen, : | auf
die im westphälischen Friedensschluss an Sachsen übergetragene 4 Aemter
praetendirenden Lehenbarkeit, könnte umgetauschet werden und falls
dieses von keinem Erfolg sein sollte, wollte er dannoch |: bedacht sein,
damit eines von solchen 4 Aemtem^) möge feilgemacht und sodann die
jägerndorfische Sach mit gefördert werden möchte, weilen man sodann
baares Geld benöthigen würde :|. Die spanischen Mishelligkeiten gewinnen
durch das bisher anscheinende Glück zur See und neuerschollene Prise
3 er reichbeladener Schiff solche Weiterung, dass I. Ch. D. zum hollän-
dischen ministro und mir unverholen gesagt, dass nun mit dem Carolo
IV. wiederum 3 Fregatten in See geloffen, um sich mit denen bei Amerika
schwebenden zu coniungiren, welche dann nach eingeloffenem Bericht den
Sund bereit passirt wären ^). Sofalls -Spanien sich der geringsten Gegen-
wehr anmassen wird, stehet die völlige Ruptur darauf und dass I. Ch. D.
Der Friede wurde am 26. Sept geschlossen ; abgedruckt bei Du Mont 1. c.
VII. 1 425 ff. Vergl. Carlson, Gesch. Schweden IV. 732.
>) Vergl. Pachner 1. c. H. 289.
») Vergl. Pachner 1. c. II. 289.
*) Querfurt, Jüterbog, Dahme, Burg.
*) Vergl. ürk. u. Act. UI. 604.
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998 VIII. Erste Mission des Grafen Job. Philipp Lamberg. Feb. 1680— Feb. 1682.
sich auch wider dero anfänglichen Vorsatz in franzosische Arm werfen
dörfte, zumalen selbige Eron ihre durch die für das polnische Indigenat
offenbarlich einwendende starke ofBcia nicht ein geringes vorgetragen
und empfängt von Zeit hierfiber eingeloffener Nachricht der französische
Minister Rebenac, zwar mehr von der Frau Churfurstin als dem Herrn
Churfürsten, täglich und für iedermäniglich grosse Caressen.
Lamberg an den Kaiser. Dat Berlin 5. Mai 1681. (Or.)
[Differenz zwischen Friedrieb Jena und dem Kurfürsten. Urtheil Blumentbals über
Gottfried Jena. Ansicht Lambergs Yon der yoraussichtlichen Haltung des Kurfürsten
gegenüber Frankreich. Unterredung Lambergs mit dem Kurfürsten über Frankreich
und Spanien.]
5. Mai. Zwischen dem Kurfürsten und dem Kanzler Jena ist wegen Einhebung der
Accisen im Magdeburgiscben und Halleschen ein Zwist ausgebrochen, Jena be-
gab sich auf sein Gut, die Franzosen triumphiren, doch glaubt Blumenthal*),
Jena^s Freund, der Kurfürst werde Jena zurückberufen. Blumentbai versichert
auch, Gottfried Jena in Regensburg hätte neben der ihm von dem Kanzler Jena
übersendeten Instruction eine zweite erhalten. Aus den Reden des Kurfürsten
ersieht Lamberg, dass Brandenburg nichts thun werde, was Frankreich belei-
digen könnte. I. Ch. D. gaben mir weiter zu vernehmen, sie würden von
Rebenac fortan versichert, dass der König dieses Jahr keinen Krieg er-
heben werde. Ich versetzte, dass ich solches nicht allein für dieses,
sondern auch viel folgende Jahr herzlich gern glaubte, wann das Reich
ihne, den König, im Frieden mehr wegnehmen lasse, als er im Krieg
hoffen dörfte. Lamberg sucht den Kurfürsten bezüglich Spaniens günstig zu
stimmen, der Kurfürst verspricht mit dem von den spanischen Niederlanden
hiehergesendeten Baron d'Hostel^) freundlich zu verhandeln und erklärt femer :
Ich mösste nicht ehrlich handien, wann ich Spanien im Niederland an-
greifen wollte; solches werde ich nimmermehr thun, hingegen auch von
selbiger Krön, dass sie mir im Clevischen den geringsten Schaden thue,
nicht gedulden.
>) Christof Caspar von Blumenthal.
>) Vergl. Puf. LcXVm. 11.
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Brandeuburg-französiscbe Beziehungen. Reicbsangelegenheiten. 999
Lamberg an den Kaiser. Dat. Berlin 9. Mai 1681, (Or.)
[Aussöhnung Friedrich Jena's mit dem Kurfürsten. Mittheilungen über d^HosteFs
Unterredungen mit dem Kurfürsten.] .
Die Aussöhnung zwischen dem Kurfürsten und Jena ist bereits erfolgt. 9. Mai.
Dem Baron d'Hostel wurde vom Kurfürsten auf seine Klagen über Frankreichs
Vorgehen in Luxemburg geantwortet, Rebenac versichere ihn und von Paris
habe er gleiche Nachricht, dass der Konig bereits Befehl ertheilt, die Truppen
aas Luxemburg abzuführen. Im Uebrigen glaubt d'Hostel, dass der Kurfürst
sich mit Spanien aussöhnen will.
Unter dem 23. Mai übersendet Lamberg eine Abschrift der brandenburg-
sächsischen Allianz vom 8./18. April 1681 *). Jena, der Kanzler, betheuert, von
einer zweiten an seinen Bruder abgegangenen Weisung nichts gewnsst zu haben
Lamberg an den Kaiser. Dat. Halle 14. Juni 1681. (Or.)
Berichtet über des Kurfürsten Reise nach Magdeburg und Huldigung da- 14. Juni,
selbst'). Der Kurfürst hat Lamberg seine Neigung, sich mit Spanien friedlich
zu einigen, kund gethan.
Der Kaiser an Lamberg. Dat. Oedenburg 14. Juni 1681.
(Conc.)
[ReicbsaDgelegeuheiten. Brandenburg-spanischer Conflict. Jägemdorf.]
Der Kaiser bleibt dabei, dass die Specialbündnisse der allgemeinen Reichs- U. Juni,
hicherheit eher hinderlich als forderlich sein würden und obwohlen der
Kanzler Jena erwähnet, dass die Kreisausschreibenden Fürsten und
Obristen zu unverlangter Bewerkstelligung der resolvirten Verfassung
erinnert werden mögten, wie auch, dass man sich zu einer Reichscassa
schwerlich verstehen würde, so hat es iedoch die Bewaodtnus, dass, ehe
und bevor das Werk an die Kreise gebracht werde, man sich vorhero
der GeneralrepartitioD halber, wie viel nemlichen einem ieden Kreis von
denen 40000 Mann zuzulegen seie, auf dem allgemeinen Reichstag ver-
gleiche, zumaln sonsten in den Kreisen nichts verlässliches geschlossen...,
wie dann auch die Reichscassa nicht nur zu Verpflegung der Miliz, son-
dern benebens zu Bestreitung der Ärtigliaria, Munition, Proviants und
übrigen Kriegsbedürftigkeit höchstens von Nöthen sein will'). Der Kaiser
ist bereit wegen gütlicher Beilegung des spanisch -brandenburgischen Conflictes
1) Mömer 1. c. 424 ff.
^ Puf. 1. c. XVIII. 12; Theat. Europ. XII. 284f.
3) Vergl. Pachner 1. c. II. 312f.; Fester 1. c. 31 f.
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1000 VIII. Erste Mission de» Grafen Joh. PhiKpp Lamberg. Feb. 1680— Feb. 1682.
dem W* de Grana nnd dem in Wien weilenden spanischen Berollmächtigten
die nöthigen Weisungen zukommen za lassen.
Mit der von Jena in Vorschlag gebrachten Art die jägemdorfische Sache
zu ordnen, ist der Kaiser einverstanden, jedoch soll Lamberg nicht vergessen
zu betonen, dass es nicht dahin zu verstehen seie, als ob wir uns in die
^Corpora" gedachter Grafschaft Barby oder eines von vorermelten Aem-
tem einzulassen nnd den Werth zu deren Erhandlung auf uns zu nehmen
gedächten, sondern dass wir die letztmals anerbotene Summe des Cbur-
fursten L^. zu erlegen nicht ermanglen würden.
Lamberg an den Kaiser. Dat. Lttgde bei Pyrmont 11. Juli
1681. (Or.)
[Geremonialfragen. Haltung des Eurfärsten in der französischen Frage. Erklänmgen
des dänischen Ministers. Mittheilungen Amerongens über Brandenburgs Pläne. Barby.]
11. Juli. Mit dem Hanse Brannschweig sind sehr bedenkliche Ceremonialstreitigkeiten
vorgefallen*). Trotz aller Klagen gegen Frankreich ist der Kurfürst von Bran-
denburg za keiner entscheidenden Action gegen dasselbe zn bewegen.
Nachdeme ich mich auch vor wenig Wochen gegen Ch. D. und den
dänischen ministrum') vernehmen lassen, berichtet zu sein, ob wäre die
Allianz zwischen Frankreich und Dänemark bis auf die einige Ratifi-
cation zu Standen gebracht, hat besagter Minister mich vor einig Tagen
nomine regio wissen lassen, S. M. hätten, was Frankreich belange, noch
ganz ungebundene Hand, verlangten auch mehr mit E^ K. M. und einig
Reichsständen als mit einiger äuserlicher Potenz sich verbindlich zu
machen. Er bat zugleich um raschen Beginn der Verhandlungen ... So hat
mir auch der holländische Minister von Amerongen vertrauet, es hätte
der aus dem Haag unlängst wieder anhero gekehrte churfnrstliche Rath
von Diest') den Prinzen von Oranien beim Abschied gefragt, ob derselbe
nicht eine Allianz zwischen dem Staat, König zu Dänemark, Churbran-
denburg, Münster und dem Haus Braunschweig vor erspriesslich hielte,
deme der Prinz deutlich geantwortet hätte, dass ohne E. K. M. ganz kein
Nachdruck bei dem Werk sein wurde. Wegen Barby ist es bisher zu
nichts gekommen.
Vergl. Droysen I.e. III., 724.
^ Bachwald.
') Seit December 1680 war Friedrich Wilhelm y. Diest brandenburgischer Ge-
sandter im Haag. Ueber seine Thätigkeit daselbst Urk. u. Act. III. 555 u. a. 0. Vergl.
Isaacsohn 1. c II. 178 ff.
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Jägemdorf. Mittbeilungen des dänischen und des staatischen Gesandten. 1001
Der Kaiser an Lamberg. Dat Neustadt 16. Juli 1681.
(Conc.)
[Mediation des Kaisers in dem brandenburg-spanischen Conflicte.]
Spanien bat dem Kaiser die Mediation in der spanisch-brandenbnrgischen 16. Juli.
Schiffgfrage angetragen; da nun Lamberg schon früher berichtet hat, dass anch
Brandenburg der Mediation des Kaisers nicht abgeneigt sei, so ist der Kaiser
bereit solche Mediation zu übernehmen, doch erst wenn Lamberg darch Nach-
forschungen sich überzeugt, dass Brandenburgs Ansprüche nicht zu hohe sind.
Lamberg an den Kaiser. Dat. Berlin 28. Juli 1681. (Or.)
[Erklärungen des Kurfürsten über die Gesinnung der braunscbweigischen Fürsten.
Pfalzische Beschwerden gegen Frankreich. Des Kurfürsten Verhalten in der spani-
schen Streitfrage.]
Das gute Vernehmen zwischen dem Kurfürsten von Brandenburg und dem 28. Juli.
Hause Brannschweig ist wieder hergestellt. Es haben I. Ch. D. mir selbsten
zu vernehmen und an £. E. M. allerunterthanigst gelangen zu lassen an
die Hand gegeben, sie hatten den Herzogen zu Hannover in seinem inner-
sten durchaus gut reichisch und resolvirt befunden seinen letzten Bluts-
tropfen für die Ehr und Wohlfahrt Deutschlands dran zu strecken, in
welchem Sentiment auch alle dessen ministri stünden. Celle aber, so-
viel I. Ch. D. auch durch den Herzogen zu Hannover penetriret, stehe
darauf seines verblichenen Bruders*) Fusstapfen nachzugehen und bei
entstehendem Kriege die Neutralität zu erkiesen. Auf Wunsch des Kur-
fürsten von der Pfalz hat sich der Kurfürst von Brandenburg bei Rebenac über
des französischen Königs Vorgehen gegen den Pfölzer beklagt. Ueber Spaniens
friedliche Absichten war der Kurfürst sehr erfreut, in die von Lamberg gefor-
derte sofortige Restitution des den Spaniern abgenommenen Gutes willigt er
aber nicht, erklärt sich jedoch bereit, das Duplum derjenigen Summe, auf die
es geschätzt werde, sich von der Schuld abrechnen zu lassen.
Lamberg an den Kaiser. Dat. Beriin 11. Aug. 1681. (Or.)
[Verbandlungen Lambergs in der spanischen Angelegenheit. Brandenburg-däniscbe
Beziehungen. Erklärungen des Kurfürsten über die allgemeine Lage.]
Lamberg sucht durch die Kurfürstin und durch Jena in der spanischen Schiffs- 11. Aug.
frage auf den Kurfürsten zu wirken. Die Gegenpartei arbeitet stark und hat
den Kurfürsten vermocht, zu erklären, er werde vor Beginn der Mediation nichts
restituiren und als Lamberg Gelegenheit fand mit dem Kurfürsten selbst über
Johann Friedrich starb am 18. Dec. 1679.
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1002 VIII. Erste Mission des Grafen Joh. Philipp Lamberg. Feb. 1680— Feb. 1682.
diese Sache za reden, fand er, dasa derselbe nicht zur Restitution, wohl aber
zur Einstellung weiterer Repressalien zu bewegen sein werde *). Jena räth ihm
darauf, vom Kurfürsten die üebergabe des Schiffes an den Kaiser zu fordern.
Buchwald, der dänische Gesandte, ist wieder zurück, wünscht Rath vom Kur-
fürsten, was in gegenwärtiger Lage zu thun sei. Von Verhandlungen zu einer
Allianz wird jetzt von beiden Seiten abgesehen, der Kurfürst von Brandenburg
meint, von des Prinzen von Oranien Rückkunft aus England hänge alles ab^.
Unter dem 15. August berichtet Lamberg von neuen Verhandlungen mit
dem Kurfürsten in der spanischen Angelegenheit, die aber um keinen Schritt
weiter führen.
Lamberg an den Kaiser. Dat. Berlin 1. Sept. 1681. (Or.)
[Erklärungen des polnischen Gesandten. Marineangelegenheiten.]
1. Sept. Der polnische Gesandte Niemeritsch, Woiwode von Kiew, hat dem Kur-
fürsten freundliche Botschaft seines Herrn gebracht, doch ist nicht, wie man
früher vermuthete, von einer Heirath des königlichen Prinzen mit einer hiesigen
Prinzessin gesprochen worden').
Es ist zu Anfang voriger Woch mittelst eines churfürstlichen aus
Afrika mit Waaren zurückgelangten und in Preussen eingeloffenen
Schiffs Zeitung anhero kommen, welchermassen das andere voriges Jahr
ebenmässig dahin abgesegelte churfürstliche Schiff auf den Eüsteo von
Guinea bei Castel-Mina ohne Volk, Waaren und Geschütz, dessen es 36
Stück aufgehabt, am Strand liegend gefunden worden und dass ihm
solches auf dem hoben Meer durch der holländisch-westindischen Com-
pagnie Schiff widerfahren sein solle ^). Solches hat allhie gewaltige
Animosität und Bedrohungen verursacht, worunter man auch mit Ver-
gessung aller französischen so in sacris als politicis empfindender Vio-
lentien von neuem angefangen dem französischen ministro die vorige
gute Mienen zu zeigen. Es versichert aber der holländische hiesige
Minister, dass ihme davon nichts bewussi Es wird aber aus vielen
Gründen gemuthmasset, es habe besagtes Schiff nicht zwar von Ch. D., ...
sondern von dem sogenannten Seecommissario Raule geheime Instruction
gehabt, bei Castel-Mina, all wo die westindische Compagnie das Gewerb
') Ueber das Eingreifen des staatischen Gesandten in diese Angelegenheit yergl.
Urk. u. Act. III. 607.
>) Für die Reise Wilhelms nach England vergl. Klopp 1. c. II. 836 ff.
») Vergl. Puf. l. c. XVIII. 29.
*) Vergl. ürk. n. Act. III. 608; Borcke, „Die brandeuburg-preussische Marine"
29; Puf. l. c. XVIII. 32; Schuck l. c. I. 142 ff.
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Marine&Dgelegenbeiten. Gottfried Jena. 1003
viel Jahr her privative von allen andeni Nationen in Possess gehabt,
von den Mohren Gold einzntaoschen, wie auch von dem in einem all-
dortigen Floss reichlich befindlichen Waschgold wegzuholen und dass es
darfiber von denen Schiffen der westindischen Compagnie betreten und
also damit verfahren worden, welches dann um so viel weniger befremd-
lich, als es die Holländer auch von der Eron Engelland ^nicht leiden,
deren sie vor 20 Jahren 6 wohl armirte königliche Schiff der Ursach
halben bei Castel-Mina weggenommen und ihr ius in darauf entstandenem
Kriege behauptet^). Es macht sich Raule, der auch über andere seine
Commission betreffende Punkten Rechenschaft geben sollen, nunmehr krank^
ist ihm beinebenst sein nach Holland geschicktes Weib allda arrestirt
worden, scheinet also die cburfürstliche neue Seefahrt ziemliche Anstoss
zu leiden.
Der Kaiser an Lamberg. Dat Oedenburg 7. Sept. 1681.
(Conc.)
[Oesterreich-d&nische AIlianzTerbaudlungen. Gottfried Jena's Abberafung betreffeDd.]
Mit Dänemark verhandelt der Kaiser am eine Allianz ; Lamberg kann in 7. Sept
Berlin sagen, dass der Kaiser es sehr gern sähe, falls das Bnndnis zu Stande
komme, wenn Brandenburg eintreten würde. Die Abbernfang des Jena aus
Regensborg wäre gewiss sehr wünschenswerth ; doch räth der Kaiser in dieser
Angelegenheit sehr vorsichtig za Werke zu gehen, damit nicht das Gegentheil
dessen erfolge, was man bezwecke.
Lamberg an den Kaiser. Dat. Berlin 22. Sept. 1681. (Or.)
[Friedrieb Jena^s Erklärungen bezöglieb der Abberufung seines Bruders. Stellung
Brandenburgs zu den österreicbiscb-däniscben Allianzverhandlungen.]
Jena erklärt, der Knrfurst wurde sich gewiss schärfer gegen Frankreich 22. Sept.
erklären, wenn der spanische Conflict nicht vorhanden wäre. Die Abhemfung
Gottfried Jena's ans Regensburg hält der Kanzler nicht für zweckmässig, doch
verspricht er seinem Bruder nochmals zu schreiben und ihm Rücksichtnahme
auf die Bedürfriisse des Kaisers zu empfehlen. Was E'. K. M. mit der Krön
Dänemark vorhabendes foedus anbelanget, darüber habe bei Kanzlern
Jena, Fürsten zu Anhalt, vornehmlich aber bei Ch. D. selbst sondiret,
ob auf dessen Erfolg sie sich gleichfalls einzutreten portirt finden wür-
den, aber keine Formalrenitenz verspüren mögen, also dass es sich etwan
Vergl Ranke, Engl. Gesch. V. 9 ff.
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1004 VIII. Erste Mission des Grafen Job. Philipp Lamberg. Feb. 1680 -Feb. 1682.
wohl damit schicken dörfte. Die wirkliche Unternehmung aber E^ K. M.
Mediation in der spanischen Streitbefangnus könnte solchem Werk einen
trefflichen Vorschub mittheilen.
Lamberg an den Kaiser. Dat Berlin 3. October 1681. (Or.)
[Raule. Erklärungen des Kurfürsten in der spanischen Streitfrage. Seeangelegen-
beiten. Ansicht Lambergs über die vom Kaiser zu ergreifenden Massregeln.]
3. Oct. Raule ist wieder in Gnaden aufgenommen. Dem englischen Agenten Poalay
gegenüber, der im Namen des Königs von England den Wunsch nach Aus-
gleich des spanisch -brandenburgischen Conflictes aussprach, erklärte der
Kurfürst in die Rückgabe des Schiffes nicht willigen zu können; auch zeigte
er sich sehr entrüstet über die Holländer und mit Rücksicht auf Raul^'s Ver-
sicherung, dass seine Flotte denen der 2 nordischen Mächte und der vereinigten
Niederlande gewachsen, auch etwas stolz; auch ist das Gerücht im Umlaufe,
dass neuerdings 5 Schiffe nach Guinea abgesegelt seien Andererseits wird
berichtet, dass Spanien jetzt 16 Schiffe zur Sicherung der Flotte zusammen
habe. Ich aber habe aus solchem und vorgehenden, auch |: des Chur-
fürsten mir bekannten genio abzunehmen, dass im Fall die Krön Spanien
nur etwas mehr Kräften zu See aufbringen und von Holland einige
Asseurance für Niederland erscheinen sollte, mau die Sachen allhier um
ein gutes wohlfeiler geben und von dermaliger Hitze abbrechen dörfte,
wie dann auch auf glückliche Entwerdung der Unruhe in Ungarn man
allhier ganz andere Mesuren nehmen und E^ K. M. alsdann erfolgender
Mediation vornehmlich deferiren würde:!.
Lamberg an den Kaiser. Dat. Beriin 6. October 1681. (Or.)
[Unterredung Lambergs mit dem Kurfürsten über die allgemeine Lage und über die
Verhältnisse im Reiche.]
6. Oct. ^^^ Kurfürst gibt Lamberg Kunde von seinen an die Staaten gerichteten
Beschwerden und theilt ihm mit, dass er Entschädigung binnen Monatsfrist ge-
fordert habe. Sollten die Staaten diese nicht leisten, werde er schon Mittel fin-
den sich zu entschädigen. Sie setzten deme weiters bei, Nachricht einge-
nommen zu haben, dass der Staat sich mit Spanien, Engelland und Schwe-
den zu associiren suche '). Von Engelland aber wären I. Ch. D. versichert,
dass selbiges annoch von Frankreich seine pensiones ziehe; von Spanien
abstrahirten sie völlig, Schweden aber, sagten sie, suche damit nichts an-
^) Für die Politik der Staaten, insbesondere Wilhelms, in dieser Zeit Müller
1.0. L 67 ff.
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Spanisch-brandenb. Differenzen. Unterredungen Lamberts mit Fr. Wilh. 1005
ders, als sich bei Frankreich wiederum necessarium zu machen und vorige
pensiones zu erobern, würde sich dannenhero am End mit dieser Asso-
ciation eben wie vorhin mit der Triplen Allianz ausweisen. Es finde sich
nunmehr aller Orten alles in solcher Verwirrung, dass nicht auszufinden,
wessen man sich eigentlich zu halten. Ich versetzte, das nächste,
sicherste und fürträglichste würde sein, wann das gesammte römische
Reich sich unter guter Einigung und Verständnus mit E^ K. M. festsetzte.
Worauf I. Ch. D. mit Eifer herausgebrochen: Man suche am kaiserlichen
Hof vielmehr das churfürstliche Collegium in seinen Praerogativcn zu
schwächen, als in guter Verständnus beizubehalten; angesehen das letzte
kaiserliche Commissionsdecret genugsam ergebe^), dass man solches mit
dem fürstlichen, ja sogar mit dem städtischen coUegio parificiren und
desienigen entsetzen wolle, was auch fremde Potenzen demselben für
dem fürstlichen beilegen wollen. Er werde sich aber dies unter keinerlei
Umstanden bieten lassen, habe schon Sachsen davon Mittheilung gemacht. Lam-
berg versucht vergebens ihn zu beruhigen.
Der Kaiser an Lamberg. Dat Oedenburg 8. October 1681.
(Conc.)
[Sicherung gegen Frankreich. Mediation in der spanisch-brandenbnrgiscben Streit-
frage.]
Der Franzosen Vorgeben bei Strassburg«) zeigt, worauf sie es abgesehen 8. Oct.
haben, so, dass wann nicht mit mehrerm Eifer und Nachdruck zu der
Sachen gethan wird, nicht unzeitig zu besorgen stehet, es dörfte in
kurzem noch femer ein- und anderer der Gefahr am negsten unter-
worfener Stand zu Grund gehen und in französische Dienstbarkeit ge-
rathen; es erfordere daher die Sicherheit des heiligen römischen Reichs,
dass man nicht nur die Anzahl deren von Reichswegen geschlossener
40000 Mann, sondern auch die übrige allschon in eventum beliebte
20000 feststelle und wirklich aufbringe'). Das soll Lamberg beim Kur-
fürsten befürworten. Unter dem 17. Oct. theilt der Kaiser dem Lamberg mit,
dass er mit der Mediation in der spanisch-brandenburgischen Streitfrage warten
wolle, bis er Nachricht habe, wie sich Spanien auf Brandenburgs Forderungen
— Erlegung von 100 000 Reichsthalern nebst einer besonderen Regalirung der
Kurfurstin — äussere.
*) Vergl. Pachner von Eggenstorff IL 326.
2) Vergl. Legrelle, Louis XIV. et Strasbourg; Rousset 1. c. IIL 33ff.
*) Vergl. Pachner 1. c. IL 216, 225; Fester 1. c. 34 ff.
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1006 vni. Erste Mission des Grafen Job. Philipp Lamberg. Feb. 1680— Feb. 1682.
Lamberg an den Kaiser. Dat. Potsdam 17. Oct. 1681. (Or.)
[Unterredung Lambergs mit Friedrieb Wilhelm über die gegen Frankreichs Vorgeben
zu ergreifenden Massregeln. Frankfurter Versammlung. Urtheil Lambergs über des
Kurfürsten und Jena's Aeusserungen in dieser Frage.]
17. Oct. Lamberg stellt dem Kurfürsten die aus der Eroberung Casale's und Strass-
burgs') dem Reiche drohende Gefahr vor. Der Kurfürst sohreibt alles dem
nymwegischen Frieden zu und sagt, er wisse nicht zu rathen. Ich beflisse
mich bei P. Ch. D. zu sondiren, ob mit E'. K. M. neben andern Chur-
fursten sich einiger Orten zu ersehen und dem Reich bei gegenwärtigen
Coniuncturen mit Rath und That beihändig zu erscheinen nicht zuwider
fallen wollte. Die wollten vermeinen, dergleichen Zusammenkunft wurde
dem König in Frankreich desto gewaltsamer in das Reich zu dringen
nur desto mehr Anlass zuspielen. Und sintemalen man noch in keiner
gehörigen Postur stünde, würde man dabei sehr übel fahren. Wären
vielmehr der Meinung, man sollte dem Congress zu Frankfurt seinen
Fortgang lassen'), wodurch man der Krön Frankreich ihre Unbefugnus
publice auf das Blatt legen könnte; inmittelst wäre Zeit gewonnen, um
sich in solchen Stand zu setzen, dass man ihro mit mehrerm Ernst
zusprechen und sie etwan noch wohl zur Raison vermögen könnte.
I. Ch. D. bewürfen sich aber annoch meistlich dahin, dass sie mit Chur-
bayern, Chursachsen und Hannover über das gegenwärtige Frangent sich
berathen wollten. Da ich nun weiter zu vernehmen suchte, wessen sie
dann hofften, dass man sich von der Krön Dänemark bevortheilen könnte,
vermeinten sie selbige Krön wurde sich ohne Subsidien schwerlich zu
einiger Bündnus verstehen
Der Herzog von Hannover hat anfragen lassen, was zu thun sei. Jena be-
greift das Werk mit dem Congress also, dass dessen Fortsetzung eine
approbatio der französischen Verfahrung, die Unterbrechung aber eine
ruptura sein würde. Auf mein Einwenden, dass die Ruptur von Seiten
Frankreich allschon offenbar beschehen, antwortete er; dass demnach
E. K. M. als römischer Kaiser befugt, ia gehalten sei, mit einer Armee
an den Rhein zu gehen, so dann kein Stand sich darinnen zu concur-
riren entbrechen würde noch könnte. So habe ich auch Zeit dieses
') Beide Städte fielen am selben Tage — 30. Sept. — in die Hände der Fran-
zosen; Klopp 1. c. n. 348.
^ üeber die Frankfurter Versammlung Puf. 1. c. XVIII. 33; Wagner I.e. I.
527 ff.; Müller 1. c. 1. 73 ff. Das Reicbsgutachten und die Instruction für die Vertreter
des Reiches bei Londorp I. c. XI. 307 f.
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Hassregeln gegen Frankreich. Die Frankfarter Versammlang. 1007
meines Anwesens sowohl bei Ch. D. als Kanzlern Jena genugsam ab-
nehmen können, dass Chorbrandenbnrg nicht weniger als die, so mit
ihme in Bundnns stehen, die Reichssicherheit nicht auf eine allgemeine
ordentliche Verfassung, sondern vielmehr in der Nebenstand Landen auf
Binlegong ihrer Völker antragen, vorschützend, dass solche Nebenständ
am Rhein doch sonsten wegen Nähe der französischen Macht dem Reich
unnutzlich und nur für Frankreich vortheilig sein würden.
Lamberg an den Kaiser. Dat Berlin 24. October 1681. (Or.)
[Erklärungen Jena's bezäglich der gegen Frankreich zu ergreifenden Massregeln.]
Jena versichert, man habe brandenburgischerseits an Sachsen und Han- 24. Oct
nover den Rath ergeben lassen, sich zn rüsten. Unterdessen werde man sehen,
was die Stände in Regensbnrg sagen werden. Jena wiederholte, dass der
erste motns bei E^ K. M. stehen würde und sein gnädigster Herr ihm
klar gesagt habe: Es wäre nunmehr Zeit, dass E. K. M. sich Kaiser zu
sein erwiesen. Man besorge aber, dass das ungarische Wesen, über dessen
schlechten Stand*), sowie über die von den Türken drohende Gefahr, Rebenac
nicht müde werde zn berichten, ein energisches Eingreifen des Kaisers in die
Reichsangelegenheiten verhindern werde. Amerongen meldet, dass die west-
indische Compagnie von dem kurfürstlichen SchifiTe nichts wisse.
Lamberg an den Kaiser. Dat Berlin 31. October 1681. (Or.)
[Unterredung mit Jena über Brandenburgs Toraussicbtiicbe Haltung in der französi-
schen Frage. Parteiungen am kurfürstlichen Hofe.]
Jena versichert, der Kurfürst sei für die Fortsetzung des Frankfurter Con- 31. Oct
gresses; man möge einen Protest bezuglich Strassburgs voranschicken; der Kur-
fürst werde gewiss, wie zn den 40000 Mann, so auch zu den 20000 seinen
Theil beitragen Ich führte sofort familiariter (bei Jena) an, ob wäre
dem Verlaat nach die Krön Frankreich nach der Ueberwältigung Strass-
burgs durch ihre Partei, namentlich Meioders, gewaltig bemühet, S. Ch.
D. mittelst einer monatlichen grossen summa Gelds zu einer Neutralitat zu
bringen. Ob nun zwar der Kanzler wegen Werths oder ünwerths diesen
Gerüchts sein Unwissen fürstellte, unterliesse er doch nicht in Vertrauen
zu bekennen, dass dergleichen Cabala zu unterbrechen ihm der Ursach
nicht möglich sei, weilen alles hinterrücks seiner und durch die franzö-
sische Partei und das Frauenzimmer getrieben würde und müsste er
») Vergl. Wagner 1. c. 566 flf.
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1008 VIII. Erste Mission des Grafen Joh. Philipp Lamberg. Feb. 1680— Feb. 1682.
sich fast vorstellen, |: dass der Churfurst endlich einwilligen möchte,
wann ihm nur von Frankreich zugelassen würde mit seiner quota zum
römischen Reich zu concurriren : |.
Lamberg an den Kaiser. Dat. Berlin 7. Nov. 1681. (Or.)
[Zurückhaltende Erklärungen des Kurfürsten. Mittheilungen des dänischen Gesandten.]
7. Not. Der Kurfürst, mit dem Lamberg über die von allen Seiten drohenden Ge-
fahren spricht, betont, dass so lange der Kaiser nicht Frieden mit dem Osten
habe, nichts zu hoffen sei; gegen Schweden und Dänemark zeigt sich der
Kurfürst misgestimmt; im allgemeinen verspricht der Kurfürst, sich von den
übrigen Ständen in ihren Beschlüssen gegen Frankreich nicht absondern zu
wollen. Buchwald ') versichert Lamberg, sein König würde mit dem Kurfürsten
viel freier verhandeln, wenn er nicht furchten würde, dass, was er sage, Rebenac
zu Ohren komme.
Der Kaiser an Lamberg. Dat. Oedenburg 12. Nov. 1681.
(Conc.)
[Zweckmässigkeit der Fortsetzung des Frankfurter Congresses.]
12. Nov. Der Kaiser vertheidigt sich gegen den Vorwurf, als sei er durch sein Ver-
halten beim nymwegischen Frieden Ursache der Einnahme Strassburgs durch die
Franzosen. Der Kaiser ist wie Brandenburg der Ansicht, dass es bei dem gegen-
wärtigen Stande der Dinge, bei der Uneinigkeit im Reiche und bei der unzu-
länglichen Rüstung vieler Reichsstände das zweckmässigste sei, den Congress zu
Frankfurt fortzusetzen.
Lamberg an den Kaiser. Dat Berlin 14. Nov. 1681. (Or.)
[Brandenburg-spanischer Conflict. Erklärungen des Kurfürsten. Hittheilungen des
Kurprinzen über die Reichsfeindlichen Bestrebungen des Meinders und der französi-
schen Partei. Unterredung Lambergs mit dem Kurfürsten über die Reichsangelegen-
heiten. Erklärungen desselben bezüglich seiner Flotte und der Verhandlungen mit
den Staaten.]
14. Nov. Der Kurfürst, zu dem sich Lamberg begibt, als er vernommen, dass zwischen
der spanischen und brandenburgischen Flotte ein Treffen beim Cap S'. Vincent
vorgefallen, bei welchem 3 brandenburgische Schiffe in den Grund gebohrt und
2 gefangen genommen worden seien, versichert dem Lamberg, dass nur 3 Schiffe
Brandenburgs dagewesen, die sich nach 2 stündigem Kampfe in den Hafen Lagos
zurückgezogen hättten. Lamberg sagte, es wäre besser gewesen, wenn der Kampf
gar nicht stattgefunden hätte; er hoffe, dass der Kurfürst nichts neues nnter-
1) Dänischer Gesandter am kurfürstlichen Hofe.
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Frankfurter CoDgress. Brandenburg-spanischer Conflict. Reichsangelegenheiten. 1009
nehmen werde, zumal die spanische Silberflotte eintreffen und Spanien dann
dem Kurfürsten etwas werde zukommen lassen. Der Kurfürst versichert an
einem Plane zu arbeiten, nach welchem bei geringen Geldopfem seitens Spaniens
die Beilegung der Streitigkeiten erfolgen könnte. Es ist mir aber auderseiten
sehr misfallig von dem Churprinzen zu vernehmen gewesen, wie er mir
in höchstem Vertrauen eröffnet, dass der Meinders in itingstem geheimen
Rath mit Eifer, obzwar er allein, dahin votiret, I. Ch. I). könnten bei
gegenwärtiger Beschaffenheit sich auf keine andere Art considerirlicher
machen, als wann sie zu der Reichsarmee ihr Contingent beitrügen, im
übrigen aber ihre die freie Hand vorbehielten. Nun obzwar, wie der
(.'hurpriuz meldet, hierinnen kein eigentlicher Schluss gefallet worden
und sich der Herr Churfürst das weitere reservirt habe, so stünde doch zu
befahren, dass Meinders mit seinen Adhaerenten das Uebergewicht geben
dörfte. Bei einer neuen Unterredung mit dem Kurfürsten, in welcher dieser
des Herzogs von Celle Benehmen tadelt, ruft Lamberg dem Kurfürsten die von
demselben in früherer Zeit geäusserte Meinung, vermöge eines Reichsschlusses
alle Neutralität abzustellen, in's Gedächtnis. Sie antworteten aber hierauf
nicht gerad zu, sondern dass sie bei Anfang des vorigen Kriegs das ihrige
gethan hätten, nun nicht mehr Rath zu schaffen wüssten; bewürfen sich
darauf wiederum auf ihren Seehandel, mit Bedeutung Nachricht erhalten
zu haben, dass in Königsberg wiederum 2 von ihren Schiffen aus Guinea,
das eine mit 36000 Gulden in Goldsand, das andere mit Elephanten-
zähnen, Feigen und dergleichen eingeloffen und getrösteten sie sich mit
ihrer Schifffahrt so glückselig zu sein, dass mit der Zeit dadurch besseres
Gold mit Prägung ihrer Dukaten in das Reich kommen würde. Auch
mit den Generalstaaten hofft er bald in vollem Einvernehmen zu sein'). Be-
züglich Erhöhung der Reichsarmee auf 60 000 Mann ') erklärt der Kurfürst dem
Lamberg, er habe bereits die entsprechenden Befehle nach Regensburg ergehen
Lamberg an den Kaiser. Dat. Berlin 24. Nov. 1681. (Or.)
[MittbeiluDgen Amerong^ens über seine Verhandlungen mit dem Kurfürsten. Dessen
wenig günstige Erklärungen. Unterredimg Lambergs mit dem Kurfürsten über die
staatischen Verhältnisse. Ablehnende Haltung Friedrich Wilhelms gegenüber der
scbwediscb-holländiscben Allianz. Ostfriesische Frage. Erklänmgen des Kurprinzen.
Mittbeilungen des dänischen und des holländischen Abgesandten über despectirlicbe
Aeusserungen des Kurfürsten über den Kaiser.]
Amerongen'^theilt dem Lamherg den Inhalt seiner auf Abschluss einer Allianz 24. Nov.
zielenden Unterrednngen mit dem Kurfürsten mit; ebenso macht er ihm von
') Vergl. Urk. u. Act. III. 622 ff.
^ Vergl. Pachner 1. c. IL 332.
Mat«r. z. «each. d. G. Kurfursteu. XIV. 2. 64
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1010 VIII. Erste Mission des Grafen Job. Philipp Lamberg. Feb. 1680 — Feb. 1682.
den Anerbietungen der Staaten, die Subsidien bis 1676 ganz zu erstatten, Mit-
theilung; von einem üeberfalle eines brandenburgischen Schiffes seitens der
westindischen Cpmpagnie habe man nichts eruiren können *). Er habe Befehl,
falls der Kurfürst sich der Association nicht anschliessen wolle, zurückzukehren.
Auf Lambergs Fragen bekennt er vom Kurfürsten bisher mehr unvergnügliches
als seiner Negociation zuträgliches vernommen zu haben').
Lamberg besucht darauf den Kurfürsten, det mir ganz deutlich zu ver-
nehmen gegeben, wie sehr ihre der Generalstaaten anietzo fuhrende Con-
duite misfiele, angesehen sie sich solchergestalt biosgegeben und sich
mit dem schwächsten Ort von allen, nemlich Schweden, eingelassen
hätten ^, anderer Seiten aber auf des französischen Gesandtens im Haag,
des d'Avaux, eingerichtetes Memorial*) solche forchtsame Antwort er-
theilet*), wodurch Frankreich deren Unvermögenheit genugsam erkennen
und denen, so sich mit ihnen verbindeu würden, auf den Leib zu geben
Anlass gewinnen thäte. Lamberg sagt, die Staaten dürften dies nur als An-
fang betrachtet haben und willens sein jetzt andere Fürsten, in erster Linie
Brandenburg, hineinzuziehen. Hierauf konnten sie den gegen Schweden
tragenden tiefen Widerwillen nicht verhalten, sondern stellten mir mit
Eifer vor, sie wollten mit Schweden all ihre I^benszeit nichts mehr in
gutem zu thun haben. Er habe jedes Bündnis zurückgewiesen.
Wegen der ostfriesischen Sache sind heftige Schreiben zwischen den Staaten
und Brandenburg gewechselt worden^).
|:Sonsten hat mir der Churprinz abermaln ganz offenherzig ver-
trauen wollen, wie sehr es ihme zu Herzen gehe, dass sein Herr Vater
von der französischen Partei so irr gemacht würde, er aber solches zu
wenden nicht vermöchte, sondern nur göttlicher Allmacht heimstellen
müsse, dass solche seinem Herrn Vätern heilsame Gedanken eingeben
möchte und dass der secretarius Fuchs sich E^ K. M. Interesse in allem
und vor allen andern entgegensetze .. .:|.
J) Vergl. ürk. u. Act. III. 629.
>) Vergl. ürk. u. Act. IIL 626 ff.
*) Gemeint ist der Associationsvertrag vom 10. Oct. zwischen den Staaten und
Schweden; abgedruckt bei Londorp XI. 133; vergl. Carlson 1. c. V. 170 ff.
*) Das Memorial d'Avaux' vom 8. Nov. 1681, abgedruckt Wagenaar, Vaderl.
Bist. IV. 66.
*) Vergl. ürk. u. Act III. 628.
^ Vergl. ürk. u. Act. III. 608 ff. üeber die Streitigkeit selbst — die Fürstin
Christine Charlotte hatte in ihren Differenzen mit den Ständen die Generabtaaten
als Vermittler angerufen, die Stände widerum den Kaiser, der den Fürsten des west-
pbäliscben Kreises die Ordnung der Angelegenheit aufgetragen hatte — vergl. Puf. 1. c.
XVin. 3L Onno Klopp, Geschichte Ostfrieslands 395ff.; Droysen I.e. UL, 733f.
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Amerongens Yerbandl. mit Fr. Wilh. Crtheil Fr. Wilb. ober des Kaisers Politik. 1011
|: So solle E^ K. M. ich auch ferner in allerunterthänigstem Ge-
horsam nicht anberichtet lassen, wasmassen einige von dem Churfursten
sowohl gegen dem dänischen^) als holländischen') Abgesandten geführte
Discm^ E'. E. M. Respect und Autorität apud exteros sehr praeiudicir-
lich fallen, angesehen mir beide, doch unter höchster Verschwiegenheit
und ohne dass sie es mir gesagt zu haben gestandig sein wollten, be-
deutet; der erste zwar, dass der Churfürst zu ihme gesprochen: Ich
hätte in meiner Negociation noch nie nichts solides'), sondern lauter
leere Wort und Vertröstungen, sowohl von E'. K. M. wegen Jägemdorf,
als von Spanien wegen der Satisfaction, vorgebracht. Der holländische
Abgesandte aber sagt mir, der Churfürst habe zu ihme gesprochen, dass
man nicht wisse, wessen man sich auf E. E. M. zu verlassen hätte und
scheine es gleichsam, ob wäre weder Eaiser noch römisches Reich mehr
vorhanden :| Aus allen solchen und obigen Umständen aber werde
ich noch mehr auf meinem in vorigen allerunterthänigsten Relationen
erwähneten Mutmassen bestätigt, dass der Churfürst von Frankreich neu-
tral zu bleiben Pension annehmen dörfte...
Lamberg an den Kaiser. Dat Berlin 8. Dec. 1681. (Or.)
[Unterredung Lambergs mit dem Korfärsten über die Frankfurter Versammlung und über
die gegen Frankreich einzuschlagende Politik und über die Association. Aeusserungen
Friedrich Wilhelms über Schweden, über sein Verhältnis zu Dänemark und über Eng-
land. Ansicht Lambergs über den Grund des zurückhaltenden Benehmens Friedrich
Wilhelms. Jena's Bemerkungen über Stratmans verletzende Aeusserungen in Frankfurt.]
Bezüglich der Ceremonialfragen in Frankfurt besteht der Kurfürst auf seinem 8. Dec.
Beschlösse nicht nachzugeben.
Sie Hessen sich ferner nicht unklar vernehmen, ob wären sie fast
geneigt in den von Seiten Frankreichs gethanen Vorschlag einzuwilligen,
nemlich selbige Krön bei demienigen zu lassen, was sie von Zeit
des nymwegischen Friedens gewaltthätig an sich gebracht und dieses
vomemlich aus der Ursach, weilen Churbayem und Sachsen ihrem
erhaltenen Bericht nach eben dahin und zwar solcher Gestalt inclinirten,
dass ermelter Krön bei gegenwärtiger Beschaffenheit solche limites ge-
setzt würden, wodurch das römische Reich sich eines Ruhestands wenigst
auf eine Zeit versichern und inmittelst in die anietzo noch nicht bei
1) Buchwald.
*) Amerongen.
*) Im Orig. »solches*.
64»
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1012 VIII. Erste Mission des Grafen Job. Philipp Lamberg. Feb. 1680 — Feb. 1682.
Händen habende Gegenwehr besser sitzen könne ^), welches sie vornehm-
lich dahin zielen wollten, weilen E. K. M. die Hand in Ungarn noch
nicht frei hätten, also an Frankreich ein mehrers als sonsten billich
zu lassen dermal eine Nothwendigkeit scheinen wollte. Ich habe nicht
ermanglet hierauf ein und ander ratioues entgegen zu fügen, anbei dextre
zu sondiren getrachtet, nachdeme E. K. M. den zwischen Holland und
Schweden gemachten tractatum garantiae mit einzugehen entschlossen^), . . .
ob I. Ch. D. sodann belieben möchte, ihn gleichergestalt und zu einer
Zeit durch ihren daselbstigen Residenten unterzeichnen zu lassen;
ferner auch ihren ministrum zu Regensburg zu instruiren, damit
selbiger beim Reichsconvent antrage, dass vermög eines einhelligen
Schlusses das ganze Reich mit hineintrete. ... S. Ch. D. aber versetzten
mir hierauf, dass sie sich diesfalls noch keines eigentlichen entschliessen
könnten, die Sach aber in Erwägung nehmen wollten; sie wusste sich
aber nicht zu enthalten abermal auf die Krön Schweden loszugehen
und zu bedauren, wie übel es dem Reich gedeihen würde, wann sie
wiederum sollte hinein geführet werden. Wornach sich die Rede auf
Dänemark getragen und ich gleichwohl soviel abnehmen können, wie es
dann auch des dänischen Envoye') gethane Discursen bekräftigen, dass
zwischen sothaner Krön und hiesiger churfürstlicher D. noch nichts ver-
bindliches aufgerichtet^). Und obzwar hiesiger Seiten ein Gedanken
gewesen neben der Krön Dänemark und etlich uncatholischen Reichs-
ständen einige Mannschaft in Köln und andere Plätze mehr am Rhein
zu legen, so habe doch hinc inde so viel penetriren und abnehmen
können, dass dieses Vorhaben der Ursach wider zerfallen, weilen man
vorgesehen, dass sodann die Garnison auch durch eine Armee müsste
secundirt werden, welche man aber nicht recht abzuschicken getrauet.
Ferner wollten I. Ch. D. behaupten, dass von der Krön Engelland sich
keines erspri esslichen für das gemeine Wohlwesen zu getrösten und
selbiger König noch fortan mit Frankreich in genauer Verständnus lebe ^).
') Für die Haltung Brandenburgs in dieser Zeit Fester 1. c. 46 ; Muller 1. c.
74 ff.; Droysen 1. c. III.j 719; natürlich vertreten Müller und Droysen verschiedene
Standpunkte.
2) Der Kaiser trat am 28. Febr. 1682 dem Vertrage vom 10. Oct. 1681 zwischen
Schweden und den Staaten bei, die Acten darüber bei Du Mont VII. j 19 f. Für die
Haltung des Kaisers und seiner Räthe Müller 1. c. 71f.
5) Buchwald.
*) Die Bündnisse wurden in der That erst am 31. Jan. und 8. Juni 1682 ge-
schlossen; Mörner 1. c. 428 f., 432f.; Puf. I. c. XVIII. 70.
'•') Vergl. ürk. u. Act. HI. G38.
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Frankfurter Congress. Massreoreln gegennber Frankreich. Stratman in Regensburg. 1013
Vom Haas Braunschweig, glaubten sie, würde ausser etwan des Her-
zogens zu Hannover keiner sich in die Association einlassen. Bei Däne-
mark und hiesiger Ch. D. zwar scheinet die ürsach, dass man mit Ergrei-
fung deren so röckhaltig, guten Theils zu sein, weilen die Holländer sich
inregen der ruckständigen Subsidien noch nicht nach deren Verlangen
erklären wollen *). Jena berichtet dem Lamberg von Stratmans scharfen
BemerknngeD in Regensburg gegen Mainz und gegen die Kurfürsten überhaupt und
bittet ihn beim Kaiser zu veranlassen, dass so etwas nicht mehr vorkomme und
dass Stratman dafür zu Recht gewiesen werde und die Kurfürsten Satisfaction
erhalten, da sie sich nicht sagen lassen konnten, sie seien nichts anderes als
der polnische Adel*).
Lamberg an den Kaiser. Dat. Berlin 12. Dec. 1681. (Or.)
[Beschwerde Friedrich Wilhelms über Stratmans Vorgehen in Regensbarg. Ame-
roDgens Klagen über des Kurfürsten ablehnendes Verhalten den Staaten und dem
staatisch-schwediscben Bandnisse gegenüber. Plan Amerongens den Kurfürsten auf
andere Gedanken zu bringen. Jena's Mittheilungen über das gegen Stratman ge-
plante Strafverfahren und über des Kurfürsten Ansicht von den Plänen des Kaisers.]
Der Kurfürst beklagt sich über Stratmans Vorgehen. Lamberg erklärt, es 12. Dec.
durfte ein Misverständnis vorliegen; wenn aber nicht, dann werde der Kaiser
gewiss des Stratmans Vorgehen misbilligen. Lambergs Versuche vom Kurfürsten
etwas über sein Verhalten Frankreich gegenüber zu erfahren, bleiben ohne Er-
folg. Von Amerongen vernimmt Lamberg, dass dessen Verhandlungen hier ab-
gebrochen seien, der Kurfürst habe ihm erklärt, dass die mit Schweden,
seinem ärgsten Feind, getroffene Allianz weder sie noch ihre Kinder und
Kindskinder wollten in Vergessenheit kommen lassen')... Es bezeugte
mir dieser Abgesandter femer, wie «ehr der Herr Churfnrst durch die
französische Partei zu seiner eigenen Ruin, vordorst auch durch den
Raule, zu seinen Schifffahrten verleitet würde und vermeinte er dem all-
gemeinen Wesen das verträglichste zu sein^ wann die von auswärtigen
Potenzen allhie befindliche ministri abgefordert und der Churfurst mit
dem französischen allein gelassen wurde, wie er dann solches seiner
Seiten bei dem pensionario Fagel angebracht und Genehmhaltung er-
wartete^ nicht zweifelend, es würde der Herr Churfurst demnächst auf
andere Gedanken kommen und von gedachten Potenzen um Freundschaft
ersuchen proprio motu. So ist auch ofterwähnter von Amerongen auf
») Vergl. ürk.u. Act. nL633flf.
>) Vergl. Puf. 1. c. XVIII. 33; Droysen 1. c. III., 727. Stratman war neben dem
Grafen Rosenberg Vertreter des Kaisers auf diesem Congresse.
») Vergl. ürk. u. Act. IIL 639.
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1014 VIII. Erste Mission des Grafen Job. Philipp Lamberg. Feb. 1680 — Feb. 1682.
den Churfürsten ungehalten, dass selbiger die an Seiten Dänemark
führende gute Gedanken sich mit denen Staaten zu setzen, in alle Weg
zu unterbrechen suche, auch ferner von dem holländischen Abgesandten
zu Kopenhagen *) benachrichtigt worden, es hätte der französische Abge-
sandte allda zum Brandenburgischen ^) gesagt: Nun sei es Zeit, dass
Frankreich mit Dänemark und dem Churfürsten von Brandenburg binde
und ihnen wieder zu Pommern, Wismar etc. verhelfe, um das undank-
bare Schweden zu strafen und dörfte sich wohl endlich durch dergleichen
falsche Hoffnungen Churbrandenburg eher als Dänemark einführen lassen,
angesehen der dänische Minister im Haag denen Staaten mit vielem con-
testirt habe, sein König würde sich vom gemeinen Interesse nicht separiren.
Jena theilt dem Lamberg mit, dass bezüglich Stratmans an das karfürstliche
CoUegium bereits geschrieben worden, inhalts, dass selbiges oder dessen Ge-
sandte zu Frankfurt mit ihme nicht mehr umgehen, E. K. M. auch aller-
unterthänigst ersucht werden sollte, ihn seines characteris zu entsetzen,
an einem Ort im Reich in Haften zu behalten und nach Verbrechen ab-
strafen zu lassen. Die clevische Regierung habe Befehl Stratmans Güter zu
confisciren. Der Kurfürst will diese Gelegenheit ergreifen, um seinem Zorne Luft
zu machen. Er (Jena) fügte ferner an, dass P. Ch. D. die Nachricht ein-
geloffen, E. K. M. schwiegen der Ursach zum Verlust von Strassburg
gänzlich still, weilen sie beschlossen hätten, sich des Reichs änderst
nicht, als wann sie in ihren Erblanden angegriffen würden, anzunehmen,
welches um so mehr bekräftigt würde, weilen auch zu Regensburg dero
Gesandtschaft nicht mit Ernst auf die wirkliche Aufstellung der 40000
Mann Reichsvölker andringe, desgleichen von E'. K. M. Hof aus der
niedersächsische und westphälische Kreis zu Ausschreibung ihrer Kreis-
tag, wie es wohl nöthig wäre, nicht angehalten würden. Im üebrigen
erklärt Jena nicht zu wissen, wie sich sein Herr in all' den grossen Fragen
entscheiden werde.
Lamberg an den Kaiser. Dat. Berlin 19. Dec. 1681. (Or.)
[Umtriebe der französischen Partei.]
19. Dec. I)ie Herzoge von Hannover und Celle kommen nach Berlin ; man hofft sie
werden den Kurfürsten zu reichsfreundlicherer Stimmung vermögen; die fran-
zösische Partei will den Kurfürsten dahin vermögen, dass, wann nur die Krön
*) Moeriugh.
^ Friedrich von Brandt.
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Amerongen über den Kurfürsten Französische Partei am Berliner Hofe. 1015
Frankreich eine schriftliche Versicherung von sich stellen wollte, sich
mit dem, so sie dem Reich unrechtmässig entwendet, zu befriedigen und
femer nichts thätliches vorzunehmen, man selbiger auch wohl Strassburg
konnte in Händen lassen. Rebenac soll der Kurfurstin ein Geschenk von 6000
Thalem, bestehend in Diamanten, doch nur private nomine gegeben haben.
Aach Fuchs soll 1000 Thaler empfangen haben.
Lamberg an den Kaiser, Dat. Berlin 22. Dec. 1681. (Aut.)
[Glänzende Anerbietungen der Franzosen. Ostfriesische Angelegenheit]
Gestern hatte der franzosische Gesandte Rebenac eine längere Audienz 22. Dec.
beim Kurfürsten, dem er im Namen seines Herra so gute Anerbietungen ge-
macht haben soll, dass man fast für ein geschlosenes werk haltet, er (der
Karfurst) werde solche ergreifen') und dass der Ursachen so stark von
der französischen parthey auf ihn gedrungen werde, weilen mann befahre,
dass Selbiger bei ankunfft der H°. Herzogen zu Braunschweig der guten
parthey beyzutretten vermöget werden dörflfte. In der ostfriesischen Sache
erklärt der Kurfürst eine Einmischung Braunschweigs oder der Staaten nicht
dulden zu wollen.
Der Kaiser an Lamberg. Dat Oedenburg 23. Dec. 1681. (Or.)
[Ungarische und scblesiscbe Angelegenheiten. Nothwendigkeit des Anschlusses Bran-
denburgs an die Alliirten. Schuldlosigkeit Stratmans.]
Lamberg soll dem Kurfürsten erklären , dass die ungarischen Angelegen- 23. Dec.
heiten nicht schlimm stünden und Aussicht auf baldige vollständige Beilegung
der Zwistigkeiten vorhanden sei'); auch soll er des Kaisers Vorgehen in
Schlesien in Religionsangelegenheiten rechtfertigen*). Er soll den Kurfürsten
auffordern, den Streit mit Spanien beizulegen und nachdrücklich gegen die An-
nahme der Neutralität sprechen. Ebenso soll Lamberg trachten dem Kurfürsten
seine schlechte Meinung betreffs der Niederlande und Schwedens zu nehmen
und ihn zur Miteintretung in die zwischen Schweden und den Staaten geschlossene
Allianz zu vermögen. Die gegen Stratman vorgebrachten Beschuldigungen sind
durchaus unbegründet.
') Für die brandenburg- französischen Beziehungen in dieser Zeit Droysen 1. c
729 f.
*) Für die Verhandlungen in dieser Zeit vergl. Klopp, Das Turkenjahr 1683,
91 f., die officiellen Acten im Tbeat. Europ. XIL 313 ff.; Londorp 1. c. XI. 150ff.
') Ueber die SteUung des Kaisers zu Schlesien in religiösen Dingen vergl. Grün-
hagen Geschichte Schlesiens II. 370 ff.
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1016 VIII. Erste Mission des Grafen Job. Philipp Lamberg. Feb. 1680 — Feb. 1682.
Lamberg an den Kaiser. Dat. Berlin 29. Dec. 1681. (Or.)
[Mittheilungen des Kurfürsten über franzosische Friedensanerbietungen. Jena's und
Buchwalds Aeusserungen über des Kurfürsten Haltung. Accise.]
29. Dec. Lamberg hat versucht zu erfahren, worin Rebönacs Anerbietungen bestehen.
R^benac hat stark in den Kurfürsten gedrungen die Association zwischen Schwe-
den und den Staaten zu trennen, auch hat er dem Kurfürsten ein Project vor-
gelegt, unter welchen Umständen der König den Frieden mit Deutschland zu
erhalten willens sei. Der Kurfürst theilt dem Lamberg den Inhalt dieses Pro-
jectes mit, das, wie er hinzufügt, von dem Bischöfe von Strassburg') verfasst
worden sein dürfte. Der wesentliche Inhalt dieses Projectes ist: Frankreich
lässt alle seine Forderungen an das Reich fallen, wenn es im Besitze des bis-
her Genommenen — auch StrassbAgs — belassen wird. Bei allen folgenden
Kriegen bleiben die spanischen Niederlande neutral; endlich ist der König von
Frankreich bereit 50000 Mann dem Kaiser gegen die Türken zu Hilfe zu
schicken^). In weitere Unterredungen lässt sich der Kurfürst mit Lamberg
nicht ein. Jena, mit dem Lamberg dann über dieses Anerbieten spricht, meint,
der Kurfürst sei wirklich der Ansicht, man möge Frankreich lassen, was es
habe. Er erzählt ferner, der dänische Gesandte Buchwald habe dem Kurfürsten
die Mittheilung gemacht, sein König wolle in die Association eintreten, bitte
aber vorher den Kurfürsten um Rath; Jena hofft, dass dies und die Einwirkung
der bald ankommenden braunschweigischen Fürsten den Kurfürsten vielleicht
auf bessere Wege bringen wird. Buchwald erzählt selbst dem Lamberg, der
Kurfürst habe erklärt, er werde in 14 Tagen seine Antwort erfolgen lassen.
Der Kurfürst will auch von den fremden Gesandten die Accisen einnehmen;
der kaiserliche Gesandte hat sich geweigert sie zu zahlen.
Lamberg an den Kaiser. Dat. Berlin 9. Januar 1682. (Or.)
[Unterredung mit dem Kurfürsten über den Stand der Dinge in Ungarn, über Strat-
man, über den spanischen Conflict, über die Association. Ansicht Lambergs über
die voraussichtliche Haltung des Kurfürsten in dem Conflicte mit Frankreich. Jena's
Erklärungen über die Verhandlungen Brandenburgs mit Frankreich und Rathschlag
für den Kaiser. Amerongen.]
9. Jan. Lamberg theilt dem Kurfürsten den günstigen Stand der Dinge in Ungarn
mit; dieser will aber nicht glauben, dass die volle Ausrüstung erfolgen oder,
wenn sie erfolge, lange dauern werde. Bezüglich Stratmans verspricht er neue
Erkundigungen einzuziehen. In der spanischen Satisfactionsangelegenheit zeigte
sich der Kurfürst zu einem Vergleiche geneigt. In die Association einzutreten,
weigert sich der Kurfürst und zeigt überhaupt, dass er mit Frankreich nicht
zu brechen wünsche, dörfte auch deswegen bei entstehendem Krieg gegen
oftermelte Krön ausser dem schuldigem Contingent in nichts ergiebiges
') Franz Egon von Fürstenberg.
») Vergl. Puf. 1. c. XVIII. 45; Droysen 1. c. 729 f.
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Frankreichs Friedensanerbietuiigen. Verhandlungen Lamberts mit Fr. Wilh. 101 7
concurrlren, sondern übrigens neutral bleiben wollen. Die entscheidende
EntSchliessung des Kurfürsten dürfte aber von dem Resultate der Mission des
Fuchs n»ch Kopenhagen abhängen , dessen Auftrag dahin geht, Dänemark gegen
Holland und Schweden einzunehmen und vom Eintritte in die Association gegen
Frankreich abzuhalten 0. Als ich vernommen, |: dass in des Kanzlers Jena
Haus von selbigem und Meinders mit dem französischen Abgesandten
Conferenz gehalten worden, habe ich bei ermeltem Kanzler um ver-
treuliche Eröffnung, was sothane Neuerung mit sich führe, angesucht,
welcher mich darauf versichert, dass er es auf churfürstlichen Befelch
thun müssen und zwar noch nichts geschlossen, jedoch der Hof in seinen
principalisten Personen fast gänzlich französisch sei. Er hätte dem Chur-
fürsten seine Meinung treulich eröffnet :|, also stünde ihm als einem
Diener nichts anders bevor, als in deme zu gehorsamen, was er nicht
ändern könne. Und ob er gleich sothane Conferenz ein secretum domini
nennet, so habe ich dannoch so viel abnehmen mögen, dass sie meistens
dahin angesehen, um Dänemark von der Association abzubringen und
den Churfürsten das französische Friedensproject einwilligen zu machen.
Er, Kanzler, sagte mir auch ferner in Vertrauen, dass Frankreich an Däne-
mark eine Defensivallianz, grosse Geldsummen und Schonen anbiete').
Seine grösste Hoffnung setzte er iedoch auf den Herzogen zu Hannover,
als der I. Ch. D. noch wohl auf bessere Gedanken führen könne. Er
gäbe mir ferner in bona confidentia an die Hand E^ K. M. zu hinter-
bringen^ es würde ohne Massgebung vielleicht nicht ausser Wege sein,
wofern dieselbe entweder von der Reichsversammlung cathegorische Er-
klärung begehrte, was das Reich bei gegenwärtigen Coniuncturen zu
thun gesonnen, ob ihm das französische Project ') oder die Defension be-
liebte, dann E. K. M. sich allein in Gefahr nicht begeben könnte, doch
aber bereit wären, wann's das*) Reich füglicher erkenne, mit einzutreten,
oder aber, wann der Rücken in Ungarn genugsam frei, hätten E. K. M.
iustissimam causam mit einer Armada an den Rheinstrom zu gehen und
würden sich noch wohl Nachfolger finden; sonsten stehe zu besorgen,
dass die meiste Reichsständ vorgemeltes Project annehmen dürften.
Amerongen sagt dem Lamherg, er werde die Subsidien nicht zahlen, bis er des
Kurfürsten Intention kenne*).
') üeber des Fuchs Sendung nach Kopenhagen Puf. 1. c. XVIII. 43.
2) Vergl. ürk. u. Act. III. 643.
*) Project vom 15. Dec. 1681 gedrackt bei Pachner I. c. II. 367 f.; zur Sache
vergl. Fester I.e. 40f.; Klopp 1. c. 352 ff.; Puf. 1. c. XVIII. 50.
*) Im Orig. „was dem«. ^) ürk. und Act. III. 640 ff.
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1018 VIII. Erste Mission des Grafen Job. Philipp Lamberg. Feb. 1680— Feh. 1682.
Lamberg an den Kaiser. Dat. Berlin 19. Jan. 1682. (Or.)
[Erklärungen des dänischen Gesandten Lilienkron. Erfolglose Verhandlungen desselben
mit dem Kurfürsten. Brandenburgs Sendung an die 3 geistlichen Kurfürsten. Ein-
fluss der Kurfürstin. Beziehungen zu den Staaten.]
19. Jan. Der dänische Gesandte Lilienkron, der in Hannover war und sich nach
Wien begibt, ist in Berlin angekommen und hat dem Lamberg mitgetheilt, dass
sein Konig die besten Intentionen habe und dass sein Herr sowohl als der
Herzog von Hannover alles aufbieten werden, um den Kurfürsten umzustimmen.
Lilienkron hat dann mit dem Kurfürsten und Jena in diesem Sinne gesprochen,
ohne besonderen Erfolg zu erzielen ; er bekennt vielmehr, dass die Sach allhie
auf ihre äusserste Crisin gelanget und der Churfürst von französischen
Artificien sich mehr als zu viel eingenommen befinde. Der Kurfürst soD
an die 3 geistlichen Kurfürsten eine Gesandtschaft haben abgehen lassen, um
sie für das französische Project zu gewinnen und Jena versichert, der Kurfürst
habe bereits Antwort, dass die geistlichen Kurfürsten für dieses Project stimmen
werden ^). Der mächtigste Einfluss auf diese Franzosenfreundliche Stimmung des
hiesigen Hofes wird der Kurfürstin zugeschrieben. Der Grimm des Kurfürsten
gegen die Generalstaaten wird immer grösser; insbesondere seitdem ein bran-
denburgischer Schiffshauptmann einen Brief des auf Castel-Mina in Gefangen-
schaft sitzenden Hauptmanns vorgezeigt, in welchem gemeldet wird, dass der
Schaden von den Holländern und ausserhalb deren Octroi's geschehen^
Der Kaiser an Lamberg. Dat. Wien 23. Jan. 1682. (Conc.)
[Aufklärung über die scbwedisch-dsterreichischen Beziehungen.]
23. Jan. Damit der Kurfürst über die Sendung Wenzels von Althan nach Schweden
nicht beunruhigt werde, soll Lamberg ihm mittheilen, dass diese Absendung
die Antwort auf des Oxenstjemas Reise nach Wien sei ^) und nur die allseitige
Garantie des Friedens des römischen Reiches contra quoscunque invasores et
turbatores pacis bezwecke*). Frankreichs Projecten sei nicht zu trauen, der
Kaiser hofft, der Kurfürst werde sich noch von seinen Ansichten abbringen
lassen. Die Accise nicht zu zahlen, war ganz recht.
üeber diese Missionen vergl. Puf. I.e. XVlll. 34 ff.
>) Vergl. ürk. u. Act. HI. 643 f.
') Gabriel Oxenstjema; dessen Rede an den Kaiser am 7. Juli 1681 bei Lon-
dorp I.e. XI. 127 f.
*) üeber die Österreich-schwedischen Beziehungen in dieser Zeit Carlson 1. c V.
181 f. Die Rede Altbans in Schweden bei Londorp I.e. XI. 434 f.
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Lilienkrons Yerhandlangen. Schwedisch-österreichische Beziehungen. 1019
Lamberg an den Kaiser. Dat Berlin 6. Febr. 1682. (Or.)
[Ankunft des Herzogs Yon Hannover. Dessen gute Erklärungen und erfolglose Ver-
bandlnngen mit dem Kurfürsten. Aeusserungen Platens. Nachrichten über des Fuchs
Mission in Kopenhagen. Säcbsisch-brandenburgische Beziehungen. Amerongens be-
vorstehende Reise nach Dresden. Aeusserungen des sächsischen Gesandten über
Brandenburg, Jena^s über Sachsen und Hannover.]
Der Herzog von Hannover ist angekommen und hat Lamberg erklärt, alles 6. Febr.
aufbieten zu wollen, nm den Koifürsten zum Eintritt in die Association zn ver-
mdgen; zu gleicher Zeit erklärt er, er habe sich entschlossen zu rüsten, hoffe
innerhalb dreier Monate 12000 Mann auf den Beinen zu haben und räth dem
Kadser Trappen an die Grenze zn senden, welchenfalls er dann auch nicht
zweifle, |:wann gleich der Churförst zu BraDdenburg dermal nicht be-
weglich sein sollte^ er doch nach der Hand sich bei der allgemeineo
gaten Partei einstellen würde. Dem fügte er ferner bei, obgleich der
Charfarst za Brandenburg ausbleiben sollte, er, Herzog, dessen unge-
achtet von einmal gefasster Resolution mit E'. K. M., Churfürsten in
Baiem, Sachsen, Holland, Bamberg und Hessen-Cassel, auch andern mit
Mannschaft versehenen Reichsständen, sich festzusetzen, nicht abweichen
wollte. Worunter er sich auch einigermaassen vermerken Hesse, dass
zu einer Verbindung zwischen ihme und Churfürsten in Bayern E. K. M.
sonderbar viel beitragen könnte : { ').
Der Herzog begann seine Verhandlungen mit dem Kurfürsten, fand aber bald,
dass jeder Versuch, ihn zum Eintritt in die Association zu vermögen, vergebens
seL Ebensowenig gelang es dem Herzoge den Kurfürsten von der Verderblichkeit
des französischen Friedensprojectes zu überzeugen'). Der Herzog theilt dem
Lamberg mit, der Kurfürst behaupte, auch der Kaiser wolle sich mit Frankreich
auf Kosten Strassburgs vergleichen. Platen, des hannoverischen Herzogs Mi-
nister, fügt noch hinzu, man habe dem Herzoge mitgetheilt, der Kurfürst von
Brandenburg habe sichere Nachricht, E. K. M. würden gänzlich stillstehen,
als die denen französischen Thätlichkeiten noch femer und so lang zuzu-
sehen resolyirt hätten, bis sie um Einsehung von den Ständen des Reichs
bittlich angelangt würden, üeber des Fuchs Mission in Kopenhagen sind ver-
schiedene Nachrichten im Umlauf; von vertrautem glaubwürdigem Ort aber
habe ich erst gestern in Erfahrung gebracht, Dänemark sei zwar mit
Frankreich noch nicht engagirt, auf hiesige Vorstellungen aber entschlossen
zu sondiren, in was conditiones Frankreich sich einlassen möchte, ange-
sehen es den Frieden dem Krieg ebenmässig vorziehe, der H. Churfürst
Ueber die Haltung Ernst Augusts in dieser Zeit Fester I.e. 44f.; Möller
L c. 68 ff. Was Ernst August hier vorgab, waren im wesentlichen die Pläne Waldecks.
>) Vergl. Puf. 1. c. XVIII. 40.
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1020 VIIL Erste Mission des Grafen Joh. Philipp Lamberg. Feb. 1680— Feb. 1682.
aber sich möge gefallen lassen, dass ieder Theil mit Frankreich a part
tractire, gleichwohl unter einander genau darüber correspondirten, also
dass, wann der von Lilienkron in seinen Vorträgen nicht riusciren sollte,
wohl zu befahren sein wird, Dänemark werde französische consilia ergreifen.
Der sächsische Gesandte Haugwitz hat sich über das Benehmen des Kor-
fursten von Brandenburg sehr beklagt und hervergehoben, sein Herr werde
nicht unterlassen den Kaiser in jeder Gefahr zu unterstützen. Er zeigt sich
aufgebracht über des Meinders hieher gesendete falsche Berichte nod hat dar-
über an seinen Herrn geschrieben. Amerongen will nächster Tage nach Sachsen*).
Auch Lamberg gegenüber äussert sich der sächsische Gesandte in überaus gut
kaiserlicher Weise; auch er ist für die Absendung einer kaiserlichen Armee an
die Grenze; in jedem Falle ist er gegen die Annahme des französischen Projectes.
Auf Vernehmen, dass allererst zwischen Haugwitz, auch Kanzlern Jena
und zurückgekehrtem Meinders Conferenz gewesen, habe ich von dem
ersten occasione der Revisite soviel Nachrichtliches eingezogen, es sei ver-
anlasst, obgleich Chursachsen nicht eben mit hiesigen Friedenssentimenteo
künftig einzustimmen sich bequemen sollte, dessen unangesehen alle gute
Nachbarschaft und das unlängst aufgerichtete foedus in seiner ganzen
Extension bei Kräften erhalten werden sollte, wobei Churbrandenburg
weiter versichert, sich vom Reich keineswegs abzutrennen'). |:Von
dem Kanzler Jena aber habe darauf weiter verstanden, dass der Chur-
fürst zu Sachsen viel ehender als Hannover von der guten Meinung ab-
zubringen sein mögte, wann von E^ K. M. oder anderwerts her selbiger
nicht nachdrücklich angefrischet und bei Zeit verknüpfet würde :|. Es
legte auch ermelter Kanzler des Herzogen Beständigkeit sonderbar grossen
Ruhm zu, beifügend, dass er in nichts allhie verändert worden, weder
zur rechten, noch linken weichen wollen, sondern ganz unbeweglich mit
eben den Intentionen, wie anhero gelangt, also nach Haus gekehret sei *).
Mitte Februar verlässt Lamberg Berlin (Recreditif des Kurfürsten vom
6./ 16. Febr. 1682. Gr.) und begibt sich nach Wien, wo er folgendes Schreiben
an den Kaiser richtet.
') Meinders war als Vertreter Friedrich Wilhelms nach Sachsen gegangen. Vergl.
Puf. 1. c. XVIIl. 26.
2) Vergl. Urk. u. Act. III. 645 Anm.
3) Vergl. Puf. 1. c. XVIII. 78.
*•) Für die Haltung Hannovers in dieser Zeit Müller 1. c. 76 f.; Ernst Augusts
ürtheil über den Kurfürsten und dessen Hof ebendaselbst 79.
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Brand.-säcbs. Beziehungen. Brand.-franz. Allianz. Abreise Lambergs von Berlin. 1021
Lamberg an den Kaiser. Dat. Wien 19. März 1682. (Aut.)
[Französisch -brandenburgischer Vertrag. Memorial Lambergs. Dessen Inhalt. Ant-
wort Jena's. Abscbiedsaudienz Lambergs.]
Lamberg bat erfahren, dass der Kurfürst deswegen so schwer von der An- 19. März,
nähme des französischen Friedensprojectes abzuhalten sei, weil er von Frank-
reich für den Fall der Annahme eine grosse Summe Geldes und Unterstützung
seiner Forderungen an Holland und Spanien versprochen erhalten habe. Auf
weiteres Nachforschen erfahrt Lamberg von Anhalt, dass bereits ein Ver-
trag zwischen Brandenburg und Frankreich abgeschlossen worden*), üeber
Dänemark gibt es verschiedene Ansichten, Jena versichert, es werde sich mit
Frankreich verbinden, Brandt 2) meint, es werde viel lieber sich mit dem Kaiser
verbinden. Lamberg entschliesst sich, um vom Kurfürsten eine bestimmte Er-
klärung zu erhalten, auf Rath Jena's ein Memorial zu entwerfen, das im ge-
heimen Rathe gelesen werden soll. Die wesentlichsten Punkte desselben sind:
1^ Der Kaiser hofft, der Kurfürst werde sich vom Reiche nicht trennen und
keine Particularverhandlung mit Frankreich beginnen. 2°. Der Kaiser will,
dass die Stände sich mit ihm zur Garantirung des westphälischen Friedens ver-
binden. 3**. Der Kaiser hofft, der Kurfürst werde sein Contingent zur Auf-
stellung eines Reichsheeres auch künftig zu leisten bereit sein. Dieses Memorial
wurde verlesen und Jena erhielt den Auftrag, dem Lamberg mitzutheilen
ad 1""*: Dass ihme, Canzlern, von einer churfürstlichen bündnus mit
Frankreich nichts bewust währe, ad 2"": I. Ch. D. trögen darüber noch
bedenken, ad 3"": Der H'. Churfürst wollte wünschen, dass die Sachen
in dem Reich dergestalten beschaffen währen, dass eine durchgehende
meinung könte gefast werden. Sie findeten die coniuncturen dergestalten
bewant, dass Sie den frieden dem krieg vorziehen mästen. Lamberg
beschliesst darauf, da Jena und Anhalt erklären, eine Aenderung in des Kur-
fürsten Ansichten sei nicht zu hoffen, seine Abschiedsaudienz zu begehren,
welche ihm ertheilt wird und bei welcher der Kurfürst jedes politische Gespräch
vermeidend sehr freundlich von Lamberg Abschied nimmt. In Dresden, wohin
sich Lamberg von Berlin begibt, erklärt der Kurfürst, er hoffe im Mai 12000
Mann marschbereit zu haben.
Lamberg an den Kaiser. Dat. Wien 6. April 1682. (Aut.)
[Mittheilungen Jena's über den Plan des Kurfürsten gegen Abtretung Trinidads an
ihn, allen Ansprüchen an Spanien zu entsagen. Weitere Mittbeilungen Jena^s bezüg-
lich des spanisch-brandenburgischen Conflictes.]
Der Kurfürst hat, wie Lambergs Secretär diesem meldet, durch Jena Lam- 6. April.
') Der Vertrag war bereits am 12./^2. Jan. 1682 geschlossen worden. Vergl.
Droysen I.e. 111.$ 729f.; Abdruck bei Mörner 715ff.
^ Brandenburgischer Gesandter in Dänemark.
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1022 VIII. Erste Mission des Grafen Job. Philipp Lamberg. Feb. 1680- Feb. 1682.
berg davon in Kenntnis zu setzen befohlen, dass er, nm den Beweis zu liefern,
wie wenig er auf Spaniens Geld erpicht sei, sich bereit erkläre, auf alle For-
derungen zu verzichten, falls Spanien die Insel Trinidad ihm für seine männ-
liche Descendenz allein, doch absque nexu feudali, überlassen will. Jena empfiehlt
diesen Vorschlag sehr und hofft von dessen Annahme sehr guten Erfolg für
des Kaisers Sache.
Unter dem 2. Mai meldet Lamberg, Jena habe seinen Secretär ersucht, ihm
mitzutheilen, dass der Kurfürst auf erhaltene Nachricht, dass die Krone Spanien
neben Willfährigkeit feines billigen Vergleichs sich bereit erklärt gleich anfangs
ein Stück Geld zu zahlen und dann das übrige, Befehl gegeben habe, jeden
Angriff auf spanische Schiffe einzustellen. Der Kurfürst hoffe, dass auch Spanien
gleichen Befehl erlassen werde.
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Lamberg in Berlin, Anhalt in Wien.
1682-1684.
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Einleitung.
Die Nachrichten von dem Falle Strassburgs und Casale's, von dem Vor-
marsche der französischen Armee gegen die für jede Offensive gegen Frankreich
unentbehrliche Festung Luxemburg, verursachten eine ungeheuere Erregung»
Allerseits begann man inne zu werden, dass es sich bei dem systematischen
Vordringen der französischen Heere doch um etwas mehr als um die Regu-
lirung der Grenzen, dass es sich um die Sicherung des französischen üeberge-
wichtes in ganz Europa handle und man konnte sich nicht verhehlen, dass dem
Könige von Frankreich die Durchführung seiner Pläne gelingen werde, falls mit
dem herrschenden Systeme nicht gebrochen, falls nicht in energischer, zielbe-
wusster Weise der Kampf gegen den rücksichtslosen Gegner aufgenommen wer-
den sollte. Niemand hat klarer und deutlicher das Endziel der französischen
Politik aufgedeckt, niemand eifriger und unermüdlicher zum Kampfe gegen
Ludwig XIV. aufgefordert, als Prinz Wilhelm von Oranien, der seit Jahren einer
der vornehmsten Gegner des Königs von Frankreich, die jüngsten Gewaltthaten
desselben benützte, für seine Idee, — die Herstellung des europäischen Gleich-
gewichtes durch die Zurückweisung der französischen Uebergriffe — neue An-
hänger zu gewinnen. In der That erzielte er unerwartete Erfolge. Die Asso-
ciation der Niederlande mit Schweden, seit langem geplant, kam im October
1681 zu Stande; viele deutsche und ausserdeutsche Fürsten zeigten Neigung
derselben beizutreten. Auch am Wiener Hofe drang die Erkenntnis durch, dass
nur durch einen neuerlichen Kampf dem unaufhörlichen Vordringen Frankreichs
Einhalt geboten, dass nur mit den Waffen in der Hand der König von Frank-
reich zur Annahme erträglicher Friedensbedingungen werde bewogen werden
können. Hatte ja doch der Vertreter Ludwig XIV. in Frankfurt, wo seit langem
über die Herstellung eines dauernden Friedens berathen wurde, wenige Wochen
nach der Einnahme Strassburgs ausdrücklich erklärt, sein Herr und König werde
niemals seine Zustimmung zu einer Vereinbarung geben, durch die ihm Strassburg
entrissen würde und man wusste, dass Ludwig XIV. es mit solchen Erklärungen
ernst meine. Um so dringender erschien den Vertretern der Kriegspartei am
Wiener Hofe eine entschiedene Erklärung der zu Regensburg versammelten
Mater, s. Gesch. d. 0. Kurfürsten. XIV. 2. 65
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^r
Digi
bgle
. ilireii Vertreter weder bezüglich
II Forderungen Friedrich Wilhelms
iMvollmächtigte, obgleich Leopold
werde den irre geleiteten und in
t liaftlichkeit schwer zu behandelnden
iLTctheilten Berichte Lamhergs zeigen,
Wiener Hofes in diesem Punkte war
iinor von neuem den Kurfürsten und
und mit Geldsubsidien nicht sparte.
iiltnissen und bei den schweren Con-
'les Jahres 1682 mit den Staaten*) und
n l>raunschweigischen Fürsten gerieth^),
-Ml ohne Erfolg blieben, dass Friedrich
. dass mit Rücksicht auf die Unzulänglich-
igung stehenden Mittel der Kampf (regen
Mission ItamliofLS srrliif jrrh' ('[sh^Uiws im
iiien (inij^e das (^i*knni>1i' oVL'nn^cndc 1>[k u*
Hl» wenn flicser gauü im Sinn«^ (Irr von Frio-
r^k-non ErkHimnLreti vorn Knistr Im Hiiiblicku
auf rlin von u\hi\ Seiton droitonil« n Urfnljn'n
' om.H evt'nlnollon Knogf^ mit laulwi«^ XlVp,
idcti8 auf Ofivnd <for von Ffankrckh in Vorj^clilaij
\io mn\ das Vcr^priH'Inn; gnl». sr^ln Ilrrr \V( rdo nn-
i!^ des Frirdori?? d\p zur Siclioriinf,^ d^s Rrirlu'g. 7a\t
(jndjgen Vorkclirnngeii trcßVn und ein Sproinlbfindnifi
iitxa d<\^ Reiclie?? enigf-lHii, =50 wnrdc ihm Sritrn?^ der
iiden Krie^'spartoi nm Wiener Ilofo nicht mit Unrorht
ständnis der Sfbwüclic — und ein wie lies iäire in der
aä unter (\m von BntJidenbury empfohlenen Ikdiniiiin^^m —
vog sei Frankreichs Uebermutbe zu iR'gegnen; dass d^is
Ludwig XIV. annehmbare Frieden^sliL^HnjLjmngen /Ji crliiiltiMu
Waffen s€i. I>ie AccommodatiOTi. die der Kurfrirsl etn|dnljl.
^f vcsrworfen. Eine neue Gesandlschaft dio des jinigofen iMIo
,,b^T ■wdcho sieh nur wenige Docnmcnte im Wiener Archiv *' vor-
,j 'h bUeb ohne Erfolg* Ja selbst die Xneljrlcbt von demAnj^njfc
i-gi0c|jte den Knegsdfer der WicniT TJei^Nt^nmg ^^egrn Fratduoirli
f^ ^ii'bt Hilfe gegen die O^manerr, sniydiTii getreu Ludwi^'^JilW
'^^^sot^ Vertreter auf dem Revclisiagt! tai Rt'gtnislim'g. Und norli
.#
Ifrt- "jV. ^34.
fsen I.c.lll.j7;iijfr.: l'iif. l.i-.XVIlt.rif!f
'■vi Orlioh, licwliiclitc i!.-; |ii'ciiü^ii>flii-ii
llff.L Ptif. I.e. XVIII, Wf.
1028 IX. Lamberg in Berlin, Anhalt in Wien. 1682 — 1684.
immer gab man am Wiener Hofe die Hoffnung nicht auf den Kurfürsten von
Brandenburg zur Gutheissung dieser Pläne zu vermögen. Lamberg war gegen
Ende des Jahres 1682 wieder kurze Zeit in Berlin gewesen und wenn es ihm
auch nicht geglückt war des Kurfürsten starren Sinn zu brechen, so hatten
der Kurprinz, der Minister Fuchs, insbesondere aber Johann Georg von Anhalt,
der eifriger als alle üebrigen die kaiserlichen Interessen am Berliner Hofe ver-
trat, davon gesprochen, dass die Gelegenheit den Kurfürsten zu gewinnen
günstig sei, dass das Vorgehen Ludwig XIV. in Orange denselben tief gekrankt
habe und dass er bei entsprechender Berücksichtigung seiner Forderungen wohl
zur Umkehr zu bewegen sein würde. Und im April des Jahres 1683 hatte der
Fürst von Anhalt an den in Wien weilenden Lamberg geschrieben, er möge
nur kommen und Geld zum Ausgleiche der spanischen Subsidienfrage mit-
bringen; er hoffe das beste. In der That wurde Lamberg, sobald der spanische
Hof seine Einwilligung zur Fortführung und Beendigung der Verhandlungen
gegeben hatte, nach Berlin mit dem Auftrage gesendet, nach dem Ausgleiche
der bestehenden Differenzen, den er möglichst beschleunigen sollte, den üeber-
tritt des Kurfürsten und die Ueberlassung einiger tausend Mann zur Sicherung
des Reiches zu fordern. Im besten Vertrauen auf das Gelingen seiner Aufgabe
reiste Lamberg nach Berlin. Die Verhandlungen, die er daselbst gepflogen hat
und über die im Folgenden berichtet wird, sind höchst interessant An die
Möglichkeit den Kurfürsten zum Eintritte in die Association zu vermögen
dachte nicht einmal die dem Kaiser günstig gesinnte Partei am Berliner Hofe,
schon wegen der hervorragenden Rolle, welche Schweden in derselben spielte;
aber sie schlug als Ausweg die Errichtung eines Specialbündnisses vor, durch
das ein gemeinsames Vorgehen der beiden Mächte erzielt werden sollte. So-
bald jedoch Lamberg ein Project eines solchen Vertrages entwarf, in dem-
selben die Erhaltung der westphälischen und nimwegischen Friedensschlüsse
ihrem wahren lohalte nach als Grundlage der Einigung bezeichnete und vom
Kurfürsten Unterstützung des Kaisers, Spaniens oder anderer „dem Reiche zu-
gewendeter Länder" im Falle eines Angriffes forderte, zeigte sich, wie breit die
Kluft war, welche die beiden Mächte schied. Denn Friedrich Wilhelm wollte
von keiner Bestimmung wissen, durch die er, wenn auch indirect, in Conflicte
mit Ludwig XIV. gerathen konnte, mit welchem er — was dem Wiener Hofe
unbekannt blieb — im April des Jahres 1683 eine neue Allianz, vornehmlich
gegen Schweden und Braunschweig, geschlossen hatte ^). Die Wirkung dieser
gänzlich verschiedenen Auffassung von dem, was unter den gegebenen Verhält-
nissen dem Kaiser und dem Reiche fromme, zeigte sich auf das deutlichste,
als die Türken, deren der Wiener Hof sich leicht erwehren zu können vermeint
hatte, in Eilmärschen gegen Wien vordrangen und die Belagerung dieser Stadt
begannen. Denn obgleich der Kurfürst sich zur Entsendung einer grösseren
Truppenzahl bereit zeigte und obgleich Leopold die Mitwirkung der durch ihre
Tapferkeit weithin berühmten brandenburgischen Soldaten lebhaft gewünscht
hätte, kam die geplante Einigung nicht zu Stande. Vornehmlich desshalb, weil
^) Vertrag vom 20./30. April 1683; vergl. Mörner I. c. 439 f.
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Einleitung. 1029
Friedrich Willielm den Kaiser, indem er demselben Hilfe gegen die Türken zu-
sagte, zum Abschlüsse eines längeren Waffenstillstandes mit Frankreich zu ver-
mögen bestrebt war, wahrend die Wiener Regierung von einem Waffenstillstände
nichts wissen und des Kurfürsten übrige Forderungen nur dann zu erfüllen ge-
neigt war, wenn dieser sich die Verwendung seiner Truppen auch gegen andere
Feinde, auch gegen Frankreich, gefallen lassen wollte.
Ein besonderes Interesse gewinnen die im Folgenden mitgetheilten Acten
über die zwischen dem Fürsten von Anhalt — der von Friedrich Wilhelm zum
Abschlüsse des Vertrages über die Türkenhülfe an den Kaiser gesendet wurde —
und den kaiserlichen Käthen geführten Verhandlungen dadurch, dass bei den-
selben der schroffe Gegensatz der Auffassung des Fürsten von Anhalt zu jener
des Kurfürsten hervortritt. Denn obgleich der Fürst von Anhalt die jeder gegen
Frankreich gerichteten Verpflichtung abgeneigte Stimmung Friedrich Wilhelms
wohl kannte, hat er sich nicht nur zur Unterzeichnung eines Vertragsentwurfes
entschlossen, durch dessen Gutheissung der Kurfürst sich als erklärter Gegner
Ludwig XIV. bekannt hätte, sondern er ist in dem Bestreben die seiner Ansicht
nach zweckmässige Einigung der beiden Mächte zu Stande zu bringen so weit
gegangen, dass er entgegen der ihm ertheilten Weisung die Verhandlungen mit
dem Wiener Hofe abzubrechen, es über sich nahm den Kurfürsten zur An-
nahme des Vertrages zu vermögen. Allein es zeigte sich alsbald, dass die Käthe
des Kaisers richtig geurtheilt hatten, als sie behaupteten, Friedrich Wilhelm werde
sich entweder gar nicht, oder doch nur gegen Forderungen, die zu erfüllen
Leopold niemals in der Lage sein werde, zum Kampfe gegen Frankreich ver-
stehen. Denn obgleich gerade gegen Ende des Jahres 1683, unter dem Ein-
drucke der glänzenden Erfolge gegen die Ungläubigen, ein neuer Aufschwung
der Frankreich feindlichen Mächte erfolgte, antwortete der Brandenburger auf
die wiederholten Schreiben des Fürsten von Anhalt nach langem Schweigen
mit der Erklärung, er könne sich zum Eintritte in eine gegen Frankreich ge-
richtete Allianz nicht verstehen, da unter den gegebenen Verhältnissen keine
Aussicht auf einen erfolgreichen Widerstand sei. Wenn trotz alledem die
Wiener Kegierung sich zu Beginn des Monates Februar 1684 zu einer neuer-
lichen Sendung Lambergs an den Berliner Hof entschloss, so beweist dies nur,
wie sehr der Wunsch den verhassten Gegner zu besiegen die Einsicht der leiten-
den Persönlichkeiten trübte. Denn dass, wenn überhaupt seit dem Herbste des
Jahres 1683 eine Aenderung der kurfürstlichen Politik stattgefunden haben
sollte, diese nur zu Gunsten Frankreichs sich vollzogen haben konnte, daran
hätte man am Wiener Hofe mit Kücksicht auf des Kurfürsten Haltung auch dann
nicht zweifeln dürfen, wenn man von dem neuen Vertrage Brandenburgs mit
Frankreich *) keine Kenntnis besessen hätte. Was an den von Lamberg über
diese seine letzte Mission am Berliner Hofe im Folgenden mitgetheilten Berichten
am meisten auffallt, ist, dass Lamberg, der bis dahin stets an die Möglichkeit
gegen entsprechende Zugeständnisse den Anschluss des Kurfürsten an die Alli-
irten bewerkstelligen zu können gedacht und in diesem Sinne gewirkt hatte,
») Allianz vom 15./25 Oct. 1683; Morner I.e. 450 f.
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1030 IX. Lamberg in Berlin, Anhalt in Wien. 1682 — 1684.
diesmal bald nach seiner Ankunft in Berlin der Ueberzeugung Ausdruck ver-
lieh, dass eine Umkehr Friedrich Wilhelms nicht mehr zu hoffen sei. Ja, Lam-
bergs Mistrauen gieng jetzt so weit, dass er auch den Versprechungen, welche
der Brandenburger für den Fall des Friedensschlusses [des Kaisers mit Frank-
reich gab, keinen Glauben beimass, vielmehr die Meinung äusserte, der Kurfürst
werde auch dann die spanischen und schlesischen Forderungen in den Vorder-
grund rücken und ohne entsprechende Zugeständnisse in diesen Dingen mit
Leopold die seit langem vorbereitete Allianz nicht abschliessen. Dass er trotz-
dem auf die Aufforderung des Kurfürsten und dessen Räthe hin Projecte ent-
warf und auf die ihm übersendeten Gegenprojecte antwortete, entsprach seiner
Auffassung von den Pflichten eines Gesandten und der Furcht, durch schroffe
Zurückweisung jeder Verhandlung, Friedrich Wilhelm zu noch feindseligerem
Vorgehen gegen den Kaiser zu reizen. Aber nach wie vor blieb Lamberg
dabei, dass vom Kurfürsten von Brandenburg nichts zu erwarten sei und gab
seinem Unmuthe über dessen selbstsüchtige Politik in seinen Berichten wieder-
holt bezeichnenden Ausdruck; wie denn diese Berichte eine bei Lamberg sonst
nicht zu findende Kraft und Leidenschaftlichkeit verrathen. Mit der Abreise
des kaiserlichen Gesandten von Berlin hörten die Beziehungen der beiden Hofe
für's erste auf. Das im Folgenden mitgeth eilte Gutachten der kaiserlichen Mi-
nister zeigt, dass man auf Lambergs Berichte hin sich — Mitte März — ent-
schloss, von jedem weiteren Versuche abzustehen Friedrich Wilhelm zur Theil-
nahme an dem Kampfe gegen Frankreich zu bewegen. Der Kurfürst seinerseits
aber unterliess nicht nach wie vor in Regensburg durch seine Vertreter und
durch Schreiben an den Kaiser für den Abschluss eines längeren Waffenstill-
standes mit Frankreich einzutreten, ein Ziel, das er schliesslich, wesentlich durch
den Verlauf der Begebenheiten unterstützt, erreichte.
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IX. Lamberg in Berlin, Anhalt in Wien.
1682—1684.
Instruction für Lamberg. Dat Wien 23. April 1682. (Copie.)
[Nothwendigkeit Brandenburg für die Sache des Kaisers za gewinnen. Frankfurter
Congress. Zweck desselben. Französisch -brandenburgischer Vertrag. Testament.
Nothwendigkeit Brandenburg von jeder Action gegen Schweden abzuhalten. Nach-
forschung ob es einen dänisch-brandenbnrgischen Vertrag gibt. Jägemdorf. Aner-
bietnugen an die Eurfürstin. Spanisch-brandenburgischer Conflict Meinders. Ham-
burg.]
Mit Röcksicht auf die genaue Kenntnis Lambergs von den Verhält- 23. April,
nissen am kurfürstlichen Hofe sind keine langen Auseinandersetzungen nothig.
Welchem nach, da bei gegenwärtigen schweren Conjuncturen und Zustand
des heiligen Reichs absonderlich des Churförsten zu Brandenburg L**«".
sammt einigen dero Mitchurfursten und Stande fast irr und von den
nöthigen Rettungsgedanken zu andern gefahrlichem abwendig zu werden
und unter denen nordischen Kronen zu des gemeinen Wesen höchstem
praeiudicio factiones zu erwachsen scheinen, also dass, da nicht weniger
der Occident dem heiligen Reich, als der Orient unseren Erbkönigreich und
Landen zugleich androhet, auch von dem Nord aus eine sehr gefahrlich
und widrige Diversion und Verwirrung bevorstehen will, es desto nöthigcr
sein wird, dass selbiger Orts ein wachtsames Aug gehalten werde und zu
solchem End ermelter unser Abgesandter sich ohne Zeitverlierung dahin
wieder begebe, der Gefahr bestmöglichst zu steueren und mehr gedachtes
Churförsten L"*^". zu heilsamem Gedanken zu bringen sich äusserist an-
gelegen sein lasse. Zu diesem Behufe erhält er Information über den Zustand
des Reiches und neue Gredenzschreiben. Hiernegst nun, da des Churförsten
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1032 IX. Lamberc: in Berlin, Anhalt in Wien. 1682 — 1684.
r/^". in die Kieinmüthigkeit und Mistrauen abzufallen scbeineD, dass wir
und das Reich zu einer rechtschaffenen und jetztmaliger Nothwendigkeit
proportionirten Verfassung nicht zu bringen sein werden und dahero
nicht allein vor sich selbsten auf die Gedanken gerathen, sondern auch
andere ihre Mitchurförsten und Stände dahin zu ziehen sich in alle Weg
befleissen*), dass man der unlängst zu Frankfurt beschehenen französischen
also genannten Friedensproposition') Gehör geben und mit Abandonni-
rung so vieler auch seithero des jüngstem Frieden zu Boden geworfener
und hinweggerissener Stände, auch dannoch neulichst ohne einzig ge-
gehabten An- oder Zuspruch entwendten Reichsschlüssel und so hoch
importirende Stift und Stadt Strassburg zurücklassen uud nur das übrige
zu salviren suchen solle ; kann er Abgesandter sich gegen dieselbe wohl
vernehmen lassen, wie wir dergestalt der je länger je weiters androhen-
den Ruin und Ueberwältigung des römischen Reichs ferners zuzuschauen
ganz nicht gemeint seien und nicht allein unsere selbst eigne Armatur
möglichst verstärken, sondern auch das gesammte Reich zur Gegenwehr
und abdringenden Defension in die behörige Verfassung zu bringen alles
angelegenen Fleiss uns bemühen thun, um zu sehen, ob hierdurch I. L**"*.
zu bessern Gedanken und Ergreifung gleichmässiger Resolution sich
möchten bewegen lassen. Sonsten aber so viel die französische alsoge-
nannte Friedensproposition hierüber belanget, wird ermelter unser Abge-
sandter in dieser materia desto behutsamer bei T. L**'". zu gehen haben,
damit sie solche unsere Resolution und Anstalten nicht in den Verstand
ziehen, als wollten wir in gänzlicher Verwerfung erstangeführter französi-
scher Proposition den zu Stabilirung des Friedens nacher Frankfurt ver-
anlassten Congress an sich selbsten aufheben und dissolviren. Sondern
er wird vielmehr der Zeit nach I'. L***". dieses zu remonstriren haben:
Wie merklich ermelter Congress vornehmlich dahin und zu nichts änderst
veranlasset worden, als dass sowohl die vergewaltigte Reichsstände über
ihren gravaminibus, als Frankreich über seinen desfalls praetendirenden
Rechten gehört und sofort eins und andere zu Bestätigung des Friedens
und allgemeinen Ruhestandes componirt und verglichen werden. Und
wie unförmlich es dahero und gegen dem Reich unverantwortlich fallen
würde, wann man auf einmal so vieler Stände Recht und gravamina
') Bezieht sich auf die Sendung Brandenburgs an die rheinischen und an die
anderen deutschen Forsten, Puf. 1. c. XVIII. 34 ff.
*) Die Proposition bei Pachner I.e. II. 367 f.
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Instruction far Lamberg. 1033
gleicilsam verwerfen und zu der in ermelter Proposition entworfenen noch
fernere Cedirung schreiten sollte, zumalen da die Reichsdeputation darzu
zu instruiren, oder ihre Vollmacht dahin zu extendiren, niemand gedacht,
noch dazumal vor dem Fall der Stadt Strassburg darauf gedacht werden
können, und auch an sich selbsten keinem Stand des Reichs ichtwas
seine Lehen betreffend, um unseren als domini directi und des Reichs
Consens zu disponiren, zukommen thut. Wie es aber an deme seie, dass
nunmehr, da die mehriste Praeliminardifßcultaten, so das Werk bishero
aufgehalten haben, in so weit gehoben zu sein scheinen^), dass in völliger
Zusammentretung der Deputation zu Frankfurt man sich zuvorderst super
modo et ordine vergleichen wird, in welchem das Hauptwerk vorzunehmen
und abzuhandlen seie, also stehe uns um so weniger zu, vor solchem
und ehe die gravirte Stände mit ihren ]^otdurften auf dem darzu ange-
stellten Congress werden gehört sein, ichtwas zu resolviren oder zu er-
klären, als welches sodann erst von uns und dem Reich zu geschehen
habe, inzwischen aber nicht anständlichers sein werde, als dass (massen
von uns bestandig beschicht) bis dahin alle extrapropositiones oder Hand-
lung dorthin nacher Frankfurt, als auf den allerseits darzu bestimmten
Ort, verwiesen, im üebrigen aber vielmehr dahin getrachtet werde, wie
in sammentlicher guten Ein verstand nus und Verfassung die Sach soviel
möglich noch in integre zu erhalten und allenfalls zu salviren sein mögte.
Wie aber unterdessen allem gleichsam verlässlichen Verlaut nach
des Churfursten L***". mit der Krön Frankreich einige Allianz geschlossen
und vermutlich auch schon ratificirt haben und sich an jetztgedachte
Eron so gar zu henken intentionirt scheinen, dass sie selbigen Königs
L^«". auch zum künftigen executore ihres Testaments zu ernennen Vor-
habens'), wird unser Abgesandter ihme angelegen sein lassen, dass er von
solcher Allianz eine Abschrift oder wenigst die contenta erhalte und zu
unserer nöthigen Nachricht ehistens überschicke, zugleich aber auch unter
der Hand gar behutsamlich ... sich bewerbe auf den Grund ermelten Chur-
fursten Testaments und vorhabenden Executionsanordnung zu kommen
und wo ermelterraassen möglich auch darvou einige Abschrift uns ein-
zuschicken. Deme wir auch anfügen wollen, wie dass wir benachrichtiget
seind, ob wäre von des Königs in Frankreich L**®". des Churfursten von
Brandenburg L***". mit der Condition, dass I. L**®". die Acceptation der
Vergi. Fester 1. c 49.
*) In der That war dies geschehen; vergl. Droysen Gesch. d. p. P. IV.4 149.
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1034 IX. Lamberg in Berlin, Anhalt in Wien. 1682 — 1684.
angedeuten französischen Proposition im römischen Reich erheben
würden, ein gewisse summa Gelds jährlich versprochen worden^).
Zuvorderist aber, da nicht wenig zu besorgen, dass des Churfursten
L**'°. sich noch ferners auch auf Instigation und Antreiben der Krön
Frankreich mit Dänemark nicht allein zu sammentlicher Eintreibung der
ihnen von der Krön Spanien und denen Generalstaaten noch restirender
Subsidien, sondern absonderlich auch gegen die Krön Schweden ver-
binden thue, würde unser Abgesandter wohl thun, wann er einige gute
Gelegenheit ersehen könnte, P. L^*°. in privato discursu die Confusioo,
auch uns und dem gemeinen Reichswesen daraus bevorstehendes grosses
Nachtheil, wann Pommern angefochten und mithin der ganze westphäli-
sehe Frieden im Reich selbst zertrümmert und umgestossen werden
sollte, vorzustellen, welche durch Unternehmung ein oder anderer solcher
Gewalt- oder Feindthätlichkeiten unausbleiblich entstehen müsste; da
nemlichen neben dem mit der Krön Frankreich im Reich sowohl,
als mit dem Türken in unseren Erblanden befahrenden Defensionskrieg,
auch Spanien, Schweden, Dänemark, Sachsen, Braunschweig, Holland
und I. L^®°. dergestalt zerfallen und mithin diese Potenzen nicht allein
zu allem Succurs für uns und das Reich untüchtig gemacht, sondern
wir noch darzu uns etwa des Reichs und desfalls Krön Schweden schul-
digen Garantie halber darein zu mischen sollten benötigt finden; da dann
auch absonderlich des Churfursten L^*°. nicht würden ausser Acht za
lassen haben, wie leicht auch die Krön Polen, wann sie I. L^^. in solche
Weitleuftigkeit schon eingeflochten sehen würde, zu Recuperirung des
herzoglichen Preussen') der Krön Schweden beitreten und also den
ganzen Nord zu fast unabtreiblicher Gefahr der Nachbarschaft in völligen
Kriegsbrand setzen könnte, alles zu dem Ende, dass, wann ja I. L^^. uns
mit völligen ihren Kräften beizutreten annoch Bedenkens tragen, sie die-
selbe gleichwohl auf alle Noth in integre erhalten und unterdessen nur
ihr Reichscontingent beitragen, im übrigen aber sich also still oder
neutral halten wollten, dass dem gemeinen Wesen darunter in nichten,
weder directe, weder per indirectum geschadet, oder mehrere Gefahr ond
Noth zugezogen werde; allermassen die Neutralität, die doch bei allge-
meiner Reichsangelegenheit dessen keinem Stand zusteht, gleichwohl auch
^) Die Subsidienbestimmangen sind in den §§ 6 und 7 des Vertrages vom
12/22. Jan. 1682 enthalten; Morner 1. c. 717.
*) Durch die Verträge von Wehlau und Bromberg 1657 war Friedrich Wilhelm
souverainer Herr des vormaligen polnischen Lehensstaates Preussen geworden.
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Instruction für Lamberg. 1035
in sich Selbsten nicht bestehet, wann selbe allein auf uns und das römi-
sche Reich in genere, auf dessen Stände und unsere Alliirte aber nit
singulariter gemeint ist.
Lamberg soll auch trachten zu erfahren, ob Brandenburg mit Dänemark
einen Vertrag geschlossen und wenn dies der Fall, die Abschrift desselben sich
zu verschaffen suchen*).
Bezüglich Jägemdorfs hat der Kaiser, obgleich die Forderung des Kurfürsten
ganz unberechtigt ist, sich wiederholt zur Zahlung einer namhaften Summe
Geldes bereit erklärt. Da Lamberg bisher keine günstige Gelegenheit gefunden
hat die Sache vorzubringen, ist der Angelegenheit längere Zeit nicht Erwähnung
geschehen; Lamberg soll aber zu erfahren trachten, ob jetzt Aussicht vorhanden^
dass der Kurfürst sich mit einer Summe von 180 000 Thalern zufrieden geben
würde. Der Kurfürstin kann Lamberg sagen, dass der Kaiser bereit ist, ihr,
wenn sie ihren Gemahl bewegt für diese Summe seinen vermeintlichen An-
sprächen auf Jägemdorf zu entsagen, bis 20 000 Thaler zu verehren. Bezüglich
der spanisch-brandenburgischen Misverständnisse wegen der restirenden Subsidien
und deshalb weggenommenen spanischen Schiffes soll Lamberg sich erkundigen,
wieviel der Kurfürst von der praetendirten Summe von 1 800 000 Gulden nach-
lassen wolle und anbei sich dennaln noch nur Anfragsweis vernehmen
lassen, ob bei Liquidirung und Vergleichung auch Moderirung solcher
Hauptsummen die Sach nicht zu vergleichen stünde, wann wir die Krön
Spanien bei dermaliger Enge der Mittelen dahin vermögten, dass sie V. L**"».
die vermelte 80 000 pesos de contado zur Angab und hernacher jährlich
bis zur völligen Bezahlung eine moderirte Summ etwa von 40 — 50000
reales de ä ocho abstatten thäte, annebenst zu verstehen gebend, dass
wir von P. L**'". einer solchen Moderation darunter annoch gewärtig
wären, dass wir uns der aufgetragenen Mediation zu unternehmen Ursach
und zu deren Erhebung Hoffnung haben könnten. Der Kaiser hat Meinders
den Ritterstand verliehen, Lamberg soll sehen den Kurfürsten gegen die von
Dänemark, wie gemeldet wird, vorhabenden Pläne gegen Hamburg zu stimmen.
') Am 31. Jan. war eine Defensivallianz zwischen Dänemark und Brandenburg
auf 10 Jahre geschlossen worden; Mömer 1. c. 428 f.
Am 8. Juni wurde dann der Vertrag über gemeinsame Operation zur Herstellung
des Friedens und eventueller Cooperation mit Frankreich geschlossen. Yergl. auch
Puf. 1. c. XVIII. § 70; den Vertrag verschweigt Puf.
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1036 IX. Lamberg in Berlin, Anhalt in Wien. 1682— 1684.
Lamberg an den Kaiser. Dat. Wien 25. Mai 1682. (Aut)
[Mittheilungen aus Berlin über die Bemühungen der Franzosen Brandenburg und
Dänemark zum Kampfe gegen den Kaiser zu Termogen. Rastungen Brandenburgs.
Rath für den Kaiser.]
25. Mai. Lambergs Secretär meldet aus Berlin: Er habe oehmlich von dess
V. Buchwald dänischen abgesandten Secretär alda per tertium et qoartum
heraus und in erfahrung gebracht, wie sehr sich Frankreich bewerbe
Dänemark und Chur-Brandenburg dahin zu vermögen, dass, wann I. E. M.
das sogenante franzosische fridensproject nicht in allen seinen puncten
annehmen würde, beede gegen das Haus Oesterreich hostiliter mit agiren
sollen, wobey dann nicht wönig remarquable, dass der H. Churfurst zwey
regimenter aus Preussen, so bis auf 2000 mann und wie andere wollen
noch höher recroutiret worden, würklich marchiren und die quartier über
der Elb, dem einen bey Magdeburg, dem anderen im Saal Creys nächst
Thüringen, assigniren lasen. Solte mann nun vernehmen, dass auch Dane-
mark mit einiger Mannschafft in das Oldenburgische rücken liese, währe
nich ohne grund zu befahren, Chur-Brandenburg würde sofort mehrera
Theil Seiner Völker in das Clevische legen, umb den Nider-Sächsischen
Creys allarmirt zu halten und hierdurch den dritten articul der mit
Frankreich habenden alliantz folge zu leisten *). Es würde dahero einiger
zu Berlin für E. K. M. höchtes interesse wohlgesinter ministronim
allerunterthänigster Meinung nach den H". Churfürsten von sothanen ge-
fährlichen demarchen nichtes ehunter abhalten können, als wan E. K. M.
unverzieglich zwey oder drey regimenter in Schlesien zu rücken aller-
gnädigst beorderen möchten.
Lamberg an den Kaiser. Dati Berlin 20. Juli 1682. (Or.)
[Der Kurfürst rechtfertigt sein Benehmen. Anhalts Mitlheilungen über die Besserung
der Lage, über die Haltung des Fuchs und über die Rathlosigkeit der französischen
Partei, ßerathung Lambergs mit Anhalt über die Beilegung der spanischen und
jägerndorfischen Differenzen. Bereitwilligkeit Anhalts für den Ausgleich zu wirken.]
20. Juli. Der Kurfürst versichert, sich vom Reiche nicht trennen zu wollen. Warum
sie aber bis anhero mit der Krön Frankreich Frieden zu treffen und
deren die Stadt Strassburg in Händen zu lassen eingerathen, wäre der
ürsach beschehen, weilen sie bei gegenwärtiger Beschaffenheit des römi-
schen Reichs nicht sehen noch abnehmen könnten, wie selbiges den
') Vergl. Mörner 1. c. 427.
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Vorgehen der Franiosen. Stimmang in Berlin. Anhalts Erklärungen. 1037
Krieg zu fuhren und den Franzosen besagte Stadt widerum aus Händen
zo drehen gewachsen sein würde ^). Man sollte sie aber ein anderes be-
greifen machen, so wollten sie der Yeraunft und Geböhr alsobald zu-
treten. Der Kurfürst sowohl als die Kurfarstin nehmen ihn überaus freund-
lich anf.
Der Fürst Ton Anhalt theilt Lamberg mit, welchergestalt die französi-
sche Partei den Mut gewaltig sinken zu lassen beginne, angesehen sie
die Verstärkung E^ E. M. Waffen und die mehr und mehr herfurbrechende
Apparenz zu Erlängerung des armistitii mit der Porten vor ihre Ruin
und Untergang bei dem Churfürsten ansähen, wie dann nach iüngst be-
schehener öffentlicher Ablesung der dem Crockow') ertheilter Instruction,
worinnen alle obiectiones, so ihm gegen bisherige churfurstliche Betragung
beschehen möchten, auch die Ursachen, so den Churfürsten dahin bewogen,
enthalten seind'), der Secretarius Fuchs zu dem Fürsten gekommen und
sich desselben Schutz völlig unterwerfend förgestellt, wie er wohl sähe
und klar abnehmen müsste, dass das Werk zwischen dem Churfürsten
und der Krön Frankreich keinen langen Bestand mehr haben könnte,
sondern durch mit dem Reich erfolgende Ruptur gänzlich zerfallen
würde. So gäbe auch die Krön dem Churfürsten also wenig und trac-
tirte ihn so schlecht, dass es ein Spott wäre. Es bedeutete mir der
Fürst weiter, dass die französisch gesinnte den Churfürsten ferner mit
Listen zu hintergehen ganz verlegen finden und nicht wissen, ob sie
denselben bei Frankreich zu erhalten die Fürstellung E'. K. M. geringer
Kriegsmacht, oder aber deren Grosswerdung auf den Fall die ungarische
Unruhe gedämpft würde, unternehmen sollen; wie sie dann in der T hat
mit so gegen einander laufenden Zeitungen aufziehen, dass eine der
andern Grundrichtung ist. Es komme in summa alles auf E^ K. M. con-
siderirliche und beständige Kriegsmacht an, wann diese im Stand und
der Rucken frei sein werde, so werde sich alles und aller Orten im Reich
zu dero Dienst ergeben. Hienechst nun suchte ich bei dem Fürsten
Beirath und Einschlag, was für Weg und Mittel, die spanische und
jägemdorfische Werk beizulegen, ergreiflich sein wollten. Und als ich
demselben auf unbefehren die conditiones eröffnet, Hesse er sich solche
über alle Massen gefallen, dafür haltend, wann nur die Krön Spanien
') Für die Haltung Brandenburgs in dieser Zeit Droysen 1. c. 111. 3 7,'Uff.
*) A = Orackau.
») Inhaltsangabe bei Puf. 1. c. XVIII. 56; Droysen 1. c. in.3 736 f.; daselbst auch
Auszüge aus Crockows Berichten.
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1038 J^- Lamberg in Berlin, Anhalt in Wien. 1682 — 1684.
mit der ersten Angab und dem Churförsten belieblicher Versicherung
der Ort, wo {: die Gelder in ihren Terminen zu erheben, zuhielte
und dann E. K. M. wegen Jägerndorf ein gleiches zu thun resolvirte,
er Fürst sodann den Churfürsten sowohl als die Churförstin für E.
K. M. und dero hohes Erzhaus zu erwerben getraue. Ich versetzte
darauf, dass eine conditio sine qua non sein würde, sich von der Krön
Frankreich völlig abzuziehen und zu E^ K. M. zu treten. Auf hierüber
beschehene schriftliche Versicherung und Erklärung könnte sich der Fürst
vergewissert halten, dass weder E. K. M. noch die Krön Spanien das
versprechende abzuführen ermanglen würden :|. Der Fürst antwortete,
eines müsste er mir unverhalten, nemlich, wann der Churfürst nur also
beobachtet werden könnte, dass der Schwall der französischen Waffen
nicht völlig auf ihn fiele, die Sach um so viel leichter zu erheben sein
würde ... Inmittelst verspräche mir der Fürst solch importantes Werk in
Gottes Namen anzugreifen und nach seiner allerunterthänigsten Devotion
also zu übernehmen, |:dass er keinem ministro, sondern allein der Chur-
fürstin die Eröffnung thun wollte, sie auch zu der Geheimhaltung ver-
binden, anbei mir die Antwort und den Weg, so ich ferner zu halten
hätte, hinterbringen :|.
Lamberg an den Kaiser. Dat. Berlin 24. Juli 1682. (Or.)
[Audienz. Beharren des Eurförsten bei seiner Ansicht von der Notbwendigkeit mit
Aufgabe Strassburgs den Frieden mit Frankreich zu schliessen. Urtbeil desselben über
den Frankfurter Congress. Gottfried Jena. Mittheilungen Anhalts über seine Ver-
handlungen mit der Kurfürstin.]
24. Juli. Am 23. Juli hat Lamberg Audienz beim Kurfürsten, der auf Lambergs Er-
klärungen von der Noth wendigkeit energischer Entschlüsse gegen Frankreich
und auf die Betonung von des Kaisers Rüstungen erwidert, er würde gerne wün-
schen, dass der Kaiser so geröstet wäre um gegen Frankreich vorgehen zu können,
er könne aber unter den gegenwärtigen Verhältnissen nicht sehen, wie man
Strassburg zurückerobern wolle, müsste dahero noch fortan bei ihrer Mei-
nung beharren, dass ein Fried mit Frankreich, welcher universaliter
garantirt würde, dermalen dem Kriege vorzuziehen. Es würde sodann
zu Versicherung des Reichs vorträglich sein eine stätige Macht von
40000 Mann auf den Beinen und aus den Kreisen zu erhalten, welche
aber in die Stadt am Rhein und ferner auf die Grenzen zu verlegen. Sie
könnten sich auch sonsten nicht bereden, dass durch eine blosse Zusam-
menziehung E^ K. M. und des Reichs Armeen denen Franzosen eine Spann
breit Erdreichs widerum aus den Händen zu ziehen, oder die conditiones
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Fried. Wilh. über den Frieden. Anhalts Mittheilungen. 1039
aaf den Tractaten zu verbessern, angesehen die Franzosen vermeinten,
dass ihnen anch bei offenem Kriege durch Zwang wenig würde abzu-
haben sein. Es wurde sich auch auf erfolgende wirkliche Ruptur herfür-
thun, ob nicht sowohl die Krön Schweden eine SchadloshaltuDg vom
Reich, als auch das Haus Braunschweig wegen leistender Dienste Satis-
faction auf die Stifter suchen würde und sollte ich mich versichern, dass
S. Ch. D. solches nicht aus leerem, sondern allerdings gutem Grund und
Nachricht redeten. Sie wiederholten demnach das allbereit öfters ge-
sprochene, Weichermassen sie gegen das Reich nichts fürnehmen, weniger
sich von selbigem abtrennen wollten Wegen des Frankfurter Con-
gresses verlangte er selbsten, dass solche Tractaten mit mehrerm Ernst
getrieben würden und zeigte sich mit des churmainzischen directorii Con-
duite und Verzögerungen nicht in allen Stücken zufrieden.
Auf Anhalts Antreiben beim Kanzler Jena hat dessen Broder in Regens-
burg um seine Enthebung angesucht, welche ihm jedoch vorerst, auf Meinders
Rath, nicht ertheilt worden ist. Das sächsische Votum ist dem Jena bereits
genommen worden.
Nachdeme ich bis anhero und zum Schluss gelangt, liesse { : mich
der von Anhalt zu' sich entbieten, worbei er mir sofort mit fröhlichem
Gemüth berichtet, dass der Vortrag bei der Churfürstin sehr angenehm
gewesen und ihm von dannen zu Antwort erfolget, dass sie zu Hinlegung
der spanischen Mishelligkeit alles fürderliche beitragen, für beschehener
Communication aber mit dem Churfürsten zu nichts verbindlich machen
könnte. Als auch der Fürst fragweise an sie gelangen lassen, im Fall
die Krön Spanien von 4 — 500 000 Thalem , E. K. M. aber wegen Jägern-
dorf sich auf 180000 heraus liesse, ob sie den Churfürsten sodann zu
E'. K. M. und des Erzhauses Dienst und Interesse völlig zu gewinnen
hielte, wäre ihm versetzt worden: Es würde der Fürst sich noch wohl
erinnern, dass der Churfürst wegen Jägerndorf sich bishero zu keinem
Geld verstehen wollen und dass sie nicht wüsste, ob die zu Abführung
der spanischen Praetension erbetene summa annehmlich sein würde. Er,
Fürst, aber erachtete, dass unter 500 000 die Sach schwerlich zu erheben
und vielmehr dahin zu trachten sein möchte, damit eine summa die
andere übertragen und um so viel leichter beide Praetensionen abgethan
werden möchten. Demnechst hätte die Churfürstin auch befragt, was
dann etwan der Churfürst an E. K. M. oder die Krön hinwiderum zu
*) üeber die Verhandinngen zu Frankfurt in dieser Zeit Puf. I. c. XVIII. 45 ff.
Pachner I.e. II. 385 ff.
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1040 IX. Lamberg in Berlin, Anhalt in Wien. 1682 — 1684.
praestiren hätte und hoffte sie, es würde an selbigen nichts gesonnen
werden, wordurch für der Welt er sich als einen unbeständigen und
bundbrüchigen prostituiren, auch bei E^ K. M. selbst ausser alles Ver-
trauen und Credit setzen könnte. Diesem aber wäre von ihm, Fürsten,
sobald mit deme, so durch mich bereit vorhero an die Hand gegeben war,
begegnet worden, nemlich, es könnte gegen Frankreich die Entschuldigung
also genommen werden, dass, da der Churfürst sich so in- als ausser
Reichs beworben die französische Intention wegen Strassburg und das
darauf gerichtete Friedensproject annehmlich zu machen, er gleichwohl
nichts darinnen verfangen können, gestalten die majora noch immer in
contrarium verblieben, also der Churfürst, wo er nicht fortkommen könnte,
der Sach den Lauf lassen müsste. Dieses hätte sich die Churfürstin
nicht übel gefallen lassen, mit der Versicherung, dass was sie zu beider-
seitiger guten Verständnus beitragen könnte, an ihr es nicht erwinden
sollte :|. Der Fürst glaubt, es würde sehr vortheilhaft sein, wenn der Kaiser
dem Prinzen Philipp '), als dem Augapfel der Kurfürstin, ein Regiment verleihen
würde.
Lamberg an den Kaiser. Dat. Berlin 27. Juli 1682. (Or.)
[Mittbeilungen Jena^s über des Kurfürsten Erklärungen an Frankreich. Mittbeilung
der kaiserlichen Pläne an den Kurfürsten durch die Kurfürstin.]
27. Juli. Der Kanzler Jena meldet dem Lamberg, der Kurfürst habe durch Meinders
Rebenac mittheilen lassen, er rathe dem Könige von Frankreich die in dem frank-
furtischen Friedensprojecte enthaltenen Forderungen herabzusetzen; auch habe
der Kurfürst Befehl gegeben, das mainzische Directorium in Frankfurt um Fort-
setzung der Publication des „conclusi deputatorum'* anzugehen''). Auch sonst
sucht Jena, wie er Lamberg mittheilt, im Interesse des Kaisers zu wirken;
bittet aber um Geheimhaltung. Die Kurfürstin hat von dem, was ihr Anhalt
gesagt, dem Kurfürsten Mittheilung gemacht; dieser verlangt strengste Geheim-
haltung.
Lamberg an den Kaiser. Dat. Berlin 7. Aug. 1682. (Or.)
[Ansicht Lambergs über die Pläne des Kurfürsten. Erklärungen Fr. Wilh. bezüglich
der ihm gemachten Anerbietungen zum Ausgleiche der Differenzen mit Spanien. An-
halts Ansicht. Mittbeilungen über die Unterredung zu Itzehoe. Inhalt der französisch-
brandenburgischen Allianz. Rebenac. Kurfürstin.]
7. Aug. ^^r Kurfürst wird durch die Furcht vor den Waffen Frankreichs von jedem
entscheidenden Schritte abgehalten; dazu kommen die Einflüsterungen der fran-
*) Der älteste Sohn Sophie Dorothea'«, der zweiten Gemahlin Friedrich Wilhelms.
2) Für die Verhandlungen in Frankfurt, Pachner 1. c. IL 397 ff.
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Spanisch-brandenburgische Differenzen. Brand.-dinische Beziehungen. 1041
zösischen Partei, welche den Krieg mit den Türken als unvermeidlich hinstellen.
üeber all solches fasse ich den Verdacht, ob werde mit der Resolution
zu Fleiss der Ursach langsam gegangen, damit sich inzwischen das
türkische Werk mehrers äussere, |: der Churfiirst vielleicht dem Erzhaus
magis necessarius werde und bei demselben seine conditiones verbesseren
möge. Sonsten hat der Fürst zu Anhalt sowohl bei dem Churfürsten
als der Churfurstin wahrgenommen, dass sie sich zwar vielleicht mit
der Angab von 100000 Thaler, nicht ab6r nachmalen mit den 50000
jährlich :|, als einer allzulangen Zahlungsfrist, befriedigen, sondern die
völlige Zahlung längst inner ein paar Jahr und auch auf diesem Termin
genügsame Caution erwarten wurden. Er, Fürst, könnte auch nicht so
positive versprechen, ob er es zwar anfangs änderst vermeint, dass sie
sich für alles mit 500000 Thaler würden beschlagen lassen. Der sicht-
bare Erfolg dieser Angelegenheit ist bisher der vertraute Verkehr des Kurfürsten
mit dem Fürsten von Anhalt. Dieser letztere bittet den Kaiser, sein Land mit
Quartierassignationen zu verschonen. Was sonsten bei der Untersuchung
zu Itzehoe auf den Teppich gekommen, wird E^ K. M. durch den Grafen
Berka zweifelsohn umständlich sein .hinterbracht worden'). Soviel aber
habe ich von 2 oder 3 churfürstlichen ministris in Vertrauen vernommen,
dass der König in Dänemark die Schweden im Bremischen anzugreifen
inclinirt gewesen und zu dem End vom H°. Churfürsten 6000 Mann be-
gehrt habe, mit dem Beding, dass nach Bemächtigung Bremens er hin-
gegen alle seine Macht dem H". Churfürsten zur Ueberwältigung Pom-
merns herstellen wolle, welches aber der Herr Churfürst in alle Weg
deprecirt habe. Von dem Inhalt der churfürstlichen mit Frankreich
habenden Allianz habe ich hinc inde soviel penetrirt, dass der Herr
Churfürst, im Fall Frankreich angefallen werden sollte, mit 6000 Mann
zu succurriren, Frankreich hingegen in Friedenszeiten 100000 Thaler
iährlich, bei wirklicher Hilfleistung aber das supplementum, soviel auf
6000 Mann Unterhalt gehörig, praestiren und wann der Herr Churfürst
angefallen würde, mit 20000 zu Hilf zu gehen, oder wo nöthig, Diver-
sion zu machen, gehalten sein sollte. Auf den Fall aber der König in
Frankreich über den Rhein gehen und mit dem Reich brechen, oder
weiter um sich greifen würde, alsdann sollte weder der Herr Churfürst
noch die Krön Dänemark an die Allianz gebunden sein^. So ist mir
ferner von vertrautem Ort zukommen, welchermassen dem Grafen Re-
») üeber die Zusammenkunft Puf. I. c. XVIII. 70.
^ Yergl. den wirklieben Inhalt bei Morner 1. c. 427.
Mater, x. Geach. d. Q. KarfursUn. XIV. 2. 66
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1042 IX. Lamberg in Berlin, Anhalt in Wien. 1682 — 1684.
benac ganz nealich von dem Croissy ein scharfer Verweis zukommeo«
um willen er mit dem General Derflflinger nicht sittlicher amgegaogeo,
sondern so uns^estara mit selbigem gebrochen.^ Die Karfurstin hat wie-
derholt Anhalt gefragt, ob er wisse, wie es mit den ungarisch -türkischen Ver-
hältnissen stehe.
Lamberg an den Kaiser. Dat. Berlin 12. Aug. 1682. (Or.)
[Spanisch-brandenburgische Differenzen. Ansiebt Anhalts über dieselben. Jigemdoif.
Ansicht Lambergs über die zum Ausgleiche des spanisch - brandenburgischen Con-
flictes zu ergreifenden Massregeln. Testamentsangelegenheit]
12. Aug. Auf Wunsch des Kurfürsten hat der Fürst von Anhalt ohne Mitarheitnng
Lambergs ein Projeet für die Beilegung der brandeuburgisch- spanischen Diffe-
renzen entworfen»). Der Kurfürst machte Bemerkungen zu diesem Projecte,
theilte dasselbe Jena und Fuchs mit und mit Hilfe dieser wurde dann ein
neues Projeet entworfen'). Ob nun wohl das churfürstliche Begehren in
der total summa von 7 — 800000 Thaler, in der Angab aber von
200000 Thaler redet, hält sich iedoch der Fürst versichert, dass der Chur-
fürst in jener mit 600000, in dieser mit 100000 (sich) werde befriedigen
lassen. Im Fall nun sothane 600000 Thaler der Krön dermal etwas
hart kommen sollten, wäre der Fürst der Meinung, es könnte die Er-
leichterung in Protrahirung der Zahlungsfristen etwan bis auf 5 oder 6
Jahr gesucht werden . . . Der Kurfürst wünscht, dass Lamberg die Ange-
legenheit zu Ende führe.
Die Jägerndorfer Angelegenheit hat der Fürst nicht berührt, da er hofft,
wenn erst die spanische Sache durchgeführt ist, leichter damit an's Ziel zu
kommen. Der Fürst hittet, Spanien möge gleich mit dem äussersten dessen,
was es bieten könne, hervortreten, um die Sache zu beschleunigen. Lamberg
glaubt, es könnte die von dem Kurfürsten geforderte Summe um ein bedeu-
tendes herabgemindert werden, wenn nur gute Anerbietungen seitens Spaniens
gemacht würden und ihm etwas Geld zur Austheilung am kurfürstlichen Hofe
zur Verfügung stehen würde.
1) Der wesentliche Inhalt dieses Projectes ist: Im Ganzen will Spanien 4 bis
500000 Thaler zahlen und zwar gleich 100000 Thaler, wegen des Uebrigen will es
sich auf Termine vergleichen; ferner verpflichtet sich Spanien ein ansehnliches Geschenk
für die Kurforstin und ein Regiment für den Prinzen Philipp zu gewähren. Wegen
des Schiffes Karl 11. bleibt es bei dem, was geschehen, nichts wird vom Kurfürsten
diesbezüglich gefordert werden. Will der Kurfürst auf solche Anerbietungen nicht in
Unterhandlung treten, so bleibt alles in statu quo.
^) Der wesentliche Inhalt dieses Projectes lautet: Der Kurfürst ist principiell
geneigt in Verhandlungen einzutreten. Er fordert P. 7—800000 Thaler und zwar
gleich 200000 Thaler, den Rest längstens in 3—4 Jahren; das Schiff Karl II. wie
die übrigen Prisen bleiben dem Kurfürsten.
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Spanisch-brand. Differenzen. J&geradorf. Lamberg terlässt Berlin. 1043
Eine neuerliche Audienz beim Kurfürsten hat keinen anderen Erfolg, als
dass der Kurfürst wiederum versichert, Strassburg könne nicht zurück erobert
werden Was die Sondirung wegen des Inhaltes des kurfürstlichen Testa-
mentes betrifft, darüber hat Lamberg erfahren können, dass dem Markgrafen
Ludwig Minden, dem Prinzen Philipp Halberstadt, dem Prinzen Albrecht
Lauenburg und Butow, dem Prinzen Christian Ludwig das Meisterthum über
den Johanniterorden in den kurfürstlichen Landen bestimmt worden sei,
das übrige aber bei der Kur bleiben soll '). Es habe zwar die Frau Chur-
fürstin stark darauf gedrungen, dass es zu Itzehoe vom Königin Dänemark
unterschrieben werden möchte, wegen guter Verstandnus aber dieses
Königs mit dem Churprinzen nicht damit auskommen mögen. Ob aber
der Frau Churförstin anderwärtige Gedanken, den König in Frankreich
pro executore testamenti zu ersuchen, vollzogen worden, solchem habe
noch nicht auf den Grund kommen mögen, werde es iedoch an weiterem
Fleiss nicht erwinden lassen.
Lamberg an den Kaiser. Dat. Berlin 14. August 1682. (Or.)
[Nothwendigiieit der Erlegung einer Summe zum Ausgleiche in der spanischen Streit-
frage. Abreise Lambergs von Berlin.]
Solange die Erlegung der ersten haaren Summe nicht stattgefunden, ist in 14. Aug.
der spanisch-brandenburgischen Frage nichts zu hoffen, da Fuchs und Meiiiders,
der von der Sache Kenntnis erhalten, den Kurfürsten überzeugen wollen, dass
die Sache seitens des Kaisers nicht ernst genommen werde. Die ihm befohlene
Reise an den sächsischen Hof, um den Kurfürsten von Sachsen für die Reichs-
sache zu gewinnen, wird Lamberg antreten.
Ende des Monates verlässt denn auch Lamberg Berlin, nachdem er noch
im Berichte vom 23. August dem Kaiser gemeldet: Ich spüre ganz deutlich,
dass wann die Unruhe in Ungarn gestillt und die Krön Spanien dem
Herrn Churfürsten nur mit etwas baarem von denen Restanten an Hand
zu gehen sich ungesäumet resolvirte, derselbe von ietziger Conduite ab-
stehen, das französische Friedonsproject verlassen und mit E^ K. M. und
dem hochlöblichsten Erzhaus sich vollkommenlich conformiren würde.
ProtocoU der mit Crockow am 20. August 1682 gehaltenen
Conferenz. (Conc.)
[Ansicht des Kurfürsten über die den Friedensanträgen Frankreichs gegenüber einzu-
nehmende Haitang. Satisfactionsansprüche Brandenburgs an das Reich. Ceremonial-
fragen. Antwort der kaiserlichen Räthe.]
Anfang Juli 1682 hatte der Kurfürst Lorenz Georg von Crockow wieder 20. Aug.
Vergl. die richtigen Angaben bei Droysen G. d. p. P. VI.4 147.
66*
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1044 IX. Lamberg in Berlin, Anhalt in Wien. 1682—1684.
nach Wien gesendet (Creditif vom S.Juli 1682 Or.)^); mit Crockow verhandeln
Hohengran ') und Königsegg. Crockow führt weitläufig in seinen Proposition (Or.)
aus, was der Kurfürst in seinem magdeburgischen Votum zu Regensburg wegen
Annahme der französischen Friedensproposition hat ablegen lassen *) und hebt die
dem Reiche wohlgeneigte Stimmung des Kurfürsten hervor. Darauf betont er, dass
der Kurfürst von der Berechtigung der Klagen der Reichsstände gegen Frankreichs
Vorgehen überzeugt sei und sofort bereit wäre die Waffen zu ergreifen, wenn das
gesammte Reich sich mit Muth und Kraft zusammenthäte. Wann aber S. Ch. D.
alle Umstände , wie es in einer rechten Deliberation geschehen müsse,
etwas näher beleuchteten, so sehen sie mit nicht geringem Leidwesen,
dass die Gemüther im römischen Reich durch viel Interessen, Jaloosien,
Suspicionen und Mishelligkeiten, auch durch den nymwegischen Frieden
zertrennet, also dass weder eine einmüthige Zusammensetzung, noch eine
Beständigkeit in den consiliis zu hoffen. Und wäre am Tage, wie in
denen Reichsversammlungen zu keinen Resolutionen, wie es zumalen in
einem Kriege erfordert würde, zu gelangen sei und welcherge^talt ofter-
malen aus geringen Sachen grosse Uneinigkeiten entstehen. S. Ch. D.
betrübte sich von Herzen über einen so dissonanten Zustand des Vater-
landes, sähen es gerne besser, finden aber kein Mittel es sofort zu ändern.
Zudem so fehlete überall der nervus rerum gerendarum. Das ganze
Collegium der Herrn Churfürsten, welche vermöge der Fundamental-
gesotze des römischen Reichs Hauptsäulen und eines römischen Kaisers
innerste Räthe wären, riothen den Frieden. Wann S. Ch. D. die Augen
auf die Nachbarschaft wendeten, so sehen sie zwar wohl einige obhan-
dene AUianztractaten, wie wenig man aber sich auf AUiirte (zu) verlassen,
hätten die vorige Zeiten bezeiget. Bngelland wollte den Frieden und
hätte sich Frankreich von denen nichts zu besorgen; in den vereinigten
Provinzen riethen die mehresten den Frieden; weil auch die commercia
die Seel ihres Estats wären und dieselbe in einem Kriege grosse Hinder-
niss empfunden, so wäre daraus abzunehmen und hätte es die Erfahrung
sowohl zu Münster als Nymwegen gegeben, wieweit man sich in einem
Kriege auf dieselbe zu verlassen. Der König von Dänemark wünschte
und suchte den Frieden mit grosser Eifer; andre AUiirte würden vielleicht
mehr Assistenz an Gelde und sonsten bedürfen, als man von ihnen zu
>) Vergl. den Inhalt der Instruction bei Puf. 1. c. XVlll. 50; Droysen I.e. 736 f.;
Vergl. ürk. u. Act. 111. 648.
^ Der Hofkanzler Hocber wird so nach der im Jahre 1671 ihm geschenkten Herr-
schaft genannt.
') Dieses magdeburgische Votum bei Londorp IX. 360f.; Puf. I.e. XVllI. 53;
die österreiebiscbe Antwort XVIII. 54.
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Conferenz mit Crockow ober den Frieden mit Frankreich. 1045
gewarten. Die vorige Zeiten hätten gewiesen, wie fatal dem römischen
Reiche die auswärtige Hilfe wäre, hingegen hätten I. K. M. und das römi-
sche Reich bei einem Kriege schwere diversiones zu vermuthen; wie das
ungrische und türkische Wesen beschaffen, wäre genugsam bekannt. Der
Friede in Ungern würde sehr theuer zu erkaufen und schwerlich zu er-
halten sein und dennoch vielleicht ein Feur in der Asche übrig bleiben;
in summa alle die Inconvenienzen, welche die üble Successe des vorigen
Krieges verursachet, wären nicht allein annoch vorhanden, sondern noch
mehr gehäufet.
üahero S. Ch. D. nach reifer Ueberlegung der Sachen nicht anders
judiciren könnten, als dass bei einem neuen Kriege nicht allein alle die
mala, die einen Krieg begleiten pflegen, dem römischen Reich bevor-
stehen, besondern auch bei gegenwärtigem obberührten Zustande viel-
mehr Apparenz sei noch ein mehrers zu verlieren, als etwa das Ver-
lorne zu recuperiren. Weswegen dann S. Oh. D. der unmassgeblichen
MeinuDg sein und dero Gedanken P. K. M. in unterthänigster Treue dahin
gehorsamst eröffnen müssen, dass, bei solcher der Sachen Bewandtnus,
es dem römischen Reich viel rathsamer und zuträglicher sei, diesesmal
den Frieden dem Krieg vorzuziehen, als alles mit der Form Selbsten
auf die Spitze zu setzen und es dem ungewissen, ja, dem Ansehen
nach, höchstschädlichen Ausgang eines blutigen Krieges zu committiren.
Zu solchem Ende halten S. Ch. D. unmassgeblich vor rathsam und
nöthig, ersuchen auch I. K. M. gehorsamst, sie wollen dero kaiserliche
Sorgfalt dahin richten, damit
1. die Friedenstractaten auf alle Weise befördert;
2. die sich ereigende obstacula aus dem Wege geräumet. Zu
solchem Ende
3. die materialia durch das österreichische Directorium zu Regens-
burg in dem Fürstencollegio zur Umfrage gebracht und die Deputirte
zu Frankfurt mit gnugsamer Instruction versehen werden;
4. dass nicht durch frühzeitige Zusammeuführung der Völker oder
sonsten Anlass und Gelegenheit zu einiger Weiterung gegeben werde
und endlich
5. die von Frankreich proponirte conditiones, wiewohl man sie
gern besser wünschete, lieber angenommen, als ein so höchstgefährlicher
Krieg veranlasset werde.
Jedoch gehen S^ Ch. D. Gedanken nicht dahin, dass man sofort ohne
Handlung alles abandonqiren, besoqdern, dass man die Xractateq n)it
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1046 IX- Lamberg in Berlin, Anhalt in Wien. 1682 — 1684.
Ernst continuireD und alle Bemühung thun solle die französische Pro-
position zur Moderation zu bringen; dafern aber solches nicht zu erhalten,
so sei es dennoch besser, dasjenige was weg ist zurück zu lassen, als
mit höchster Gefahr noch ein mehrers zu verlieren den Krieg zu er-
wählen. Dabei müsse man nicht weniger auf die künftige Sicherheit
bedacht sein und derselben prospiciren
1. durch clara pacta, welche nicht einen so obscurun sensum und
ambiguam interpretationem mit sich führen, als die Münsterische und
Nym wegische;
2. durch eine gute Verfassung und perpetuum militem;
3. durch eine Garantie der vornehmsten Chur- und Fürsten des
Reichs, als Churbaiern, Chursachsen, Churbrandenburg, Churpfalz, Mainz,
Köln, Braunschweig-Lüneburg, Münster. S. Ch. D. wären bereit mit P. K.
M. zu solchem Ende ein Specialfoedus zu Defension des römischen Reichs
und der Erblande contra quoscunque einzugehen, darin die benachbarte
Potentaten auch könnten gezogen werden.
Man hoffete Frankreich würde den Frieden halten und die erworbene
Gloire und Avantage nicht wieder in Compromis setzen. Sollte über
alles bessers Hoffen Frankreich aufs neue einen Krieg anfangen, so
würden auch diejenige, welche jetzo zum Frieden rathen, wann sie sehen,
dass derselbe auf keine Weisiö zu erhalten stände, die Waffen ergreifen
und communem causam machen.
Und würde dienlich sein, dass in dem Frieden ein gewisser modus
componendi controversias, welche sich etwa künftig ereigen könnten,
verabredet würde,* damit man aus keiner Ursache zum Krieg kommen
dürfte. Indessen wäre nicht rathsam, dass man durch einen Krieg, in
welchem bei gegenwärtiger und obangeführter Beschaffenheit der Sachen
so gar wenig Apparenz zu einem guten Success vorhanden, sich in
diejenigen mala praecipitire, welche man ex longinquo befürchtete und
Frankreich einen Praetext gebe noch weiter zu gehen, sondern dass man
gegenwärtig aus obangeführten Ursachen den Frieden dem Kriege vor-
ziehe; zumaln da man zum Kriege nicht resolviren könnte, ehe und
bevor der Friede mit dem Türken gemachet, welches nicht anders als
mit Cedirung considerabeler Oerter zu höchstem Praejudiz und künftiger
Unsicherheit der Erblande geschehen könnte.
Man gebe zu bedenken, ob nicht der Krieg gegen den Türken cum
majore spe successus könnte geführet werden, weil die türkischen Fron-
tieren nicht wohl versehen und die Festungen in schlechtem Zustande,
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Conferenz mit Crockow bezüglich des Friedens mit Frankreich. 1047
der Hof uneins uod was zum Kriege gehöret bei weitem nicht sowohl
gefasset wäre, als io Frankreich. Bei einem Kriege wider Frankreich
würde die Christenheit sich partagiren und in 2 Haufen reiten; hingegen
wurde ein Türkenkrieg die Christenheit mehr vereinbaren und zusammen-
bringen; das Reich und benachbarte Potentaten würden I^ K. M. unter
die Arme greifen, S. Ch. D. würden auch nicht ermangeln das ihrige dabei
zu thun.
Schliesslich bittet Crockow im Namen des Karförsten um Satisfaction vom
Reich für den im letzten Kriege erlittenen Schaden und um Ordnung der
Ceremonialstreitigkeiten in einer die kurfürstliche Praeeminenz berücksichtigen-
den Weise*).
Die kaiserlichen Käthe nehmen diese Erklärungen ad referendum; sie für
sich erklären, dass auch sie der Meinung seien, der Friede sei besser als der
Krieg, nur müsste man einen Frieden zu erhalten suchen, der eine Sicherheit
gegen weitere Ausschreitungen biete. Dass Frankreich sich an Friedensbe-
stimmungen nicht halte, habe sich gezeigt; seine Ansprüche durch die Rennions-
kammem boten den Beweis dafür, dass es dem Konige von Frankreich niemals
an Praetexten fehlen werde ungerechte Forderungen zu stellen. In keinem
Falle aber sei der vom Kurfürsten vorgeschlagene Weg des Geständnisses der
eigenen Schwäche der richtige, um sich vor Frankreichs Forderungen zu sichern,
sondern da man Frankreich zu bessern Conditionen sowohl als zur
Sicherheit des Friedens bewegen wollte, würde nichts kräftiger und er-
spriesslicher sein, als wann das Reich, absonderlich aber der Churfürst
zu Brandenburg, mit E^ K. M. mit Rath und That fest zusammenhalten
and untereinst vornehmlich auch dahin sehen thäten, dass der Krieg auch
also gestillet werde, damit wann er etwa in Deutschland cessirt, nicht
in Italien oder sonsten, wo E. K. M. und das Reich stillsitzend nicht
bürden zusehen können, transferirt und nur mutatio loci daraus werde.
Die Erklärung des Kaisers auf Crockows Eröffnungen liegt nicht vor; am
26. October fertigt der Kaiser das Recreditif für Crockow aus^).
Votum vom 4. September 1682 auf Lambergs Relationen vom
20. Juli bis 19. August 1682. (Conc.)
[Spanisch-brandenburgiscbe Differenz betreffend.]
Die Rathe halten dafür, dass das Hauptnegotium, nemlich des Kurfürsten 4. Sept.
Einigung mit Spanien, zugleich important und delicat ist. Important, weil
^) Für diese Frage vergl. die zahlreichen Acten bei Londorp 1. c. XL; eine
brandenburgische Vorstellung speciell 1. c. XI. 484 f.
') Für die Verhandlungen Crockows in Wien Puf. 1. c. XVUI. 60 ff.; D^oy8e^
1. c. 737 ff.
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1048 IX. Lamberg in Berlin, Anhalt in Wien. 1682—1684.
Brandenburgs Stellung von der Entscheidung in dieser Frage abhängt, delicat
aber auch in deme, da der Tractat ganz auf E. K. M. fallen will, dieselbe
aber noch nicht gesichert sein, ob und wie weit es der Krön Spanien
darmit Ernst seie, auch wie weit sie sich mit derselben Approbation in
die Sach einlassen möchten und ob die Krön sich deme in specie bequemen
werde, was der Fürst von Anhalt vorgeschlagen hat; item, wie sie her-
nacher mit dem vergleichenden quanto und Terminen also zuhalten werde,
dass nicht etwa die Säumnus und Abgänge an E. K. M. möchten gesucht
werden sollen, massen die churfiirstlicherseits suchende cautiones klar
gnug dahin coUimiren ; da im übrigen, wann nur der Churfurst dardurch
wieder herbeigebracht werden könnte, die gehorsamste Deputirte den an-
haltischen Vorschlag*) also beschaffen befinden, dass er von Spanien so
wenig als von E'. K. M. zu verwerfen wäre, wie dann zuvorderst auch
ermeltem Fürsten die Erkanntnus und Estime, die E. K. M. ob dieser
seiner so treu und eifrigen Beiwirkung trügen, durch den Grafen von
Lamberg zu bezeigen wäre. Wie aber sich anbei nicht weniger E. K. M.
als die gehorsamste Deputirte erinnern werden^ unter was vor Bedenken
und Praecaution sie gleich von Anfangs die partes formalis mediatoris
hierunter zu decliniren sich vorgenommen haben, bis sie vorhin etwas
nähers beede Parteien würden sondirt haben, ob beederseits dergleichen
Gedanken und propositiones vorhanden, die durch eine Mediation frucht-
barlich zusammengebracht und erhebt werden möchten; jetzo aber es
an deme ist, dass die Krön Spanien sein oifertum per Pausch gethan,
der Churfurst auch per Pausch tractiren zu lassen erbietig ist, da er
doch sonsten per calculum sowohl die alte als neue Subsidienrestanten
auf viel Millionen würde gezogen haben und jetzt per Pausch sich mit
7 oder 800 000 Reichsthalem will befriedigen lassen und was dergleichen
mehr ist, so zu Erhebung des Werks abzuzielen scheinet; also stehet es
nun ferner zu E'. K. M., inwieweit sie sich ferner in das Werk interpo-
nendo möchten einzulassen haben; da dann annoch das sicherste sein
und das filum negotii auch ein anders noch zur Zeit nicht wohl leiden
wird, als dass dem spanischen Botschafter allhier'), wie auch nacher
Spanien gehenden kaiserlichen Botschafter') aus dem Werk dergestalt
communicirt werde, wie es ermelter Fürst von Anhalt sammt dem Grafen
von Lamberg vor gut befunden haben, mit beigefügter Remonstration
») Vergl. p. 1042 Anm. 1.
^ Bur^omanero.
') Mannsfeld.
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Spanisch-brandenb. Conflict. Fried. Wilh. Reise nach Regensburg. 1049
obangefShrter sowohl Con- als iDconvenienzen, so dem gesamraten Erz-
baas aus dem Vergleich oder Zerschlagung dieses Werks entstehen
können . . . und benebenst auch, wie gleichwohl die 7 oder 800 000 Reichs-
thaler, so der Churfurst per Pausch annehmen will, ein leidentliches
gegen deme sei, was der Churfurst aufrechnen könnte; alles zu
dem End, damit sich die Krön Spanien darüber resolvire und gefasst
mache, demnechsten aber auch eine Vollmacht cum facultate substitu-
endi ihrem Botschafter allhier übermache, damit derselbe sofort den
Grafen von Lamberg oder jemand andern an den churbrandenburgischen
Hof bestellen oder substituiren könne.
Von alledem ist dem Lamberg Mittheil ung zn machen, mit dem Befehle
den Enrförsten bei guter Hoffnung zu erhalten, zugleich aber die Hauptsumme
sowohl als die Zahlungstermine möglichst günstig zu gestalten, dabei aber
sich auch sorgfaltigst zu hüten und vorzusehen, damit E. K. M. in proprio zu
einiger Praestation, Caution oder sonst auf einige Weis nicht impegnirt
oder obligirt würden, woraus der Churfurst sich an E. E. M. zu halten
möchte Anlass nehmen können.
Berathen den 4. September 1682; praesentibus : Schwarzenberg, Hocher,
Königsegg, Bewer und Koch.
Die entsprechende Weisung an Lamberg ist dat. 10. Sept. 1682.
Lamberg an den Kaiser. Dat Berlin 18. Dec. 1682. (Or.)
[Unwahrscbeinlichkeit des persönlichen Erscheinens Friedrich Wilhelms in Regensburg.
Dessen Furcht vor den Türken. Mittheilungen Anhalts und des Korprinzen ober
Frankreichs Verbalten zu Brandenburg. Vorschläge Anhalts und des Kurprinzen über
die zur Gewinnung des Kurfürsten einzuschlagenden Wege. Schreiben Anhalts an den
Kaiser. Ansicht Lambergs und Amerongens über den Kurfürsten. Ostfriesische An-
gelegenheit Anhalt weigert sich als Vertreter Friedrich Wilhelms nach Regensburg
zu gehen.]
Der Kurfürst von Brandenburg erklärt, mit Rücksicht auf seinen leidenden 18. Dec.
Zustand nicht sagen za können, ob er personlich nach Regensbnrg werde
kommen können. Sie zeigten nicht geringe Bestürzung über die an-
dringende grosse Törkengefahr, auf ihrer Meinung bestehend, dass das
Reich mit 2 so mächtigen Potenzen als Frankreich und dem Türken
den Krieg unmöglich zugleich führen könnte '). Von Anhalt und dem Kur-
prinzen erfährt Lamberg, dass nicht allein der Herr Churfurst, sondern
auch die Frau Churfürstin wegen des französischen Verfahrens mit
^) Vergl. Puf. 1. c. XVllI. 80.
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1050 IX. Lamberg in Berlin, Anhalt in Wien. 1682 — 1684.
Oranien, sich gegen selbige Krön sehr öberworfen befanden, der geheime
Rath Fuchs gegen den Meinders, so ihm allzubass tractiren will, gänz-
lich zerfallen und nun das rechte tempo wäre den H°. Churfursten voo
der französischen Partei völlig ab- und auf E'. K.M. Seite zu bringen*).
Die beiden Männer, Anhalt and der Kurprinz, halten dafür, dass das beste
Mittel dazu sein würde, dass der Kaiser auf die spanischen Subsidienfordemngen
einen Vorschuss von 300 000 Thaler gäbe^). Sie wollten beider Seiten ver-
sichern, dass solchergestalt alles nach E'. K. M. Intention eingerichtet
und nichtes als mit Erfüllung der Conditionen zu praestiren sein sollte,
wobei dann auch erwähnte spanische Streitsach auf einmal aus dem
Weg gehoben werden könnte, der H'. Churfürst fürohin zu E^K.M. eine be-
ständige Obligation tragen und sich im übrigen von Spanien mit 200000
Thaler an Salz für all seine praetensiones befriedigen lassen wollte. Zu
welchem Accomodament auch der Fuchs den Fürsten versichert alle
zuträgliche officia seines Orts mit einzuwenden, auch dass die Frau
Churfürstin selbst solchen Vortrag, wann nur Geld fürhanden, mit beiden
Armen umfassen würde. Da all dieses dem Gesandten sehr erwünscht, aber
auch unverhofft erschien, Hess er sich vom Fürsten von Anhalt in Gegenwart
des Kurprinzen ein Schreiben an den Kaiser versprechen, das der Fürst auch
verfasste*). Lamburg glaubt nicht, dass Anhalt das Schreiben an den Kaiser
gerichtet hätte, wenn der Kurfürst nicht einverstanden wäre. Auch Amerongen
glaubt, dass der Kurfürst die Schwenkung zum Kaiser vollziehen werde, wenn
ihm von Spanien Satisfaction gegeben wird.
Bezüglich Gretsils hat der H^. Churfürst sich motu proprio verlauten
lassen und gegen mich entschuldigt, dass die Schickung der Völker auf
anfangliches Verlangen der Fürstin, nachmals aber auch zu Behuf der
Stand und Beibehaltung derer Privilegien beschehen sei; er intendirte
aber darunter nichts, als dass zwischen beiden Theilen der Vergleich
ie eher, ie besser erfolgen möchte ^), zu E^ E. M. Belieben setzend, einige
') Vergl. Klopp 1. c. II. 376; Ludwig hatte das Erbe des Printen Ton Oranien,
das Furstenthum Oranien, besetzt, die Mauern von Orange niederreissen lassen.
*) Vergl. Klopp Onno, Das Türkenjahr 1683, p. 264.
^ Das Schreiben Anhalts (Aut) lautet: Weil meine alleninterthänigste treuste
devotion gegen E. K. M. mich verbindet keine gelegenheit vorbeystreichen zu lassen,
wodurch zuforderst zu E^ K. M. undt dan auch dem gemeinen wesen zum besten
einiger nutzen undt vortheil zu hoffen undt zu gewartten stehet, so habe ich t>ey des
H". graffen von Lamberg itzigen anwesenheit am Churbrandischen Hoff ihme meine
unvorgreiffliche gedancken in höchster confidentz eröfnen wollen, nicht zweifelnde, es
werde obbemelter H^. graff E''. K. M. allerunterthänigsten undt getreusten raport da-
von abstatten. Potsdam 7./I7. Dec. 1682.
*) Vertrag vom 8./18. Nov. 1682 bei Mömer 1. c. 436 ff.; Puf. I.e. XVIII. 31.
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Franzosisch-brandenb. Beziehungen. Ostfriesland. 1051
von dero in OstfrieslaDd habendeD Mannschaft zu der seinigen zu verfiigea;
sobald auch ermelter Vergleich erfolgt sein wurde, stunde er bereit seine
beide Compagnien auf kaiserl. alllergnädigsten Befehl wider abzufordern.
Ich habe aber in diesem negotio unter der Hand erfahren, dass der Herr
Churfürst in geheim berichtet gewesen, ob hätte das Haus Braunschweig
einen Anschlag auf die Stadt Embden gehabt, um die ostfriesische
Stand nochmal zu Unterhalt seiner Völker desto leichter geniessen zu
können und weiss ich fast nicht, ob mit ermeltem Haus, soviel ich von
dessen ministris zu Dresden und hier abnehmen können, die Sach so
gar leer sei, denn beide eiferen sich über sothane impresa in Namen
ihrer Principalen aufs heftigste und hat der hiesige dem H". Churfürsten
von beiden Herzogen zu Celle und Hannover als tutoribus um Abrufung
der Völker ein Schreiben behändigt ^).
Lamberg fand den Fürsten von Anhalt, als er ihn fragte, ob er, falls der
Kurfürst verhindert wäre, nach Regensburg an dessen statt sich begeben wolle,
nicht geneigt, das zu thun.
Lamberg an den Kaiser. Dat. Berlin 26. Dec. 1682. (Or.)
[Reise des Kurfürsten nach Regensburg betreffend.]
Die Gegenpartei sucht die Reise des Kurfürsten nach Regensburg zu hinter- 26. Dec.
treiben, Lamberg suchte deren Plähne zu durchkreuzen ; allein ohne Efolg. Er
übersendet des Kurfürten Antwort an den Kaiser"'^). Der Kurprinz, Anhalt und
Fuchs bleiben dabei, dass jetzt die günstigste Gelegenheit sei den Kurfürsten
ganz zu gewinnen^.
') Vergt. Klopp, Gesch. Ostfrieslands 405; ürk. u. Act. III. 660; Wiarda VI. 178;
Stuhr 1. c. 50ff.
^ Der Kurfürst schreibt am 8./I8. Dec. Potsdam. Er wäre gerne nach Regensburg
gekommen, kann aber nicht; bedauert den Ansturm der Türken und empfiehlt drin-
gend Frieden mit Frankreich.
») In einer Weisung vom 7. Jan. 1683 erhält Lamberg, der unterdes Berlin-
schon verlassen hatte, Befehl, in Berlin, sobald er dahin zurückkehre, auszuforschen,
ob der Kurfürst, falls Leopold ihm 300000 Thaler vorschiesse, sich mit Spanien
allein, oder mit dem ganzen Erzhause einigen wolle. Nur im letzteren Falle ist der
Kaiser zu solchen Zugeständnissen bereit; vergl. Klopp, Das Türkenjahr 1693 p. 264.
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1052 IX. Lamberg in Berlin, Anhalt in Wien. 1682—1684.
Mission Schwerins in Wien.
Memorial Schwerins an den Kaiser. Dat. Wien 1. März 1683.
(Or.)')
[Rechtfertigung der kurfürstlichen Politik. Noth wendigkeit des Friedens. Rathschläge
Friedrich Wilhelms. Ceremonialfragen und Satisfactionsansprüche. Schlesische An-
sprüche.] y
1. März. Schwerin hat dem Kaiser in der Audienz die Lage der Dinge auseinander-
gesetzt und der Kaiser es für gut befunden mit ihm berathen zu lassen. Da
aber die Erkrankung der kaiserlichen Minister diese Berathungen verhindert
habe, die Noth aber eine rasche Erledigung erfordere, sieht sich Schwerin ge-
nöthigt dem Kaiser schriftlich das Begehren des Kurfürsten vorzuhalten*).
Der Kurfürst, beginnt Schwerin, hat seit mehr als 40 Jahren trotz allem
Wechsel der Verhältnisse nichts anderes im Auge gehabt als das Interesse des
Reiches und nichts mehr gewünscht, als neben der Befestigung der Herrschaft
des Kaisers dem Reiche Ruhe und Sicherheit zu verschaffen; insbesondere der
letzte Krieg zeuge für die Richtigkeit dieser Behauptung. Gleichmässigen
Zweck zu erhalten, rathen und befördern S. Ch. D. jetzt den Frieden
und vermeinen nicht, dass die diversitas mediorum ad eundem finem
conducentium einiger anderen Veränderung, als der Conjuncturen, nach
welchen alleine die consilia einzurichten und die actiones zu dirigiren
seind, werde zugeschrieben werden können. Welchergestalt aber die
jetzige Coniuncturen beschaffen, in was vor einer ungemeiner und ge-
fährlichen crysi sich das liebe Vaterland befinde, solches, wie es leider
genugsam am Tage^ sollte man billig mehr gedenken als exprimiren,
damit den Widersacheren die Gelegenheit sich unser Unglück zu Vortheil
zu machen nicht suppeditiret werden möchte.
Alleine weilen kein beständiges consilium zu formiren, wo genuina
rerum facies verholet wird, so halten S. Ch. D. als ein alter, erfahrener,
höchsterleuchteter und getreuer Rathgeber davor, dass es jetzt nicht Zeit
sei zu flattiren, weniger die consilia auf dasienige, so mehr dem Ver-
langen als der Mügligkeit gemäss, zu richten, sondern weilen ein guter
Rathgeber allezeit für den bösen, nie aber für den guten Ausschlag seines
gegebenen Rathes zu stehen schuldig, indem jenes von unser Vorsichtig-
keit dependiret, dieses aber dem Glück und Veränderung des Ausschlages
der Sachen unterworfen ist; so lasset S'. Ch. D. die unterthänigste Devotion
Das Credenzschreiben für Schwerin ist datirt Colin a. d. Sp. 10. Jan. 1683.
^ Für den Aufenthalt Schwerins in Wien yergleicbe die Auszöge aus den Be-
richten Otto's von Schwerin bei Oriich 1. c. 11. 493ff.; Puf. I.e. XVUI. 82ff.; Droysen
I.e. 744 ff.
Digitized by VjOOQ IC
Memorial Schwerins. 1053
und UDgefarbete Liebe und Treue, so sie gegen E. K. M. und das liebe
Vaterland tragen, nicht zu, unter einigem Schein, Hoffnung oder Vor-
wand zu verhelen, dass je mehr sie praesentem rerum statum betrachten,
je fleissiger sie dasienige so zu hoflfen gegen deme so zu befürchten gegen
einander auf die Wageschaal legen, je. genauer sie unsere Macht und
Verfassung gegen die feindliche Anstalt überlegen, sie die Verhängnus
einer sonderbaren Fatalität besorgen müssen.
Dann wanner hat das liebe Vaterland nach ausgestandenem Kriege
und Unruhe so wenig Zeit gehabt sich zu erholen, die verlorne Mann-
schaft zu ersetzen und das verhehrete Land wieder zu cultiviren als
jetzt? Wanner hat die Pracht und der Uebermuth das Vaterland mehrers
Geldes entblösset und es eben denen zukommen lassen, welche sich
dessen wider uns bedienen?
Wanner ist die Werbung, der commeatus et transitus durch an-
steckende Seuchen so gehemmet und gesperrt gewesen, als jetzt?
Wanner ist eine schlechtere Harmonie im heiligem römischem Reiche
als jetzt gewesen, da die heilsamste consultationes wegen schädliche und
ungegründete Eingriffe in der Observanz und Gerechtsame derer, denen a
tempore immemoriali per sanctissimas constitutiones et per capitulationes
eine Praeeminenz gebühret, verzögert und fruchtlos gemachet worden?
Wanner seind die auswärtige Potentien, auf deren Beispringung man
sich des gemeinen Interesse halber einige Rechnung machen könnte, in
schlechterer Verfassung gewesen, als jetzt, da bei einigen diversi respectus
seind, bei anderen aber eben diejenige Motiven, deren man sich zu
Colorirung der jüngesten schädlichen Trennung und Abandonnirung be-
dienet, annoch subsistiren?
Wanner seind die Allianzen selbst, so bis dato zu Defendirung des
gesammten Reiches gemachet worden, nachdenklicher und von weiterem
Aussehen als jetzt gewesen; da einige derselben wohl ehe einen Krieg
in septentrione als den Frieden in Oriente et occidente beförderen möchten,
zumaln da man sich derselben bereits in der zwischem dem Könige
in Dänemark und Herzogen von Gottorp entstandener Irrung zu bedienen
und darauf zu provociren keine Scheu traget^); andere aber, als die so-
genannte Waldeckische Allianz') wegen des in derselben befindlichen
Ueber die Differenzen des Königs von Dänemark mit dem Herzoge von Uol-
stein-Gottorp vergl. Allen, Gesch. Dänemarks. IL 118 ff.
') Gemeint ist das Laxenburger Bündnis vom 10. Juni 1682; vergl. Du Mont
VH.j 22 ff.; für den hervorragenden Antheil Waldecks an dem Zustandekommen des-
selben, Müller I.e. I. 81 ff. und Waldecks interessante Berichte 1. 153 ff.
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1054 IX. Lamberg in Berlin, Anhalt in Wien. 1682 — 1684.
nie erhöreten modi et scopi allerhand Bedenken verursachet; also dass
S. Ch. D., welche die Notdurft desfalls hiebevoren bereits vorstellen
lassen*), sich um so viel mehr gemössiget finden selbiger zu contradi-
ciren, als durch neulich publicirte Apologie gedachter Allianz') nicht
alleine die Sache selbst fernerhin iustificiret, sondern gar S. Ch. D. un-
bedachtsamer uud freventlicher Weise eines Manquements von Respect
und Devotion gegen E. K. M. und nöthigen Eifers für das gemeine Beste
beschuldiget werden wollen: weshalb man sich gegen den Concipienten,
welcher vielleicht so unbekannt nicht ist, quaevis competentia reserviret.
Wanner ist das römische Reich von dem Erbfeinde des christlicheo
Namen angegriffen worden, dass nicht das Königreich Ungarn cum
comrauni fide in Christum salvatorem auch communem causam defendiret,
als jetzt, da es leider libertatem fidei christianae apud infideles zu
suchen und fidelibus sich zu entziehen gemüssiget wird?
Wanner ist die Krön Frankreich näher und in besserer Verfassung
gewesen durch Praevenirung einer annoch in weitem Felde stehender
Opposition sich des ganzen Rheinstromes ohne Mühe und Opposition zu
bemächtigen und also wohl gar eine dissolutionem status publici in im-
perio zu verursachen als jetzt?
Wanner hat endlich das heilige römische Reich zugleich ab Oriente
et ab occidente blos stechen und so zu sagen um den Rest spielen
müssen, als jetzt, da des ganzen heiligen römischen Reiches Wohlfahrt
an einer einzigen unglücklichen Action, als an einem seidenem Faden
henket ? Aus all diesen Granden bleibt der Kurfürst bei seinem Rathe, nem-
lich bei entstehender genügsamer Macht zur Resistenz, die Rettung des
Vaterlandes in der Prudenz zu suchen und der sowohl S'. Ch. D. als dem
ganzen römischen Reiche obschwebender gefährlicher Verhängnus durch
Acceptirung eines angebotenen Friedens vorzubeugen.
Der Kurfürst gibt zu, dass der Friede — durch den Strassburg an Frank-
reich fallen soll — unangenehm ist; aber es sei eben die Frage, ob dieses
Opfer nicht besser ist, als nach verlorenem Kriege ein noch grösseres bringen
müssen ?
Der Kurfürst hält daher dafür: Dass es jetzt wohl nicht darauf ankom-
men dürfte, ob das römische Reich ohne demienigen, so die Krön Frank-
reichs praetendiret, subsistiren könne oder nicht; sondern alleine, ob
futurae securitati und dass es nach so vielfältigen Frieden, bei welchen dem
') „Cburbrandenburgiscbe Declaration über die Laxenburgische Allianz^. Du
Mont 1. c. 24f.; Londorp 1. c. XJ. 432f.
^ Vergl. Droysen 1. c. 743 Anm.; Orlich I.e. II. 499; Möller I. c. 86 f.
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Memorial Schwerins. 1055
römischen Reiche alle Zeit etwas abgangen, endlich bei diesem verbleiben
iwerde, genugsam versehen werden könne; zumalen da es scheinet, ob
besorge man ein anderwärtiges nicht weniger praeiudicirliches Feuer,
wann dieses gleich gelöschet werden sollte.
Alleine, wann man gleich nicht alle Zeit das beste hoffen, noch fidem
poblicam sowohl in pace sancte habenda, als foederibus stricte servandis
admittiren müsste, sintemal auf allem Falle sowohl die foedera als trac-
latus pacis ihre Anstösse gelitten; wie hat man jemalen bessere Hoff-
nung zu etwas deutliches und bestandiges haben können als jetzt, da
a parte des Königes in Frankreich de intentione et consensu alles bändig
und indisputirlich einzurichten mit so klaren Worten Versicherung ge-
geben worden; von Seiten des gesammten römischen Reiches deutscher
Nation aber nicht zu praesumiren, dass bei einer so allgemeinen Ver-
sammlung der gesammten Reichsstande non plus videant oculi quam
oculus; darum weil dasienige, so bei dem nymwegischen Frieden der
Eilfertigkeit und Separation halber nicht attendiret und dem Könige
in Frankreich durch den undeutlichen Sinn zur eigengefalliger Auslegung
Anlass gegeben, jetzt, mit Zuziehung des gesammten Reiches, dergestalt
enodiret, cancelliret und deutlich verfasset werden kann, dass auch ne
quidem umbra dubii übrig bleibe;
weilen den obhandenen Tractaten mit inseriret worden kann und
muss, dass bei entstehender Misverstandnis und unverhoffeter ungleicher
Auslegung, gleichwohl von keinem Theile alsobald zur Thätligkeit ge-
schritten, sondern nach einem gewissen und utrinque placidirtem modo
conoponendi dissidia verfahren werden solle, darrait das römische Reich
sich hiernächst so leichtlich keines unvermutheten Ueberfalles zu befahren
haben möge;
weilen zugleich auch Versehung geschehen kann und muss, in was
vor Verfassung und steter Bereitschaft einiger nöthiger Mannschaft das
römische Reich sich, auch gegen unvermuthete Gefahr, halten und linden
lassen wollte;
weiln die Allianzen, so E. K. M. mit der Krön Schweden ^ 9 dem
Churfürsten von Baiern*) und dem fürstlichen Hause Braunschweig') ge-
machet und alle in ordine ad pacem eingerichtet sein sollen, nicht alleine
1) Vertrag vom 12. Oct. 1682, Du Mont 1. c. VII., 37 ff.
*) Defensitbündnis vom 26. Jan. 1683; Da Mont I.e. VIL* 54 f.
*) Bändais zwischen Oesterreicb und Braunscbweig vom 24. Jan. 1683; Du Mont
l.c VII., 51 ff.
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1056 IX. Lamberg in Berlin, Anhalt in Wien. 1682—1684.
ihren Zweck erreichen und ihre Kraft behalten, sondern auch wohl eine
Accession anderer fremden Potentien, denen mit der Stabilirung eines
beständigen Friedens im römischen Reiche nicht wenig gedienet, be-
kommen können ;
weil das ganze römische Reich sich nicht entziehen kann noch
wird diesen unanimiter und geschlossenen Frieden zu garantiren und
ob dessen strictissimam observantiam beständig zu halten;
weil S. Ch. D. überdem auch erbötig, ja ganz willig und bereit seind,
wann einmal ein beständiger, richtiger und deutlicher Friede mit der
Eron Frankreich gemachet, ob dessen Garantie und Festhaltung sowohl
mit E'. K. M. selbst, als mit allen anderen so darbei einigermassen in-
teressirt seind, sich aufs allergenaueste und beständigste zu verbinden,
auch solche Mesuren zu nehmen, damit man vermittelst göttlicher Hülfe
von der Seiten weiter nichts widriges sich zu versehen haben, sondern
auf allem Falle denen, so den Frieden brechen wollten, gebührend zu
begegnen Mittel finden möge;
ja, weiln E. K. M. und das ganze römische Reich auf solche Art
freie Hände bekommen mit gesammter Hand und allen Kräften denen
gefährlichen und blutdürstigen Desseinen des Türken entgegen zu gehen,
S. Ch. D. auch alsdann in Staat und Vermögen werden gesetzet werden
E. K. M. wider den Erbfeind mit einer erklecklichen Hülfe gehorsamst
unter die Arme zu greifen.
Der Kurfürst hofft daher, dass der Kaiser aas alF diesen Gründen nicht
verabsäumen wird den Frieden zu schliessen und sich nicht durch Rücksichten
auf auswärtige Mächte davon wird abbringen lassen.
Angesehen es nur ein vorgefasster Wahn, dass der König in Frank-
reich nach geschlossenem Frieden mit dem römischen Reiche seine Macht
gegen Flandern, Italien oder die Schweiz wenden und durch Vergewalti-
gung selbiger Potentien endlich auch das römische Reich subjugiren
werde; sintemal der König in Frankreich überalle sinceriren lasset,
dass nicht dieses, sonderen die Beruhigung der ganzen Christenheit sein
Absehen sei.
Ferner bittet der Kurfürst um Ordnung der Ceremonialstreitigkeiteu in einer
der Praeeminenz der Kurfürsten entsprechenden Weise und um Zuweisung der
vom Kurfürsten so oft begehrten Satisfaction vom Reiche für die im letzten
Kriege erlittenen Schäden.
Endlich kann auch S'. Ch.D., meines Herrn, rechtmässige Anforderung
auf das Herzogthum Jägerndorf, wie auch auf die vor einigen Jahren
eröflfneten Fürstenthümer, Brieg, Liegnitz und Wohlau nicht unbekannt
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Memorial Schwerins. Anhalts Mittheilungen. 1057
sein. Ob nun zwar S. Ch. D. auch dieses gerne abgethan und zur Richtig-
keit gebracht sehen, so wollen sie gleichwohl der jetzigen gefahrlichen
und andere Sorgen erfordernder Coniuncturen halber E*^. K. M. vor dieses-
mal darmit nicht beschwerlich fallen; leben gleichwohl der zuversicht-
lichen Hoffnung, dass sobald die Zeiten sich etwas werden gebessert
haben, E. K. M. S^ Ch. D. auch dieserwegen dermaleins Recht und billig-
massige Satisfaction zu geben sich gnädigst nicht entziehen werden.
Der Bescheid für Schwerin d. d. Wien 18. März 1683 ist gedruckt bei Lon-
dorp 1. c. XI. 578 E; Auszug bei Puf. 1. c. XVIII. 86.
Fürst Johann Georg von Anhalt au Lamberg.
Dat. 4. April 1683. (Copie).
[Notb wendigkeit der Wahrung des Geheimnisses bezuglich der im Interesse des Aus-
gleiches des spanisch-brandenburgischen Conflictes gepflogenen Verhandlungen. Rath-
schläge Anhalts. Haltung Sachsens.]
E'. Excellenz werthes Handschreiben vom 11./21. Marti *) habe ich 4. April.
wohl erhalten ; was dessen Inhalt aber mir vor Verwunderung verursachet,
können E. Excellejiz ohnschwer abnehmen; meine Widerungen und re-
monstrationes werden unnöthig und überflüssig sein, weil ich nichts
sagen kann, als dasienige, was E'. Excellenz von mir allbereit ist in
Vertrauen eröflfnet worden und sie nicht wird entfallen sein. Dann E'. Exe.
ist ja sowohl als mir wissend und bekannt, dass das bewusste arcanum
hat ein arcanum bleiben müssen, bis dass es seine Maturität erreichet
habe und warum ärgert man sich am kaiserlichen Hof, dass der Schwerin
(es seie unbesonnener Weise oder durch des Churfürsten von Brandenburg
Anstiftung) sich also vernehmen lassen? E. Exe. wissen ja wohl, dass
man Bedenken haben muss das arcanum denen bekannt zu machen,
oder in ihren Instructionen etwas zu verändern, wodurch das arcanum
kein arcanum geblieben wäre. Dann was Meinders weiss, das weiss der
französische Abgesandte Rebenac, was der Jena zu Regensburg weiss,
das ^eiss der Verjus, Schwerin, Sebbeville') etc. und was derCrockow
^) Liegt nicht vor. Aus dem Inhalte des vorliegenden Schreibens kann geschlossen
werden, dass Lamberg sich dem Fürsten von Anhalt gegenüber darüber beklagt hatte,
dass die Vertreter des Kurfürsten in Wien der in den letzten Zeiten eingeschlagenen
Wege zum Ausgleiche der brandenburg-spanischen Differenzen keine Erwähnung
geth&n.
*) Sebbeville, französischer Gesandter in Wien ; vergl. Puf. L c. XVIIL 85 ; Re-
cueil des Instructions I. 80 ff.
M«t«r. z. Gesch. d. G. Karfursten. XIV. 2. 67
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1058 IX. Lamberg in Berlin, Anhalt in Wien. 1682—1684.
weiss der Yitry; aber daran hätte man sich nicht kehren sollen'); dann
alles kommt allein darauf an, dass wann E. Exe. zu rechter Zeit zu
Berlin mit Wechselbriefen hätten erscheinen können und der Churfurst von
Brandenburg solche angenommen, so würde sich alles übrige von selbsteQ
gefunden, auch ein und andere verlangende gegenpraestationes von
Selbsten die Hand geboten haben und hätten ja E. Excellenz nicht von
Nöthen gehabt einen Heller auszuzahlen, bis die vom Churfürsten von
Brandenburg verlangende conditiones wären eingangen worden '). Aber
E. Exe. wollen mir verzeihen, ich remarque assez, que ce n'est pas
la oü le souiler blosse und muss alles dahin gestellet sein lassen. Es
thut aber mir in der Seelen wehe, dass dem König in Frankreich,
dessen ministris, Meinders und anderen ihres gleichen alles zum besten
ausschlagen muss, und eine so unvermuthe Verweilung am kaiserlichen
Hof sich in's Mittel geleget. Zum wenigsten hat es der Churprinz zu
Brandenburg und ich mit P. K. M. wohl und aufrichtig gemeinet; wann
aber der Himmel oder andere klügere collegia nicht wollen, allors, comme
allors, Geduld; auf diese Weise wird mein und E^ Exe. Credit, Offertea
und Promessen auf eine grausame Bankerotte ablaufen und wird E. Exe.
wohl thun, um keine finstere Gesichter und spöttische Augen zu ersehen,
zu Wien zu verbleiben. Nur dieses will ich in Vertrauen erinderet
haben: Prenez bien garde, que vous ne perdiez pas aussi l'Electeur de
Saxe. Ich habe mit Chursachsen zu Düben sehr öffentliche vertreuliche
Unterredung gehalten und überaus grosse Gnaden und Civilität empfangen
und hat der Churfurst mich aus seiner grossen zu mir tragenden Confi-
denz wegen unterschiedlichen importanten Sachen zu Rathe gezogen.
Ich vermeine P. K. M. hierinnen keine Uudienst gethan zu haben. Mein
Gott, wie viel gutes könnte doch in diesen bösen Zeiten dennoch ge-
stiftet werden, wann guter Rath wollte gefolgt werden.
Votum vom 22. April 1683. (Conc.)
[Spaniscb-brandenburgische Differenz. Verbandlungen Fuen-Mayors und Grana's.
Einwirkung des Prinzen von Oranien. Entschliessung des Madrider Hofes. Beratbung
der kaiserlichen Räthe und Lambergs darüber. Ihre Entscheidung. Instruction für
Lamberg. Vornahme der Verhandlungen. Bedingungen Spaniens. Nothwendigkeit
den Kurfürsten für die Sache des Kaisers zu gewinnen.]
22. April. Der aus Spanien zurückgekommene Courier, auf welchen E^ K. M.
Abgesandter Graf von Lamberg wegen seiner mit Churbrandenburg zu
') Vergl. Klopp, Das Jahr 1G83, 264.
2) Anhalts Vorschlag gieng dahin, Laraberg solle 2 Wechsel nach Berlin bringen,
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Spaniscb-brandenburgiscbe Differenzen. 1059
dessen HerbeibringuDg veranlassten Negociation bis anhero gewartet, bat
von Madrid in substantia so viel zurückgebracht, dass wie jetzt gedachter
Charfurst nicht weniger dergleichen Adjustamentstractat, sowohl mit
denen Generalstaaten, als mit der Krön Spanien, durch den holländischen
ministrum, den von Amerongen, auch im Haag habe anspinnen lassen;
80 habe von dort aus der spanische Minister Don Balthasar de Fuen-
Mayor^) dem Marches de Grana*) referirt, es hätte gedachter Graf von
Lamberg dorthin geschrieben, als wann das ganze Werk sich mit
200 000 scndos de contado würde adjustiren lassen, da doch der Chur-
fürst auch von denen Generalstaaten andere 200000 scudos und noch
darüber an die Krön Spanien andere 300000 scudos an Salz und also
zusammen 700000 Reichsthaler begehre... Der Prinz von Oranien
habe nicht weniger diesen Tractat bei dem Marches de Grana sehr emsig,
und dass er aufs kürziste geschlossen wurde, nachtreiben lassen, deme
der de Grana aber durch ermelten Fuen-Mayor hinwider habe antworten
lassen, dass er zwar die Sach approbirte, wie aber E. K. M. die Hand
schon sowohl in dieser als vorhin schon in der Vergleichungssach zwischen
Spanien und Brandenburg hätten, könnte er Marches de Grana sich nicht
wohl darbei weiters einlassen, als etwa ein Project zu formiren, in
virelchem gegen Zurücklieferung des Schiffs Carlos segundo mit seiner
Armatur nacher Ostende, (als welches er vor indispensabl halte), man
dem Churfiirsten 150000 reales de a ocho oder endlich auch 200000
in richtigem Wechsel versprechen thäte; die 300000, so der Churfürst
in Salz begehre, sollte man auf 200 000 zu reduciren suchen Auch
müsste man den Tractat dahin verclausuliren, dass der Churfürst aller
femern Praetension gegen Spanien renunciire und neben völliger Herum-
tretung zur österreichischen Party und Eingehung der Garantie, der
Fuen-Mayor auch dahin negociiren solle, dass der Churfürst 1 oder 2000
Mann zu Fuss aus Cleve nacher Geldern ganz unvermerkt, und als wann
sie abgedankt wären, hinumlasse.
Auf diese Mittheiiungen de Grana's und auf die kaiserlichen Schreiben hin,
hat sich der spanische Hof unter dem 28. März in dem Antwortschreiben an
den Kaiser') dahin resolvirt, dass in Consequenz dessen, dass der König
dieses Compositionswerk schon von seinem Anfang her E*". K. M. anver-
einen auf 200000 Thir., den anderen auf 100000 Thir. lautend. Von dieser letzteren
Summe sollte die Kurfnrstin 80 000, Fuchs und andere Minister 20 000 Thir. erhalten.
^) Vergl. ürk. u. Act. III. 652 ff.
*) Spanischer Gouverneur in Brüssel.
^ Die Copie dieses Schreibens vom 28. März liegt vor.
CT*
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1060 IX. Lamberg ia Berlin, Anhalt in Wien. 1682 — 1684.
traut habe, es also noch ferner unter dero Legalität und sichern Direc-
tion verbleibe und demnach der König zu solchem End sowohl, als das
gemeine Beste und Conservation des gemeinen Erzhaus zu befördern,
die Verordnung ergehen lassen, dass der Marches de Grana und Fuen-
Major in Vereinigung mit E'. K. M. im Haag residirenden ministro'), ihre
diligentias zur Erhebung solchen Adjustaments fortsetzen und E^ K. M.
über den Verlauf und Erfolg berichten sollten, auf dass unter dero
Direction und Approbation es continuirt und aufs thun- und reputir-
lichste, ohne einige fernere Ordre zu erwarten, geschlossen werde.
Massen der König zu solchem End seine behörige Vollmacht dem de
Grana zuschicke, auch zur Sicherheit der Negociation (der engen Mittel
ohngeachtet) resolvirt habe, dass diejenige 200000 pesos effetivos darza
applicirt und in Niederland remittirt werden, welche zur Assistenz selbiger
Länder destinirt waren, damit sie also in Bereitschaft und dem Churfursten
sowohl als dem Prinzen von Oranien gleichsam im Gesicht stehen.
Die Räthe haben nun mit Lamberg über diese Angelegenheit berathen und
gefunden, dass indeme dieses Negotium dergestalt auch im Haag mit denen
Generalstaaten, mit dem Prinzen von Oranien und mit dem Marches
de Grana a parte tractirt wird, dass es weder ein solches Geheimnus,
wie allhier hat wollen daraus gemacht werden, weder an deme seie, dass
der Churfürst selbst von der Negociation noch nichts gewusst und ihme
erst nach Gewissheit der Gelder die Proposition durch die Churfürstin
in Unterhandlung des Fürsten von Anhalt und des Churprinzen sollen
gemacht werden, indeme man an die Generalstaaten und den Marches
de Grana nicht per obliquum wie anhero, sondern directe zugefahren;
item dass deme nicht also, dass man mit der Krön Spanien hierunter
nicht, sondern zu mehrerer Sicherheit der Bezahlung allein mit E^ K.M.
dergestalt habe tractiren wollen, dass sie das baare Geld hergeben und
hemächst sich dessen an der Krön Spanien erholen sollten; zumaln er-
hellet, dass der Prinz von Oranien die Proposition auch auf Geld für
den Churfursten dem Marques de Grana durch den spanischen ministrum
Fuen-Major ohne einige Meldung E^ K. M. Caution, Fideiussion, oder
Selbstbezahlung habe thun lassen'); wie dann auch, dass in dessen ge-
nügsamer Anmerkung und in solchem Verstand der König in Spanien
die Hand nicht allein in dem Tractat, sondern auch allenfalls auf dem
*) Kramprich.
^ För die Verhandlungen über diese Angelegenheit im Haag vergl. Urk. o. Act.
III. 651 ff.
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BerathuDg über die Mission Lambergs. 1061
remittirenden Geld also halten will, ut Don succedente compositione es
in des Marches de Grana Händen bleibe und alsdann ad illum usum
applicirt werde, wohin es vorhero schon dcstinirt gewesen, allein dass
die Negüciation unter E'. K. M. Direction und Approbation sollte geführt
and geschlossen werden; dass mithin auch E. K. M. änderst nicht werden
thon können, als solchem Weg nachzuhängen und demnach meistens
anietzo dahin zu sehen ist, wessen darauf der Graf von Lamberg in
prosecutione dieser Negociation an den churbrandenburgischen Hof zu
iüstniiren sein wird. Worbei dann zuvorderst beobachtet worden, dass
er im Namen E^ K. M. insoweit in diese Negociation schon eingetreten,
dass er dem Fürsten von Anhalt anbefohlener Massen E^ K. M. P. S.
abschriftlich zu Händen gestellt ; darin E. K. M. sich erklären, dass gegen
die tractirende Herumtretung des Churfursten, sie anstatt der Krön
Spanien die stipulirte 300000 Reichsthaler alsobald baar per Wechsel
darlegen wollten und er, Fürst von Anhalt, darauf das Werk nur an-
bringen und poussiren sollte. Wie nun aber E. E. M. solches dermalen
amsoweniger bindet, da der Fürst von Anhalt beständig schreibet, dass
ohne wirklicher Erscheinung des Gelds er die Sach nicht einmal anzu-
bringen getraue und da benebenst von dort aus durch den von Amerongen
der Tractat mit der Krön Spanien und Holländern selbst, als Principalen
in causa, veranlasset worden, woraufhin denselben dorthin zu verweisen
auch ex parte E^ K. M. um so freier stehet, da desthalben in ihrem Namen
noch kein Proposition geschehen und noch darüber die Krön Spanien
als Principal und zwar auf Veranlassen des Churfursten den Tractat
Selbsten zur Hand behaltet und E'. K. M. nur die Direction darüber zu-
stehet und solchemnach, wann E. K. M. auch über die von der Krön Spa-
nien in baarem anerbietende 200 000 Thaler die von E'. K. M. vertröstete
300 000 Thaler dem Churfursten vollmachen wollten, sie der zulegenden
100000 Thaler halben wenig Regress an die Krön Spanien haben würden.
Allein ist auch hauptsächlich dahin reflectirt worden, dass wie die Chur-
furstin und einige churbrandenburgische in diesem negotio wohl inten-
tionirte ministri für sich ein particulare dabei und zwar die Churfürstin
selbst auf 80 000, die ministri aber auf 20 000 Reichsthaler zu machen
suchen, also leicht zu erachten, dass das ganze Werk leicht würde zerrinnen
und invertirt werden, wann sie durch Derivirung des Tractats in dem
Haag ausser solcher Hoffnung sollten gesetzt werden. . . .
Deshalb haben die Räthe für gut befanden, dass Lamberg nach Berlin
eile und vom Kurfürsten Antwort auf den dem Schwerin ertheilten Be-
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1062 IX- Lamberg in Berlin, Anhalt in Wien. 1682 — 1684.
scheid^) fordere; benebenst aber diese Herbeibringungssach mit dem Fürsten
zu Anhalt, auch Churprinzen und, wann diese es für gut befindeten, ferners
auch mit der Churfürstin und wohlintentionirten Ministren vertreulich
überlege, wie dieselbe nach oberzählten Umständen sich anlasset und
der Tractat darüber nunmehr änderst nicht als nacher dem Haag de-
volvirt werden könnte; mit dem Ersuchen, dass sie zu dessen Incaminir-
und glücklichen Schliessung einen Weg als den andern ihr bestes
beitragen möchten und dabei sich versichert halten wollten, dass wie
E^ K. M. die Direction des Tractats von der Krön Spanien überlassen
werde, also sie dabei zuvorderst auch dahin sehen und die Sach ein-
richten lassen würden, dass sich die Churfürstin und ministri obverstan-
dener Massen der verabgeredten Recognition würden zu erfreuen haben.
Dem Lamberg sei eine Vollmacht zu diesen Verhandlungen auszustellen
und dem Könige von Spanien, dem Grafen von Mannsfeld, Marches de Grana,
sowie Kramprich davon Mittheilung zu machen und zu erwähnen, der Kaiser
hoffe, man werde seitens der Holländer und Spanier alles thun, um die Ver-
handlungen im Haag zu einem erwünschten Ende zu fuhren.
Also und da im Uebrigen, die materialia sei baten des Tractats be-
treffend, die von der Krön Spanien proponironde und sonst unterlaufende
conditiones sehr raisonable, billig und fundirt seind, als nemlich, dass der
Churfürst von beeden, Spanien und Holland, zusammen 700000 Reichs-
thaler empfangen sollt, welches er gleichwohl fast in IVa Jahr von Frank-
reich nebst einem so grossen discapito seines eignen sowohl als des
Interesse publici nicht erapfienge, horgegen aber das nullo jure ent-
führte spanische Schiff mit der Armatur allein und zwar in Zurück-
behaltung der darauf gefundenen so kostbaren und hochsteigenden Waaren
und Ladung restituiren und sich des löblichen Erzhaus Interesse zu seiner
selbsteignen Conservation associiren, der gemeinen Garantie beitreten und
etwa ein paar tausend Mann seiner Völker unter der Hand herumlassen
soHe, so möchte der Graf von Lamberg solche denen Churfürstlichen mög-
lichst einzureden suchen, doch dabei seine officia ad instar mediatoris
zu Erreichung des abzielenden Zwecks dahin nemlich zu richten
meistens geflissen sein, dass endlich auf die thunligste Weg die wirk-
liche Herumtretung des Churfürsten erfolge, zumaleu auch dahin die
Sach zu disponiren suchen, dass wann ja spanischerseits nur 200000
Reichsthaler in paratis, an Salz aber 300 000 wollten hergegeben werden,
dass auf diese 300000 eine Anticipation auf 100 000 eingericht würde, um
die Churfürstin und minlstros gleich anfangs darmit zu obligiren und zu
1) Puf. 1. c. XVIIl 85.
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Berathung ober die Mission Lamberts. Verhandlungen Larabergs mit Fr. Wilh. 1063
contentiren. Lamberg möge tracliten, bald von Grana Nachricht zu erhalten,
wie es mit den Salzassignationen stehe, damit man sieht, wie es mit der Auti-
cipation einzurichten sei, wie er (Lamberg) lieber, als die Churfürstin
und ministros diesfalls disconsolirt zu lassen, endlich auch denenselben
gutsprechen könnte, dass E. K. M. gedachte 100 000 ex proprio her-
schiessen würden, welche doch hernacher von denen 300000 an Salz
wider einzubringen wären. Das Schiff aber Carlos segundo belangend,
gleichwie hinc inde dessen Restitution oder Zurücklassung auf die Re-
putation meistens ankommen wird, könnte er Graf von Lamberg endlich
dahin trachten, dass solches E'. K. M. oder wohl auch denen Generalstaaten
ad manus tertias ausgefolgt und von deroselben sodann dem König
wider zurückgestellt würde *).
Lanaberg an den Kaiser. Dat. Berlin 13. Juni 1683. (Or.)
[Unterredung Lambergs mit Friedrich Wilhelm über die zur Abwendung eines grossen
Krieges im Norden Europa's zu ergreifenden Massregeln. Erklärungen Friedrich Wil-
helms ober seine bisherige Politik. Rechtfertigung derselben. Pläne Schwedens.
Furcht yor und Antipathie des Kurfürsten gegen Schweden. Anhalts Mittheilungen über
Umtriebe der Franzosen. Sein Urtheil über die Unzulänglichkeit der kaiserlichen
Anerbietungen. Unterredung Lambergs mit Anhalt und Fuchs über eine eventuelle
Allianz Brandenburgs mit dem Kaiser und über die spanische Streitfrage. Zustim-
mende Erklärung des Kurfürsten in quaestione an foederis. Bericht Amerongens über
seine Verhandlungen mit dem Kurfürsten. Gute Versicherungen der Kurfürstin und des
Kurprinzen.]
Am 10. Juni hat Lamberg Audienz. Er betont die Bemühnngen des 13. Juni.
Kaisers die Forderungen Brandenburgs bei Spanien durchzusetzen. Einfolglich
habe die sowohl ab orieute als occidente eindringende Crisio und dass
deren änderst nicht als durch eine Universalzusammensetzung und Ga-
rantie zu begegnen fürgestellet, mithin S. Ch. D. von wegen E'. K. M.
aufs nachdrücklichste ersucht das im Norden bedrohlich anrückende
Feur nach Vermögen abzukehren und sodann ferner die Sach wegen
Jevern und dass der H'. Churfürst durch seine Vermittlung und Ab-
mahnung bei Dänemark einen dadurch nach dem niedersächsischen und
rheinischen Kreis sich ziehenden Krieg und andere der Krön Spanien und
dem Haus Anhalt hochpraeiudicirliche Neuerungen fürkommen und abhalten,
annebenst nicht weniger und beim Beschluss, dass sie des Herzogens von
Lothringen, als eines von Frankreich unbillich destituirten Reichsmitglieds,
Interesse auf dem Reichsconvent zu Regensburg durch dero ministros secun-
*) In diesem Sinne lautet die Instruction für Lamberg vom 28. April 1683. Gonc.
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1064 IX. Lamberg in Berlin, Anhalt in Wien. 1682—1684.
diren helfeo wollteo, inständigst recommendiret. Der Kurfürst dankt, con-
testirend, wie sie gewisslich niemal andere Gedanken als zu des Reichs
Bestem gefuhret, all ihre consilia auf Erlangung Friedens mit der Krön Frank-
reich darum gerichtet, weilen sie noch diese Stund sich nicht bereden könn-
ten, dass das römische Reich zweien so mächtigen Feinden auf einmal za
widerstehen genügsamen Vermögens sei. Sie wollten aber E. K. M. in
unterthänigster Aufrichtigkeit versichern, dass seine gegen Frankreich bis-
her gebrauchte Conduite in der That die fürnehmste ürsach gewesen, dass
die wirkliche feindselige Thätlichkeiten selbiger Krön gegen das Reich
bis dato annoch zurückgehalten worden ; dass er, der H^ Churfurst, aber
sich in gute Verfassung gesetzt und zum Marsche auf einen Notfall fertig
gemacht, zu solchem sei von der Krön Schweden ihm so viel mehr
Ursach und Anlass gegeben worden, als selbiger König sich gegen einige
in Vertrauen vernehmen lassen, dass er gegen den Churfurst von Bran-
denburg den in vorigem Krieg erlittenen Schimpf und Schaden unfehl-
bar, es sei gleich über kurz oder lang, revangiren mösste *); wie er dann
vom König in Dänemark noch ferner in Vertrauen wäre gewarnet worden
gegen Schweden in alle Weg auf guter Hut zu stehen, zumalen diese
Krön, wie der dänische Minister Biermann neulichst allhie mit Original-
schreiben belegt hat, an ermelten König noch ganz iüngst eine Offensiv-
allianz gesonnen und offerirt hätte ihme das brandenburgische Pommern
zubringen zu helfen^). Er, der H^ Churfurst, hätte auch neben dem die
sichere Nachricht, dass weilen der Krön Schweden Desseius, um sich im
Reich zu erweitern, nicht von statten gehen wollten, man sich daselbst
wiederum und von neuem mit Frankreich festzusetzen auf die Gedanken *),
mithin Graf Magnus de la Gardie zu voriger königlicher Gnad und Ver-
trauen gekommen wäre^). Er hätte E. K. M. allschon vorlängst gegen
die Krön Schweden behutsamlich zu verfahren uuterthänigst anerinnem
lassen, dann ihme allzuwohl bekannt, dass Schweden nicht zu des Reichs
Besten, sondern blos zu selbsteigener Gross werdung oder Vortheil den
Fuss mittelst einer considerirlichen Mannschaft in dasselbe wieder zu
setzen intendire. Es konnte in summa S. Ch. D. ihr gegen mehrermelte
Krön überworfenes Gemüth unmöglich also bergen, dass ich nicht ge-
nugsam hätte wahrnehmen sollen, wie sie ipso facto zu E^ K. M. völlig
Vergl. Droysen 1. c. 749; Carlson 1. c. V. 261 ff.; Puf. 1. c XVIII. 90.
*) lieber Biermanns Verhandlungen in Berlin ürk. u. Act. III. 689 u. a. 0.
3) Vergl. Carlson 1. c. V. 262 ff.
*) Magnus de la Gardie war der Führer der französischen Partei; sein Gegner
Bengt Oxenstjerna; vergl. über ihr Verhältnis in dieser Zeit Carlson 1. c. V. 266 f.
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Erklärungen Fr. Wilb. Brand.-schwediscbe Beziehungen. 1065
äbertreten wurden, falls nur Schweden nicht mehr dero Alliirter wäre.
Der Earfürst verspricht endlich, die Sache des Herzogs von Lothringen unter-
stützen zu wollen. Der Fürst von Anhalt theilt dem Lamberg mit, dass die
franzosische Partei die Pläne Lambergs erfahren und den Kurfürsten und die
Knrfürstin beredet hätten, was Lamberg vorhringe, seien leere Reden, wobei sie,
I : am die Churfürstin für Frankreich desto mehr zu gewinnen, dero ver-
sprochen dem Prinz Philipp das schwedische Pommern zu verschaffen,
ihme zu der Souveränität : | darüber zu verhelfen und dabei zu garantiren.
Wobei dann auch Graf Rebenac dem Churfürsten monatlich 50 000 Thaler
offerirt und dagegen stipuliren wollen das schwedische Transport in
Pommern abzuhalten, beinebenst verheissen, dass wann das Haus Braun-
schweig in favor Schwedens ebe Diversion unterfahpn sollte, sein König
mit einer Armee über Rhein gehen und selbigem eine Gegendiversion
machen würde. Mit den Anerbietungen Lambergs in der spanischen Streit-
frage, 150000 Thaler in Geld und 200000 in Salz, glaubt Anhalt nicht, dass
etwas werde durchzusetzen sein. Bald darauf hat Lamberg eine neue Berathung
mit Anhalt und Fuchs ^); dabei habe ich mit dem Fürsten genommener
Abred nach sub motivo, dass bei noch stehender Unvollkommenheit des
puncti securitatis publicae zu Regensburg '), E. K. M. die Sicherheit des
Reichs mittelst Particularbündnissen mit denen Reichsgliedern suchen
müsste, den Vortrag auf die Allianz zwischen E^ K. M. und S^ Ch. D.
gethan und alles, was dem H°. Churfürsten bei der Audienz von mir
vorgetragen worden, wiederholet, welches sie ad calamum genommen.
Was aber die Beilegung der spanischen Streitsach belangt, habe ich blos
per generalia angedeutet, dass ich mich solche aus dem Grund zu heben
allergnädigst befehligt fände und bloshin befragt haben wollte, ob L Ch.
D. wegen der Allianz mit E'. K. M. die quaestionem an? zu decidiren
belieben möchten. Sie beide Hessen hierinnen sich antwortlich ver-
nehmen, dass sie darüber nicht instruirt, doch alles ad referendum an-
nehmen. . . . Nach hierauf erstattetem Rapport wurde mir folgenden
Tags als 10*«" huius von dem Fürsten hinterbracht, dass L Ch. D. in
puncto foederis mit E^ K. M. die quaestionem an? affirmative resolvirt
hätten. Der Fürst von Anhalt bittet Lamberg bei der für den nächsten Tag
festgesetzten Conferenz das Maximum seiner Zugeständnisse zu machen, worauf
Lamberg ihm im Vertrauen mittheilt, dass, falls durch die Kurfürstin die Resti-
tution des Schiffes bewirkt werden könnte, alsdann die 100 000 Thaler für die
Kurfürstin und für die mithelfenden Minister nicht fehlen sollten. Der Fürst
halt aber auch diese Anerbietungen für zu gering.
Vergl. ürk. u. Act III. 713.
^ Für die Verhandlungen zu Regensburg Pachner 1. c. II. 434, 439.
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1066 IX. Lamberg in Berlin, Anhalt in Wien. 1682 — 1684.
Ferner den Churfürsten in die Association zu bringen und dadurch
neben den König in Schweden zu stellen, hielt der Fürst für eine aller-
dings unüberwindliche DiflTicultät, vermeinte aber, dass durch das foedus
mit E'. K..M. der effectus und in substantia alles, was von der Associ-
irung könnte gehofft werden, zu erheben stünde. Deswegen dann und
in Erwägung, dass auch das Haus Braunschweig ein wirklich Alliirter
und doch in der Association nicht begriffen ist, meines unvorgreiflichen,
allorunterthänigsten Ermessens der Erfolg einer so guten und hochver-
langten Sach durch Festhaltung auf der churfürstlichen Associirung nicht
zu hindern wäre, zumal da auch dem Bericht aus Holland nach die
Spanier selbsten von sothaner Praetension abgewichen.
Amerongen theilt dem Lamberg mit, er habe bei seiner Ankunft Befehl
gehabt dem Korfürsten seitens Spaniens und der Generalstaaten zugleich
400000 Thaler in Geld und 200000 in Salz anzutragen, dafür sollte das Schiff
„Karl IL** zurückgestellt werden, der Kurfürst mit dem Kaiser, Spanien und
den Generalstaaten eine Allianz contra quoscnmqne schliessen und in den „Tractat
von Garantie" miteintreten. Auf Befinden aber, dass dergleichen condi-
tioncs hie nicht annehmlich, seien ihm aus dem Haag nach und nach
andere Bericht zukommen, als unterm 11. Febr.^): Fuen-Mayor hätte an-
gebracht, das Schiff sollte nur von der Frau Churfürstin an die Krön
Spanien verehrt werden und darauf von dannen ein proportionirtes Regal
erwarten. Wie auch vom 23. Febr., dass die Krön über die 200000
Rthlr. an Geld sich noch zu 300000 Thaler an Salz möchte vermögen
lassen*). Ferner vom 7. April '): Es hätte der Fuen-Mayor ex commissione
des Marques de Grana dem Prinz von Uranien hinterbracht, besagter
Marques hätte die 200000 contant in acceptirten Wechseln bereit er-
halten, wegen der 300 000 in Salz aber würde in Spanien nunmehr allein
noch ratione temporis et loci der Lieferung tractirt. In litteris des Fa-
gels vom 4. Mai*) wurde berichtet, Spanien sei nun auch bereit von
der Particulardefensivallianz und endlich auch von der Association ab-
gewichen, habe aber fürgeschlagen, Elector solle sich allein gegen die
zukünftige neue französische attentata in Niederland wegen Succurses
verbindlich machen, auf fürkommende Händel aber wegen der bisherigen
Conquesten, oder da von Spanien selbst der Angriff gegen Frankreich
beschähe, blosser Dingen still sitzen und sich neutral halten und dass
Vergl. Urk. u. Act. 111. 658.
•'') Vergl. Urk. u. Act. III. G59.
«) Vergl. Urk. u. Act. 111. 688.
*) Vergl. Urk. u. Act 111. 690 ff.
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Berathongen Lamberts mit den kiirförstlicben Ministem. Der Kurprinz. 1067
sobald Dach EiDwilligung dieser PuncteD die Krön Geld zahlen wollte
lassen. Der Kurfürst hat nun Amerongen die Antwort ertheilen lassen:
Es werde ihm zwar schwer fallen von der Allianz mit Frankreich, ohne
von dannen neue gegen das Reich gegebene Ursach empfangen zu haben,
abzustehen, bevorab, da selbige Allianz in sich selbst ganz innocent,
aach nur studio promovendae pacis gemacht sei, zu Niemandens Prae-
Judiz gereiche, er dannenher pro foedifrago möchte angesehen werden,
auch mit seinen Ländern sothanenfalls der Gefahr vielleicht zum ersten
und meisten ausgesetzt sein. Jedoch wollte er erwarten, beides, was
für Zumuthnngen von Spanien ihme beschehen und was für Secnritat
und anderes ihme hinwiderum praestirt werden wollten, dann er als ein
gebranntes Kind sich nicht gern zum zweitenmal wollte einführen lassen*).
Ferner habe ich von dem von Amerongen mit Bestürzen vernehmen müssen,
dass das | : Salzwerk zu Lamata und Cadix, von wannen die Lieferung
beschehen solle , bereit für mehr dann 20 Jahren an Particularkaufleut
in Holland überlassen worden, welches, wofern ihm also seie und aus-
brechen sollte, wunderliche revolutiones in den Handel bringen dürfte : |.
Sonsten hat bei vorgestrig abendlicher später Besuchung der Fürst zu
Anhalt mir vertreulich und mit Freuden eröffnet, dass, nachdem er der
Frau Churfüfstin hinterbracht, welchermassen ihr Regal in salvo stünde,
er zwar nicht versicheren, doch gute Hoffnung machen wollte, dass I. Ch.
D. das abgenommene Schiff ex generositate an die Krön restituiren
werde.
Der Kurprinz lässt sich beim Kaiser für sein Vertrauen bedanken und hat
geäussert, wie höchst eiferig und nachdrücklich er sich das Werk wolle
angelegen sein lassen, nicht nur aus innerlicher Inclination zu E^ K. M.
Dienst, oder aus Lieb zum allgemeinen Besten des Vaterlands, oder in
Ansehung seines Herrn Vaters und seines eigenen Interesse, sondern
über all solches auch aus eingewurzelter Aversion gegen die Franzosen,
als die unter anderm noch neulich |: seinem Stiefbrüdern zu dem Herzog-
thum Pommern ihme zum Praeiudiz hätten verhelfen wollen :|. Es hat auch
ermelter Churprinz dem geheimen Rath Fuchs Ijerzgreifend zugesprochen,
er solle sich diesmal einen ehrlichen Mann praestiren und seinen besten
Fleiss thun, so wolle er ihn dessen sein Leben lang in Gnaden entgelten
lassen. Gegen die Einmischung der Staaten in die schlesischen Praetensions-
angelegenheiten hat Lamberg protestirt').
>) Vergl. ürk. u. Act III. 708 ff.
») VergL ürk. u. Act. III. 716 f.
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1068 IX. Lamberg in Berlin, Anhalt in Wien. 1682 — 1684:
Lamberg an den Kaiser. Dat. Berlin 19. Juni 1683. (Or.)
[Project eines österreichisch -brandenburgiscben Bündnisses. Aufnahme desselben
seitens des kurfürstlichen Hofes. Verhandlungen Lambergs mit den Räthen Friedrich
Wilhelms. Jägerndorf. Subsidien. Das sächsisch-österreichische Bündnis.]
19. Juni. Auf Wunsch der brandenburgischen Minister hat Lamberg ein Project einer
brandenburgisch-österreichischen Allianz*) verfasst, jedoch nur vorgelesen; ich
*) Der wesentliche Inhalt dieses Projectes lautet: P. Zweck des Bundes ist die
Erhaltung des Friedens. 2^. „Sothaner Fried, soviel das röm. Reich betrifft, soll ge-
gründet sein auf die westphälische und nimwegische Friedensschlüss und deren wahren
Verstand zu Aufhebung aller auswärtigen Vergewaltigungen, sogen. Reunionen, praeiu-
dicirlicher attentatorum und usurpationum im römischen Reich". 3°. Der Kurfürst und
der Kaiser wollen einmüthig dahin trachten, dass der allgemeine Friede der gesammten
Christenheit zum Nutzen möge gestiftet, befestigt und erhalten werden. 4°. Bündnisse,
die diesem widersprechen, sind beiderseits aufzuheben. 5^. Beide Theile trachten ihre
Verbündeten zur Billigung ihrer Pläne zu bewegen. 6^. Kaiser und Kurfürst werden
alles tbun, um den punctum securitatis publicae auf dem Reichsconvent zu seiner voll-
kommenen Wirklichkeit zu bringen. 7^ Inzwischen wird eine Defensivallianz errichtet
zwischen dem Kaiser und Brandenburg. 8^. Beide Theile trachten ihre Bundesgenossen
zum Eintritt in diese Defensivallianz zu bewegen. 9*^. Dieses Defensivbündnis verpflichtet
den Kaiser, wenn der Kurfürst in seinen Ländern in oder ausser Reichs feindlich an-
gegriffen werden sollte, demselben mit . . . tausend Mann zu Hilfe zu kommen, wogegen
der Kurfürst verpflichtet ist, wenn des Kaisers Lande, oder das Reich, \, oder Spanien»
oder andere ihren dem Reich zuverwandten Landen'^ feindselig, es sei sub praetextu
reunionum, bedrohlicher evocationum oder wie es Namen haben mag, durch offenbare
Waffengewalt oder andere violente Tbätlichkeiten angegriffen würden", mit . . . tausend
Mann zu Hilfe zu kommen. W. Wenn von den im Defensivbündnisse begriffenen
Mächten 2 oder mehr auf einmal, oder einer an 2 oder mehr Orten angegriffen würde,
sollen die Contrahenten nicht gehalten sein ihre Hilfsquote mehr als einmal zu stellen.
11^. Wird einer im eigenen Lande angegriffen, so braucht er dem anderen keine Hilfe
zu schicken. 12^ Bezüglich Religion, Commando etc. wird berathen werden. 13. lieber
die Operationen soll gemeinsam berathen werden. 14<*. Der Kurfürst verspricht inner
. . . Monaten von der Ratification an gerechnet dem Kaiser die Truppen nach Ungarn
zu schicken. (Dazu ist bemerkt: Dieses wurde von den kurfürstlichen Ministem weder
versprochen noch angenommen.) 15°. Wenn die kurfürstlich rheinischen Lande in
Gefahr kommen sollten, will der Kaiser, Spanien und die übrigen Alliirten, die noch
aufgenommen würden, wie es Zeit und Conjunctur leiden, zu Hilfe kommen. 16^ Der
Kurfürst überlässt der Krone Spanien 2000 seiner clevischen Soldaten ohne Entgelt.
(Hiezu wurde schlechte Hoffnung gegeben). 17^ Das Bündnis soll dauern für das
Reich und die einzelnen Fürsten, die keine Particularallianzen mit dem Kaiser oder
Kurfürsten haben, bis punctum sec. pub. und die allgemeine Reichsverfassung zu
völligem Stand und Richtigkeit wird gebracht sein. Zwischen beiden Contrahenten
aber auf . . . Jahr, oder allgemein bis der Zweck — der allgemeine Friede — erreicht
sein wird. 18**. Wenn bezüglich der Dauer mit einer der in das Bündnis einzu-
nehmenden Mächte etwas anderes bestimmt würde, soll es gehalten werden. 19. Strei-
tigkeiten zwischen den Verbündeten, oder eines Verbündeten mit einem dritten Fürsten
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Project des Österreich -brand. Bündnisses. Verhandlungen darüber. 1069
habe dabei vermerken könneo, dass, obgleich die Eintretung in die
Garantieallianz, auch Ueberlassung der 2000 Mann clevischer Völker fast
soviel als unmöglich zu erheben, dannoch herentgegen die churfürstliche
Herübertretung und Abandonnirung dem entgegen strebender Allianzen,
nebenst der Praestation einiger Völker in Ungarn, sogar auch die Resti-
tution des Schiffs Carlos IL, weilen ich fest darauf bestanden, nicht so
verzweiflet als das anfängliche Aussehen sein wollen. Im Verlaufe der
Conferenzen brachten dann die Minister des Kurfürsten die schlesischen Prae-
tensionen vor, worauf Lamberg sich auf die dem Schwerin vom Kaiser gegebene
Resolution bezieht •) ; die kurfürstlichen Minister lassen es dabei bewenden, ver-
langen aber im Fall eines Bündnisses mit dem Kaiser zur Erhaltung der kur-
fürstlichen Truppen eine Unterstützung vom Kaiser oder vom Reich in Quartieren,
Assignationeu oder in baarem Gelde. Lamberg sucht die Ungerechtigkeit dieser
Forderung darzuthun, allein die kurfürstlichen Minister bleiben bei derselben
und stellen ihr petitum auf 300 000 Thaler jährlich *) Bezüglich des Loth-
sollen gütlich beigelegt werden. 20^. Brandenburg verzichtet auf alle Praetensionen
an Spanien und gibt das Schiff Karl IL zurück. 21. Dafür zahlt Spanien dem Kur-
fürsten 100000 Rthr. in baarem Gelde und 300000 in Salz. 22«. Kaiser und Kur-
fürst versprechen alles aufzubieten, um die Differenzen zwischen Dänemark und Hol-
stein-Gottorp auszugleichen.
In die Secretartikel wäre aufzunehmen: P. Der Kaiser verspricht der Frau Kur-
fürstin, dass Spanien ihr 80 000 Thaler baar geben wird. (Dieser Artikel ist von den
kurfürstlichen Ministern selbst an die Hand gegeben worden.)
2°. Wenn der Kaiser gegen Osten frei, verpflichtet sich der Kurfürst, falls mit
Frankreich noch keine Einigung erfolgt, offensiv gegen dasselbe vorzugehen. (Dieser
Artikel wurde ganz in suspenso gelassen.)
») Vergl. Puf. 1. c. XVIII. 85.
2) Extract des Protocolls vom 16. Juni 1683.
Die kurfürstlichen Minister bringen vor. 1°. Bezüglich Jägerndorfs will der Kurfürst
Satisfaction, wenn nicht Jägemdorf, doch ein Aequivalent; der Kurfürst will auch des
Efi'ects halber sich etwas gedulden, wenn nur die Sache geordnet sei. 2^ Wegen der
3 Fürstenthümer bleibt der Kurfürst bei dem, was er bereits durch Schwerin dem
Kaiser habe mittheilen lassen. (Lamberg erklärt nicht instruirt zu sein). 3^. Der Kur-
fürst kann die 34 000 Mann und mehr, über die er verfügt, nicht erhalten, wenn die
Subsidien ausbleiben, die Frankreich ihm zahlt; er hofft daher, der Kaiser werde ihm den
Unterhalt für Va seiner Truppen verschaffen. A9. Bezüglich der spanischen Offerten hofft
der Kurfürst, man werde bei dem bleiben, was man im Vorjahre versprochen, 200 000
Rthlrn. in Geld und 300000 in Salz. 5^. Soll der Kaiser bei den Generalstaaten für die
Praetensionen Brandenburgs eintreten. 6^. Weil die letzte Offerte von Frankreich in
300 000 Thalern bestünde, hofft der Kurfürst vom Kaiser und Reich mit einem Gleichen
versehen zu werden. Am 17. findet dann eine neue Berathung statt. Lamberg fragt,
ob der Kurfürst nicht weniger als 300 000 JThaler nehmen würde; die Minister sagen,
300 000 Thaler sei nicht viel, doch wollten sie, wenn es ad effectum komme, tentiren,
dass noch etwas nachgelassen werde. Auf die Frage Lambergs, mit wie viel Truppen
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1070 IX. Lamberg in Berlin, Anhalt in Wien. 1682 — 1684.
ringers erklärt der Kurfürst bei seiner guten Ansicht beharren zu wollen, nur
glaube er, dass in diesem Momente, wo die Türkengefahr so gross, die Sache
nicht aufzunehmen sei. Der sächsische Kammerdirector Boose ist hiehergekom-
men und berichtet, dass das Bündnis seines Herren mit dem Kaiser perfect sei,
der Kurfürst auch in die Association eintreten werde*).
Lamberg an den Kaiser. Dat. Berlin 28. Juni 1683. (Or.)
[Braunscbweigs Vorgehen im Bremischen und in Ostfriesland. Pläne der franzosischen
Partei. Ratb des Meinders, still zu bleiben. Rathschläge des Fürsten von Anhalt.
Nothwendigkeit den Kurfürsten zu gewinnen. Geplante Zusammenkunft des Königs
von Dänemark und des Kurfürsten von Brandenburg. Kaiserfreundliche Haltung
Derfflingers.]
28. Juni. Das Vorgehen Braunscbweigs in Bremen und in Ostfriesland erregt Be-
sorgnis am kurfürstlichen Hofe. Meinders und R^benacs Pläne gehen dahin,
diese Zurücksetzung Brandenburgs so zu benützen, dass Frankreich und
Dänemark gesammter Hand einen Ort im Bremischen angreifen und dem
H". Churfürsten damit in Pommern freien Arm machen, auch bei ihm
dadurch vorigen Appetit darnach wieder erwecken sollen^); wie ich dann
ferner von vertrauten Orten versichert worden, dass nachdeme Meinders
von denen churfurstlichen neuen Gemüthsdispositionen noch zu Hamburg
Wind bekommen'), er von dannen aus sofort eingerathen habe, dass
weilen selbige Conferenz fruchtlos abgeloffen, S. Ch. D. sich weder mit
Frankreich noch jemand andern verbindlich machen, sondern ein tertium er-
wählen und bloshin still sitzen sollte, angesehen sich noch wohl die Gelegen-
heit ergeben würde ein oder andern Orts hin mit grossem Vortheil um Hilf
der Kurfürst dem Kaiser in Ungarn zu Hilfe kommen würde, antworten die Minister, mit
mehr als der Kaiser vermuthe, vielleicht mit 10 — 12000 Mann. Auf die Frage, ob
im Falle die Geldpraestation erfolge, „I. Cb. D. in den Eintritt in die „Allianz von
Garantie" willigen und den Frieden von der Krön Frankreich, auf welcherlei Mass
und Weg 1. K. M. und das Reich es gut befinden, zu erbalten mit behülflicb sein
wolle", antworten die kurfürstlichen Minister, wenn in Fortsetzung der Tractate sieb
zeigen werde, wie weit die Geldunterstützungen des Kaisers gehen, werde sich der
Kurfürst in p^ garautiae so vernehmen lassen, dass in effectu daran nichts sollte
desiderirt werden. Auf die Frage, ob der Kurfürst etwas dagegen haben würde, wenn
der Kaiser die dem Kurfürsten bestimmte jährliche Geldsumme von den Stiftern Pader-
born und Münster irgend einbringen mochte, antworten die kurfürstlichen Minister,
der Kurfürst lasse dem Kaiser freie Hand, wenn nur nicht in die beiden Stifter mit
solcher Härte gednmgen werde, dass andere Schwierigkeiten dadurch entstehen. Vergl.
auch ürk. u. Act. III. 723.
^) lieber die Sendung Boose's an den brandenburg. Hof Puf. 1. c. XVIII. 101.
^ Vergl. Drojsen 1. c. 750; ürk. u. Act. III. 725.
') Ueber die Hamburger Zusammenkunft Puf. 1. c. XVIII. 98; Droysen 1. c. 751.
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Pläne der franz. Partei. Rath Anhalts. Derflflinger. 1071
gerufen zu werden, unterdessen sie die in casum einer solchen Neutralitat
(wie ich vom Fürsten zu Anhalt, Feldmarschall Derfflinger, geheimen Rath
Fachs und Obermarschall Canitz versichert werde) iährlich offerirte 300000
Reichsthaler geniessen könnten, ohne sich in etwas verbindlich zu machen;
in Hoffnung, dass bei etwa einem unglücklichen Fall in Ungarn dem Herrn
Churfürsten der Lust nach Pommern von selbst wieder kommen, auch
die französische Garantie über alldortige eingebildete Conquisten desto
leichter sein möchte.. Wiewohlen nun ermelter Fürst mich anbei ver-
sichert, dass sothane Proposition vom H". Churfürsten platter Dingen
verworfen worden, so stehet er dannoch in Sorg, dass wann zu dessen
neuen Propositionen sich die Mittel der 300000 Thaler iährlich nicht
aasfänden, Frankreich ein als andern Weg widerum die Hand gewinnen
und das Feur im Norden dannoch entstehen könnte. Deswegen rath
Anhalt dringend die Summe zn geben, |:uud vermeinet er endlich (so er
doch nur zu mir geredet haben wollte), wann nur ein dem Churfürsten
annehmliches quantum versprochen werde, ob es gleich künftighin pro
more nicht so richtig einlaufen sollte, dannoch pro hie et nunc ein so
grosses gewonnen sein würde '), woraus dann meinem wenigen Bedünken
nach des Fürsten Aufrichtigkeit und Begierde zu P. E. M. und des Reichs
Besten erhellet und man ihn nicht beschuldigen kann, ob liebte er
I. K. M. nur so weit, als es dem Churfürsten Nutzen brächte : |. Die von
der französischen Partei gewünschte Zusammenkunft zwischen dem Könige von
Dänemark und dem Kurfürsten von Brandenburg dürfte nicht zu Stande
kommen'). Es verdienet auch sonsten hiesiger Feldmarschall Derfflinger
nicht einen gemeinen Ruhm, dass er dem H°. Churfürsten platter Dingen
unter Augen gesagt, er wolle sich lieber in Stück zerhauen lassen, als
die churfürstliche Armee gegen S^ Ch. D. Ehr und Gewissen, auch ihre
und des Reichs Wohlfahrt, zu commandiren, unangesehen ihme sowohl
von deroselben als dem Grafen Rebenac grosse Geldofferten deswegen
beschehen seind und gleichwohl ganz gewiss ist, dass der Herr Churfürst
sothane seine Armee keinem andern als ihm vertrauen wird ...').
Der Kaiser an Lamberg. Dat. Wien 7. Juli 1683. (Conc.)
[Bedrängnis durch die Türken. Nothwendigkeit der brandenburgiscben Hilfe.]
Ich verhalte euch in höchster Eil nicht, welchergestalt die völlige 7. Juli.
>) Vergl. Klopp, Das Jahr 1683, 267.
») Vergl. ürk. u. Act III. 725.
3) Vergl. Klopp, Das Jahr 1683, 266.
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1072 IX. Lamberg in Berlin, Anhalt in Wien. 1682—1684.
türkische Macht aaf mich und diese gute Stadt dergestalt andringet,
dass ich mich benöthiget finde inner wenig Stunden von hier mich zu
retiriren. Lamberg soll den Kurfürsten ersuchen, seine Hilfe so rasch als
möglich zu senden»).
Der Kurfürst an den Kaiser. Dat. Potsdam 14. Juli st v.
1683. (Or.)
[Bereitwilligkeit den Kaiser gegen die Türken zu unterstützen. Creditif für Anhalt.]
14. Juli. Er ist entschlossen auch bei der neuen Gefahr die des Kaisers Erblande
bedrohen den Kaiser, wie bei vielen früheren Gelegenheiten, zu unterstützen
und sendet zu diesem Behnfe den Fürsten Johann Georg von Anhalt an den
Kaiser *).
Kurprinz Friedrich an den Kaiser. Dat Potsdam 15. Juli
St. V. 1683. (Aut.)
[Versicherung der Devotion gegen den Kaiser.]
15. Juli. Nachdehm zu Ew. Keyserl. May", meinet vielgeliebten Herren Vet-
tern, des Fürsten von Anhalt Ld., in gewissen meines Herren Vatters
Gnd. angelegenheiten abreisen, habe ich nicht unterlassen sollen, die-
selbe mit diesen aufwärtigen ziehlen an Ew. Keyserl. May^^ zu begleiten,
umb mich in dero zu meinen höchsten frewde bereits wircklich ver-
spürte Keyserliche hulde und genade je mehr und mehr unterthänigst
zu insinuiren. Und wie ich nicht zweifele, Ew. Keyserl. May"., werden
darin gegen mich zu verharren allergnädigst geruhen; Als habe dieselbe
ich hingegen meiner stets wehrenden schuldigsten devotion und dass ich
solche, wie auch meine unterthänigste begierde, alles was zu einigem
Ew. Keyserl. May", contentement strecken möchte, jederzeit so viel an
mir ist gehorsam bst zu verrichten bey einer jeden sich ereugenden ge-
legenheit im wercke Selbsten erweisen werde, hiemit in unterthänigkeit
versichern wollen; Welches dan auch hochg^ S. Ld. auf mein geschehenes
ansuchen meinentwegen mit mehrem mündlich thun werden.
») Für den Türkenkrieg im Jahre 1683; Klopp, 0., Das Jahr 1683 und der
Türkenkrieg bis 1699; Renner, Y., Das Jahr 1683; Die Flucht aus Wien Klopp
1. c. 204 f.
») Vergl. Klopp, Das Türkenjahr 1G83, 267.
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Des Kurprinzen Friedrieb Devotion gegen den Kaiser. Lamberg in Berlin. 1073
Lamberg an den Kaiser. Dat. Berlin 18. Juli 1683. (Or.)
[Ruckiiebr Lambergs ans Dresden. Krankheit des Kurfnrsten. Verhandlungen mit
Anhalt und Fuchs wegen der Türkenhilfe. Forderungen der brandenburgischen Mi-
nister. Erklärungen des Kurfürsten. Anerbieten TOn 12 000 Mann gegen entsprechende
Bedingungen. Plan der Mission Anhalts nach Wien.]
Nach Beendigung seiner Mission in Dresden '} ist Lamberg nach Berlin zo- 18. Juli,
rfickgekehrt Die bedenkliche Erkrankung des Kurfürsten verhinderte eine so-
fortige Unterredung}Lambergs mit demselben. Lamberg bespricht sich deshalb mit
Anhalt und Fuchs , stellt den Zustand in Ungarn dar und hält um den soforti-
gen Abmarsch von 6000 Mann an, verspricht dafür 200000 Reichsthaler jähr-
lich, wenn der Kaiser bei der Einbringung der Assignationen auf Münster und
Pftderbom vom Kurfürsten nicht gehemmt werde '). Worauf Rath Fuchs das
Wort für dem Fürsten genommen'), sprechend, dass seinem Erachten
nach der Herr Churfürst von einem Succurs gegen den Erbfeind nicht
abgeneigt, sondern bloshin de quanto et modo die quaestio sein würde.
Die summa der 200000 Tbaler wollte er yersichem allra gering zu
sein; damit jedoch E'. K. M. Kammer etwas verschonet würde, wollte er
vorgeschlagen haben, seinem gnädigsten Herrn noch darüber anstatt
100 000 Reichsthaler iährlich das Fürstenthum Ostfriesland zu assigniren,
mit dem expressen Zusatz, dass doch kein anderer Stand des Reichs
selbiges so hoch und dergestalt bei schwebender Mishelligkeit zwischen
Regentin und Standen annehmen oder geniessen würde, S. Ob. D. auch
nimmermehr zugeben könnte, dass das Haus Braunschweig etwas davon
ziehe. Wegen Münster und Paderborn wollte er gerathen haben be-
hutsam zu gehen; I. Ch. D. stellten zwar E^K.M. gänzlich anheim, woher
sie die 200000 Thaler nehmen wollten; sollte es aber von gedachten
Stiftern mit Gewalt geschehen, würden sie denselben, vi foederis, sowohl
als auch den ostfriesischen Ständen gegen anderwärtige assignationes
beizuspringen gehalten sein und sei es so viel weniger verdenklich ihre
Ostfriesland zu assigniren, als von der Regentin dessen Assignation
bereit vorlängst dem Haus Braunschweig anerboten worden; die Stand
sich auch desfalls ganz gerne mit S'. Ch. D. vergleichen würden. Uebri-
gens und wann auch dieselbe meinem Verlangen nach einig quantum
zum Succurs resolvirte, würde solches nach der Proposition der 2 — 300 000
Reichsthaler genommen werden und dabei auch nöthig sein die chur-
fürstlichen Völker auf dem Marsche in denen Erbländem mit Brod, Bier
») Vergl. ürk. u. Act. III. 729f.
8) Vergl. ürk. u. Act. lU. 739.
>) Für des Fuchs Verhalten Klopp 1. c. 270 f.
Mater, i. Gesch. d. G. Kurfürsten. XIV. 2. 68
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1074 IX. Lamberg in Berlin, Anhalt in Wien. 1662—1684.
und Salz, auch hart und rauh Fatter zu versehen. Gleichwie nun aber
all dieses demienigen, so eben ermelter Fuchs in vorigen Conferenzen,
auf den Fall von E'. K. M. 300000 Thaler eingewilligt würden, geäussert,
nicht beikommen will und daraus genug abzunehmen, dass man die
Seiten allhie nach den Coniuncturen spanne oder ablasse, als habe
fuglich erachtet solches sub rato anzunehmen, damit der H^ Churfürst
qualicunque modo sich mit einem corpo impegnirte und um so mehr
von Frankreich abgezogen wurde. Nachdeme aber demselben darüber
referirt worden und er vernommen, dass mein petitum sich nur auf
6000 Mann erstreckt, ist er völlig von allem abgewichen und bis zu
dieser Stund darauf bestanden, wie er mich dann allnoch gestern früh
bei erlangter Audienz versichert, E^ E. M. in gegenwärtigem frangenti
mit 12000 Mann, so in 6 Regimentern zu Fuss, das übrige in Reiterei
und Dragonern besteben sollte, nebenst 24 Stück Geschütz unter Commando
seines Feldmarschalls DerfRinger zu Hilf zu kommen; dann mit einem
wenigem weder E'. E. M. geholfen, noch seinen Völkern gerathen sein
würde. Er recommendirte aber E^ E. M. vor allem nachdrücklichst den
Frieden mit Frankreich und in ihne neben Churmainz das Vertrauen zu
setzen, selbigen durch ihre officia von ermelter Eron, mit so guten Con-
ditionen (Strassburg ausgenommen) als es dem Reich immer zum vor-
träglichsten sein möchte, zu erheben. Inmittelst hätte er bereit dem
Foldmarschall Derfflinger Befehl ertheilt, seine beste und älteste Regi-
menter gefasst zu halten. Zumalen ich nun den Vorschmack bekommen,
dass der H'. Churfürst sothanen Frieden bei E'. E. M. zu fördern den
Fürst zu Anhalt an dero Hof zu schicken, mithin auch erwähneten Succurs
offeriren zu lassen, einigermassen bedacht worden; als bewerbe mich
äussersten Fleisses solche Intention so viel mehr zu fördern, als mit
ermeltem Fürsten auch ratione modi et quanti des Succurses und der
Gegenpraestationen wird können adiustirt werden Inmittelst wäre so
viel gewonnen, dass auch der blosse Ruf des churfürstlichen Succurses
von 12 000 Mann viel erspriessliches wirken und die französischen Waffen
unter Hoffnung eines Friedens in suspenso halten kann.
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VerbandlungeD Lambergs in Berlin. Brandenburg-spanisober Gonflict. 1075
Votum vom 19. Juli 1683. (Conc.)
[Ansiebt und Ratbscblag der Räthe bezüglich der Tom Kaiser in dem brandenburg-
spaniscben Conflicte zu beobachtenden Politik. Massregeln gegen die Unterstützung
der brandenburgischen Praetensionen durch die Staaten. Jägerndorf. Bemerkungen
zu dem lambergischen Projecte des osterreich-brandenburgischen Bündnisses. Instruc-
tion für Lamberg bezüglich der Subsidien, der Allianz, der Hilfe gegen die Türken
und des Friedens mit Frankreich.]
Die Räthe finden, dass die Verhandlungen mit Brandenburg dreierlei be- 19. Juli,
treffen : 1**. Den Ausgleich zwischen Spanien und Brandenburg. 2°. Die Wider-
vereinigung des Kurfürsten mit dem Kaiser und 3®. die Hilfe gegen den Erbfeind.
Die Räthe finden es nun befremdend, dass Spanien jetzt über die 500000
Thaler, von denen es früher gesprochen und die der Kaiser auf ihre Erklärungen
hin in Berlin hat anbieten lassen, noch weitere 100 000 Thaler ohne Mittheilnng
an den Kaiser in Berlin anbietet, da dies der Repotation Lambergs und des
Kaisers schade. Auch scheine es, dass Holland und Spanien überhaupt die
Angelegenheit mit Brandenburg selbst auszumachen und den Kaiser und Lam-
berg bei Seite zu lassen wünschen; massen dann Lamberg bei gegenwär-
tigen ConiunctureD und Nothstand ohne deme die Zeit schwerlich wird
gewinnen können dem deshalben im Haag vorhabenden Tractat nachzu-
reisen ^); doch aber da sich bei Steckung dieser Composition nachfolglich
auch die Widerherbeibringung des Churfürsten und die also angezettelte
Allianz und gute Einverständnus stecken möchten und aber zu vernehmen,
dass die Assignation auf 300 000 Thaler an Salz sehr unsicher und dahero
die Caution darüber von E^ K. M. möchte begehrt werden; so möchte
dem Marches de Grana darunter zugeschrieben und erstlich zwar nur
Erkundigungsweis dasienige angeführt werden, was oben von der neuerlichen
plus oblatione wegen des entführten Schiffs an die Churfürstin erwähnet
worden; er anbei aber auch erinnert werden, dass er sich die Richtig-
keit der Salzassignationen, oder doch allenfalls die Stellung einer gnug-
samen und annehmlichen Caution darfür wollte angelegen sein lassen,
damit das in so guten Weg gebrachte Werk sich daran nicht stosse und
rückgängig werde, zumalen Frankreich den Churfursten durch allerhand
Avantage auf seiner Seit zu confirmiren suchet. Da aber auch die General-
staaten und deren Minister zu Berlin') den Churfursten in seiner Prae-
tension auf die 3 Fürstenthümer in Schlesien zweifelsohne in Ansehung
der Religion zu steifen suchen und dahero sich der Interposition oder
Recommendation an E. E. M. gleichsam unternehmen, möchte dem
Eramprich mit Information in der Sach zugeschrieben und er darauf be-
>} Für die Verhandlungen im Haag vergl. Urk. u. Act. lU. 725, 734 ff.
^ Amerongeu.
68»
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1076 tX. Lamberg In Berlin, Anhalt in Wien. 1682 — 1684.
felcht werden, dass er die Staaten von solcher Interposition and Ein-
mischung in fremde Händel nachdrücklich abmahnen und divertiren solle.
Zumalen aber auch der Churfürst die jägerndorfische Praetension wieder-
um hat rühren und eine verlässliche Resolution und Richtigkeit urgiren
lassen, bei welcher er sodann noch etwas in Geduld stehen wollte, der
Graf von Lamberg aber darauf gefragt, ob sich solche Geduld bis zu
Endigung dieses Krieges erstrecken würde, so auch der Fürst von Anhalt
nit vor unthunlich angesehen, als möchte solches dem Grafen von
Lamberg approbirt werden, mit der Erinnerung, dass er dann darauf auf
die ihm vor diesem in instructione mitgegebene Oblation sich zur Richtig*
keitmachung anerbieten solle.
Andertens nun das sich veranlassende foedus betreffend, hat man
bei obangehörtemLam bergischen Project *) angemerket; 1^ wie darin alle die
conditiones einfliessen, welche sowohl Spanien, als E. E. M. beim Anfang
der Negociation zur churfürstlichen Reduction pro re communi angesehen
haben und mithin auch die Eintretung in den Associationstractat, Ein-
gehung einer Particularallianz mit Spanien und Ueberlassung der 2000
Mann clevischer Mannschaft, davon doch wie oben gehört die Eron
Spanien schon nachgelassen haben sollen; 2^. dass der brandenburgi-
schen ministrorum dabei gethane Erinnerungen dahin gehen, dass in die-
sem foedere nichts influire, was dem mit Frankreich habenden foedere (so
sie ganz innocent und unnachtheilig nennen) zuwider sein möchte, als da
ist, dass sie den Churfürsten wider die von Frankreich bereits verübte
Einbruch nicht verbinden, auch sich wegen Italien, Mailand und Lothringen
nicht einlassen wollen, welches ein klares Zeichen ist, dass der Churfürst
der Eron Frankreich in selbigem foedere das praeteritum gebilliget und
versprochen habe sich des Reichs ausser Deutschland nicht anzunehmen,
dass mithin der Churfürst aus dem jetzt antragenden foedere den begehr-
ten Beitrag von 300000 Thalern geniessen und gleichwohl ichtwas wider
das vorige französische foedus zu thun nicht obligirt wäre, wie er dann
kraft dessen den Frieden mit Frankreich einzugehen und denselben hoc
rerum statu, da man beeden Potenzen nicht gewachsen sein kann, pro
indispensabili einzurathen beständig continuirt.
Im übrigen müsse man warten, was brandenburgischerseits auf dieses Pro-
ject geantwortet werden wird. Indessen wäre dem Lamberg sein Project
insoweit zu approbiren und ihm an die Hand zu geben, dass er den
terminum requisitionis, wie andere foedera, auf 4 oder 6 Wochen, den
') VergL p. 1068f.
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Des Knrffirsten Praetensionen. Oestemich-brand. Allianzproject. 1077
terminom darationis aber, wie das fränkische, auf 5 Jahr, oder bis der
Fried im Reich stabilirt sein werde, item de vigore huius foederis von
chorbrandeDburgischer Seiten auf 5000 (ein dritt davon zn Pferd und
2 dritt zu Fuss) antragen und sich dargegen mit 8 oder 9000, wie mit
Chursachsen, einlassen könne'); item dass er den art XI. in puncto
praestationis auxilii contra Gallum cessante hello Turcico dahin zu decla-
riren suche, dass £. E. M. dem Churfnrsten alsdann zu helfen schuldig
wären, wann sie selbst in ihren Erbländem nicht angefochten wären, oder
dessen in praesenti periculo ständen. Da nun aber hingegen der Chur-
fürst den diesseitigen Beitrag an Quartieren, Assignationen oder baarem
Geld bis 300000 Thaler pro conditione sine qua non und dergestalt
setzet, dass bis zu dessen Erklärung sowohl das foedus als die spanische
Beilegung in suspenso werde bleiben müssen , so will hierauf die alier-
schwerste DifGcultät ankommen, da zwar der Graf von Lamberg die
Assignation der Bisthümer Münster und Paderborn vorgeschlagen, die
Churfarstliche sich auch vernehmen haben lassen, dass der Churforst
des zu Soest *) wider die assignationes gemachten foederis ungeachtet
möchte geschehen lassen , dass solche assignationes zu diesem End ein*
getrieben wurden; wie aber dabei nicht zu sehen, dass der Churfarst
solche assignationes selbst übernehmen wolle, sonsten aber auch sehr
schwer fallen würde diese beide Bisthümer der Uncatholischen Execution
zu übergeben und aber auch nicht abzusehen, wie E*^. E. M. Hofkammer
derzeit solchen schweren Beitrag auf sich laden könne, so haben die ge-
horsamste deputirte Räthe ein anderes vor diesmal nicht erfinden können,
als weiln ohne deme bei jüngst erfolgten tötlichen Hintritt des Bischofs
zu Münster und Paderborn *) nöthig sein wird jemand von hier zu Ob-
servirung der neuen Wahlen dorthin abzufertigen, dass derselbe wohl
instruirt werde, wie er peractis electionibus dem neuen Bischofen sowohl
die necessitatem publicam, als auch der Bisthümer Conservation und
Convenienz hierunter, dass sie sich lieber andern Reichsständen confor-
miren als sich in Unruhe setzen sollten, nachdrücklich dahin remonstrire,
dass sie diesen Beitrag auf 130 oder 145 Römermonat nach ihrem
Matricularanschlag (so bis in 1696 80000 0ulden austragen wird) über-
') Sachsen hatte am 4. Juni 1683 mit Leopold einen Vertrag bezüglich der
Türkenbilfe geschlossen. Yergl. Böttiger, Gesch. Sachsens II. 172. Klopp, Das Tür-
kenjahr 1683, 261.
^ Recess vom 27. Febr. 1683 zu Soest; der Hauptrertrag Tom 4./I4. Sept. 1682
zu Neuhaus, vergl. Möraer 1. c. 433 f.; Puf. 1. c. XVUI. 72.
*) Ferdinand II. Ton Fürstenberg f 26. Juni 1683.
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1078 IX. Lamberg in Berlin, Anhalt in Wien. 1682—1684.
nehmen, dahingegen auch der Graf von Lamberg bei dem churfürstlichen
Hof sich auf s änsserte bemühen solle das Begehren der 300 000 Thaler
so viel als immer möglich herabzubringen, um also zu sehen wie heraus-
zukommen sein möchte.
Damit aber drittens das dermalen zum nöthigsten und andring-
lichste Succurswesen sich daran nicht hemme, hätte der Graf von Lam-
berg dem Churfürsten vorzustellen, wie er zwar gnugsamlich instruirt
wäre die vorhabende Allianz alldort einzugehen und zu schliessen, massen
E.E.M. auch das Mittel darzu der münster- und paderbornischen Assigna-
tionen vor gut anseheten und mit noch mehrers, da sich einiges zeigte,
dem Churfürsten gern an die Hand gehen würden. Wie er aber von
Selbsten leicht erachte, dass die gegenwärtige äusserste Noth der bei der
wienerischen Belegerung und sonst gegen den Türken periclitirenden
ganzen Christenheit viel andringlicher ist, als dass deren gemeinsame
eiligste Abtreibung bis zur Perfectionirung ermelten foederis sich ver-
ziehen könne, anbei aber auch wohl zu erwägen hat, dass wann Wien (da
Gott vor seie) verloren gehen sollte, wie leicht der Feind sofort in Schle-
sien und femer in die churfürstliche Mark vorbrechen könnte, also E.
K. M. sich zu des Churfürsten Generosität und hochvemünftigen Mitbe-
herzigung versehen wollten, dass in völligsten Vertrauen zu E^ K. M. er
nicht weniger als Churbaiern (so bereits im Anzug seie') und Chur-
sachsen '), auch die schwäbisch-fränk- und oberrheinischen Kreis ') (welche
darzu allschon erbietig seien) E'. K. M. gegenwärtig und eiligst ein
Succurs von 10000 Mann seiner wohlgeübten Soldatesca, (wie sich ob-
verstandener Massen die churfürstliche ministri hätten vernehmen lassen)
7, zu Ross und 7t ^^ ^^^^ ^^ schicken und deren Marche also werden
beschleunigen lassen, dass sie in Zusammenstossung mit den kaiserlichen
und obgedachten Auxiliar- und dann denienigen Völkern, welche vi
foederis aus Polen darzu zu stossen haben ^), die so hoch importirende
belegerte Stadt noch in Zeiten mögen entsetzen helfen.
Femer sei dem Lamberg ao&atragen, dass wann der Churfürst nochmaln
wegen des Friedens mit Frankreich Antreibung thäte, dass er contestire,
wie E. E. M. nichts mehrers als denselben, wann er nur sicher und zu-
verlässlich sein könnte, desiderirten, auch festiglich dahin bedacht und
») Vergl. Klopp 1. c. 289.
») Vergl. Klopp 1. c. 290.
») Vergl. Klopp 1. c. 289.
«} Abdruck bei Da Mont 1. c. vn., 62ff. Vergl. Klopp 1. c. 1721
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Oesterreich-brand. Allianz. Sendung Anhalts nach Wien. 1079
intentionirt seien, sobald nur gegenwärtige Noth durch die Succursen
werde abgetrieben sein, dem Friedenswerk zu Regensburg selbst allen
Calor und Nachdruck zu geben '), und wie dann ohne deme nicht zu ver-
muthen, dass Frankreich die Christenheit und das Reich bei solcher
Noth vor dem Erbfeind auch noch innerlich werde turbiren und über-
fallen wollen, also würde auch die Hoffnung eines beständigen Friedens
desto näher sein, wann selbige Eron sehen sollte, dass der Cburfürst zu
Brandenburg sich mit E'. E. M. festsetzen thäte. Die Unterstützung des
Kaisers bei den Generalstaaten wegen Zahlung der Subsidienrückstände kann
Lamberg versprechen ; ebenso die Erhebnng des von Schweinitz, des Hofmeisters
des jungen Prinzen, in den Herrenstand.
Berathen am 19. Juli 1683 praesentibns Zinzendorf, Königsegg, Stratman ;
Bewer und Koch.
Lamberg an den Kaiser. Dat. Potsdam 21. Juli 1683. (Or.)
[Anhalts Bemöbungen im Interesse des Kaisers. Vertrauen des Eurfärsten zu Anhalt
Herabminderung der Truppenzahl und Befriedigung Derfflingers. Forderungen Bran-
denburgs. Ostfriesland. Jägemdorf. Anhalts Ansicht bezüglich der übrigen schle-
sischen Prätensionen. Seine Unterredung mit dem Kurfürsten über die Stellung
zu Frankreich. Ansicht Lambergs über Friedrich Wilhelms Gesinnungen. Aeusser-
ungen desselben an R^benac. Brandenburg- braunschweigische Allianz. Derfflinger.]
Anhalt hat sich besondere Mühe gegeben den Kurfürsten für die Sache 21. JnlL
des Kaisers zu gewinnen, es gelang ihm auch den Knrfürsten zu dem Aus-
sprache zu vermögen, sie spürten nun ganz bell und klar, wie aufrichtig
und wohl er es mit ihre meine, setzte derowegen ihr völliges Ver-
trauen in seine Person und wollte die Negociation an E*^. E. M. Hof
nebenst einer absoluten Pienipotenz seiner eigenen Vernunft und Wohl-
meinuDg heimgeben.
Lamberg versucht Anhalt zu bewegen für die Herabminderung des Corps
auf 6000 Mann zu wirken ; dies gelingt, nur wird, um Derfflinger zu versöhnen,
der 12000 commandiren will, demselben von Anhalt versprochen, beim Kaiser
dahin zu wirken, dass zu den 6000 Brandenburgern noch 3 — 4000 Kaiserliche
stossen und unter Derfflingers Commando stehen sollten. Was nun die vor
den schickenden Succurs churfürstlicher Seiten verlangte Gegenpraesta-
tiones betriflFt, so scheint der H'. Cburfürst auf seiner ersten Unterhalts-
praetension von 300000 Tbalern verbleiben zu wollen, vorderst noch die
Begierd zeigend das Fürstenthum Ostfriesland an ihne für das neulich
specificirte Quantum der 100 000 Reichsthaler assignirt zu haben. Wegen
Jägerndorf eröffnete mir der Fürst es dahin gebracht zu haben, dass
Vergl. Pachner 1. c. II. 457 ff.
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1080 I^* Lamberg in Berlin, Anhalt in Wien. 1682 — 1684.
Ch. D. Ton ihrem vorigen petito auf Land and Leat oder das Herzog-
tbam Selbsten abgewichen und sich nonmehr mit baarem Geld, ia wohl
mit 200000 Thalern befriedigen würde, der Fürst auch selbst dahin
arbeite, damit solches Geld zu Erkaafdng anderer Güter verwendet
werden möchte. Die von dem Meinders ausgefundene unrichtige Prae-
tension auf die 3 Herzogthümer zu treiben, will der Fürst nicht über-
nehmen, hofift auch, dass man davon abstrahiren werde. In Beförderung des
Friedens mit Frankreich findet er sich zwar zu instruiren, iedoch nur
selbige mit aller Bescheidenheit zu treiben und immer vorzustellen, dass
die Behauptung Strassburgs S'. Ch. D. eine fast unthunliche Sach be-
dünke, vermeinend, wann alles das übrige von erwähnter Eron zurück
zu bekommen wäre, der Frieden noch wohl erkauft sein würde. Als
aber der Fürst diesfalls Fragweis eingewendet, ob bei Hinterlassung
Strassburgs, gleichwohl Lothringen und Zwey brück herüber kommen
würden, antworteten sowohl der H^ Churfürst als Fuchs, so dabei ware^
sie könnten nicht glauben, dass Frankreich sich amicabiliter dahin ein-
lassen würde. Darauf insistirte der Fürst weiter mit dem Vorschlag
und Frage, wann Zwey brück für Schweden zu erhalten wäre, dieses
herentgegen Stettin an I. Ch. D. überlassen wollte, ob man nicht auf
Restitution solchen Herzogthums beharren sollte, welches dann allen
beiden trefflich in die Augen gefallen. {: Der Fürst aber thäte mich
versicheren, dass, ungeachtet aller mitnehmender Instruction, er gegen E.
E. M. und des Reichs Interesse zu Linz so wenig negotiiren, als zu Re-
gensburg votiren wolle : |. Im allgemeinen hält Lamberg des Kurfürsten Ge-
sinnung für gut; er fürchtet nur Einwirkungen von aussen her. Lamberg hat
erfahren, dass als gestern der französische Minister in gehabter Audienz
bei dem Herrn Churfürsten selbigem fast bedrohlich zugesprochen, sein
Eönig würde die churfürstliche gegen E^ E. M. Interesse sich mehr und
mehr äusserende Demarches änderst nicht als empfindlich aufnehmen
können, I. Ch. D. darauf versetzt, das Hemd sei ihre näher als der Rock
und seien sie ein Churfürst des Reichs, hätten E'. E. M. Hilf gegen den
Türken versprochen und wollten noch ein mehrers thun, als sie bis dato
resolvirt hätten*). Worüber der Franzos sehr consternirt worden und
finden sich insgemein bei gross und klein die Gesichter gegen ihn so
verändert, dass mich fast selbst nicht in die Metamorphosin zu schicken
weiss und die Hand Gottes bei dem Werk, so alles so unvermuthlich
umgekehret, greiflich spüren muss *) Der Kurfürst wünscht, dass jetzt gleich
1) Vergl. ürk. u. Act. IH. 740.
3) Vergl. Klopp, Das Torkenjahr 1683, 268.
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Ansichten Anhalts. Tnrkenhilfe. 1081
aacfa die spanische Angelegenheit TÖllig geordnet werde. Der Fürst von An-
halt hat die brannschweig-brandenburgische Allianz in solchen Stand gebracht,
dass dieselbe auch in seiner Abwesenheit abgeschlossen werden kann ^). Derff-
linger betont Lamberg gegenüber, wie gerne er für den Kaiser kämpfen mochte.
Der Kaiser an Lamberg. Dat. Passau 21. Jnli 1683. (Conc.)
[Tnrkenhilfe. Allianz mit Brandenburg.]
Lamberg soll trachten, dass die Absendung der Hilfstmppen Sachsens'} und 21. Juli.
Brandenburgs so rasch als möglich erfolge ; er kann dem Kurfürsten von Bran-
denburg die Versicherung geben, dass der Kaiser die geplante Allianz auch
dann in einer den Interessen Brandenburgs entsprechenden Weise werde zum
Abschlüsse bringen lassen.
Lamberg an den Kaiser. Dat. Berlin 28. Juli 1683. (Or.)
[Bemühungen der Franzosen Friedrieb Wilhelm Ton der Unterstützung Leopolds
gegen die Türken abzuhalten. Lotbringische Angelegenheit]
Die Franzosen setzen ihre Bemühungen fort den Kurfürsten von einer 28. Juli.
Unterstützung des Kaisers gegen die Türken abzuhalten. Der Herzog von
Sachsen-Lauenburg hat im Namen des Herzogs von Lothringen Hilfe vom Kur-
fürsten erbeten, aber keine andere Antwort erhalten als Lamberg'); insbesondere
betonte auch diesmal der Kurfürst die Nothwendigkeit des Friedensschlusses
mit Frankreich*).
Der Kurfürst an den Kaiser. Dat Potsdam 18./28. Juli 1683.
(Or.)
[Türkenbilfe.]
Lamberg hat des Kaisers Schreiben vom 22. Juli übergeben*) und auch münd- 28. Juli,
lieh die Gefahr vorgestellt, in der sich der Kaiser durch den Anmarsch der Türken
befinde. Der Kurfürst erkennt die Gefahr, welche dem Kaiser droht, ist auch
bereit ihm zu helfen, zu welchem Ende ich meinen in Preussen stehenden
Regimentern bei übermorgender Post Ordre zusenden werde, aufzubrechen
und zu marchiren. Anhalt dürfte schon angelangt sein und mitgetheilt
Die Allianz wurde erst am 2. Aug. 1684 geschlossen; Morner 1. c. 460 ff.
3) Für die sächsischen Verhältnisse Klopp, Das Türkenjahr 1683, 261, 290ff.
^ Vergl. Klopp, Das Türkenjabr 1683, 271.
*) Als Beilage zu diesem Schreiben übersandte Lamberg ein sehr interessantes
Schreiben Rebenacs an Fuchs und dessen Antwort; abgedruckt bei Klopp, 0., Das
Türkenjahr 1683, Anhang 547ff.; vergl. auch Text 268ff.
^ Liegt nicht vor.
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1082 IX. Lamberg in Berlin, Anhalt in Wien. 1682—1684.
haben, was ihm anfgetragen worden sei. E. E. M. können versichert sein,
dass alle die Vorstellungen, so I. L. meinetwegen thun werden, aus treuen
Gemüth gegen E. E. M. herfliessen und dass ich bei itziger äussersten
Noth darzuthun verhoffe, wie redlich ich es jeder Zeit mit E^ E. M. und
dero Erzhause gemeinet. Wegen der Anzahl, Zeit, Orts und Anzuges
meiner Truppen will ich mich alsdann erklären, wann vorermelter Graf
von Lamberg von seiner Reise nach Dresden wird zurückgekommen sein,
weil ich mich deshalb in so geschwinder Eil nicht völlig entschliessen
kann.
Gutachten vom 8. August 1683. (Conc.)
[Beratbung mit Anhalt. Dessen Aaseinandersetzungen nber die allgemeine Lage,
über die Nothwendigkeit des Friedens mit Frankreich und aber die Verhandlungen
Larobergs zu Berlin über die Türkenhilfe. Praetensionen Brandenburgs auf Jägemdorf,
Liegnitz, Brieg und Wohlau. Verhandlungen der Räthe mit Anhalt. Erwägungen der Räthe
am 8. Aug. über die Unzweckmässigkeit der Annahme der brandenburgischen Aner-
bietungen. Nothwendigkeit trotzdem mit dem Kurfürsten auf gutem Fuss zu bleiben.
Rathschläge für die weiteren Verhandlungen mit Anhalt. Derfflingers Erhebung zum
Feldmarschall des Kaisers. Fuchs. Personliches Erscheinen des Kurfürsten zu Regens-
burg. Dänemarks Pläne gegen Lübeck.]
8. Aug. Bei der Berathang mit dem Fürsten von Anhalt am 7. Aug. bringt dieser
vor, wie gefährlich die Lage des Kaisers sei, dass aber ausgiebige Hilfe
von dem Reiche zu erwarten stünde, falls man vor Frankreich sicher wäre.
Das sei man aber nicht; dazu komme, dass Dänemark Lust zeige gegen
Schweden und Braunschweig vorzugehen*). Demnach stehe leicht zu er-
achten, dass da der Ttirk also ab Oriente, der Franzos ab occidente
gegen dem Rhein and Dänemark a septentrione gegen Bremen und Pom-
mern dem Reich zugleich also zusetzten, in was Confusion und Convo-
lution alles gerathen müsste; dass demnach vor allem dahin zu sehen,
wie die Sach aufs ehist und best gegen Frankreich in Sicherheit zu
stellen und sich also der Rücken frei zu machen seie, um mit desto
bessern Vigor und Nachdruck die mit dem Reich zusammensetzende
Kräften gegen den Erbfeind zu gebrauchen. Dabei dann des Churfarsten
Intention im geringsten nicht seie gedachter Krön einigen Vorthl hier-
durch zuzuspielen, (als worgegen er protestire); hingegen aber, seinen Eifer
E^ K. M. und der Christenheit um so mehr zu contestiren, bereit seie, seine
Hülf sogleich zu schicken und allein bedaure, dass sein jetziger Gesundheits-
stand ihme nicht zulasse in eigner Person demselben gegenwärtig zu sein').
>) Vergl. Puf. 1. c. XVIIL 95; Carlson 1. c. V. 261 ff.
2) Vergl. Puf. 1. c. XVIIL 95.
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Beratbung der kaiserlichen Räthe mit Anhalt. 1063
Anhalt berichtet ferner, was massen der Graf von Lamberg nach em-
pfangenen Nachricht des urplötzlichen türkischen Vorbruchs eine Hülf vom
Churfürsten und zwar auf die ihme wegen der Anzahl beschehene Anfrag
auf 6000 Mann begehrt, die auch der Churfürst sobald auf 4500 zu Ross,
1000 Reuter und 500 Dragoner mit aller Zubehör resolvirt habe und ob
ihm schon diese Anzahl gegen der so grossen Noth gering und dass mit-
hin das Volk nur auf die Schlachtbank würde geführt werden bedünken
wollen und dahero von 12 — 13000 offerirt; gleichwohlen, als der Graf
von Lamberg etwa gewisser Absehen halber ein mehrers nicht annehmen
wollen, dabei acquiescirt seie, doch da solche 6000 Mann auf churfürst-
liche Spesen zu erhalten sein werden, dass denselben bis zutn Ort der
Operationen E. K. M. Brod, Eier, Salz und Fütterei beischafifen und
reichen liessen, welches dann auch der Graf von Lamberg gebilliget habe;
wie dann auch, da der Churfürst auf allen fernem Nothfall seine ganze
Macht oflferire, dass ihme auch hinwiderum die anerbotene 200000 Reichs-
thaler jährlich und zwar in richtigen Quartalen sollen gefolget werden;
wie dann noch ferners auch, da der Churfürst auf vorgedachten eventum
noch grösserer Noth seine Völker in Reserva halten müsste, dass noch
andere 100 000 Thaler hinzugesetzt und entweder baar gereicht oder auf
Ostfriesland, Bentheim und Rietberg assignirt würden; item dass E. E. M.
das Subsidienwerk mit der Eron Spanien also zum Effect poussiren
wollten, dass ihm die vergleichende 200 000 Thaler an baarem Geld so-
gleich und dann die andere 300000 Thaler in Salz mit richtigen Ter-
minen bezahlt werden. Im Uebrigen, da der Churfürst zwar Bedenken
trüge E. E. M. dermalen bei solchem Nothstand mit seinen Praetensionen
zu behelligen, hätte er doch wegen der Jägerndorfischen nicht unerinnert
lassen sollen, ob ihme darfür 200000 Thaler in Geld möchten ausgefolgt
werden, wormit dann, wie er von der Praetension an Land und Leut
und E'. E. M. abstünde, darfür aber von Sachsen -Weissenfeis dessen
feilschlagende Aemter, Querfurt, Jüterbog, Dahme und Burg zu kaufen
vorhabe, E. E. M. ihme zu solchem Eauf gnädigst helfen wollten. Wegen
der 3 Fürstenthümer Brieg, Liegnitz und Wohlau, wollte er diesmal ab-
strahirt haben, damit es nicht scheine, als wann er ex publica calami-
tate seinen Vorthl machen wollte, des Versehen, dass diese seine Con-
tinenz ihme nicht praejudiciren, sondern zu künftiger desto leichterer Er-
haltung billiger Satisfaction dienen werde.
Hierauf nun, wann diese conditiones von E^ E. M. gebilliget und
eingegangen würden, seie ihm ein Allianzproject darüber zu E^ E. M.
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1084 IX. Lamberg in Berlin, Änh< in Wien. 1682—1684.
Approbation committirt worden, also zwar, dass sobald darauf — der
Ratification auch unerwartet — die Völker anmarchiren, von denen kai-
serlichen commissariis ülj^mommen und hingeführt werden sollen, wo sie
es gut oder nöthig finden würden. Und wie dann der Churfurst zu
denenselben ihren Feldmarschall, den Derfflinger, deputirt hätte, also
und damit des Commando halber aller Stritt und Difficultät vermieden
bliebe, der Churfurst verlangen thue, dass wie vor diesem der Sparr*),
also auch diesmal der Derfflinger zu E'. E. M. Feldmarsohall möchte
declarirt werden. Andere geringere zur Allianz gehörige puncta, als die
Recrutirung und dergleichen mehr betreffend, würden auf denen vorigen
Allianzen de annis 1672, 73, 74 leicht zu nehmen sein und communi-
cirte endlich dabei, wie der Churfurst sich noch erst allerjüngst gegen
Chursachsen in Antwort habe vernehmen lassen, dass in eventum der
errichtenden Sicherheit von Frankreich und Schweden er mit 15000
Mann in eigner Person oder durch seinen Feldmarschall gegen den
Türken anziehen wollte').
Die Rätbe nehmen alles ad referendnm, betonen aber, wie der Succurs
kein moram leide, sondern in aller Schleunigkeit nöthig, mithin auf viel
tractirens nicht anzubinden, da doch die gestellte conditiones schwerer
schienen, als dass solche zu praestiren und mithin dem Tractat so ge-
schwind abzuhelfen dermalen weder im Vermögen noch Kräften £'. K.
M. stünde, absonderlich da er Fürst nicht begewaltiget sein sollte die-
selbe um ein gutes zu moderiren. Der dann sogleich replicirte: Es wäre
seines Stands nicht durch viel gradus und ambages zu negotiiren, son-
dern obvermeltes seie alles, so er in commissis habe, worüber innerhalb
3 Tagen leicht ein ganzes gemacht, darauf in 5 Tagen ein Courier zu
Berlin sein könne und die Völker alsobald heranrücken würden; ohne
seie nicht, dass die conditiones etwas schwer; der Vorthl und Nutzen
aber, den £. E. M. daraus zu ziehen hätten, würde leicht alles suppliren.
Am 8. haben die Räthe über diesen Vortrag des Fürsten von Anhalt be-
rathen und gefunden, dass was Anhalt vorgebracht mit dem übereinstimme, was
Lamberg berichtet hat.
Anbelangend aber, dass der Churfurst bei diesem betrübten Zustand
seine Seiten so hoch spannen und aus der allgemeinen Calamität in
particulari so hohen Nutzen von E^ K. M. ziehen will, solches fallet nicht
1) Otto Christof Freiherr von Sparr war im Türkenkriege 1663—1664 Föhrer
der Brandenburger in Ungarn gewesen. Vergl. über ihn Klaprotb L c 354 f., speciel)
über seine Thätigkeit im Jahre 1664 Urk. u. Act. XL 326 ff.
3) Inhalt der Proposition Anhalts bei Pnf. 1. c. XVIII. 95; Droysen 1. c. 754 ff.
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ürtheil der kaiserlichen Rathe über Brandenburgfs Forderuiiffen. 1085
änderst ah sehr hart und untröstlich und will darsu noch fast scheinen,
dass dessen Succurs wenigst Wien zu entsetzen nicht mehr in tempore
ankommen dörfte, hernach aber bei herzurückenden Winter denen Erb-
landern mehr beschwer- als verhiilflich sein würde*); dass also, wann
Dicht die Reflexion dahin zu machen wäre, dass man ihne, Churfursten,
diesfalls sollte fahren lassen, zu besorgen und gleichsam sicher seie, dass
er auf die französische Seiten völlig wieder fallen werde, (sie) Es will
aber bei allem deme aus der vorabgehörten anhaltischen Vollmacht nicht
scheinen, dass der Churfurst sich völlig herüber begeben, die französische
Partei quittiren und mit E'. K. M. sich alliiren wolle, indeme dieselbe
sich durchaus nur auf den Türken restringirt und also die Allianz, so
durchaus mit E^ K. M. und dero löblichem Erzhaus unter so grossen
Geldpraestationen intendirt wird und vom Grafen von Lamberg proiectirt,
den churfürstlichen ministris eingereicht worden, tacite praeterirt und
angeslellt. bleibt. Wie jedoch aber bei gegenwärtigen so unglücklichen
Stand alle Unfälle noch femers reiflich vorzusehen seind, so etwa die
flichtentsetz- und Verlierung der Stadt Wien, oder sonst einen unglück-
lichen Streich, da Gott vor sei, nach sich ziehen kann und dann, damit
man den Churfursten im widrigen nicht gar zum Feind habe, vermeinen
die gehorsamste deputirte geheime Räthe, dass dessen Behandlung keines-
wegs aus Händen zu lassen, sondern unterdessen seine oblationes, so-
¥rohl ietzt gegen den Türken mit 12000 Mann, als auch künftig, wann
das römische Reich mit Gewalt sollte angefallen werden, mit aller seiner
Macht zu succurriren, zu Dank anzunehmen seien.
Die Räthe sind daher der Ansicht, man möge dem Kurfürsten für sein
Anerbieten danken und bezüglich der Sicherheit gegen Frankreich mit dem er-
widern, was man über diesen Punkt unlängst sowohl zu Regensburg ^, als auch
den geistlichen Kurfürsten hat vorstellen lassen.
Soviel aber die specificas conditiones belangt, so der Churfurst gegen
dem vom Grafen von Lamberg begehrten Succurs von 6000 Mann sich
bedingt und zwar gegen obverstandene 200000 Thaler baar Geld in
richtigen Quartalen, 100000 Thaler in Assignationen an Ostfriesland,
Bentheim und Rietberg, item 200 000 Thaler wegen der jägerndorfischen
Praetension, als mit welchen er auch um so weniger wird zuwarten
wollen, als die 4 Aemter, so er von Sachsen -Weissenfeis darvor zu
^ Diese Stelle wortlich bei Klopp, Das Türkenjahr 1683, 377; auch sonst ist
dieses Votum bei Klopp citirt.
3) Decret Tom 24. Juiii/4. Juli 1683, Pachner y. Eggerstorff 1. c. II. 457 ff., Tom
30. Juli/9. Aug. 1683 U. 466 ff.
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1086 IX. Lambergr in Berlin, Anhalt in Wien. 1682 — 1684.
kaufen Willens, kurzer feil bleiben oder von andern möchten Torgekauft
werden; dass also E. K. M. fast^uf einmal 400000 Tbaler zu gerechtlen,
der Churfürst aber wegen des Anzugs seiner Turkenhülf mit mehrge-
dachten 6000 Mann diesmal von E'.K.M. 500 000 Thaler, auch so viel
von Spanien wegen des Subsidienrest und dann ingleichen von Holland
bis in die 300 000 und also zusammen 1 300 0000 Thaler zu gewarten
hätte, ohne dass man noch einigergestalt sicher oder sehen könne, dass
der Churfürst ausser dieser Türkennoth sich mit E^ K. M. und dero löb-
lichen Erzhaus zu alliiren gesinnt seie, dahero solches wohl zu beobachten
und unter andern auch also zur Gewissheit zu treiben sein wird, dass
man die vom Lamberg proiectirte Allianz insoweit an den vorhabenden
Tractat gegen den Türken anbinde und dem Fürsten von Anhalt be-
deute, dass E. E. M. zugleich selbige Allianz nach dem Lambergischen
Project, insoweit als die churbrandenburgische ministri seiner Relation
nach nichts darwider gehabt haben, zu schliessen bereit wären; da sich
alsdann schon ergeben wird, ob er sich auch darzu bevollmächtigt finde,
oder in Fortsetzung des türkischen dieses wolle declinirt werden. Ob
und um wie viel höher aber der Churfürst die conditiones des Geldbei-
trags erhöhern wollte, wann die von ihm anerbietende 12000 Mann
sollten acceptirt werden, hätte man gegen den Fürst von Anhalt darvon
völlig zu abstrahiren; sollte derselbe aber von selbst darauf antragen
und verharren, auf solchen Fall man in Remonstrirung solch unerschwing-
licher Mittel gleichwohl wieder zurück auf die Bedingung der 6000
fallen könnte.
Man könnte Anhalt femer vorstellen, wie schwer es dem Kaiser unter den
herrschenden Verhältnissen sei Geldsubsidien zu gewähren, worbei dann, wie
auch E. E. M. nicht gern auf ein mehreres sich einlassen wollten, als sie
zu erfüllen sich getraueten, so wollten sie doch, um den Churfürsten auch
einigermassen in seinem Verlangen zu begegnen, sich aufs letzte an-
greifen und 100000 Reichshaler Quartalweis an Geld aufbringen, auch
ihre officia mögligst einwenden, damit ihm an Assignationen in der Güte
ebensoviel erfolgen möge, wie dann etwa auch destwegen mit dem hanno-
verischen Abgesandten allhier, dass sein Principal dem Churfürsten obge-
dachte Stände, als Ostfriesland, Bentheim und Rietberg fahren lassen
möchte, zu reden sein möchte; ein mehrers befindeten E. E. M. ihro
ganz unmöglich und wollten sich dahero auf des Churfürsten Grossmüthig-
keit versehen, dass bei ihrem so grossen Vermögen und da sie einen
als andern Weg ihre Mannschaft bei diesen beschwer- und gefahrlichen
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Urtbeil der kaiserUchen R&tbe Aber Brandenb. Forderun^D. 10g7
Lauften aaf den Beinen halten und unterhalten müssten, die bei ihr
insoweit mitstehende Rettung auf ein unthunliches nicht femers werden
treiben wollen. Wie dann femer auch auf die Anforderang, dass die
Tölker usque ad locum operationum mit Lebensmittel und Fütterei ver-
sehen werden sollten, dem Fürsten darzustellen sein wird, was ingleichem
Churbaiem repraesentirt worden und wie derselbe darauf zur Billigkeit
sich eingefunden habe, mit Anfahrang, zu was Übeln Beispiel und Conse-
quenz es auch bei andern Auxilianten hinauslaufen würde, wann mit
ihme, Churfürsten, es änderst als mit ihnen sollte gehalten werden.
Soviel auch die jägemdorfische Praetension belanget, dass wie ob-
verstandener Abgang der Mittel die paratam solutionem ebenmässig auch
dies Orts vor anietzo impossibilitire, also, und obschon bereits vielfaltig
remonstrirt worden, dass der Churfürst darunter einiges Recht nicht habe,
wollten jedoch E. E. M. ihme, Churfürsten, das zu praestiren nicht unter-
lassen, was zu Erhaltung guter Freundschaft und Verstandnus mit ihme
schon anerboten worden, allein dass er damit bis zur Endigung dieses
beschwerlichen Kriegs zu warten und zu obermelten Erkaufung der
sachsischen 4 Aemter das Geld aus seinen Mitteln inzwischen herschiesse ;
da dann^ wann änderst von dem Churfürsten zu Sachsen ermeltem Ver-
kauf keine Opposition geschehen sollte, E. E. M. zu dessen Facilitir- und
Beförderung ihre ofßcia nicht würden ermanglen lassen; des femera
gnadigsten Versehens, dass der Churfürst sich inzwischen auch wegen
der 3 Fürstenthümer Brieg, Liegnitz und Wohlau besser werde informiren
lassen und begreifen, wie wenig einiger Ansprach femers darauf zu fün-
diren stehe.
Die Eraennong Derfflingers zum kaiserlichen Feldmarschall, sowie die Adels-
erhebuDg des Fochs rathen die kaiserlichen Minister zuzugestehen. Endlich sei
dem Kurfürsten mitzutheilen, dass der Kaiser sich im October persönlich nach
Regensburg begeben werde, um dort wegen des Friedens mit Frankreich und
der Reichssicherung berathen zu lassen , wozu des Kurfürsten personliches Er-
scheinen gewünscht wird. Da verlaute, dass Dänemark einen Angriff auf Lübeck
vorhabe, soll Lamberg den Kurfürsten um seine Vermittelung angehen ').
Berathen am 8. Aug. 1683 praesentibus Zinzendarf, Königsegg, Stratmann,
Secretiie Bewer und Koch.
Vergl. Droysen 1. c in., 756.
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1088 IX. Lamberg in Beriin, Anhalt In Wien. 1682 — 1684.
Bescheid fllr Anhalt. Dat. Passau 11. Ang. 1683. (Conc.)
[UebereiDstimmung der Ansichten des Kaisers und des Kurfürsten bezüglich der Notb-
wendigkeit des allgemeinen Friedens. Verhandlungen in Regensburg. Erwiderung
auf die kurfürstlichen Anerbietungen.]
11. Aug. Der Kaiser befindet sich in voller üebereinstimmung mit dem Kurfürsten
bezüglich der Nothwendigkeit der Herstellung des Reicbsfriedens , allermassen
solches die viele Schickaogen, kaiserliche officia, auch unterschiedliche
in Regensburg und die allererst allda 2 letztere eingegebene kaiserliche
decreta^) gnugsam bezeigen, worauf sie und sonderlich auf das von
Frankreich iüngst anerbotene Alternativum *) von den des heiligen, römi-
schen Reichs Churfnrsten, Fürsten und Standen befurderliche Gutachten
erwarten und nicht vermuthen, dass der allerchristlichste König sich
des gegenwärtigen Turkenkriegs zu seinem Vortheil bedienen, noch auf
der Zeit, ad ultimum gegenwärtigen Monats Augusti, werde bestehen und
dadurch in Ansehung der Inpracticabilität der so sehr bedrängten
Christenheit mehrers eine Begierde zum Krieg als zum Frieden werde
darstellen wollen.
Der Kaiser reist im October nach Regensbarg und ersucht den Kurfürsten
dort persönlich zu erscheinen und den König von Frankreich zur Annahme
eines billigen Friedens günstig zu stimmen. Auf allen Fall aber gereichet
P. K. M. zu sonderbarer gnädigster Consolation, dass mehr hochgedachte
S. Ch. D. vermög dero Weltbekannter Generosität sich anerbieten, allen
feindlichen Attentaten, so sich gegen das römische Reich ereignen
möchten, mit allen dero Kräften sich patriotisch zu widersetzen, so sie
nunmehr im Werk selbsten erweisen, indem sie P. K. M. dero Hülf
wider den Erbfeind . . . beförderlich anerbieten.
1^. Solchemnach thuen I. K. M. erstens die Hülf per 12 000 Mann
(so vermuthlich in 8000 zu Fuss und 4000 zu Pferd bestehen möchte)
mit gnädigstem Dank annehmen und sich dahin verlassen, dass selbe
zu Ende dieses laufenden Monaths Augusti oder längstens inner den
ersten 8 Tagen des nächstkünftigen Septembris sich mit dero kaiser-
lichen Armee coniungirter befinde, damit sonderlich die so stark bela-
gerte und beängstigte Stadt Wien (an dero dem toto äusserist gelegen
ist) desto zeitlicher und kräftiger succurriret werde').
1) Gemeint ist das vom 3. Juli, dictatum 4. Juli, und das vom 7. August, dicta-
tum 9. Aug.; Pachner von Eggerstorff 1. c. II. 454 f., 466 ff.
*) Vergl. Pachner von Eggerstorff 1. c. II. 464 ff.; Puf. 1. c XVUI. 103; Droysen
1. c 735 f.; Fester 1. c. 52ff.; Müller 1. c. 96.
>) Dazu bemerkt Anhalt ad I.: »Wird das Protocoll in der Conferenz klärlich
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Bescheid fär Anhalt. 1089
2^ Und dass solches andertens mit behörigen Feldstäckel und allen
andern Zugehör ohne P. K. M. Entgelt geschehe.
3^ Belangend drittens bei dem Marsch durch die kaiserlichen Erb-
lande das Brod, Bier, Fleisch, Fourage und dergleichen, werden I. K. M.
die Notdurft in billichem Preis verschaffen, jedoch gegen Bezahlung, gleich-
wie es also mit P. Ch. D. zu Baiern, den schwäbisch-fränkisch- und
rheinischen Kreisen und selbigen unirten Ständen gehalten wirdet und
dannenhero die Consequenz allzu beschwerlich wäre, weilen solches auch
io vorigem Krieg von niemanden beschehen, dergleichen auch die Stände
in den Erblanden an ihren Collecten compensiren, dannenhero I. K. M.
bei dero ohne das ohnerschwinglichen Ausgaben ein allzngrossen Last
nach sich ziehen würde ^).
4^ Herentwegen anerbieten sich I. K. M. 4'*"* P. Ch.D. wehrenden
Turkenkriegs von Anfang der wurklichen Conjunction alle 3 Monat 25000
Thaler aus eigenen Mitteln würklich zu erlegen , dann nicht weniger pro
rato temporis des Turkenkriegs eine gleichmässige summa auf künftige
Römermonat, die vor ietzo oder inskünftig die Stände des Reichs ver-
mutlich nit versagen werden , alsogleich zu assigniren und endlich
auch dero höchste kaiserliche officia kräftigst und unverzüglich an-
zuwenden, damit ein oder anderer Stand des Reichs mit einiger Hülf
an Geld beispringe, vermittelst dessen P. Ch. D. nicht weniger wie oben
gedacht pro rato temporis mit dem dritten 100000 Reichsthaler grati-
ficiret werden möchte*).
zeigen, dass zum Succurs gegen den Türken in allem 6000 Mann, als 4500 zu Fuss,
1000 zu Ross und 500 Dragoner auf eigene Kosten zu unterhalten sein offerirt wor-
den; sollten aber I. K. M. wegen der höchsten Nothwendigkeit und Gefahr noch an-
dere 6000 Mann, daraus ich nicht instruirt bin, verlangen, so wird man zuvoraus
Ii*. E. M. an I. Ch. D. Resolution vernehmen müssen, gestalt dann nicht gezweifelt wird,
dass, wann man sich von andern Orten keines feindlichen Einfalls im Reich zu be-
fahren haben wird, S. Ch. Gn. zu Schickung der andern 6000 Mann und also ins-
gesammt in die 12000 Mann wohl absolviren werden.
') Dazu bemerkt Anhalt; der Marsch wird beschleunigt werden, doch soll der
Kaiser Vorkehrung treffen, dass den Truppen auf dem Marsche Brod, Bier, Salz, auch
Fourage für die Pferde ohne Entgeld gegeben werde, oder wenn das nicht möglich,
dass die 25 000 Thaler gleich bei Anfang des Marsches in die kaiserliche Crblande
gezahlt werden möchten.
>) Ad 4 bemerkt Anhalt, es möge heissen: „Von Anfang der wirklichen Con-
iunction sogleich 25 000 Reich sthaler aus eigenen Mitteln wirklich zu zahlen und
alle 3 Monat mit solcher Zahlung zu continuiren, zu assigniren, oder in Entstehung
dessen andere Satisfaction zu verschaffen und endlich in specie zu Bremen, Ostfries-
land, Bentheim, Rietberg.
Mmter. t. OMcb. d. 0. Kurf&rtUti. XIV. 3. 69
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1090 IX. Lamberg in Berlin, Anhalt in Wien. 1682 — 1684.
5°. Die von R K. M. in Spanien anerbotene 200000 Thaler in
Geld und 300 000|Thaler in Salz belangend, beruft man sich auf des
H". Grafen von Lamberg diesfalls geführter Negociation, warbei es sein
alligliches Verbleiben haben, auch zu dessen effectuiren I. K. M. niemalen
ermanglen wirdet.
6®. Nicht weniger 6®. lassen es I. K. M. wegen Jägerndorf bei den
200000 Thaler verbleiben, obwohlen sie sich de jure zu nichts obligat er-
kennen, sondern allein um zu erzeigen die sonderbare Estime und 6e-
wogenheit, mit welcher sie zu P. Ch. ü. beständig geneiget seind, jedoch
solchergestalt, dass deren Bezahlung allererst nach vollendtem Türken-
krieg auf vergleichende Termin erstattet und herentgegen von den 3
Fürstenthümern, als warzu keine Praetension mit Recht gesucht werden
kann, abstrahirt werde. Im üebrigen werden I. K. M. zu Erkaufung der
angedeuteten 4 Aemter bei des H**. Herzogs zu Weissenfeis fürstlichen
Gnaden (da änderst I. Ch. D. zu Sachen nit darwider sich setzet) ihre
officia beizulegen nit ermangeln^).
Dieses ist dasienige, was I. E. M. auf Anfangs gedachte von des
H°. Fürstens zu Anhalt fürstliche Durchlaucht beschehene Proposition zu
einer Interimsverbescheidung anzufügen allergnädigst befohlen haben;
jedoch verstehet sich ausgeworfene und theils von P. E. M. selbsten über-
nommene und theils in Assignationen angewiesene Quantum des Geld-
subsidii ausdrücklich dahin, dass I. Ch. D. nit weniger und zugleich
das foedus mit P. E. M. vermög des von dem Grafen von Lamberg be-
schehen Vor- und Antrags zu schliessen ..., diesfalls aber die verlangte
höchstnöthige Hülf nit verschieben, sondern nach der kaiserlichen Armee
mit zeitlicher Benachrichtigung an die Lande in möglichster Eil zu über-
schicken femers nit anstehen werden.
Dem Kaiser wäre es sehr angenehm, wenn der Fürst von Anhalt das
Commando über das brandenburgische Hilfscorps übernehmen würde, sonsten
ist die Person des H°. Feldmarschall Derfflinger, als eines valerosen,
erfahrnen Soldaten und guten Patrioten sehr angenehm, welche auch
I. E. M. iedoch mit Vorbehalt eines andern zu ihrem Feldmarschall zu
declariren, gleichwie auch das übrige vermög der vorigen zwischen derosel-
ben und P.Ch.D. getroffenen foederum einzurichten, kein Bedenken haben*).
^) Ad 6 bemerkt Anhalt : „ Jedoch solchergestalt, dass man mit deren Bezahlung
bis nach vollendtem Turkenkrieg in Ruhe stehen und man sich wegen der Praeten-
sion der 3 Fnrstenthümer unter einander zu Behauptung seines Rechts in der Qüte
yemehmen könne. ^
*) Vergl. ürk. u. Act. HL 742.
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Oesterreich-brandenbur^scbes Vertragsproject.
1091
PüDcta foederis Caesareo-Bran-
denburgici.
Passau 12. August (Or.)
1. Nachdem die Rom. Kay. auch
zu HuDgarn und Böheimb Eon. May.
einer- wie auch I. Ch. D. zu Bran-'
denburg andererseits, in sorgsamer
Erwägung des gefahrlichen gemeinen
Zustands und sowohl ab Oriente als
occidenteandringenderConjuncturen,
zu deren Abwendung, auch Erhaltung
durch billiche und zulängliche Weg
eines beständigen, sichern Friedens,
so innerhalb des römischen Reichs
als mit denen auswärtigen Potenta-
ten, eine nähere Znsammensetz-
nnd Vereinigung unter sich und so-
fort mit dem gesammten römischen
Reich vor das erspriesslichste an-
gesehen ; so haben sie dabei zuvor-
derist befunden, dass
2. sothaner Fried, soviel das
römische Reich betrifft, auf die
Westphal- und Nymwegische Frie-
densschluss und deren wahren Ver-
stand zu Aufhebung aller auswär-
tiger Vergewaltigung, sogenannter
Rennionen, praeiudicirlicher attenta-
tornm und usurpationum im römi-
schen Reich zu gründen sei; welchen
dann per amicabilem compositionem
in Fortsetzung der Tractaten zu
Regensburg zu erlangen, I.E. M. und
Ch. D. ihre consilia und vota durch-
gehends einander vertreulich com-
Puncta foederis, wie es der Fürst
von Anhalt mit den Correcturen mit
sich genommen. 27. Sept.') (Conc.)
Sothaner Fried, soviel das rö-
mische Reich betrifft, auf den west-
phälischen Friedenschluss und Er-
setzung, was demselben und dessen
Executionsrecess zugegen gehandlet
worden, zu gründen sei, welchen
dann etc.
*) Gedruckt werden nur die yom Yertragsprojecte vom 12. August abweichenden
Stellen; wo nichts erw&hnt ist, lautet der Wortlaut des Projectes YOm 27. Sept. genau
wie der des Projectes Tom 12. Aug. 1683.
69*
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1092
IX. Lamberg in Berlin, Anhalt in Wien. 1682 — 1684.
muDiciren, darin sich vereinbaren
und dahin cooperiren werden, damit
alle seithero dem Reich anbillicher
Weis entzogene und destituirte
Stand, soviel möglich und insoweit
man sich mit dem gesammten Reich
desthalben hiernechst entschliessen
wird, in ihre hergebrachte deutsche
Freiheit und vorigen Stand wider
gesetzt, die übrige aber dabei ge-
sichert und erhalten werden.
3. Und sintemalen dann die
Rahe des Reichs grossen Theils an
der Ruhe seiner Benachbarten hanget,
mit welchen es so vielerlei gemeines
Interesse hat, also, dass deren Un-
terdrückung, die Zerfallung und
Convulsion des werthen deutschen
Vaterlands unumgänglich nach sich
ziehen würde; als wollen I. E. M.
und Ch. D. einmüthig dahin bedacht
sein und es dahin richten, damit
ein allgemeiner Fried der gesamm-
ten Christenheit zu gutem errichtet
und befestiget werde').
4. Beiderseits sollen alle inn-
oder ausserhalb gemachte foedera,
insoweit sie diesem oder dessen ab-
zielenden Zweck entgegenstehen
möchten oder interpretirt werden
könnten, aufgehoben und allerdings
abgethan sein.
5. Sollen beide Theil trachten
ihre so inn- als ausser Reichs Con-
foederirte zu dieser Vereinbarung
damit ein sicherer und bestandiger
Fried
foedera (ausser deren, so nur za
ein oder andern Theils und deren
Länder Sicherheit, im geringsten
aber nicht zu P. E. M., des Reichs,
oder dessen Stände Nachtheil aufge-
richtet seind) aufgehoben und aller-
dings abgethan sein').
*) Dieser Artikel wurde dann nach g^emeinsamer Yereinbarang in der ersten
Form in die Secretartikel aufgenommen. Yergl. p. 1104.
*) Vergl. das folgende Stück.
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Google
Oesterreicb-brandenburgisches Vertragsproject.
1093
oder andere in substantialibas gleich
absehende foedera zu bringen;
6. Vorderist aber mit einstim-
migen Rath und That, auch Half
der Confoederirten, sich alles Ernstes
angelegen sein lassen, dass der punc-
tus securitatis publicae auf dem
noch wehrenden Reichstag zu seiner
vollkommenen Würklichkeit ausge-
macht werde.
7. Inmittelst aber, um sich und
das Reich auch particulariter wider
alle unrechtmässige Anfall und Be-
drängnus zu beschirmen und zu
conserviren, wird zwischen P. E. M.
und Ch. D. hiemit ein foedus ar-
morum defensivum aufgerichtet;
darunter beider hohen contrahiren-
den Theilen respective Königreich,
Chur- und Erbländer ohne Unter-
schied, ob sie inn- oder ausser Reichs
gelegen, auch deren gesammte Häu-
ser und denenselben zugehörige, in-
nerhalb des Reichs und dessen 10
Kreisen oder sonst anderstwo ge-
legene, doch dem Reich zuverwandte
Länder, endlich das römische Reich
sowohl insgesammt, als besonders
dessen Glieder und Stand begriffen;
sie seien gleich in ungekränkter
Possession ihrer Reichsfreiheit bis
dato erhalten, oder von Zeit des
Westphal- und Nymwegischen Frie-
denschluss unbillicher Weis darinnen
turbirt und destituirt worden.
8. Und wie dann I. K. M. kraft
dieses auf den Fall, da P. Ch. D.
Der Schlusspassus „sie seien
gleich — worden*^ fehlt in diesem
Project *).
1) Vergl. das folgende Stück.
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1094
IX. Lamberg in Berlin, Anhalt in Wien. 1682—1684.
oder dero Churhauses Lander ino-
oder ausser des Reichs feindlich an-
gegriffen würden, deroselben inner
6 Wochen a die requisitionis oder
auch ebender, da möglich, mit 8000
Mann (den dritten Theil an Reutern
und Dragonern, das übrige aber an
Fussvölkern) zu Hülf zu kommen
versprochen; also werden hingegen
auch, da P. K. M. Königreich und
Lande inn- oder ausser Reichs, oder
das Reich insgemein oder dessen
Stand insbesondere, mithin auch die
Eron Spanien und andere in ihren
dem Reich zuverwandten Landen
feindselig, es seie unter'm Vorwand
der Reunionen, bedrohlicher Evo-
cationen, oder wie es sonst Namen
haben mag, durch Gewalt oder an-
dere eigenmächtige Thätlichkeiten
beunruhiget, angegriffen und ent-
zogen würden, oder auch darzu die
nahe') Gefahr obhanden wäre, L Ch.
D. verobligirt seie, denenselben
gleichergestalt mit 5000 Mann (den
dritten Theil an Reuterei und Dra-
gonern, das übrige aber an Fuss-
volk) inner 6 Wochen a die requisi-
tionis oder auch ehender, da mög-
lich, Half zu leisten; beiderseits
auf eigene richtige Verpflegung und
Unkosten.
9. Falls aus oberzählten, hierin
begriffenen Ländern und Ständen
2 oder mehr aufer einmal oder einer
zugleich an 2 oder mehr Orten an-
gegriffen würde, soll die Hfilfsquota
mithin, wie andere Reichsstande
und Glieder also auch die Krön
Spanien *).
Vergl. das folgende Stück.
^ A = neue.
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Oesterreicb-brandenburgisches Vertragsproject.
1095
mehrers nicht als einmal und auf
einem Ort zu stellen sein.
10. Da ein oder anderer Theil
in seinen eigenen Landen angegriffen
würde (welches zu verhüten man
doch allen gemeinsamlichen Fleiss
und officia einzuwenden hätte), soll
selbiger befugt sein seine Hülfs-
völker zur eigenen Defension zu-
rückzurufen; wie ingleichem auch,
wann sie zur Hülfsleistung noch
nicht abgegangen wären, zurückzu-
behalten; desthalbeu dann, da I. E.
M. dermalen sowohl ab Oriente als
occidente, respective mit wfirklichem
Krieg oder dessen ganz naher Ge-
fahr befangen seind, sie der Dispo-
sition dieses Artikuls in Zurückbe-
haltung ihrer Mannschaft, solang
zwar der Ttirkenkrieg wehret, sich
in totum, nach dessen Endigung
aber, dafern sie theils im Reich
und theils in ihren Erblanden von
andern feindlich angegriffen wür-
den, oder solches klar zu besorgen
stünde, entweder auch ganz oder
zum Theil werden zu betragen haben.
11. Wegen des exercitii religio-
nis, Adjungirung der Eriegsräth,
Concertirung der Operationen, Com-
mando, Recrutirung und was der-
gleichen mehr bei coniungirten Ar-
meen versehen zu werden pfleget,
solle es gehalten werden, wie es in
vorigen Allianzen zwischen V. E. M.
und Ch. D. versehen worden.
12. Sollte nicht nur eveniente
Am Schiasse folgen in diesem
Projecte noch die Worte: Welches
dann letztern Falls sich ebenmässig
auf I. Ch. D. zu verstehen hat*).
') Vergl. das folgende Stack.
Digitized by
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1096
IX. Lamberg in Berlin, Anhalt in Wien. 1682 — 1684.
casa foederis, soDdern auch auf
allen dessen besorgenden Fall ein
gemeinsamer Verlass oder Concerto
der Operationen mit nechstem vor-
hinausgeschöpft werden.
13. Und zumalen dann bei ietzi-
gem so mächtigen türkischen Ein-
und Ueberfall I. Cb. D. sich eignes
hochrühmlichen Triebs zu einer
Hülfleistung von 12000 Mann nicht
ungeneigt verspüren lassen, so wol-
len I. E. M. dieselbe nicht allein
hiemit freund-oheim und inständig-
lich darum ersucht haben, sondern
versehen sich derenselben auch dar-
auf dergestalt, dass solche 12000
Mann, vermuthlich in 8000 zu Fuss
und 4000 zu Pferd, mit behörigen
Feldstückeln und anderer Zugehör
versehen, gegen den 8 nechstkünf-
tigen Septembris st. n., oder auch
ebender, sich mit P. K. M. Haupt-
armee bei Krems conjungirt befin-
den werden, damit sonderlich die so
stark belagerte und beängstigte Stadt
Wien (an deren dem toto äusserist
gelegen ist) desto zeitlicher und
kräftiger könne entsetzt werden.
14. Belangend die Reichung des
Brods, Bier, Salz und Fütterung
beim Anmarche dieses Succurses
durch die kaiserliche Erblanden,
werden I. K. M. die Nothdurft in
billichem Preis, jedoch gegen Be-
zahlung, beischafifen, auch sonsten
die behörige Anstalt machen lassen,
dass zu dessen füglicherer Fortkom-
mung und Subsistenz die hülfliche
Und zumalen dann bei jetzigem
so mächtigen türkischen Ein- und
Ueberfall I. Ch. D. neben obbesagten
5000 Mann noch andere 7000 Mann
obermelter Proposition nach stellen
werden, als erbieten sich I. E. M.
hingegen I'. Ch.D. jährlich 200000
Reichsthaler aus eigenen Mitteln
dergestalt reichen zu lassen, dass
von Zeit an der Ratification dieses
Tractats solche jedes halbe Jahr,
nach geschehener Coniunction aber
der churfürstlicben mit denen kai-
serlichen Völkern quartaliter abge-
stattet werden, darüber aber auch
noch jährliche 100 000 Reichsthaler
auf künftige Römermonat an Stände,
so I. Ch. D. selbst vorschlagen wer-
den, zu assigniren, zumalen aber
auch der Frau Churfürstin Durchl.
in gnädigster Erkenntnus, was dero
gute Officien bierunter und zur Be-
förderung guter Vers tändnus zwischen
I'. E. M., der Eron Spanien und
ihrem churfürstlicben Gemahl ver-
mögen, bei der Ratification dieses
Tractats 30000 Ducaten in Gold ent-
richten zu lassen.
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Oesterreicb-brandenburgiscbes Vertragsproject.
1097
Haod und Bequemlichkeit zu Auf-
richtuDg eines Magazins geboten
werde.
15. Zudeme aber auch anerbieten
sich dieselbe gegen I. Ch. D., weh-
renden Turkenkriegs von Anfang
der wfirklichen Coniunction ihro so-
gleich 25000 Thaler aus eigenen
Mitteln wurklich zu erlegen und
alle 3 Monat mit solcher Zahlung
zu continuiren, dann nicht weniger
pro rato temporis des Türkenkriegs
jährlich 100000 Reichsthaler auf
die künftige Römermonat, so vor
ietzo oder inskünftig die Stande des
Reichs ihro hoffentlich nit ver-
sagen werden, alsogleich zu assig-
niren und endlich auch dero höchste
kaiserliche officia kräftigst und un-
verzüglich dahin anzuwenden, da-
mit ein- oder anderer Stand des
Reichs ihro mit einiger Hülf an
Geld beispringe, vermittelst deren
P. Ch. D. nicht weniger, wie oben
gedacht, pro rato temporis mit dem
dritten hundert tausend Reichs-
thaler jährlich gratificirt werde.
Und wie dann zu Erreichung
dieser 2 letztern Posten I. Gh. D.
mit ihren votis und ofGciis aller
Orts gern und möglichst concur-
riren werden, also wollen in deren
Entstehung I. E. M. deroselben als-
dann andere annehmliche Satis-
faction darfür gnädigst verschaffen
und seind dabei noch femers zu-
frieden, dass in Abschlag ober-
Artikel 14 und 15 fehlen in
diesem Project').
Vergl. das Votum vom 1. Sept.
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1098 tX. Lamberg in Berlin, Anhalt in Wien. 1682 — 1684.
wähnter zum ersten oder noch fer-
nere fallender 25 000 Reichsthaler,
denen anmarchirenden Völkern auf
ihre Kosten Brod, Bier, Salz und
Fütterei vor die Pferd gereicht
werde; wie dann auch, dass wann
I. K. M. sie den Winter durch in
dero Erblanden zu behalten nöthig
erachten sollten, deren Verpflegung
in compensationem oder Abschlag
solch laufender Quartalen von 25000
Reichsthaler (insoweit sie darzu er-
kleckenwerden)geschehe*, das übrige
aber von P.Ch.D. beigetragen werde.
16. Die von P. K. M. in Spanien
wegen der restirenden Subsidien
anerbotene 200 000 Reichsthaler in
Geld und 300000 Thaler in Salz
belangend, berufen sich I. K. M.
auf dero Reichshofraths und Käm-
merers des Grafen von Lamberg dies-
falls geführte Negociation, wohin
sie es noch ferner stellen, auch ein
solches effectuiren zu helfen es nie-
malen an ihren officiis werden er-
manglen lassen.
17. Nicht weniger lassen es I.
K. M. wegen Jägemdorf bei den
anerbotenen 200000 Thaler ver-
bleiben, obwohlen sie sich de jure
zu nichts obligat erkennen, sondern
allein um zu erzeigen die sonder-
bare Estime und Gewogenheit, mit
welcher sie zu P. Ch. D. bestandig
geneigt seind, jedoch solchergestalt,
dass I. Ch. 0. deren Bezahlung hal-
ber bis nach vollendtem Türken-
krieg in Ruhe stehen; massen dann
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Oesterreich-brandenburgisches Vertragsproject.
1099
auch, dass sie der Zeit von dem
vermeinten Anspruch an die 3 Her-
zogthämer Brieg, Liegnitz und Woh-
lau insoweit abstrahiren, P. E. M.
zu sonderbarem Gefallen gereichet.
18. Im übrigen werden I. K.M.
zu Erkaufung der angediteten 4
Aemter bei des H**. Herzogs zu
Weissenfeis fürstliche Gnaden (da
änderst I. Ch. D. zu Sachsen nit
darwider sein sollten) ihre officia
beizulegen nicht ermanglen.
19. Ist die Person P. Ch. D.
Feld marschallen Derfflinger als eines
valerosen, erfahrenen Soldaten und
guten Patrioten sehr angenehm,
welchen auch I. E. M. zu ihrem
Feldmarschall (jedoch mit Vorbehalt
des Vorzugs für ein- und andern
zu solcher Charge bereits destinir-
ten dero hohen OfGcieren) zu er-
klären, wie auch das übrige obver-
standener Massen, vermög der vori-
gen getroffenen foederum, mit P. Ch.
D. einzurichten kein Bedenken tra-
gen und anbei zu P. Fürstl. D. von
Anhalt, als churfürstlichen pleni-
potentiario, das gnädigste Vertrauen
setzen, sie werden diese P. K. M.
Declaration P. Ch. D. unverlengt
durch eigenen Courier überschicken
und anbei die unverweilte so hoch-
nöthige Schickung der Völker mit
ihren hochvermögenden officiis (zu-
malen desthalben sich I. K. M. so
Im übrigen werden I. E. M. zu
Erkaufung der angediteten 4 Aem-
ter bei des H". Herzogs zu Weissen-
fels fürstliche Gnaden oder anderer
Ländereien ihre ofßcia beizulegen
nicht ermanglen.
Wird die Person etc.
nach den Worten, welchen auch I.
E. M. folgt in Elammern (wann die
Conjunction der kaiserlichen und
churfürstlichen Völker unter ihme ge-
schehen sollte) — zu ihrem Feld-
marschall*) etc.
Die Worte von „und anbei zu
I. F. D. bis zum Schlüsse dieses
Artikels fehlen in diesem Projecte').
*) Vergl. das folgende Stück.
*) VergL das folgende Stack.
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1100
IX. Lamberg in Berlin, Anhalt in Wien. 1682 — 1684.
äasserist aDgreifeo) bestens beför-
dern helfen.
20. Sollten aber die churfärsL
lieh rheinische Landen wehrender
solcher Törkenhülf periclitiren, wer-
den I. E. M. nach Gelegenheit und
sonsten die Krön Spanien und so
kaiserlich als königlich spanische
in diese Allianz mit einkommende
Coufoederirte , auch übrige Alliirte,
dieselbe mit aller Macht zu garan-
tiren, auch die operationes zu dem
End also anzustellen haben, wie es
Zeit und Coniuncturen leiden, auch
sonsten gemeinsamlich wird concer-
tirt werden.
21. Dieses foedus defensivum
soll wehren, soviel das Reich insge-
sammt oder dessen einzelne in keine
Particularconfoederation mit P.K. M.
oder Ch. D. begriffene Glieder be-
trifft, bis der punctus securitatis
publicae und die allgemeine Reichs-
verfassung zu völligem Stand und
Richtigkeit wird gebracht sein;
zwischen beiden hohen Herren Con-
trahenten aber, auch deren Häuser
und Confoederirten, auf 5 Jahr, mit
A^orbehalt der Erlängerung vor oder
bei Auslauf derselben, da solche
beider Seiten beliebet würde.
22. Allermassen dann auch die
Erhaltung des Vaterlands in diesen
gefahrlichen Conjuncturen für allen
Dingen und unumgänglich erfordert,
dass Ruhe und Einigkeit von innen
gepflogen und alles in eine allge-
die Worte „in diese Allianz mit-
einkommende^ und „auch übrige
Alliirte^ fehlen in diesem Project.
zwischen beiden hohen H°. Contra-
henten aber, auch deren Häuser und
Confoederirten, bis der Fried oder
Ruhestand mit der Krön Frankreich
bestätiget sein wird, mit Vorbehalt
der Erlängerung, da solche beider
Seiten beliebet würde').
') Vergl. das folgende Stück.
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Oesterreich-braDdenbur^sebes Vertragsproject. 1101
meine Wohlverständoas und Einig-
keit gezogen und darinnen erhalten
werde;
also will eine indispensabele Not-
durft sein, auf den Fall, da zwischen
einem der beiden hohen Herrn Con-
trahenten und des andern Confoe-
derirten, oder zwischen beiderseitigen
confoederatis, oder zwischen diesen
und tertiis, oder zwischen meris
tertiis, womit jedoch die H°. Con-
trahenten oder deren confoederati
mussten eingeflochten werden, Mis-
verstandnus oder Streitbefahnngen
walteten oder künftig fürkämen,
dass solche entweder alsobald völlig
und aus dem Grund gedämpft und
abgethan, oder wenigist alle Thätlich-
keit suspendirt, die Sach nach deren
Beschaffenheit ad viam iuris oder
amicabilem compositionem verwiesen
und keiner Seiten die eigenmächtige
gewaltthätige Rechtsprechung oder
Erholung zugelassen noch gestattet
werde ; und werden I. E. M. und Ch. D.
sich äusserster Kräften bewerben,
damit solches zwischen respective
ihnen und deren Confoederirten oder
obangeführten tertiis würklich also
beobachtet werde.
23. Sintemalen ferner zu Beruhi-
gung des Reichs und bevorab dessen
nördlicher Theil und Nachbarschaft
(als worauf I.E.M. aus reichsväter-
lichem Gemüth in gegenwärtigen
ohne dem genug verwirreten und
gefahrlichen Coniuncturen sonders
sorgsame Reflexion machen, es auch
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1102
IX. Lftmberg in Berlin, Anhalt in Wien. 1682 — 1684.
vor sich selbst die höchste Notdurft
erfordert) die AbhelfiiDg der zwi-
schen der Eron Dänemark und dem
Herzogen zu Holstein -Gottorp ent-
standene Mishelligkeiten ein merk-
liches ausmachen könnte; als ver-
sprechen I. E. M. und Ch. D. ein-
ander dero respective Autorität
und officia aller behöriger Orten
dergestalt nachdrücklich zu inter-
poniren, damit solches Feuer dermal
wenigst in der Aschen gehalten und
inmittelst gesucht werde die Sach
völlig zu Recht oder gütlicher Ab-
kombst nach Billigkeit zu fordern.
Dieses ganze foedus soll extendirt
werden auf beiderseitige successores
und dessen Ratification inner 4
Wochen oder eher, da möglich, er-
folgen. Und bleibet P. Ch. D. an-
heim gestellt, aus obstehenden
Puncten ein oder mehrere in die
articulos secretos zu versetzen ; wie
dann auch, was sie etwa des Auf-
satzes und Formalitäten halber da-
bei werden erinnern wollen, aufs
beste soll observirt werden.
damit solches Feuer dermal wenigst
gedämpft bleibe.
Die Worte von Und bleibet I.
Ch. D. bis zum Schlüsse dieses Ar-
tikels fehlen in diesem Projecte *).
In die articulos secretos wäre sonsten aber unter andern einzubringen:
1. I. E. M. versprecheten es bei
der Eron Spanien dahin suchen zu
richten, dass der Frau Churfürstin
D. wegen beförderender guten Ver-
ständnus zwischen ihre, der Eron
Spanien und ihres . churfürstlichen
Gemahls, neben denen 200 000 Tha-
I. E. M. versprecheten bei der
Eron Spanien ihre officia auf's kräf-
tigste einzuwenden, dass dafem das
Salz, worauf ietztgedachte Eron P.
üh.D. mit 300000 Thalem anweiset,
nicht zu erheben oder zu versilbern
stünde, die Satisfaction darfar in
^^rgl. das folgende Stack.
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Oesteireich-brandenborgisches Vertragsproject.
1103
lern, so des H". Ch. D. in baarem
Geld zu erfolgen haben, 80000
Tbaler auch in baarem Geld von
denen 300000 Thalem anticipirt
werde, welche auf die Salzassigna-
tiones verwiesen worden, wie dann
soDsten auch, da diese Salzassigna-
tiones nicht zu erheben stünden,
die Satisfaction darfar in andern
ausser baaren Gelds vergleichenden
Mitteln erfolgen solle.
2. Wollen I. Ch. D. alle Kräften
und nachdrückliche ofßcia aller
Orten vorkehren, damit die von der
Krön Frankreich oder von dero
Civil- oder Militärbedienten entsetzte
oder quomodolibet turbirte und
gravirte Stande, Glieder, Vasallen
und Foederirte des Reichs, cum
omni causa der Gebühr in integrum
restituirt werden; zur Restitution
aber deren, welche nach dem Augus-
tum 1681 und also wider die von
der königlich-französischen Gesandt-
schaft der kaiserlichen in Frankfurt
im Februario 1682 beschehene
Proposition und Erklärung turbirt
worden, oder inskünftig von ge-
dachter Eion, dero Alliirten oder
anderen, es seie durch Reunionen,
Evocationen, Hospitationen, Contri-
butionen, oder andere Thätlichkeiteu,
wie sie Namen haben möchten,
turbirt oder gravirt werden sollten,
zu Conservation des geliebten Vater-
lands und deutscher Libertät neben
anderen ausser baaren Geldes ver-
gleichenden Mitteln erfolgen solle ^).
Wollen I.Ch.D. alle Kräften und
nachdrückliche officia aller Orten,
wie auch auf dem noch wehrenden
Reichstag ihre vota in denen Chur-
und fürstlichen collegiis vorkehren,
damit') etc.
Vergl. das folgende Stack.
^ Yer^. das folgende Stock.
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1104
IX. Lamberg in Berlin, Anhalt in Wien. 1682—1684.
P. K. M. mit Rath und That und,
da die Güte wider Verhoflfen kein
Platz greifen sollte, mit zusammen-
gesetzter Macht und Kräften das
äusserste beitragen^).
Geben unter Unterschrift und
Fertigung der kaiserlichen Herren
Deputirten.
Passau den zwölften Augusti 1683.
Albrecht Gr. zu Zinzendorff.
Leopold Wilhelm Graff zu Königsegg.
T. A. Henr. Freih. von Stratman.
In diesem Projecte folgen noch
2 Secretartikel.
3. Und sintemaln dann die Ruhe
des Reichs grossentheils an der Ruhe
seiner Benachbarten hanget, mit
welchen es so vielerlei gemeines
Interesse hat, also dass deren Un-
terdrückung, die Zerfallung und Con-
vulsion des werthen deutschen Va-
terlands unumgänglich nach sich
ziehen würde, als wollen I. E. M.
und Ch. D. einmfithig dahin bedacht
sein und es dahin richten, damit
ein allgemeiner Fried der gesamm-
ten Christenheit zu gutem errichtet
und befestigt werde').
4. Welche obstehende Puocten
ganz unverfänglich P. F. D. zu An-
halt nur zu dero bessern Nachricht
und zu dem End also seind projec-
tirt worden, damit wie I. D. zu
Errichtung dergleichen Allianztractat
ihre gute Intention und Eifer rühm-
lich haben spüren lasseo, also sie
I. Ch. D. femers darunter bestens
zu disponiren wissen mögen, massen
sich I. E. M. zu deroselben gnädigst
versehen; im übrigen aber das ganze
Werk überhaupt dahin ansehen,
') Das Project ist citirt bei Droysen 1. c. 757.
2) Vergl. p. 1092.
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Project der oesterreich-brandenbargischen Allianz. 1105
dass sofern I. Ch. D. der ersten Ver-
anlassung dieser Tractaten zuwider
nicht gesinnet sein sollten sich mit
dero und ihres gemeines Erzhaus
und absonderlich der Eron Spanien
Interesse mit Rath und That recht-
schaffen zu vereinbam, mithin das
französische zu verlassen, Ruhe und
Fried in der ganzen Christenheit
und in specie im Nord mögligst
zu befördern und zu erhalten und
im Fall künftiger Turbationen und
Vergwaltigungen, wie die Namen
haben mögen, ihre Waffen mit denen
kaiserlichen ernst- und nachdrück-
lich zusammen zu setzen und agiren
zu lassen, man mit den blossen
Worten, sie seien auch unter was
Temperamenten sie wollen, wenig
oder nichts richten oder binden
werde. Dahingegen soferne I. Ch.D.
vorgedachter Intention aufrichtig
seind und I. E. M. dessen gnugsam-
lich gesichert sein können, sie nicht
viel remoriren werde, wann die Sach
änderst gnugsamlich exprimirt wird.
Dabei dann P. Ch. D. anheim gestellt
bleiben würde, aus inbegriffeneu
punctis ein oder mehrerein die articu-
los secretos, oder aus den secretis in
publicos zu versetzen, da inzwischen
aber I. F. D. zu Anhalt auch inge-
denk sein wollen, die vorige an
hiesigem kaiserlichen Hof unter-
schriebene puncta zurückzuschicken
und mit dem von ihre gleichmässig
gefertigtem exemplari wider aus-
wechseln zu lassen.
Mater, i. Gesch. d. G. Kurfürsten. XIV. 2. 70
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1106 IX. Lamberg in Berlin, Anhalt in Wien. 1682—1684.
Gutachten luid Relation über das Allianzproject mit Branden-
bmg. Dat. Passau 26. und 30. August 1683. (Cone )
[Un^unsti^e Antwort des Kurfürsten auf da.<t Allianzprnject. Vermuthungen der Rätbe
über die Ursachen dieser veränderten Stimmung des Kurfürsten. Verhandinngen mit
Anhalt. Dessen gute Erklänmgen. Berathung über die bei den einzelnen Punkten
der Allianz zu treffenden Abänderungen ]
30. Aug. Der allhier anwesende Fürst zu Anhalt hat nächstverwichenen
25. Augusti auf die mit ihme in Namen des Churfürsten zu Brandenburg
noch am 12. gedachten Monats aufgerichte, verglichene und unterschrie-
bene Allianzpuncten von dem Churfürsten selbsten eine fast harte und
unvergnügliche Antwort (so er E^ K. M. geheimen ministris ex originali
vorgelesen hat) dahin empfangen, dass er wider seine Instruction ge-
handlet hätte und der Churfürst wohl merkte, wie man ihn am kaiser-
lichen Hof umzuziehen und mit den Franzosen aneinander zu hetzen
suche. Er, Fürst von Anhalt, solle sich weiters nicht aufhalten, sondern
seinen Abschied alsogleich nehmen und zurückkommen, dann indeme die
Sachen im Nord so trübe hervor schienen und die Krön Frankreich den
dem Reich gegebenen Termin gewiss nicht überschreiten werde, seie es
ihme Churfürsten ungerathen sich an Volk zu entblösson, wollten aber
E. K. M. die Allianztractaten durch den Grafen von Lamberg an seinem
Hof prosequiron lassen, wollte er es dahin gestellt haben'). Worin er,
Fürst von Anhalt, aber in specie wider seine Instruction gehandlet, oder
auch bei welchen Puncten der Allianz er Bedenken habe oder unzufrieden
seie, thut er namentlich selbst keine Meldung, allein der churfürstliche
geheime Rath Fuchs überschreibt ihm solche gleichsam in geheimen
Vertrauen, wie sie hernach bei deren Special Überlegung werden zu
vernehmen sein*).
Soviel aber zuvorderst die Sach in genere oder überhaupt belanget,
haben sich die gehorsamste deputirte Käthe in diese so unvermuthete und
geschwinde Veränderlichkeit des Churfürsten nicht wohl finden können,
angesehen das Project, worüber allhier mit dem Fürsten von Anhalt ist
tractirt worden, der Graf von Lamberg schon zuvor am churfürstlichen
Hof angebracht und mit ihme darüber von eben diesem Fürsten von An-
halt und dem churfürstlichen geheimen Rath Fuchs conferirt gewesen,
also zwar, dass die monita, so darbei geschehen und vom Grafen von
Lamberg anhero berichtet worden, der Fürst auch allhier recognoscirt
und dardurch der Tractat zum Schluss desto eher zu bringen gewesen,
Vergl. Puf. 1. c. XVIII. %; Droysen 1. c. lll.j 758.
^ Die einzelnen Bedenken wurden vom Herausgeber in dieses Gutachten eingefügt.
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Gutachten über das oesterreich-brandenburgische Allianzproject. 1107
da man diesseits, was jenseits nicht gefallen, fast alles nachgesehen,
oder doch anständiglich temperirt hat and müssen dahero fast auf die
Gedanken fallen, dass die churfürstliche Intention der gegebenen Voll-
macht nach gewesen seie, allein sich zum Succurs wider den Türken zu
obligiren, nicht aber gegen Frankreich sich zu alliiren und dass dahero
der Churfurst sage, der Fürst habe wider seine Instruction gehandlet;
oder dass er dahin bedacht gewesen, dass er diesmal zu Erhaltung seiner
Völker 300000 Thaler gegen den Türken und noch etwa andere soviel
hernacher wegen der Allianz von E"". K. M. erhielte; oder dass die Krön
Frankreich ihne vermittels grossen Geldreichungen dergestalt wieder an
sich gebunden habe, dass er weiter weder sich alliiren, noch auch gegen
den Türken helfen darf; oder endlich auch, dass in Verharrung auf seinem
principio, dass der französische Fried vor allem zu machen seie, er solchen
umsomehr zu erzwingen gedenke, wann er bis dahin gegen den Türken
nicht hilft, noch sich mit E^ K. M. wider Frankreich alliirt, als welches
den Frieden diesseits eher schwer als leicht machen würde*).
Deme allem aber sein mag, wie ihm wolle, so ist vor diesmal der
böse effectus und Streich insoweit schon geschehen, dass die von da er-
wartete und vor gewiss zum wienerischen Entsatz gehaltene 12 000 Mann
(auf deren Valor und absonderlich ihres Führers des Derfflinger man
absonderlich gebauet) nunmehr zu jetztgedachtem Entsatz nicht mehr
zu hoffen seind, dahin doch die Einwilligung der 300000 Thaler meistens
gezielet hat und dahero für's künftige desto bedenklicher fallen würde,
nach dem Entsatz oder V'erlust (da Gott vor seie) der Stadt Wien dem
Churfürsten die 300000 Thaler einen als den andern Weg zu geben,
bevorab da er (wie hernach folgen wird) solche 300000 Thaler nicht
nur durante hello turcico, sondern auch, solang die Allianz wehret, jähr-
lich haben will.
Doch haben es die Rathe nicht für zweckmässig gehalten mit Brandenburg
zu brechen, vielmehr die Verhandlungen fortzusetzen und haben zu diesem Be-
hufe am 30. August mit dem Fürsten von Anhalt eine neue Conferenz gehalten.
Der Fürst wollte die unverhoffte churfürstliche Antwort vielmehr
einem wunderlichen Humor, so der Churfurst ex Insomnie selbiger Nacht
contrahirt gehabt, als einigen wahrhaften Verstoss in der Sach zuschreiben;
vermeint dahero, wann man die terminos in denen Puncten, so dem Chur-
fürsten nicht gefielen, in etwas temperiren würde, dass er sich bei seiner
Zurückkunft mit der Sach zum guten End zu gelangen noch wohl trauen
») Vergl. Klopp, Das Törkenjahr 1G83, 278.
70*
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1108 IX. Lamberg in Berlin, Anhalt in Wien. 1682—1684.
wolle; massen er dano selbsten die ihme vom geheimen Rath Fuchs in
Vertrauen überschriebenc Bedenken gegen dem hier gemachten Project
überlegt und einige Milderungen und Temperamenten darüber unmass-
geblich in Vorschlag hätte. Worauf sofort insgesaramt beliebet worden,
dass erstens die difficultirende Puncten, sodann vorermelte Bedenken
abgelesen und darauf auf jedes deliberirt werden, wie am fügligsten der
Sachen zu helfen sein möchte. Und zwar wird zum ersten difficultirt
der zweite Punct; worbei dem Churfürsten in specie misfallet, was darin
von dem nymwegischen Friedenschluss, als wider welchen er publice
habe protestiren lassen, enthalten und alles was so ferner folget; welches
letztere dann recht soviel heisst, als nichts bei der Sach thun zu wollen.
Sonsten aber, obschon der Churfürst dem nymwegischen Frieden zwar An-
fangs condradiciret, seithero aber denselben durch unterschiedliche actus
(und zwar noch jüngst in beeden Schreiben, so die churfürstliche Gesandte
aus Regensburgan E. K.M. haben abgehen lassen) approbirt hat; so könnte
in diesem articulo doch endlich noch wohl zu passiren sein, dass man
dann den westphälischen Frieden und dasjenige, so demselben und dessen
Executionsrecess zugegen gehandlet worden, pro fundamento der Allianz
setzte, also dass der ganze articulus bliebe und anstatt der Wort „zu
Aufhebung aller auswärtiger Vergwaltigung, weiterer sogenannter Reu-
nionen, praeiudicirlicher attentatorum und usurpationum im Reich^ ge-
setzt würde, „dass der Fried so viel das römische Reich betrifft auf dem
westphälischen Friedenschluss, zu Aufhebung dessen, so demselben und
dessen Executionsrecess zuwider geschehen ist, zu gründen seie.^
Bei dem drittel Artikel vermeint der Churfürst, dass ein allgemeiner
Friede zwar zu wünschen, aber nicht zu hoffen stünde, nachdemmalen
Frankreich sich in keine Wege darzu verstehen wollte und man itzo
weniger Mittel hätte als jemalen selbige Krön darzu zu zwingen.
Man sieht aus diesen Erklärungen, dass der Kurfürst sich in nichts ein-
lassen will, was den französischen Plänen hinderlich sein könnte. Da ihm
aber wohl zu Gemüth gehen sollte, dass wann der Fried nicht universal
sein und der König sofort den Krieg wider die Niederlanden resumiren
sollte, in was Sicherheit seine dahinwerts gelegene Länder stehen würden;
welches der Fürst von Anhalt dann auch gar wohl erkannt, doch aber
vermeint bat, dass man anstatt der Worte „damit ein allgemeiner Fried
der gesammten Christenheit zu guten errichtet und befestiget werde",
wohl passiren könnte „damit ein sicherer und beständiger Fried errichtet
werde", oder dass man den ganzen articulum, wie er liegt, ad articulos
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Gutachten über das osterreich-brandenburgische AUianzproject. 1109
secretos versetzte, welches letztere den gehorsamsten Deputirten das an-
ständligste zu sein bedünken wollen.
Ad. IV., welchen der Churfürst schnurstracks ihrer Reputation und
Convenienz zuwiderlaufend hielten, findet man ja nicht was darunter
disreputirlich, indeme der Artikel von beederseits saget und also recipro-
cum ist . . . Der Fürst von Anhalt aber vermeint, man soll der Aufhebung
der foederum hinzurücken „ausser deren, so nur zu ein und andern
Theils und deren Länder Sicherheit, im geringsten aber nicht den Fried
und Ruh im Reich zu turbiren oder dessen Dissolution zu verursachen
aufgericht seind^ und solches anstatt der Wort „in so weit sie diesem
foederi oder dessen abzielenden Zweck entgegen stehen oder interpretirt
werden möchten".
Ad. VII. bemerkt der Kurfürst, was im Ende darin enthalten, könnte
nicht, ohne in einen Krieg mit Frankreich zu gerathen, exequirt werden.
Hier ist abermal zu sehen, dass der Churfürst sich sogar zu keiner
Defension wider Frankreich verbinden, sondern durchaus den Frieden
haben will und ist demnach nicht zu sehen, worin das foedus zu fun-
diren sei, wann er sich sogar der Reichsstände und Glieder nicht an-
nehmen will, dass also man würde zusehen müssen, dass Frankreich alles
und mithin auch die churfürstlichen Länder, (deren es gewiss in die
Länge nicht verschonen würde) hinweg und an sich risse. Der Fürst
von Anhalt vermeint jedoch, man könnte den Schluss desselben articuli
„sie seien gleich in ungekränkter Possession ihrer Reichsfreiheit etc."
wohl praeteriren.
Bei dem achten articul wollten S. Ch. D. vor Spanien sich nicht
engagiren. Wann deme also, siebet man nicht, warum dann die Krön
Spanien auf eine so hohe Geldsumma tractiren sollte Der Fürst von
Anhalt aber vermeint, der Verstoss sei darin, dass der Churfürst vermeine,
man wolle ihn für die ganze spanische Monarchie obligiren und dahero
pro clariori sensu zu setzen sei „der Krön Spanien in ihren dem Reich
zuverwandten und andere gleichmässig gelegene Landen".
Bei dem 10. articul erinnerten I. Ch. D., dass L K. M. sich reser-
virten, wann, nach erfolgten Frieden mit den Türken, sie mit Frankreich
sollten zu thun bekommen, ihre Auxiliartruppen zurückzuhalten, da
hergegen solcher casus nicht auch von S^ Ch. D. exprimiret würde.
Nun verstehet sich diese reciprocatio casus von sich Selbsten gnug-
sam, doch auch würde kein Bedenken sein, solche diserte zu exprimiren.
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1110 iX. Laraberg in Berlin, Anhalt in Wien. 1682—1684.
Der 14. articul gefiele S^ Ch. D. auch gar uicht, insonderheit, dass
auch sogar die Fütterung und das Salz sollten bezahlt werden.
Zu Exprimirung des Salzes nun hat des Fürsten von Anhalt Propo-
sition selbst den Anlass gegeben, darin aber, weilen es ohne deme in die
Servizen gehöret, noch wohl würde nachzusehen sein, wann nur im übrigen
auszukommen wäre; dass demnach um es dem Churfürsten desto klarer
zu geben, könnte hinzugesetzt werden, „dass die Notdurft, wie Churbaiorn
und andern Reichsal Hirten, gegen Bezahlung des billigen landläufigen
Preis, sollte gereicht werden".
Bei dem 15. articul erinnerten I. Ch. I).: 1. dass die Subsidien nur
usque ad finem belli turcici sollten gereichet werden, da doch die
Alliance nicht allein wider den Türken, sondern auch eigentlich wider
Frankreich gienge und sie also bei erfolgender Ruptur mit Frankreich
nichts würden zu gewarten haben; 2. dass die 100000 Reichsthaler, so
I. K. M. aus dero Mitteln zahlen sollen, erst a tempore coniunctionis
sollen anfangen, da es doch S. Ch. D. über die 100000 Reichsthaler
kosten würde die Leute bis dahin zu bringen; 3. dass solche 100000
Reichsthaler vor Victualien würden abgekürzet und also S^ Ch. D. gar
kein baares Geld gezahlt werden; 4. dass die übrigen 200000 Reichs-
thaler auf einen ungewissen, weit aussehenden Success beruheten, und
dass die Armee elende fahren würde, wann sie darnach warten sollte;
5. dass nicht exprimiret wäre, worinnen die anderweite annehmliche Satis-
faction bestehen sollte. Indeme nun aber der churfürstliche Succurs für
"Wien (dahin er doch meistens angesehen gewesen) zu spät sein wird
und da fast das geringste Wort nicht will geduldet werden, so den
Churfürsten im geringsten gegen Frankreich impegniren möchte, so würde
es wohl allzuhart fallen, wann E. K. M. die 300 000 Thaler gleichwohl
geben sollten, nicht nur allein wehrenden Türkenkrieg, sondern auch
noch ferners so lang die Allianz wider Frankreich dauren sollte. Wann
jedoch aber die gehorsamste Deputirte anbei auch consideriren, dass
allein der An- und Zurückmarche der chursächsischen Auxiliarvölker sich
auf 500000 Gulden belaufen wird, gegen welches nach Proportion des Bran-
denburgischen die versprechende 300000 Thaler wenig ausgeben würden,
zu deme dass 2^® der Churfürst nach dem türkischen Krieg nicht wird
ganz leer und ohne einig Subsidium wider Frankreich in der Allianz
stehen wollen; 3^ dass der Churfürst zu Unterhaltung seiner Völker
Gelds bedörftig ist und demnach, da solches ihme bishero die Krön Frank-
reich gereichet, er davon nicht auslassen werde, bis er dessen von E^
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(intachten über das ocsterreich-brandenburgische Allianz project Uli
K. M. gnagsarolich und zwar in parato wird versichert sein, da zumalen
5<olche Unterhaltung sieh auf weithinausstellende Mittel nicht weisen
lasset; 4^ dass an diesem articulo dieses ganze Werk und Tractaten
zu hangen scheinen und bei dessen Ueberwindung aus dem übrigen leicht
zu kommen sein möchte: dabei auch 5*^ die fast unbeschreibliche Im-
portanz, so die Beipflichtung oder Abalienation dieses Churfursten sowohl
in Kriegs- als Frieden- und andern Reichssachen pro et contra nach sich
ziehet; so können sie nicht änderst finden, als dass, weilen es doch
moraliter nit über 2 Jahr mit dem türkischen und französischen Krieg
wehren kann, ehender alle Mittel anzugreifen wäre, als diesen Churfursten
fahren zu lassen; mithin dass E*". K. M. Hof kammerpraesident ^) auch
möchte herzugezogen, wie nicht weniger mit dem H". Cardinalnnncio') und
spanischen Botschafter') auf das beweglichste daraus geredet und dahin
gesehen werde, wie und woher soviel aufzutreiben stünde, wormit man
diesen so mächtigen Churfursten diesseits vinculiren, zumalen aber auch,
da darin nicht ohne die Churfürstin nichts geschehen wird, auch der-
selben mit deme, was ihr bereits versprochen ist, zuhalten und begegnen
könne. . . .
Dabei man dann auch zu versuchen gemeint hat, dass weilen nach
der Noth mit Wien man den ganzen Succurs der 12000 Mann ohne
deme nicht wird von Nöthen haben, sondern etwa 5000 Mann alsdann
besser sein werden, der Churfürst gegen solche 5000 auch nur den
halben Theil von den 300000 Thalern, id est 150 000 Thaler, oder end-
lich auch 200 000 Thaler praetendiren, oder doch sich darmit contentiren
lassen würde; so versetzt aber der Fürst von Anhalt, dass dem Chur-
fursten diesfalls an der Zahl nicht soviel gelegen, als wegen der Aus-
baltung seiner Völker, worzu er 300000 Thaler in baarem haben müsste.
Wie aber die gehorsamste Deputirte nicht finden, wie darmit aufzukommen
sein werde, haben sie diesen Punct, als um welchen das ganze Werk
hauptsächlich versiret, blos ad referendum annehmen können, doch mit
der deutlichen Anmerkung, dass man alsdann in dem vorgehenden ar-
ticulo 13 expresse zu stipuliren hätte, dass wann und wohin E. K. M. es
erfordern würden, der Churfürst gegen den Türken die 12 000 Mann inner
4 W^ochen zu stellen verobligiret seie ; es wäre dann, dass er mit denen
*) Graf Wolfgang Andreas Rosenberg, vergl. Fiedler, FoQtes rerum Austriacamm
II. 27, 252, 316, 439.
3) BuonTisi; Fiedler 1. c. U. 27, 243, 259.
^ Bargomafiero; Fiedler I.e. 241.
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1112 IX. Laraberg in Berlin, Anhalt in Wien. 1682 — 1684.
5000 Mann gegen Frankreich schon impcgnirt wäre, welchenfalls er nur
die übrige 7000 gegen den Türken zu schicken hätte
Bei dem 16. articul sageten I. Ch. D., dass sie gewiss wüssten, dass
die 200 000 Reichsthaler contant und baar nicht vorhanden wären und
dass sie auf leere Promessen sich nicht ferner könnten verweisen lassen.
Mit dem Salze wäre es auch impracticable auf so eine grosse Summe.
Bei diesem kann man sie eines weitern nicht versichern, als davon
verlauten will, welches sich aber auch zeigen wird, wann der Graf von
Lamberg und churfürstliche ministri abgeredter Massen zu Perfectionining
des Tractats im Haag mit denen spanischen zusammenkommen werden.
Und vermeint der Fürst von Anhalt selbsten, dass, was die Spanier sich
ultra intentiouem wegen der Churfürstin haben vernehmen lassen, sich
noch wohl werde redressiren lassen.
Bei dem 17. articul wüsste — meint der Kurfürst — Anhalt S'. Ch.
D. Meinung gar wohl und dass sie desfalls auf Geld nicht handeln
wollten; der 18. articul werde durch die Clausul von Chursachsen un-
fruchtbar gemacht, dann dasselbige nimmer darin willigen würde.
Bezüglich dieser beiden Punkte ... kann ein mehrers nicht geschehen,
als dass £. K. M. in genere ihre ofGcia zu Erkaufung anderer Ländereien
versprechen thun.
Bei dem 19. articul gefiele weder S^ Ch. D. noch auch dem Feld-
marschall die reservatio des Vorzugs.
Hier siehet man nicht, wie E. K. M. sich solcher Reservation zum
Nachtheil ihrer Miliz begeben könnten und ist solchem nach auch dieser
Passus nur simpliciter ad referendum angenommen worden.
Bei dem 20. articul sageten S. Ch. D., was sie doch von Spanien
zu Garantirung ihrer clevischen Lande gewärtigen sollten, da es seine
eigene Niederlande nicht retten könnte.
Dem Fürsten von Anhalt hat bedünken wollen, dass man entweder
die Obligation auf alle kaiserliche Alliirte setze, oder diesen articulum
ganz auslasse, zumalen articulo 8^ diesfalls schon vorgesehen werde, wor-
mit sich im letzteren die gehorsamste Deputirte auch conformiren.
Den 23. articul sahen L Ch. D. an, als wann er der Freundschaft
zwischen Dänemark und ihre praejudiciren könnte. Dabei dann, obschon
der Churfürst sich im Werk selbsten bei der Krön Dänemark inter-
ponirt, damit der Orts im Nord keine Troublen entstehen möchten, so
scheinet es doch, dass er darzu gleichsam wider seinen Confoederirten ')
Durch den Vertrag vom 20./30. April 1683 war der Karforst Verböndeter
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Gutachten über das oesterreich-brandenburgiscfae Allianzproject 1113
per foedas tertium nicht wolle obligirt werden und vermeint der Fürst
von Anhalt, dass, wann man die Wort „die Autorität nachdrücklich
zu interponiren^ ausliesse und es nur auf die officia stellte, dass ferners
kein Bedenken sein würde; wie auch, dass anstatt des termini „unter
der Aschen gehalten^ gesetzt werde „damit solches Feuer gedämpft
werde".
Bei dem 1. articulo secreto erwähneten S. Ch. D., wann von dem
Gelde, so ihre zukäme, dero churfürstliche Gemahlin etwas haben sollte,
wollten sie es schenken und den Dank davon haben; überdeme so
sehen sie nicht, wie die Satisfaction ausser baarem Gelde zu erheben
wäre.
Allhier haben die Spanier selbst gefehlt, indeme die Meinung wäre,
dass man dem Churfürsten und Churfurstin in allem 500000 Thaler in
baarem Geld und Salz geben sollte, die Spanier aber sich noch neben
deme auf ein Regalirung der Churfurstin haben heraus gelassen, also
dass der Churiurst jetzt die ganze 500000 allein für sich haben will,
dahin stellend, was man wegen der Churfurstin zu thun habe, ohne
welche doch in der Sach wohl nicht wird auszulangen sein, dass also
auch dieser Punkt zu dem obvermeltem camerali hinauslaufet.
Bei dem 2. articulo secreto sageten I. Ch. D., dass selbiger eine
declaratio belli wider Frankreich wäre, welche zu sustiniren, wann mau
mit einer Armee von 100 000 Mann am Rhein stünde; aber itzo wäre
solches ganz hors de saison.
Aus diesem Bedenken ist zu ersehen, . . . dass der Churfürst absolute
den Frieden mit Frankreich gemacht und festgestellt haben will, wie dann
der Fürst von Anhalt selbst erkennt, dass ohne diesen Zweck und Absehen
das foedus inane et vacuum sein würde, es möchten dann etwa die prae-
terita ganz praeterirt und nur auf das futurum gesetzt werden, wann von
Frankreich oder einer andern Potenz dem Reich noch femer was entzogen
werden sollte, woraus aber die Alliirte inferiren würden, als wann auch
E. K. M. das praeteritum allschon pro derelicto halten thäten. Der Fürst
aber hat übernommen diesfalls den Churfürsten besser capace zu machen.
In summa, Allergnädigster Kaiser und Herr, die ganze Sach kommt
darauf an, dass der Churfürst sich entweder gar nicht zur Allianz gegen
Frankreich wird bewegen lassen, oder doch änderst nicht, als wann der-
malen 380000 Thaler in parato ausgezählt und alle Jahr mit 300000
Dänemarks geworden; Morner I.e. 440 ff.; Pufendorf 1. c. XVIII. 92; Droysen I.e.
III., 749.
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1114 IX. Lamberg in Berlin, Anhalt in Wien. 1682 — 1684.
continuirt wird; da dann allenfalls, bei Spendirang des Gelds, aach desto
klärer und sicherer auf die Vinculirung der Allianz zu gehen sein würde,
damit das Brod den habenden Völkern nicht verkürzet und anderstwo
nit allein unniitzlich, sondern schädlich verworfen werde').
Beratlien am 26. und 30. August 1683, praesentibus Anhalt, Zinzendorf,
Königsegg, Stratman, Secretare Bewer und Koch.
Votum über die Anhalt zu ertheilende Antwort
Dat. 1. September 1683. (Conc.)
[Noth wendigkeit des allgemeinen Friedens. Erklärung des Kaisers bezüglich der ein-
zelnen Punkte.]
1. Sept. Der R. K. M., unserm allergnädigsten Herrn, seie in Unter-
thänigkeit vorgetragen worden, was in Sachen der mit des H". Churfursten
zu Brandenburg Durchl. noch am 12. Augusti nechsthin zu Pas^au ap-
punctirten Allianz und Törkenhilf des H°. Fürsten zu Anhalt Durchl.
auf die ihro nachrichtlich zugekommene churfürstliche Bedenken in ein
und andern zu beederseits vergnüglicher Erhebung des Werks vor tem-
peramenta wohlmeinend haben vorschlagen wollen; wie sie dann auch
änderst nicht von P. K. M. verstanden und aufgenommen worden, als
welcher, wann im Werk selbsten mit deroselben I. Ch. D. zu einem Zweck
in Rath und That recht übereinstimmen und einmüthig sich verstehen
möchten, auch leicht fallen würde, sich der Wörter halber, worunter die
Sach also gnugsam zu exprimiren wäre, mit einzu verstehen; dabei sie
jedoch vor allem höchstens bedauren, dass der hierunter an I. Ch. D.
hauptsächlich gesuchte und bei obgedachter Appunctirung der Allianz
festgestellte Succurs zur Entsetzung der vom Erbfeind belagerten Stadt
Wien ... zurückbleibet und zu ietztermeltem so anbringlichen Zweck nicht
mehr zu erwarten stehet.
Soviel aber hierbei das übrige Allianz werk belanget; gleichwie es
von P. E. M. seithero dessen erster Veranlassung änderst nicht angesehen
oder abgezielet worden, als dass, gegen der kaiserlichen Einrichtung der
Subsidiettresten bei der Krön Spanien auf wirkliche 200000 Thaler an
baarem Geld und 300 000 Thaler an Salzassignationen, I. Ch. D. auf K
K. M. und ihres gesammten löblichen Erzhaus Interesse völlig hemm-
treten, mithin das französische und alles andere, so deme entgegensteht,
verlassen, in specie ihre vota und consilia mit P. K. M. vereinbaren,
1) Vergl. Klopp, Das Turkenjahr 1683, 278.
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Gutachten über die Anhalt zu ertheilende Antwort. 1115
darunter auf einou sicheren und besitäudigen Frieden (welcher demnach
universal sein musste) intendiren und zu dem End sich zuvorderst nicht
allein mit allen möglichsten officiis und remonstrationibus sowohl bei
der Krön Frankreich, damit das dem Reich und dessen an- und zuge-
hörigen Ständen. Kreisen, Gliedern und Anverwandten wider die Frie-
denschlusse bisher entzogene restituirt werde, als auch bei der Krön
Dänemark, damit in selbiger Nordseiten gegen dem Reich nichts gewalt-
thätiges attentirt und alles in Ruhe erhalten werde, mit aufrechtem
Nachdruck interponiren; sondern vornehmlich auch, wann noch ferner
was dem Reich von der Krön Frankreich oder deren Alliirten sub quo-
cunque praetextu sollte entzogen oder Beschwerd zugefügt werden wollen,
neben I'. K. M. mit Rath und That und, da die Güte kein Platz greifen
wollte, mit zusammengesetzter Macht und Kräften das äusserste dar-
gegen vorkehren sollten; also und da mehr hochgedachte I. Ch. D. in
dieser Intention mit K K. M. recht übereinstimmeten, . . . möchte in
den terminis der Wörter noch wohl hinauszugelangen sein.
Bezuglich des zweiten Artikels ist der Kaiser bereit sich zufrieden zu geben,
w enn nur der westpbälische Friede (als auf welchen sich der Nymwegische be-
zieht) und was demselben und dessen Executionsrecess zugegen gehandelt wor-
den pro fundamento der Allianz gesetzt wurde; bezüglich des 3'«" Artikels, dass
derselbe unter die Secretartikel Aufnahme finde. Bezüglich der Artikel 4 und 7
sieht der Kaiser nicht, dass darin etwas gegen das Interesse des Kurfürsten laufen-
des enthalten sei; glaubt aber der Kurfürst, dass der Schluss des Artikels 7 das
Ansehen habe, als tbäte er den Kurfürsten auch ad vindicationem praeteritorum
obligiren, dann will der Kaiser gestatten, dass die clausula finalis (sie seien
gleich in ungekränkter etc.) ausbleibe, oder doch, dass der Kurfürst wenigstens
seine officia pro illis destitutis statibus promittirte.
Bezüglich des Artikels 8 gibt der Kaiser zu bedenken, dass man keine Hoff-
nung habe von Spanien das versprochene Geld zu erhalten, wenn man Spanien
von aller Unterstützung ausschliessen wollte ; im Uebrigen ist der Kaiser bereit zu-
zugestehen, dass der Artikel zu besserem Verstandnisse auf die spanischen dem
Reich zu- und anverwandten Länder möge gestellt werden, wie auch, dass im
Artikel 10 der casus diserte auch für den Kurfürsten reciprocirt werde.
Wie es aber dermalen mit dem churfürstlichen Succurs zur Entsetzung
der Stadt Wien zu spat sein wird, könnte der articulus XIV. gar aus-
gelassen, oder doch nur relative gesetzt werden, dass die Nothdurft, wie
Churbaiern und andern Reichsalliirten, gegen Bezahlung des billigen und
landläufigen Preis, allenfalls sollte gereicht werden.
Ad 15"™ aber auch bei ietztgedachter Verspätung des churfürst-
lichen Succurs und da I. Ch. D. darneben fast das geringste Wort nicht
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1116 IX. Lamberg in Berlin, Anhalt in Wien. 1682—1684.
dulden wollen, welchem sie in etwas gegen Frankreich impegniren möchte,
könnten I. K. M. nicht finden, wie sie sich der iährlichen 300000 Reichs-
thaler halber ferner zu erklären hätten, bis sie sich nicht zu der chur-
fürstlichen Intention circa supradicta principia und dass sie allenfalls
sich zu 1'. Ch. D. auf 12000 Mann gegen den Türken oder 5000 gegen
Frankreich und 7000 gegen den Türken inner 4 Wochen a requisitiooe
und zumalen auch deren Einstimmung in consiliis et votis auf Reichs-
und Kreisconventen eigentlicher verlassen können; warnach sie alsdann,
um P. Ch. D. Freundschaft und aufrechter Zusammensetzung mögligst
zu begegnen, an ihre das äusserste nicht werden erwinden lassen, damit
sie mit 200000 Thaler in baarem Geld zu End des Jahrs zuhalten
und dabenebenst noch 100 000 Thaler im Reich assigniren könnten, ab-
sonderlich aber auch es wirklich dahin zu richten, dass der Frau Chur-
fürstin Durchl. sogleich bei Ratification des Tractats die von der Krön
Spanien ihro destinirte 80 000 Thaler in baarem erfolgen thun, als wor-
fär deroselben in P K. M. Namen I. F. D. zu Anhalt insoweit caviren
könnten.
Bezüglich des Artikels 16 glaubt der Kaiser, dass die von Spanien bewil-
ligten 200 000 Thaler in parato liegen. Bezüglich der Artikel 17 and 18 wird
der Kaiser gerne concurriren, damit das Geld zu Erkaufang anderer Ländereien
möchte verwendet werden.
Soviel aber den 19. articulum belanget, können I. K. M. von ihrer
angehenkten Reservation vieler Ursachen halber nicht abstehen, noch
weniger aber, da der churfürstliche Succurs dermalen zu spat, inskünf-
tige aber noch dahin stehet, ob und welchergestalt er unter des Derff-
lingers Commando beschehen werde.
Bezüglich der Artikel 20 und 23 ist der Kaiser mit den vom Kurfürsten
gewünschten Auslassungen und Aenderungen einverstanden.
Was sodann beede articulos secretos belanget, wird man des ersten
halber bereits oben verstanden sein, und wie dann sich gleichsam die
ganze Essenz der Allianz in den zweiten contrahiret, also kommt es
vornehmlich auf die Declaration an, so von P. Ch. D. über mehr ange-
zogene principia intentionum verlangt und erwartet wird.
Votum über Anhalts fernere Bedenken wegen der corrigirten
Punkte. Dat. Linz 26. September 1683. (Conc.)
26. Sept. Was E. K. M. noch jüngst allhier am 6. d. M. wegen des fernem
tractirens mit dem Fürsten von Anhalt zu einer Allianz mit ChurbraD-
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Gutachten über Anhalts Bedenken besüglich des oest-brand. Allianzprojectes. 1117
denburg allergnädigst geschlossen, solches haben die gehorsamste depu-
tirte Rathe jetztgedachtem Fürsten in einer mit ihme ferners zu Wien
am 16. dies veranlassten Conferenz vorzustellen nicht ermanglet und
iis praesuppositis sich unterredet, wie sofort die vom Churförsten ver-
worfene puncta also zu temperiren seien, dass darunter der Tractat noch
möchte zum Schluss zu bringen sein, da dann gleichfalls alles ist obser-
virt worden, was E. K. M. vorermelter Massen über ein und andern
Punkt gebilliget haben; und wie dann ermelter Fürst selbsten hauptsäch-
liches nichts darwider einzuwenden gewusst, ist darnach die Correctur
der Punkten geschehen und solche ihm aufs neue (iedoch sine die, con-
sale aut subscriptione) sammt dem Recreditiv zu seiner Zurückreis exhi-
birt worden ^). Nach deren Ersehung aber er sich hat beschweren wollen,
als wären dieselbe nicht nach der Abred eingerichtet und hauptsächlich
zwar; 1^ dass bei dem dritten hunderttausend Thalern, so dem Chur-
fuTsten in Assignationen beigetragen werden sollen, reservirt worden,
dass solche assignationes ohne E^ E. M. Entgeld oder Indemnisation sein
sollten: 2\ dass die 80000 Thaler für die Churfürstin von den 300000
Thalern in Salzassignationen sollten defalcirt werden, welches der Chur-
furst nicht leiden würde; 3^ dass E. K. M. nicht übernehmeten die 300000
Thaler an Salz vor Spanien, im Fall das Salz nicht zu versilbern oder
zu erheben stünde, gut zu machen; und 4^ dass in den articulis secretis
in terminis eingeführt werde, dass der Churfürst allen widrigen foederibus
renunciire; wobei er 5^ auch die Occasion nimmt zu begehren, dass
diese articuli widerum hinc inde möchten unterschrieben werden, wie
er dann auch schriftlich eingegeben , auf was Weis er alle diese passus
nach seiner Intention gern eingerichtet hätte ^.
*) Die Recreditive sind datirt Linz 28. Sept. 1683; die Scblussform des Allianz-
projectes, siehe weiter oben 1091 ff.
^ Diese Bedenken lauten (Aut.):
Bey dem 13^^» articul wirdt allerunterthänigst gebeten, das solcher dergestalt ein-
gerichtet werden möchte „an assignationen dergestalt reichen zu lassen, dass yon der
Zeit an der ratification dieses tractats, solche iedes halbe iahr, nach geschehener
coniunction aber der churfürstlichen mit denen keyserlichen Völckem quartaliter abge-
stattet werden".
2. Das der erste articulus secretus dergestalt wie folget einzurichten allergnä-
digst beliebet werden mochte „I. K. M. versprechen es dahin zu richten, dass neben
denen 200 000 thalem, so des H°. Ch. D. in haaren geld von der Chron Spanien zu
erfolgen haben, der Frau Ch. D. wegen beforderender gutter Verständtnüss zwischen
Ir. E. M., der Cron Spanien und ihres churfürstlichen gemahls, 80 000 thaler auch in
haaren gelt bey der ratification dieses tractats entrichtet werden sollen. Was dan
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1118 IX. Lamberg in Berlin, Anhalt in Wien. 1682—1684.
Die Ratbe haben aber diese neuen Bedenken nachgedacht and bezüglich des
ersten, die Assignation der dritten 100000 Thaler betreffend, das Expediöis
gefunden, dass man die assignationes auf die nechsterhaltende Romer-
monat versetze, als wordurch man zugleich dem Churfursten ein stimu-
lum gebe künftig zu den Römermonaten mit seinen votis zu helfen und
zugleich der nicht Entgeld von selbsten fiele, indeme die obligatio an
sich Selbsten nur in eveutum gestellt wäre.
So viel aber 2^ die 80 000 Thaler für die Churfürstin belanget, hat
man hiebei considerirt, dass E. K. M. dieselbe doch für Spanien in Baar-
Schaft werden herzuschiessen haben, ungewiss, ob und wann sie solche
zurückbekommen werden und allenfalls, da Geld von Spanien zu be-
kommen, E. K. M. ohne deme so vielfaltige andere titulos, causas debendi
et praetensiones an selbige Krön haben und dann es dies Orts dahin
ankomme, dass E. E. M. von Spanien nichts zurückbekommen und doch
auch kein meritum bei der Churfürstin, als wann sie etwas gethan
hätten, haben würden; dass dahero vor besser angesehen worden, weiln
doch verlauten will, samb die löbliche Hofkammer gewisse 30000 Du-
caten hierzu destinire, dass, abstrahendo von ermelten 80000 Thalem
in dem articulo 1^ secreto, man in dem Hauptinstrumeuto articulo XIIL
wo die 200000 Thaler versprochen werden, auch der Churfürstin vorge-
sagte 30000 Ducaten gegen der Ratification des Tractats zusage.
Und so fort, weiln, soviel die 3. Difficultät betrifft, E^ K. M. keines-
wegs einzuratheu ist, dass sie allenfalls die Satisfaction der 300000
Thaler an Salz für die Krön Spanien auf sich nehmen sollten, der arti-
culus primus secretus nur auf die möglig und kräftigste officia, die sie
darunter bei der Krön Spanien einwenden wollten, eingerichtet werde
Dabei dann noch weiter auch ist reflectirt worden, dass im Fall E. K. M.
diesen .Tractat schliesseten, ratificirten und dabei Anfangs der Churfürstin
ermelte 30000 Ducaten exhibirten, auch etwa nach Verfliessung eines
halben oder ganzen Jahrs mit denen 200000 Thalem zuhielten, hingegen
aber der Tractat, oder auch die praestationes an Seiten der Krön Spanien
auch die übrige Saltzassignationes der 300000 thaler anlanget, da solche nicht xa
erheben stünden, noch versilbert werden kunten, So versprechen 1. K. M. in hocb-
ermelter Chron nahmen die satisfaction darfür, dass solche in andern annehmlichen
vergleichenden milteln auff gewisse termine innerhalb drey iahreu erfolgen solle.'
3. kan der 4<« articulus secretus gantz aussgesetzet werden, weil solcher albereits
im vorhergehenden 4"« articul gnugsamb exprimiret ist.
4. wirt gebeten, das dieses project gleich voriges zu unterschreiben beliebet wer-
den mochte.
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Gutachten über Anhalts Bedenken bezüglich des oe$t.-brand. AJIianzprojectes. 1119
in^s Stecken geriethen, dass der Churfurst bis dahin etwa weder selbiger
Krön, weder auch E'. K. M. (prüna foederis causa deficiente) würde wollen
verbunden sein, dass dahcro gut und gleichsam nöthig sein werde, dass
beide Tractaten zugleich zum Stand und Ratification gebracht werden.
Die 4. Difficultat in renunciatione den widrigen foederibus belangend,
hat der Fürst von Anhalt solche selbst für nicht unbillig erkannt und
allein vermeint, dass sie in ipso foedere in etwas mitioribus terminis
möchte eingeführt werden, da sonsten in articulis secretis die vorige ter-
mini kein Bedenken hätten.
Von der 5'*" Forderung bezüglich der Unterschreibang des Vertrages ist An-
halt, auf die dagegen geltend gemachten Gründe hin, abgestanden.
Berathen am 26. Sept. 1683; praesentibus Zinzendorf, Königsegg, Stratman,
Bewer und Koch.
Der Vorschlag des Fürsten von Anhalt, der Graf Lamberg möge, während
Anhalt an den karfürstlichen Hof mit demAIlianzprojecte eile, sich nach Dessau
begeben, bereit auf den Wink Anhalts nach Berlin zur Unterzeichnung des Ver-
trages zu kommen, wird von den kaiserlichen Ministern — Königsegg und Strat-
man — in ihrem Gutachten vom 13. Oct. 1683 verworfen. Anhalt, der nach
Berlin eilte, übergab das kaiserliche Project, konnte aber, da der Kurfürst von
Sachsen in Berlin weilte und nach dessen Abreise der Kurfürst unpä>slich war,
keine Resolution erhalten. In einem Schreiben d. d. Potsdam 24. Nov. 1683
bittet er dann neuerdings um einen Bfischeid. Dieser erfolgte am 1. December
st.v. 1683.
Der Kurfürst an den Fürsten von Anhalt Dat. Potsdam
l./ll. December 1683. (Or.)
[Unmöglichkeit unter den gegebenen Verhältnissen die vom Kaiser gewünschte Allianz
zu schliessen. Nothweudigkeit des Friedens mit Frankreich.]
S. Ch. D. erkennen zuvorderist mit schuldigem Danke, dass I. K. M. 11. Dec.
deroselben die Ehre thun und sie abermalen zu einer Allianz invitiren
wollen. Sie würden selbige mit Freuden embrassiren, um dadurch die
Begierde, so sie haben P. K. M. in allem nach Möglichkeit an Hand zu
gehen und zu Gefallen zu leben, darzuthun, wann sie nicht in ihrem
Gewissen persuadiret wären, dass bei jetzigem Zustande in- und ausser
Reiches eine solche Allianz, wie diese ist, sowohl P. K. M. und dem
Reiche, als auch zuvorderst S^ Ch. D. und dero Landen zum högsten
schädlich und eine allgemeine Convulsion und Ruin nicht allein S*^. Ch. D.,
sondern auch dem ganzen Reiche besorglich zuziehen durfte. Dann, ob-
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1120 IX. Lamberg in Berlin, Anhalt in Wien. 1682—1684.
zwar dieselbe einen löblichen und billigen Zweck hat, nemlich, nicht
allein die Beschütz- und Erhaltung des Reichs und der Benachbarten,
insonderheit der Krön Spanien, sondern auch die Widerherbeibringong
dessen, was dem Reiche und denen Benachbarten nach dem münsterischeo
Friedenschlusse unbilliger Weise entzogen worden; so ist ie offenkundig,
dass man das erste ohne den geringsten Hazard und mit Acceptirung
des von dem Gegentheile selber offerirten Friedens oder Stillstandes er-
halten, zu dem andern aber scheinen die in dem Project vorgeschlagene
und sonst erforderte media ietziger Zeit so gar nicht proportioniret, dass
selbige vielmehr contrarium effectum operiren, und anstatt etwas da-
durch zu recuperiren, man vielmehr besorglich Anlass geben möchte,
noch ein mehres von dem Reiche abzureissen und dasselbe noch femer
zu zergliederen.
Es ist ja ohne einzige Widerrede zu begreifen, dass Frankreich ohne
Krieg und Zwang sich zu dergleichen Restitution nimmer verstehen
werde; dass es auch diese Extremität resolviret habe und der Krieg
nahend sei, erscheinet klärlich, sowohl aus denen Werbungen, welche es
thut, als auch aus demienigen, was in den Niederlanden mit Cortryck
und Dixmuiden*) passiret, wodurch das Kriegesfeuer bereits alldoch
einigermassen angangen und dann auch aus der Declaration, welche es
abermalen gegen das Reich gethan, worinnen es die Offerten bis auf den
letzten Tag dieses Jahres limitiret').
Nun erfordert die gesunde Vernunft, dass, wann ein Krieg ver-
muthet, oder, wie allhier, bereits vor der Thüre ist, man zuvorderist reif-
lich überlege, ob man Macht und Mittele habe dem Feinde zu resistiren
und den Krieg mit Success zu führen. Dass solche Mittel im Reiche
jetzo nicht vorhanden, ist sonnenklar am Tage. I. K. M., welche das
grosseste Gewichte beitragen können, seind nebst dero negstgesessenen
Ständen mit dem schweren Türkenkriege völlig occupirt und können
wider Frankreich nicht einen Mann schicken. Die übrige armirte Stande
in Deutschland seind unter sich nicht einig und haben ihre Benachbarten
zu fürchten und wann auch gleich solches nicht wäre, seind dieselbe
doch gar nicht süffisant den Krieg mit Frankreich allein zu führen, und
ist leicht zu ermessen, wofern es zum Kriege kommen sollte, dass der-
selbe weiter um sich greifen würde, als man jetzo wohl meinete, sonder-
Courtray und Dixmuyden waren November 1683 gefallen; ?ergl. Droysen I. c
III.j 766; Puf. 1. c. XVIII. 105; Müller I.e. I. 224.
2) Theatrum Europaeum XII. 623.
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Des Kurfürsten Rechtfertigung seiner Haltung. 1121
lieh gegen Norden, doch dann aus dem ober- und niedersächsischen, wie
auch westphalischen Kreise wenig Hülfe pro imperio zo gewarten, weil
die in solchen Kreisen situirte Stande mit Beschützung ihrer eigenen
Landen mehr als zu viel zu thun bekommen dürften. Auf auswärtige
Hülfe hat man sich im geringsten nicht zu verlassen; theils derselben
können sich selber nicht retten, theils seind unter sich uneins; theils
praestiren dasienige nicht, was. man von ihnen erwartet und hat es die
tägliche Erfahrung überall gnug gegeben, dass viele Allianzen, insonder-
heit mit auswärtigen, wenig helfen, indem ein ieder sich nach dem
Compass seines Interesse richtet. Zwart möchte man sich damit flattiren,
Frankreich werde wie bishero also noch ferner nur mit Bedrohungen
anhalten und wider das Reich nichts feindliches tentiren; inzwischen
könnte der Friede mit dem Türken erfolgen und man alsdann Mittel
gnug haben demselben zu resistiren, auch das Verlorene zu recuperiren.
Ob aber solches von einem Potentaten, der sein Interesse und Conve-
nienzen sehr wohl begreifet und mehr als einmal das praevenire gespielt
hat, zu vermuthen, lasset man einen jeden urtheilen. S. Ch. D. können
aus unfehlbaren Gründen iudiciren, dass Frankreich so lange nicht stille
sitzen werde und dass eben diese Allianz das rechte Mittel sein würde
selbiges a bout und zu einem coup desesperee zu poussiren; dann es ist
bekannt, dass selbige Krön bis ietzo eine grosse Reflexion auf dieienige
Stände, welche den Frieden gerathen und gesuchet, gemachet habe; in-
sonderheit können S. Ch. D., wann es erfordert wird, klärlich darthuen,
dass sie, wo nicht alles, dennoch ein grosses beigetragen, dass bis ietzo
das Reich von fernerer Vergewaltigung befreiet geblieben und dass eben
zu der Zeit^ wie man sie als französisch gesinnet angesehen und ausge-
rufen, sie die Conservation und den Ruhestand ihres geliebtesten Vater-
landes aus patriotischem Eifer am meisten besorget und verschaffet
haben. Wann nun Frankreich sehen würde, dass S. Ch. D. auch der-
gleichen mesures genommen, woraus der Krieg unvermeidlich erfolgen
könne, so ist leicht zu ermessen, was es dawider vornehmen und ob es
den ersten Streich und die Zeit, da seine Feinde sich in Positur gesetzet,
erwarten werde? Wobei dann absonderlich zu bemerken, dass ausser
der Gefahr, welche alsdann dem ganzen Reiche überkommen würde,
S. Ch. D. und dero Landen einer absonderlichen Gefahr, ja dem unver-
meidlichen Ruin würden exponiret bleiben; dann, gleichwie Frankreich
nach solchem Erfolg auf dieselbe am meisten würde erbittert sein, so
stünde demselben noch eben der Weg und die Mittele offen, deren es sich
liater. t. Gesch. d. O. Kurfürsten. XIV. 2. 71
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1122 IX. Lamberg in Berlin, Anhalt in Wien. 1682 — 1684.
hiebevorn gebrauchet, wie es in dero westphälische Landen eingedrangeo.
Wann nan solches, das Gott verhüte, geschehen sollte, woher hätten S.
Ch. D. die geringeste Hülfe und Schutz zu erwarten? I. K. M. entziehen
sich derselben Obligation im 10. Artikel ausdrucklich und zwart bei
wehrendem Türkenkriege in totum, bei erfolgendem franzosischen Kriege
aber entweder auch in totum oder pro parte.
Zwart wird in dem 18. Artikel die Hülfe von der Krön Spanien und
deroselben Confoederirten wiewohl mit sehr zweifelhaften Expressionen
gezeiget, aber was vor Hülfe können S. Ch. D. von dannen vermuthen,
da ja weltkündig, dass sie ihre eigene Landen wider feindlichen Anfall
nicht schützen noch retten können. Und ist insonderheit der 8. Artikel
des Projects vor S. Ch. D. sehr hart und bedenklich, dann zufolge des-
selben müssten S. Ch. D. jetzo die gesetzete Volkhülfe nach denen spani-
schen Niederlanden schicken, weil der casus, so daselbst exprimiret wird,
nach Occupirung von Cortryck^) und Dixmuyden bereits existiret, wo-
durch dann S. Ch. D., ohne einige Gegenhülfe zu hoffen^ oder zu gewarten,
sich in ein gefahrliches Kriegesfeuer stecken und Frankreichs Macht und
Ressentiment gleich jetzo auf sich ziehen würden, welches, wie sie es
gegen die von Gott ihre anvertrauete Lande nimmer verantworten könnten,
als hoffen sie, man werde daraus um so viel mehr die Nothwendigkeit,
dergleichen Bündnisse bei jetzigem vulnerirtem Zustande der Sachen, ja
fast offenen Kriege, zu decliniren, begreifen und von S'. Ch. D. nicht mehr
begehren, als sie praestiren können.
Da nun bekannt, dass das Reich jetzo nicht capable Frankreich zu
widerstehen und fernere Vergewaltigung, ja den befürchtenden gänzlichen
Untergang und Ruin abzukehren, viele weniger das Verlorne zu recupe-
riren, so können S. Ch. D. nicht begreifen, wie ein einziger Patriote,
deme die Erhaltunge des Reichs zu Herzen gehet, im Zweifel ziehen könne,
ob es bei solcher Bewandtnisse nicht besser, den Frieden oder Stillestand
mit Frankreich zu treffen, als das Reich einer so augenscheinlichen Ge-
fahr, ja seiner gänzlichen Convulsion und Ruin fernerhin zu ex-
poniren.
Zwart haben I. K. M. vormals ein Particulieraccommodement zwischen
dem Reiche und Frankreich decliniret und begehret, dass zugleich auch
die Differenzien mit Spanien abgethan werden möchten, welches dann
nicht ohne Grund gewesen, weil durch diese offenstehende Differenzien
allezeit ein neues Kriegesfeuer hätte entzündet werden können. Weilen
*) Courtray.
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Des Karförsten Aeusserungen über den Stand der europäischen Angelegenheiten. 1123
aber nunmehro nach des H°. Fürsten zu Anhalt D. Abreise von Wien
als ein novum emergens sich hervorgethan, dass Frankreich einen Uni-
versalfrieden oder Stillestand und den Schluss desselben auf eine gleiche
Zeit mit dem Reiche und Spanien offeriret, so haben nicht alleine S. Ch.
D. deshalb unlängst ein bewegliches Schreiben an I. K.M.'), worauf sie
sich hiemit nochmalen beziehen, abgehen lassen, sondern sie fassen auch
nunmehro die sichere Zuversicht, I. K. M. werden, nachdeme nunmehro
der fnmehmste Zweck erreichet, auch auf die Erhaltung dieses allge-
meinen Friedens fnrnehmlich und alleine bedacht sein. Dann, wie hoch
dieselbe von dem verderblichen Kriege und Blutvergiessen in der Christen-
heit abhorriren, ist bekannt und ist es ohne dem dero höchsterleuchteten
Prudence allerdings gemäss, vielmehr dasienige, was man sicher ohne
Schwertschlag und ohne Hazard erhalten kann, zu amplectiren, als ein
Ungewisses durch den zweifelhaften und gefahrlichen Ausschlag der
Waffen zu suchen.
Sollte man es aber dennoch über alles Vermuthen zur Extremität
kommen lassen und das Reich dadurch abermalen in die Gefahr seines
Unterganges und gänzlicher Dissolution setzen wollen, müssten S. Ch. D.
solches dahin gestellet sein lassen und sich damit vergnügen, dass sie
keinen Theil daran, sondern vielemehr das ihrige mit treuen wohlgemei-
neten und unnachlässigen Erinnerungen gethan haben. Im übrigen ver-
sicheren S. Ch. D. I. K. M. nochmalen hiemit aufs kräftigste, dass sie
sich der Schuldigkeit, womit sie P. K. M. und dem Reiche verwandt,
nimmer entziehen werden; dass sie niemalen einig foedus gemachet, so
dieser Obligation zuwider, auch dergleichen zu machen nicht im Sinne
nehmen. Sie erbieten sich femer, sobald das Werk mit Frankreich
wird abgemachet und der Ruhestand des Reichs von der Seiten be-
festiget sein, dass mit P. K. M. sie sich so genaue und feste, als dieselbe
esb immer verlangen werden, zu Erhaltunge des getroffenen Friedens oder
Stillestandes, wie auch wegen aller anderen Convenienzien verbinden und
deroselben bei cessirender Gefahr von Frankreich alle kräftige Hülfe
wider den Erbfeind leisten, auch sonst in alle Wege erweisen wollen,
dass sie ein getreuer Churfürst P. K. M. und des Reichs seind. S. Ch. D.
können auch ohne Vanität versicheren und wird es das fürstliche Haus
Lüneburg vornehmlich bezeugen müssen, dass sie alleine im verwichenen
Sommer es dahin gerichtet, dass der Friede und Ruhestand in Norden
*) Schreiben des Kurforsten an Leopold 10./20. Not. 1683; abgedruckt bei Orlich
I.e. 331 f.; Londorp I.e. XI. 570f.
71*
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1124 IX. Lamberg in Berlin, Anhalt in Wien. 1682 — 1684.
bis jetzo erhalten und ein höchst gefahrlicher Krieg daselbst verbötet
worden; sie wollen noch ferner dahin sich mit äussersten Kräften be-
arbeiten; hoflfen auch darunter vermittelst des Högsten Beistand noch
weiter zu reussiren, wann es nur mit Frankreich zu keiner Weiterunge
kommet, dann solchenfalls können sie anders nicht absehen oder ur-
theilen, als dass alles, wie im Reiche, also auch in Norden, über und
über gehen werde. Schliesslich bedanken S. Ch. D. sich gegen dero H°.
Vettern, des Fürsten zu Anhalt D., freundvetterlich vorgenommener Be-
mühunge in dieser wichtigen Sache ') und verbleiben deroselben zu Er-
weisunge angenehmer Dienste stets geflissen.
Lamberg an den Kaiser. Dat. Berlin 19. Febr. 1684. (Or.)
[Erklärungen Anhalts zu Dessau über die Gründe des Scheiterns seines Versuches
eine Eini^ng zwischen Oesterreich und Brandenburg herbeizuführen. Gegenminen
der Franzosen. Bestechung der kurfürstlichen Minister seitens derselben. Regalirung
des Kurfürsten und der Kurfürstin. Geringes Vertrauen Anhalts in den Erfolg der
neuen Mission Lambergs. Audienz beim Kurfürsten. Unterredung mit demselben
über den Frieden. Friedrich Wilhelm betont die Nothwendigkeit des Friedens-
schlusses mit Preisgabe Strassburgs. Meinders ist für einen Waffenstillstand. Crtheil
Lambergs über den Berliner Hof und dessen Friedenspläne. Des Kurprinzen Heirath.
Rathschlag Anhalts durch die Polen auf den Kurfürsten im Sinne des Friedens mit
den Türken zu wirken. Des Fuchs Mission an die braunschweigischen Hofe.]
19. Febr. Lamberg ist am 11. Februar in Dessau beim Fürsten Johann Georg von
Anhalt eingetroffert, der ihn seiner Devotion gegen den Kaiser versicherte, zu-
gleich die Gründe angab, warum er mit der Absicht den kurfürstlichen Hof
ganz für den Kaiser zu gewinnen nicht an's Ziel gekommen seL Nemlich
seine Proposition von Geldofferten und Regalirang der Frau Churfurstin
hätte zwar Anfangs ziemliche Wohlgefälligkeit gefunden, sei aber zugleich
bei denen Franzosen ausbrüchig worden und solches zwar aus Engelland
und aus des spanischen Botschafters Ronquillo') Haus, dem es von dem
Marquez Burgomanero wäre zugeschrieben worden. Worauf der firan-
zösische Minister Graf Rebenac 20 000 Ducateu in specie zur Hand ge-
bracht und den Churfürsten damit regalirt habe; der geheime Rath Fuchs
habe glaubwürdigem Bericht nach 6000 Thaler für seinen part gezogen,
worab leicht zu erachten, wie viel ein mehrers dem Meinders zu Theil
müsse worden sein'). Demnechst sei auch der Frau Churfurstin Rega-
') Diese letzte Stelle, sowie einige andere bei Droysen 1. c. 762 ff. ; auch Puf. 1. c.
XVin. 105.
^ Don Pedro de Ronquillo, spanischer Gesandter in London.
^ Vergl. Klopp, Das Turkcnjahr 1683, 278 Aum. 5.
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Anhalts Erklärungen. Vorgehen der franz. Partei. Audienz bei Fr. Wilh. 1125
lirung erfolgt, worunter blöslich die Tapezereien auf 30000 Thaler
geschätzt würden. Weichergestalt dann die Krön Frankreich mit ihrem
Intent so viel leichter habe hinauslangen können, als seines Vermuthens
unter seinem Abwesen mit selbiger ein engere Allianz geschlossen wor-
den'); wess wegen der H'. Churfürst so viel weniger getraue mit E'.
K. M. sich in Bündnus einzulassen, als er besorge, es möchten die vom
Grafen Rebenac bereit vorhin geschehene Bedrohungen sodann unfehl-
barlich zum Effect gereichen; massen dann die vorgewesene branden-
burgische Hilfschickung gegen den Erbfeind im innersten einig und allein
der Ursach röckgängig worden, weilen Frankreich sich angelassen, erstlich
alle des H". Churförstens mit ihm geführte consilia und Complots offen-
bar zu machen und sodann auf desselben rheinische Land loszugehen
und ein Exempel einer wohlverdienten Räch an denselben zu statuiren.
Welchem der Fürst weiter angefügt, dass bei so gestellten Dingen er
sich nicht wohl bereden könne, dass mein neuer Friedens vertrag, wie
tief er auch in der Billichkeit mittelst Sollicitirung churfürstlicher Officien
bei der Krön Frankreich zu Erhaltung eines moderirten Friedens ge-
gründet wäre, das mindeste verfangen würde; es wäre dann, dass Frank-
reich selbst seinem Interesse übelständig zu sein erachtete, auf seinen
bisherigen Friedenspropositionen länger zu verharren.
Im übrigen räth der Fürst, Sachsen so viel als möglich zu cajoliren, damit
es nicht auf die Seite Brandenborgs trete.
Am 16. Februar hat Lamberg Audienz, bei der sich der Knrfürst freundlich
zeigt und weitere Berathungen über den Friedensvorschlag verspricht. Nach
der Tafel äussert der Kurfürst seine Ansicht hinsichtlich des Friedens dahin,
dass, wann die Stadt Strassburg ohne einiges Beding an Frankreich
überlassen, von Frankreich hingegen dasienige, so es nach der Ver-
gwaltigung Strassburgs dem Reich abgenommen, ebenfalls ohne Beding
veider herüber gestellet würde, er vermeinte, der Fried unverweilet zu
Wege gerichtet sein würde, worunter er für kein geringes hielte, was
solchergestalt von Frankreich müsste restituirt werden; mit welchem
allem er sich gleichwohl nicht verfänglich gemacht haben wollte. Er
wurde endlich schlüssig, dass ein fördersamer Fried dem armistitio in
alle Weis vorzusetzen. Da ich mich aber verlauten Hesse, was Frank-
reich ohne Strassburg nach Abreis seiner Gesandtschaft gen Frankfurt
weggenommen würde schwerlich in etwas mehrerm als etlich Dorf-
') In der That war am 15./25. Oct. 1683 zu Potsdam eine engere geheime Allianz
zwischen Brandenburg und Frankreich geschlossen worden. VergL Mörner 1. c. 450 f.;
Klopp, Das Turkenjahr 1683, 278f.; Droysen 1. c. 765f.
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1126 IX. Lamberg in Berlin, Anhalt in Wien. 1682—1684.
Schäften bestehen und das Reich dadurch eine geringe Barriere und
Sicherheit überkommen, vermerkte ich, dass er sich in sich selbst er-
eiferte und gleich darauf sagte er gleichsam seufzend: Nun sehe ich
Wühl, dass ich im römischen Reich keinen Fried noch Ruhestand mehr
erleben werde; brache darauf den Discurs und fingirte einen Schmerzen im
Kreuz, welches mir, als ein bereit von etlich Jahren wohlbekanntes
Zeichen zu erkennen gäbe, dass meine Replic nicht allerdings annehmlich
gewesen.
Meinders, der wenige Stunden darauf Lamberg anfsacht, empfiehlt gleich-
falls sehr lebhaft im Interesse des Reiches die friedliche Abkunft mit Frank-
reich; hält aber das Armistitium för förderlicher als den Frieden, weil dieses
letzten conditiones auf ewig angesehen sein würden, die Parteien aber
darinnen annoch allzuweit von einander stünden und dess wegen allzu-
langen Verzug erforderten. . . . Dass nun dem H". Churfürsten der Fried,
dem Meinders das Armistitium beliebet, sothaner Diversität Ursach achte
ich zu sein, weilen dieser inzwischen noch nichts vergeben, abwarten will,
wie sich etwa die Zeiten anlassen möchten, um wiederum im Trüben
zu fischen und seinen Herrn allzeit auf die stärkste Partei zu ziehen.
Der H'. Churfürst hingegen siehet auf das gegenwärtige und gedenket
das für die gänzliche Hinüberlassung Strassburgs etwan Stipulirte sowohl
für sich, als die Frau Churfürstin, noch bei Lebzeiten einzuziehen, stim-
met derowegen auf den Frieden. Im üebrigen drängt Meinders auf schleu-
nige Abmachung mit Frankreich. Ich habe in summa aus allen mit Mein-
ders hinc et inde gepflogenen Discursen genugsam abzunehmen gehabt,
dass dieser Hof durch seine mit Frankreich habende Bündnussen sich
gegen sothane Krön, sogar auch zu Einwendung gütlicher Officien un-
tauglich gemacht und blos ad nutum der Franzosen, wo diese auch
immer mit dem Frieden hinaus wollen, nachschweifen müsse.
In dieser Ansicht wird Lamberg durch die Mittheilungen der schwedischen >),
holländischen^) und hannoverischen') Gesandten bestärkt. Alle stimmen
überein, dass Brandenburg den Frieden in seinem Sinne durchsetzen wolle und
fürchten sogar Gewaltmassregeln gegen die Widerstrebenden.
Der Kurprinz theilt dem Lamberg mit, dass es betreffs seiner Heirath mit
der hannoverischen Prinzessin *) bezüglich der Bedingungen noch nicht, in seinem
Gemüth aber alles richtig sei, wovon er sich auch durch nichts auf der
*) ürafenthal.
^) Amerongen.
3) Otto Groote. Vergl. Puf. L c. XVlll 106; Urk. u. Act. III. 767f.
*) Sophie Charlotte. Vergl. ürk. u. Act 111. 707 f.
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Aeusserung. d. Kurf. u. d. Meinders. Verhaudl. Lamberts mit Anhalt u. Meinders. 1 127
Welt werde abbringen lassen, am allerwenigsten aber durch des Hauses
Braunschweig mit seinem H". Vater nicht einstimmige Sentimenten ^). . . .
Sonsten beschwerten sich der schwedische und holländische Minister'),
dass des von Groot allhie gehabte Conduite und Miteinstimmung zu
einem forderlichen französischen Frieden ihnen ganz nicht anstünden.
Welches ich jedoch dahin gedeutet, dass es theils zu Gewinnung des
H". Churfürstens für den ' verwesenden ihme bisher nicht angenehmen
Heirath, theils zu Vortheil seiner Principalen, um denenselben etwa desto
leichter Subsidien zu erhandlen, nur ein äusserliches annehmen gewesen.
Im üebrigen höre ich durchgehends allhie das alte Gesang, dass, wann
nur für diesmal Frieden geschlossen, der Herr Churfiirst zu dessen be-
ständiger Erhaltung sich in alle erdenkliche Confoederation mit E**. K. M.
einlassen, ia wie Meinders sagte, carta bianca darüber von sich stellen
wollte.
Der Abt von Murbach ^) erklärt gleichfalls, das Benehmen seines Herrn, des
Kurfürsten von Köln, sei einzig und allein aus Furcht vor Frankreich zu er-
klären.
Zn Commissären für die Verhandlungen mit Lamberg sind Anhalt und
Meinders bestimmt; Anhalt hält dafür, es wäre sehr zweckmässig, wenn der
Kaiser den König von Polen vermögen könnte, einen Officier nach Berlin zu
senden, welcher erklärte, es würde E'. K. M. weder für Gott noch den
Menschen in specie von dero Alliirten können verdacht werden, wann
sie lieber mit dem Türken einen reputirlichen, als mit den Franzosen
einen disreputirlichen schändlichen Frieden machen sollten. Sintemalen
nun aber solches durch dieienige, so E. K. M. anietzo zum iranzösischen
Frieden dringen wollten, unfehlbar verursacht werden wurde, als könnte
es sodann sammt dem auf die ganze Christenheit, für allem andern
aber auf die Eron Polen dadurch derivirende unwiderbringliche Schaden
niemanden als denenselben beigemessen werden; S. K. M. und die Eron
wollten sich derowegen zu I'. Ch. D. versehen, sie würden dergleichen
von andern etwa an sie gebrachten tentativis keinen Platz bei sich
verstatten. Widrigenfalls würden sie zwar gemüssigt sein dero bisher
gegen die Türken (gegen welche sie allein nicht bastant wären) von
Gott gesegnete Walfen von denenselben zurückzuziehen, herentgegen aber
auch mit E'. K. M., als mit deren sie gegen jedermänniglich, niemand
ausgenommen, in Defensivallianz stünden, andere mesures zu nehmen
») Vergl. Puf. 1. c. XVIII. 100.
3) Vergl. ürk. u. Act. III. 767.
») Felix Egon ▼. Fürstenberg. Vergl. Puf. 1. c. XVIII. 113; ürk.u. Act. III. 768.
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J
1128 IX. Lamberg iu Berlin, Anhalt in Wien. 1682—1684.
sich gezwungen lindeu. Der Fürst von Anhalt versichert, solches werde
all hie einen gewaltigen Effect thun. Fachs ist von den braunschweigischen
Fürsten unbefriedigt zurückgekehrt^), da diese Fürsten sich zwar zum Frieden
mit Frankreich Anfangs geneigt zeigten, die Projecte aber zu weitaussehend
fanden.
Lamberg an den Kaiser. Dat. Berlin 26. Febr. 1684 (Or.)
[Lambergs Ansicht über die Gründe des Drängens nach Frieden seitens d^ Kur-
fürsten, ürtheil der schwedischen und staatischen Depulirten. Erklärungen des
Meinders bezüglich des 20jährigen Waffenstillstandes, ürtheil Lambergs darüber.
Bevorstehende Ankunft des Castellans von Posen. Erklärungen des Abtes von Mar-
bach. ürtheil Lambergs über dieselben.]
26. Febr. Eine bestimmte Erklärung ist in der Allianz- und Friedensfrage noch nicht
erfolgt. Das Werk aber kurz zu fassen und von hiesigen Hofs innersten
Gesinnungen aus dem Grund zu reden, dringt man der Ursachen so
eiferig auf die Annehmung eines armistitii unter Bedrohung eines nor-
dischen Kriegs, weil man sich beföhrt, der Prinz von Oranien möchte
der Stadt Amsterdam Widersprechungen ungeachtet mit denen Werbungen
durchbrechen*), mithin die Krön Spanien so viel mehr animirt werden,
um den französischen eigenwilligen Stillstand so viel weniger anzuneh-
men ; E. K. M. auch, vorderist da Moskau mit Polen und die Republik
von Venedig künftige Campagne gegen den Erbfeind agiren sollten*),
soviel freie Hand gewinnen, dass sie etlich 1000 Mann in Ungarn ent-
behren und in das Reich schicken könnten, wodurch dann hiesig fran-
zösisch gesinnte Partei nicht allein mit ihren Friedensdesseins nicht auf-
kommen, sondern vielmehr E^ K. M. und dero Alliirten Sentimenten wur-
den beipflichten müssen. Es seind dahero neben mir der schwedische*)
und holländische^) Minister der gänzlichen Meinung, dass, wann E^ K. M.
Alliirte nur fest beisammen stehen bleiben und sich das 20jährige Ar-
mistitium vom Gegentheil ^ nicht abdrucken lassen, man von Seiten
Brandenburg und Köln viel eher weichen^ als dem König in Dänemark
seinen Bruch gestatten werde, angesehen sie durch solchen Bruch ihre
Intention, so der Fried mit Frankreich ist, nicht allein nicht erhalten,
») Puf. I. c. XVIII. 102; ürk. u. Act. III. 768.
2) Vergl. Droysen 1. c. III3 769; Puf. 1. c. X\IU. 118; Müller 1. c. 233.
') Am 4. März 1684 wurde die heilige Liga zwischen Oesterreich, Polen und
Venedig geschlossen. Der Vertrag abgedruckt bei Du Mont I.e. VII.j 71 f.; Tergl.
Klopp, Das Türkenjahr 1683, 386 flf.
Grafeuthal.
*) Amerongeo.
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Grande des Drängen^ Fr. Wilb. zum Frieden. Des Meinders Ansichten. 1129
sondern vielmehr den offenbaren Krieg hereinziehen würden, dannenhero
auch Charbrandenburg sich der Befahrung, ob wurde er mit in den
Krieg geflochten werden, nur äusserlich annehme, innerlich aber nicht
bedacht sei, sothaner Krön zu Gefallen, die Schweden und das Haus
Braunschweig anzugreifen und sich in Hazard zu stellen nebenst selbiger
zum Reichsfeind erklärt zu werden ; vorderist und da, wie sehr auch die
schwedische Macht äusserlich verringert wird, man doch genugsam er-
kennet, was dem H°. Churfursten im Rücken, aus Polen sowohl als
Schweden in Preussen, aus Schlesien aber nur mit einer geringen Mann-
schaft in der Neuen-Mari^ und sonsten könne geschadet werden. Es
gehet derowegen dem H°. Churfursten und denen allhie französisch Ge-
sinnten nichts näher und empfindlicher zu Gemuth, als wann ihnen vor-
gehalten wird, es würden E. K. M. vielleicht mit Willen der Krön Polen
ehender einen reputirlichen Frieden mit dem Erbfeind eingehen, als so
schimpfliche Tractaten mit Frankreich, wodurch die Sachen 20 Jahr lang
mit selbiger Krön in statu quo zu halten, sich abdringen lassen. Den
Stillstand aber mit Frankreich an sich selbst betreffend, hat sich Mein-
ders noch ferner gegen mich dahin geäussert, dass dieser zwar der In-
tention nach universal sein sollte, sich aber wegen Restitution von Ca-
sale, Lothringen, Holstein, Moutbeliard und dergleichen daran hindern
zu lassen, würde dem Reich so wenig gerathen sein, als es bei dem
virestphälischen Friedenschluss gewesen sich wegen des burgundischen
Kreises aufzuhalten und sintemalen die Sachen in statu quo blieben,
wurde besagten Particularständen und Fürsten nichts benommen, sondern
Zeit gewonnen sein selbige Sachen indessen friedlich zu definiren.
Woraus dann klärlich erhellet, . . . dass man allhie nicht allein in alles,
was Frankreich will, gehehlen muss, sondern auch E^ K. M. AUiirte
durch Bedrohungen gleichsam zu zwingen die Krön Spanien vom Reich
völlig abzuschneiden und allen Unfug auf deren Opiniastrete, wie sie
reden, zu wälzen suche, zumalen ia dieselbe den Frieden, wie sie femer
za sprechen fortfahren, von Frankreich haben könnte, wann sie nur
Courtray und Dixmujden zurücklassen wollte, wie sich dann Frankreich
in allem übrigen, was es von Zeit des nymwegischen Friedens in Nieder-
land genommen, zu proportionirlicher Restitution, auch Verzeihung aller
noch habender Praetensionen, verstehen wolle. Sonsten wiederholte zwar
Meinders nochmal, dass wann nur der Stillstand, deme dannoch nicht
zu entgehen sei, eingewilligt worden, sein Herr Churfürst E^ K. M. zu
allen beliebigen Bündnussen mit deroselben carta bianca von Händen
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1130 IX. Lamberg in Berlin, Anhalt in Wien. 1682—1684.
stellen wollte. Allein ich bedenke allerunterthänigst hingegen, dass, wann
es dermaleins damit zu der Sach selbst kommen sollte, ausser allem
Zweifel die Praetensionen an Spanien und die auf einig schlesische Her-
zogthümer mit allem Unfug gemachte Zusprach gleichwohl nichtsdesto-
weniger wiederum auf den Teppich kommen wurden und wann die pen-
siones von Frankreich aufhören, so werden sie ganz sicherlich von E'.
K. M. oder der Krön Spanien zu Erhaltung ihrer Völker Subsidien be-
gehren. Der Castellan von Posen wird als polnischer Gesandter hier erwartet*).
Der Abt von Morbacb ist nach Dänemark gereist, kehrt aber wieder nach Berlin
zurück. Er hat dem Lamberg die besten Versieberangen gegeben *), aber
seine allhiesige Negociation lauft demienigen, so Chur-CöUn selbst in puncto
armistitii und anderem gegen den Baron von Plittersdorf nenlichst favo-
rabiliter erwähnet, so gerad entgegen, dass ich fast besorgen muss. die
chur fürstliche ex()ressiones seien mehr auf die Hoffnung etwan die mün-
sterische Confirmation bei E^ K. M. dadurch fordern zu können, als auf
den Ernst gegründet.
Lamberg an den Kaiser. Dat. Berlin 4. März 1684. (Or.)
[Friedensfrage. Sachsen sucht bei Brandenburg Rath bezüglich des Haager Congresses
und der Association. Geplante Zusammenkunft der Kurfürsten von Brandenburg and
Sachsen.]
4. März. Entscheidendes ist in der Friedensfrage noch nicht erfolgt *). Sachsen soll
sich an den Brandenburger um Rath gewendet haben wegen Beschickung des
*) Albert Constantin de Gorai Breza; Vertrag bei Mörner^l. c. 456 f.; Tcrgl. Pul
1. c. XVIII. 137.
^) Für die brandenburg-kolnischen Beziehungen in dieser Zeit Puf. 1. c. XVIII.
113 E
') Bei einer Conferenz am 9./19. Februar 1684 proponirt Lamberg (Extract.
protocolli): Der Kaiser habe, da alle Bemühungen mit Frankreich zu einem Resultate
zu gelangen durch Frankreichs Vorgehen gescheitert seien, einen GeneralconTent der
Alliirten nach dem Haag berufen, um dort über die Mittel und Wege zu beratben,
welche im Interesse des allgemeinen Friedens zu ergreifen wären. Der Kaiser hoflt
Brandenburg wird dieses unternehmen fordern. Sollte dies aber wider Erwarten nicht
der Fall sein, „so würden I. K. M. nicht zu verdenken sein, wann sie nebenst ihren
Alliirten auf des Reichs Sicherheit bedacht wären und dero Gonsilien darnach rich-
teten, um nicht eben gezwungen zu sein, denen übermässigen Gesetzgebungen einer
fremden Krön in allem blindling nachzusch weifen ''. Das Reich ist besser geröstet
als je und wenn die Herrscher von Brandenburg, Köln und Braunschweig, jeder nur
15 000 Mann durchschnittlich zur Verfügung stellen würden, so wäre das Reich mit
des Kaisers Truppen Frankreich mehr als gewachsen. Einen Angriff Dänemarks bat
Brandenburg nicht zu fürchten.
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Verhandlungen Lambergs in der Friedensfrage. 1
Haager Congresses^) und wegen Eintrittes in die Association. Der Gast«
von Posen ist angekommen. £ine persönliche Zusammenkunft der Eurfüi
von Brandenburg und Sachsen war geplant; Zweck derselben war die II
habung der Praeeminenzen; doch ist ein Hindernis eingetreten, so dass die
sammenkunft nicht stattfand.
Lamberg an den Kaiser. Dat. Berlin 7. März 1684. (Oi
[Verbandlungen Lambergs mit dem Kurfürsten und mit dessen Käthen über die Friec
frage. Erklärungen des Kurfürsten. Dessen Vertrautheit mit Meinders. Der Kur
drängt den Färsten von Anhalt, beim Kaiser für den Abschluss des Waffenstillsta
zu wirken. Ansicht Lambergs über die Gründe des Drängens Friedrich Wilb
zum Waffenstillstände. Franzosische Gesinnung des polnischen Gesandten.]
Lamberg übersendet 1°. die auf seinen Vortrag erfolgte erste karfürst
Eventualantwort'^), 2°. die von ihm darüber eingegebenen Erläuterungspunk
30. die letzte Antwort des Kurfürsten^).
^) Der Haager Congress wurde vom Kaiser, Spanien, Schweden, Baiem, dem
kiscben und dem oberrheinischen Kreis, Braunschweig-Lüneburg und von den
zogen von Sachsen beschickt und es sollte daselbst über die Mittel der Herstel
eines allgemeinen Friedens oder 8jährigen Waffenstillstandes berathen werden.
Verhandlungen verliefen aber resultatlos. Vergl. Müller I.e. 229 f.; ürk. u. Act
768; Klopp, Geschichte des Falles des Hauses Stuart II. 427 ff.; Fester 1. c. 54 f
^ Der wesentliche Inhalt dieser Antwort ist: Ein üniversalfriede wäre auch
Kurfürsten sehr erwünscht; aber der Friede ist dem Reiche so nothwendig, dasi
Kurfürst es für die Pflicht eines patriotischen deutschen Fürsten hält, wenn Spa
sich mit Frankreich nicht einigen kann, doch für den Abschluss des Friedens fü
Reich zu wirken. Bezüglich des Ortes bleibt der Kurfürst dabei, dass über Re
angelegeuheiten am besten am Reichstage verhandelt werden könne. Dagegen gib
Kurfürst zu, dass über die spanisch-französischen Differenzen am besten im Haag ¥
verhandelt werden können. (Vergl. Urk. u. Act. III. 768 f.) Eine Aenderung in
BMingungen des Waffenstillstandes zu erreichen, hält der Kurfürst für unmö^
Was von einer Verfassung in den gegenwärtigen Zuständen gutes zu hoffen, übei
der Kurfürst dem Kaiser zu beurtheilen. Was Dänemark betrifft, glaubt der Kur
durchaus nicht, dass von dieser Macht dem Reiche etwas feindliches drohe. (\
Puf. I.e. XVin. HO.)
') Der Inhalt dieser Erläuterungspuncte ist; P. dass unter dem Wort „univer
alle und jede zu verstehen, die eine Cofaaerenz mit dem Reiche haben und von Fi
reich oder anderen angegriffen würden; 2® der Kaiser hat nicht gesagt, er woll
Haag über den Frieden zwischen dem Reiche und Frankreich verhandeln, sor
daselbst blos mit allen A Härten berathschlagen, „wie die französischen wörtli
Anerbietungen des Universalfriedens am füglichsten und förderlichsten zu der
und Wirklichkeit zu bringen.**
*) Der Inhalt dieser Antwort ist: P. Der Kurfürst wiederholt, wie lieb ibic
Universalfriede wäre und verspricht auch alles für denselben zu thun; aber er
daran fest, dass in jedem Falle das Reich Frieden oder Stillstand schliessen n
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l_..
1132 IX. Lamberg in Berlin, Anhalt in Wien. 1682—1684.
Ob ich nun zwar . . . dem Rath Meinders fort and fort remonsUiret,
dass von Frankreich moderirtere Friedens- oder Stillstandsconditioneä
zu erlangen hiesiger Seiten einig und allein der Will entgegen stünde,
so ist selbiger dannoch von seinen ein für allemal gefassten principiis
dermalen unmöglich abzubringen, folglich der H^ Churfürst, als wessen
Sein, Gemnth und Gedanken er Meinders völlig regirt, in allerdings
gleichmässigen Sentimenten, also dass auch der Fürst zu Anhalt sammt
allen übrigen churfürstlichen geheimen Rathen in hoc frangenti vom
churfürstlichen Vertrauen sich gänzlich ausgeschlossen und taglich sehen
müssen, wie vertreulich der Herr Churfürst mit erstberührtem Meinders
ganze Stunden allein conferire.
So hat auch der H^ Churfürst noch erst gestern zweifelsfrei aus des-
selben Anstiftung mehr dann jemal an den Fürsten zu Anhalt gesetzt,
sein möglichstes bei E'. K. M. vorzukehren, dass dieselbe mit Anneh-
mung des Stillstands mit Frankreich ferner nicht verweilen möchte, mit
Einwenden, dass ihme mehr trübe Wolken, so im Gegenfall dem Reich
obhiengen, bekannt wären, als er sagen dörfte. Er versichere nochmal
als ein treuer Churfürst und betheuere, dass sobald er nur das römische
Reich ausser Gefahr fernerer Zerfallung, ia gänzlich anscheinender Ruin,
durch das Armistitium gesetzt sehen würde, er E^ K. M. gegen den
Erbfeind mit 20000 Mann zur Hand gehen wollte. Widrigenfalls, und
da er alle treue Ermahnungen vergeblich gethan, müsste er das Werk
Gott befehlen. Welche Reichsständ aber das Unheil im Reich treffen
würde, da dörfte das Haus Braunschweig, wann es bei seiner Maxime
gegen des H". Churfürstens fortwährende Warnungen verharrte, unter
den ersten sein; welche Aeusserungen gegen den Fürsten mich so viel
mehr besorgen machen, was mich der Baron von Plittersdorf be-
richtet, dass einem entstandenen Ruf nach die Krön Schweden mit
Dänemark ratione des Stifts Bremen in Tractaten stehen und mitbin
2^ Der Kurfürst hat gerne vernommen, dass der Kaiser nicht im Haag über des
Reiches Frieden beschliessen lassen wolle.
In einem weiteren Schreiben fragt Lamberg den Kurfürsten, ob er, falls gegen
Frankreich und die Türken zu gleicher Zeit gekämpft werden sollte, wie aus seinem
Schreiben an den Kaiser hervorzugehen scheine, weder gegen Frankreich noch gegen
die Türken dem Kaiser Hilfe leisten wolle und ob der Kurfürst für den Fall des
Bruches mit Frankreich nicht zum Schutze des Reiches und seiner eigenen Lander
der Association beitreten wolle. Einige Tage später (9. März) fragt Lamberg weiter
an, „ob das 20jährige Armistitium . . . also zu nehmen, dass man sub isto vice in
nullum prorsus casum (ausgenommen, wann das Reich auf deutschen Boden angegriffen
würde) gegen Frankreich agiren dürfe".
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Verhandlungen Lambergs in der Friedensfrage. 1133
auch gar eine Neutralität schliessen dörfte^). Welche Befahrung, da
ich dem Fürsten zu Anhalt in Vertrauen vorgestellt, er geantwortet,
dass man hiesigen Orts, um mit dem armistitio durchzudrucken, freilich
alles versuchen werde, demnach dergleichen Machinirung nicht unglaub-
lich sei. In Bedenken so beschaffener churfurstlicher Bezeigungen bin
ich der Meinung, dass solcher eigentlich 2 Grundursachen seien; 1^ dass
I. Ch. D. mit der Krön Frankreich sich dergestalt vinculiret, dass auf den
Fall nicht erfolgenden armistitii sie derselben mit Waffen beizutreten
sich gehalten finden, so ihro aber sehr schwer, gefahrlich, oder gar un-
thunlich furkommen will; 2^ dass deroselben die vermeinte Glori in den
Sinn gebracht worden, sie wurden bei Durchdringung des armistitii der
einige arbiter dessen gewesen sein, auch nachfolgend bei denen Friedens-
tractaten arbiter bleiben.
Der polnische Gesandte hat sich ganz gegen Lambergs Erwarten als An-
hänger der franzosischen Partei erwiesen und mehr für als gegen die Annahme
des Waffenstillstandes mit Frankreich gewirkt
Lamberg an den Kaiser. Dat Berlin 14. März 1684. (Or.)
[Neuerliche Tergebliche Verhandlungen Lambergs mit den kurfärstlichen Käthen.
Sein Crtheil über die brandenburgische Politik. Stolze Sprache des Knrffirsten.
Schwankende Haltung des Kurprinzen. Zusammenkunft der Kurfürsten von Branden-
burg und Sachsen. Reise Lambergs nach Dresden. Abschiedsaudienz beim Kurfürsten.]
Am 9**" war nene Conferenz. Lamberg vertritt in derselben nochmals den 14. Jfarz.
Standpunkt des Kaisers und betont die Nothwendigkeit eines üni^'e^salfriedens.
Die kurfärstlichen Käthe nehmen alles ad referendum und antworten dann
schriftlich') durch eine Erklärung, in welcher der schlesischen Praetensionen
gedacht wird, woraus Lamberg schliessen zn müssen glanbt, dass alle Muhe
und Arbeit zusammt der Hoffnung verloren, hiesigen Hof jemal eines
Nagelsbreit von seinen gefassten Sentimenten durch Lieb oder gütliche
Fürstellungen abzubringen*), sondern ein solches allein alsdann zu ge-
*) üeber die schwedisch-dänische Politik Carlson 1. c. V. 272 f.
^ Der Kurfürst ist in der That der Ansicht, dass gegen Türken und Franzosen
nicht zugleich zu kämpfen sei und da die Fortsetzung des Kampfes gegen die Tür-
ken zweifellos, ist der Kurfürst für den sofortigen Abschluss des Friedens oder Still-
standes mit Frankreich. In die Association zu treten trägt der Kurfürst Bedenken.
DiePraetensionenauf Jägemdorf und auf die 3 anderen Fürstenthümer hält der Kurfürst
für wohl begründet und hofft auf gute Satisfaction. Diese Kesolution ist gedruckt
bei Londorp 1. c. XII. 36 f. ; vergl. daselbst p. 35 das Schreiben des Kurfürsten an
den Kaiser, das sich in den Wiener Actenbeständen nicht mehr Torgefundon hat.
^ Vergl. auch das Schreiben des Kurfürsten von Brandenburg an den Herzog
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1134 IX. Lamberg in Berlin, Anhalt in Wien. 1682 — 1684.
warten, wann E. E. M. sich in Ungarn, es sei durch Stillstand oder för-
derlichen Sieg vom Himmel, freiere Hand und bei den WidersinDigen
dadurch mehrere Acht- und Nachdenkung gemacht haben werden.
Ja, was das mehrere, so muss ich mit herzgreifendem Leid erfahren,
dass sothane hiesige Renitenz nicht nur von der Vinculation mit Frank-
reich, sondern eben so stark, wo nicht fast mehr, ab deme herrühre, dass
man sich allhie als eine sonderbare auch auf die Posterität zu deriviren
habende Glori zu Sinn steigen lassen, das arbitrium belli et pacis im
Reich zu possidiren et post tot extra rem exaltatos triumphos in com-
plementum omnium triumphornm auch über E. E. M. und das Vaterland
in deme zu triumpbiren, dass man dieselbe wider Willens in den Frieden
oder Stillstand mit Frankreich werde gezogen haben. So gar haben auch
I. Ch. D. noch jüngst inter familiäres sich also beschaffener Enden aus-
gelassen, dass darabzunehmen, wanngleich E. E. M. heut proprio motu
den Frieden in particulari mit Frankreich einzugehen gesonnen werden
sollte, man allhie sicherlich sich dagegen sträuben und es mit aller Gewalt
zu hintertreiben versuchen würde Dem Churprinzen hat man An-
fangs den hannoverischen Heirath (welcher doch nun so viel als gewiss
zu halten^ obzwar die Vollziehung bis auf geendigtes Trauerjahr aas-
gesetzt) so schwer gemacht, hernach aber gezeigt, ob wäre ihm allein
durch die französische Partei zu helfen, dass er nun auch beginnet
dieser Partei schön zu thun und nachzuschweifen. Die Zusammenknnft
zwischen den Kurfürsten von Brandenbnrg und Sachsen ist von letzterem, wie
Lamberg vernommen, zurückgewiesen worden. Lamberg wird sich nach Dresden
begeben.
Am 28. März verabschiedete sich Lamberg vom Kurfürsten , bei welcher
Gelegenheit von beiden Seiten eine Wiederholung der früher gegebenen Er-
klärungen erfolgte.
Votum vom 16. März 1684 über Lambergs Schreiben vom
19. und 26. Februar 1684. (Or.)
[ünzweckmässigkeit unter den gegebenen Verhältnissen sich mit dem Kurfürsten be-
hufs Abschlusses des geplanten Allianzprojectes einzulassen. Vorschläge bezüglich der
im Haag zu treffenden Massregeln. Rasirung der Kehler Schanze. Garantirung der
Tractate.]
16. März. . . . Wie nun nach den Berichten Lambergs mehr zu wünschen, als
einige Hoffnung und Äpparenz erscheinet, dass oftgedachter Churfurst
Ernst August von Hannover vom selben Tage, 14^^ März 1G84, bei Londorp I. c.
XII. 33 f.
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Verband!. Lambergs in der Friedensfrage. Votum über Lamberts Berichte. 1135
ZQ Braadenbarg sich zu E^. E. M. wenden, oder dem gemeinen Wesen
zum Besten sich eines bessern werde berathen lassen, also ist zuvor-
derst auch dahin reflectirt worden, dass der Graf von Lamberg stündlich
seine endliche Verbescheidung daselbst erwartet, . . . mithin, da er von dort
nach Sachsen reisen will, ihne die Expedition nicht mehr alldort antreffen
wurde. Und wie dann solchem nach das mehriste nur zur Nachricht
bei ferners schöpfenden Consilien und EntSchliessungen dienen wird, zu-
maln aber auch bei der letztern vom Fürsten zu Anhalt beschehener An-
frag, ob nemlich, wann der Churfurst die mit ihme nechstprojectirte con-
ditiones zur Allianz annehmen wollte, auch an Seiten E^ K. M. die da-
mals beschehene Geldofferten in integre verbleiben würden?, ist zuvor-
derst zu bedenken, wie dann der Churfurst auch selbsten es dahin stellet,
dass einige Allianz mit ihme, ehe und bevor der Fried oder Armistitium
mit der Krön Frankreich werde errichtet sein, nicht stattfinden werde.
Wie nun aber, wann solcher Fried oder Armistitium sollte getroffen
werden, fast nicht zu zweiflen stehet, dass sowohl alle armirte Fürsten
und Stande, als auch das Reich insgesammt, sich willfahrigst entschliessen
würden die auf den Beinen habende und dermalen nur wegen der Eron
Frankreich zurückhaltende Macht £'. K. M. gegen den Erbfeind zuzu-
schicken und sofort unnöthig sein würde ein mehreres um dero eignes
Geld und unter so schweren Unkosten zu dingen, zumalen alsdann nach
erfolgtem Reichsschluss zur Türkenhülf die unarmirte Stande den ar-
mirten ihr Contingent an Geld beizutragen hätten ; also da die erwähnter
Massen dem Churfursten zu Brandenburg articulo XIII. aus E'. K. M.
eignen Mittelen offerirte 300000 Reichsthaler auf die Hülf von 10000
Mann gegen den Türken allein angesehen, so finden die gehorsamste
Deputirte nicht, warum E. E. M. positis praemissis, und da bei Nicht-
erfolgung des französischen armistitii von dorten ohne deme das geringste
nicht zu erwarten stehet, sich zu dergleichen onere zum schädlichen
Eingang auch gegen die übrige türkische Reichshülfen fast vergebentlich
declariren sollten.
Man soll daher in der Antwort an Lamberg von dieser Frage Anhalts ganz
abstrahiren und ihm befehlen, sobald als möglich nach Sachsen za reisen, um
dort wegen der Türkenhülfe abzoschliessen.
Sonst aber, auch occasione dessen, dass der Churfurst zu Branden-
burg in casum des Friedens oder armistitii mit Frankreich sich erbietet,
alle foedera, Garantie und conventiones mit E'. E. M. einzugehen und
eine carta bianca darzu von sich zu stellen, ist man auf die Gedanken
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1136 IX. Lamberg in Berlin, Anhalt in Wien. 1682 — 1684.
geratheD, dass, weiln man doch so stark auf das Ärmistitium andringei
und die Krön Frankreich darüber sonst kein Tractat admittireD wOL
man sich im Haag möchte vernehmen lassen, dass man dann endKck
das generale Ärmistitium auf 10 Jahr dergestalt annehmen wollte, dass
unter einst alle mögliche Sicherheit und Garantie darüber eingericht
würde, dabei dann neben der Generalgarantie und reciprocirlicher Ter-
bindung mit wie viel Mannschaft ein ieder Alliirter seiner Länder und
Kräften nach wider den pacis turbatorem agiren sollte, damit man fol>
gends andere Kronen und Potenzen zur Conformitat zu vermögen um
desto friedlicher und befürderlicher ein Negotium antreten könne, auch
wegen des Reichs in specie einfliessen könnte, dass zu ermelter Sicher-
heit nöthig seie, dass wenigst die Kehlerschanz rasirt, oder doch bis so
Erreichung des Friedens in die dritte Hand sequestrirt und dann ein
perpetuus miles von £•". K. M. und dem Reich auf selbigen Grenzen ge-
setzt und unterhalten würde; als worüber solchem nach, noch vor An-
nehmung des armistitii, nicht allein die Alliirte im Haag zu deliberiren
und sich zu vergleichen hätten, sondern auch dem Grafen von Lamberg
zuzuschreiben wäre, dass er darüber mit dem Fürsten zu Anhalt zo dem
End conferiren möchte, damit dieser des Churfürsten zu Branden borg
specialere Gedanken darüber vernehmen wollte, ob er etwa hierunter
beipflichten und zur geraeinen Reichssicherheit concurriren möchte.
Dass diese Mittheilang durch Anhalt an den Karfürsten erfolgte, geht ans
dem Schreiben des Kurfürsten an Anhalt vom 3. April 1684 hervor; gedruckt
bei Orlich I.e. III. 335 f.
Der Kurfürst an den Kaiser. Dat. Potsdam 11./21. Juni 1684.
(Copie.)
[NothweDdigkeit der Annahme des Waffenstillstandes imter den von Frankreich ge-
forderten Bedingungen.]
21. Juni. Aus E'. K. M. Schreiben sub dato Linz 10. Juni '), habe ich mit gebüh-
rendem Respect ersehen, was dieselbe anderweit wegen Entsetzung der Fes-
tung Luxemburg'), wie auch was bei dem armistitio mit der Krone Frank-
reich zu beobachten fallen wolle, an mich in Gnaden gelangen zu lassen
Belieben getragen. Gleichwie ich nun bereits, was das erste anbetrifft,
') Liegt nicht vor; ein Auszug aus einem Schreiben des Kaisers an Anhalt bei
Orlich 1. c. II. 508 Anm.
^ Vergl. Klopp, Fall des Hauses Stuart, II. 435. Luxemburg capitulirte am
4. Juni.
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Des Korförsten Ansicht über die Frankr. gegenüber za beobachtende Politik. 1137
auf E^ E. M. vorigtes gnädigstes Schreiben meine anterthänigste Gedanken
eröffnet^), als befinde ich der Noth mich darauf nochmalen gehorsamst
zu beziehen Belangende den Stillstand, welcher mit der Krön
Frankreich zu treffen, so werden E. K. M. dero höchst erleuchtetem Ur-
theil nach selber gnädigst ermessen, dass entweder derselbe auf solche
conditiones, als man zu erhalten vermag, wird müssen geschlossen, oder
gar abrumpiret werden, bevorab da Frankreich keinen fernem Aus-
stand geben will; dann es meines geringen Ermessens auf eines hinaus-
laufet, entweder die Tractaten, so bishero gepflogen worden, gar zu ab-
rumpiren, oder den Scbluss derselben an solche conditiones zu binden,
welche nicht zu erheben sein. Dass Frankreich von der Alternative,
welche es im Monat Novem bris verwichenen Jahres hat proponiren lassen*)
und die bis im Monat Aprilis dieses Jahres zu erhalten gewesen wäre,
abgangen und Luxemburg nach geschehener Eroberung lediglich zu be-
haupten Vorhabens, werden E. E. M. aus demienigen, was bishero im
Haag vorkommen, zur Gnage vernommen haben. Dafern nun die Eron
Spanien, wie dero Botschafter im Haag') vermittelst eines fibergebenen
publiquen Memorials contestiret^) hat, auf die Restitution dieses Platzes
und andere mehr Bedingungen, welche Frankreich nicht eingehen will,
bestehen sollte, sehe ich kein ander Mittel übrig, als den Ausschlag der
Waffen zu erwarten. Ob derselbe nun bei wehrendem Türkenkriege dem
Reiche sowohl als der Eron Spanien vortheilig sein werde, daran muss
ich, menschlichem Urtheil nach, allerdings zweifeien, zum wenigsten
werde ich nicht können verdacht werden, wann ich an Ergreifung solcher
Mittel, woraus ich eine gänzliche Dissolution und Ruin des Reichs be-
fahren muss, keinen Theil nehmen kann. Die anwachsende franzosische
Macht und daraus besorgende Vergewaltigung apprehendire ich so sehr,
als jemand thun kann und ist es so ferne davon, dass ich durch meine
Conduite oder consilia dieselbe zu vermehren getrachtet, wie man mir
mit höchstem Unglimpf beimessen will, dass vielmehr mein einziges
und wahrhaftes Absehen gewesen und noch ist, den fernem Anwachs
dieser auswärtigen Macht durch Tractaten zu hemmen, weil solches
durch Gewalt der Waffen bei jetzigem Zustand in- und ausser Reichs
nicht zu hoffen gewesen. Zur Garantie desienigen, was wird geschlossen
') Liegt nicht vor.
«) Vergl. Pof. 1. c. XVIII. 104.
*) Der ausserordentliche Gesandte Mi* de Castel Moncajo.
*) Vergl. Theat. Europaeum XII. 730.
Mater, c Gesch. d. O. Knrfürsteo. XIV. 2.
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1138 IX. Laraberg in Berlin, Anhalt in Wien. 1682—1684.
werden, habe ich mich jederzeit erboten, bleibe auch beständig dabe
will selbige meines Orts so kräftig praestiren, als man immermehr
mir desideriren wird. Im Uebrigen habe ich meine Gesandtscha
Regensburg wegen des armistitii bereits dergestalt instruiret, wie i(
des Reichs Besten gemäss erachtet und ersuche diesem nach E. I
nochmalen aus ergebenem treu-aufrichtigem Herzen, dieselbe gei
die iibergrosse Gefahr, so dem Reiche androhet und welche gei
grösser als sie niemalen gewesen, durch dero höchstvernünftige Dire
abzukehren und die Consistenz des Reichs durch TreJFung eines
Stands, so gut man selbigen zu erhalten vermag, ohne fernere Ausset
zu befestigen; ich sowohl als alle diejenige, so des Reichs Wohl
fremden Interessen vorziehen, werden ihre davor ewig verbunden ble
Caspar Florenz Consbruch') an den Kaiser. Dat. Berl
21. Juli 1684. (Aut.)
[Geneigtheit Frankreichs einen Generalstillstand eintreten zu lassen. Haltung
marks. Erklärungen des dänischen Gesandten Ehrenschild. Erklärungen Fri(
Wilhelms bezüglich der Garantie des Stillstandes. Neigung des kurfürstlichen
zu Particularverträgen über die Unterstützung des Kaisers.]
21. Juli. E^ K. M. wird auss der von mir jüngst überschickten churfürstli
antworth*) gebührend referiret seyn, wohin sich der Churfürst auff
durch mich hiehergebrachtes gnädigstes schreiben ') in einem und and
absonderlich in p^. universalis armistitii et guarantiae erklehret I;
Es ist seithero die nachricht alhier eingelauget, dass der König in Fra
reich nicht abgeneigt seye, sondern vielmehr dem Verjus anbefo
habe, einen generalen stillstand einzugehen, worauff der Churfürst
vorgestern selbsten sagte, dass er auch nunmehr seiner Gesandtschaf
Regenspurg anbefehlen Hesse, dasselbe mit allem ernst undt nacht
beforderen zu helfTen. Ob und wie weit sich aber solches auff die
dische strittigkeiten werde extendiren lassen stehet dahin, dan ob
schon nicht zweifelt, dass der König in Dennemarck auf vermitte
des Churfürsten die Mecklenburg- und Sachsen-Lawenburgische lai
gegen erlegung einer gewissen Summe geldes anstatt der praetendirei
») üeber seine Sendung Puf. 1. c. XVIII. 133.
2) Vergl. das vorige Stück.
^ Der in Wien nicht erhaltene Brief d.d. Linz 10. Juni; für den Inhalt y
Puf. 1. c. XVIII. 133.
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Bericht Consbnichs aus Rerlin. Stellung Frankreichs. Erklärungen Fr. Wilh. 1 139
assignatiooeD wohl qaitiren werde '). so hatt sich dannoch desselben hier
anwesender Extraord. Abgesandter, der von Ehrenschild'), verlauten lassen,
dass Sein König wegen der bey jüngstem Französischen krieg, da derselbe
vom Reich gantz verlassen, mithin alle gemachte conquisten zu restituiren
genöhtiget worden, vergeblich aufgewendeten so grossen Kosten, noch
eine rechtmessige praetension gegen das Reich zu haben vermeine. So
seye demselben auch wegen Jevern ') die guarantie von der Cron Franck-
reicfa versprochen und wie Er sein darauff habendes Recht keinesweegs
in compromis zu stellen gedächte, also und noch viel weniger wurde er
in denen Schlesswig- und Hollsteinischen, alss domestiquen affairen, sich
eines anderen oder frembden aussspruch unterwerfen können, verfolglich
wider das generale armistitium zu protestiren gezwungen werden, wan
man diese sachen dergestalt darinn zu comprehendiren vermeint, dass
Er sich deren allen auf einmal begeben sollte. Ich vernehme, dass der
König vor einiger zeit den pass über die Elbe zu Magdeburg begehrt
hatt, so ihme aber von dem Churfürsten abgeschlagen worden, massen
er mir selbsten sagte, dass Er sowohl verwichen, alss dies jähr, negst
Gott, allein verhüetet hette, dass diese Nordische und Nieder Sächsische
Händel biss dato zu keiner grösseren weitläuffigkeit aussgebrochen weren ;
ersuche aber E. K. M. dabey gantz instendig mit pubücirung der
scharffen Mandaten und inhibitionen, welche Sie gegen Dennemarck er-
gehen lassen und davon er abschrifft bekommen^), nicht fortzufahren,
widrigenfalls in seinen vermögen nicht seye den König, so ein junger
Herr und ohne dem des kriegs begierig, auch von Franckreich darzu wohl
dörffte instigirt werden, lenger zurück zu halten; der Hannoveriche Mi-
nister de Groot hette zwarn nichts darumb wissen noch gestehen wollen,
dass denen Hertzogen von Braunschweig dergleichen mandata annoch zu-
gekommen, gleichwohl hette er ihme gesagt dem Hertzogen zu schreiben,
dass Sie dieselbe^ wassSie ihm zukommen mögten, nicht weiten public
machen.
In puncto guarantiae erbietet sich der Churfurst einen alss anderen
weeg alsobald nach Schliessung des armistitii sich dergestalt zu er-
klehren, wie man es von einem redlichen teutschen Churfürsten wird
desideriren können. Ich bin zwarn noch vor wenig tagen vertröstet
*) Vergl. für diese Angelegenheit Gebhardi 1. c. II. 610.
*) Conrad Ebrenschild, dänischer Gesandter in Berlin, vergl. Puf. 1. c. XVI II. 100.
^ Vergl. Pachner 1. c. II. 532 f.
*) Vergl. Pachner 1. c. II. 484f.: Londorp 1. c. XII. 88, 100; XIII. 30ff.; Geb-
hardi, Gesch. Dänemarks II. 614.
72*
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1140 IX. Lamberg in Berlin, Anhalt in Wien. 1682 — 1684.
worden, dass man auch diesseits auf ein Reichsguetachten mit anl
wolle, Kraflft dessen E. K. M. nicht allein ersucht werden mit
eigenen macht das armistitium auf allen turbations- oder infractic
aufs kräfftigste wider männiglichen zu manuteniren, sondern auch
Fürsten und Stände schuldig seyn sollen ihr quantum an denen b
provisionaliter bewilligten 40 ä 60000 Mann in solchem fall ohne fe
Verzug unter E'. K. M. Oberdirection anziehen zu lassen. Weilen
solcher Befehl noch nicht abgangen, so stehe ich annoch in zweiif*
derselbe nicht sehr werde auf schrauben gesetzt, oder der brandeburgi
Gesandschaift so spath zukommen, dass dergleichen conclusum seh
lieh vor dem armistitio werde können erhoben werden. Wie dem
aber, so kan ich doch für gewiss versicheren, dass obschon man ei
an seithen diesses Hoffs zu feststellung einer generalen Reichsarmatu
guarantie die vota in allem E^ K. M. gnädigster Intention gemeess einz
ten vor oder nach geschlossenem armistitio kein bedenken machen w
man doch niemahlen das diesseitige quantum E'. E. M. oder des I
Generalitet untergeben, sondern dasselbe ehender auf etliche ta
mann verstercken und in casu rupturae unterm Commando eines
brandenburgischen generalen werde anziehen lassen wollen; wodurch
auff einen particulartractat mit E'. K. M. anziehlet, und zwam dafür 1:
dass eine generale Reichsguarantie festzustellen; weilen aber die
herige erfahrung lehre,, dass von so vielen aller ohrten zusammengefü
Hauffen wenig effects und nützen zu hoffen seye, so würde nöhtig
dass auifm fuess derselben E. K. M. sich mit denen Mächtigeren im
verbindeten, allermassen man mir zu vernehmen gegeben, dass
Churfürst seinerseits darzu gantz disponirt und nur zu wissen bej
wass E. E. M. darunter für gedancken führen mogten, wie ich dan
nicht zweiffeie, es werde desswegen dem Freyherm von Schwerin, wc
die Magdeburgische lehen zu empfangen zu E'. E. M. abgeordnet wird,
einige Instruction mitgegeben werden. . . .0
*) Schwerin kam erst zu Beginn des Jahres 1685 nach Wien.
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X.
Mission Franz Heinrichs von Mdag.
Dec. 1684 -April 1688.
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Einleitung.
Der zwanzigjährige Waffenstillstand, der am 15. August 1684 zu Regens-
burg unterzeichnet wurde, war das Resultat der fünfjährigen Feindschaft der
beiden vorwaltenden Mächte Deutschlands. Der Kurfürst von Brandenburg
war aus dem Kampfe mit dem Kaiser als Sieger hervorgegangen. Er hatte
Rache an ihm und an jenen Mächten genommen, die ihn im Jahre 1679 gezwungen
hatten das in mehrjährigen, mühevollen Kämpfen eroberte Gebiet herauszugeben,
er hatte sie zur Unterzeichnung eines demüthigenden Vertrages gezwungen,
durch welchen werthvoUe Besitzungen verloren giengen, unberechtigte Ansprüche
eauf eine Reihe blühender Länder anerkannt werden mussten. Und doch lag für
Friedrich Wilhelm kein Grund vor, sich zu freuen. Sein Ansehen war in den
5 Jahren des Bündnisses mit Frankreich sehr gesunken. Er musste es sich
gefallen lassen, dass man von ihm als von einem Vasallen des französischen
Hofes sprach, dass man ihm die Schuld an dem Verluste Strassbnrgs, an der
Erniedrigung des deutschen Reiches beimass, dass man ihn für die Folgen,
welche aus der Anerkennung des franzosischen Uebergewichtes zu befürchten
waren, verantwortlich machte. Und um so empfindlicher musste dies den Kur-
fürsten verletzen, als er sich nicht nur gestehen musste, dass die Gefahren,
von denen man sprach, wirklich bestanden, sondern sich auch darüber keiner
Täuschung hingeben konnte, dass er das Endziel, um dessentwillen er sich an
Ludwig XIV. angeschlossen, nicht erreichen werde.
Denn wenn Friedrich Wilhelm immer wieder behauptet hat sich lediglich
zur Ermöglichung einer vorübergehenden Waffenruhe mit Frankreich verbunden
zu haben und jedes selbstische Motiv in seinen Beziehungen zum französischen
Hofe geleugnet hat, so kann doch kein Zweifel darüber bestehen, dass er sich
zum Anschlüsse an Ludwig XIV. nicht allein durch die Erkenntnis der Unmög-
Hchkeit unter den bestehenden Verhältnissen dem übermächtigen Gegner Wider-
stand zu leisten, sondern auch durch den Wunsch an seinen ehemaligen Ver-
bündeten Rache zu nehmen und die zur Erhaltung seiner Truppen unerlässlichen
Subsidien zu erlangen, wie auch durch die Hoffnung hat bestimmen lassen, an der
Seite und mit der Hilfe des neuen Verbündeten das zu erreichen, was er im
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1144 X. Mission Franz Heinrichs von Fridag. Dec. 1684— April 1688.
Kampfe mit demselben nicht zu erzielen vermocht hatte. Immer deotfe^j
trat im Verlaufe der zwischen Ludwig XTV. und dem Brandenburger gef^Ste^ '
Verhandlungen das Bestreben des letzteren hervor, die Zustimmung des Ei
von Frankreich zur Wiedereroberung des schwedischen Besitzes in DentseUat
zu erlangen und sich der Hilfe Frankreichs bei einem Kampfe gegen Sehv«ie
zu versichern. In der That gelang es ihm auch in dem Momente, als Schwede
als eines der hervorragendsten Glieder der Association, im Begriffe war, den Jknec
au Frankreich zu erklären, Ludwig XIV. zur Gutheissung seiner Pläne g<ecct
Schweden zu vermögen '). Wenn nun aber Friedrich Wilhelm unmittelbar i
dem Abschlüsse des 20 jährigen Waffenstillstandes im Vereine mit Braanschi
und Dänemark gegen Schweden vorzurücken Willens war und im Hinbfi^^
auf seine dem Hause Bourbon geleisteten Dienste und a,vi dio ihm von Ludwig üv
gegebenen Versprechungen von diesem Förderung oder mindestens Gntheissia^
des Unternehmens erhoffte, so sah er sich bitter enttäuscht. Denn Ludwig XIT.
erklärte rundweg ein derartiges Unternehmen nicht billigen, viel weniger
unterstützen zu können und Hess keinen Zweifel darüber aufkommen, dass er
die Widerstrebenden seine Macht fühlen lassen werde. Die Folgen dieser Er-
klärungen des Königs von Frankreich waren höchst bedeutende. Entrüstet übe?
die Haltung Ludwig XIV., dem er im Grunde seines Herzens immer feind ge-
wesen, an den er sich nur der Noth gehorchend und um seines Vortheils wilki
angeschlossen, wandte sich Friedrich Wilhelm, als der von ihm für nothwend^
gehaltene Waffenstillstand geschlossen war und Ludwig XIV. seine Hoffioaikg
auf die Durchführung der gegen Schweden gerichteten Pläne vernichtet hatte,
von Neuem von Frankreich ab und suchte die im Laufe der letzten Jahre imms
häufiger unter- und schliesslich abgebrochenen Beziehungen zu seinen firüheren
Verbündeten, in erster Linie zu den Niederlanden und zum Kaiser, wieder auA
zunehmen. Dass er bei diesem Bestreben bei beiden Mächten auf ein recht
weites Entgegenkommen werde rechnen können, wusste er. Denn wie die Ge-
neralstaaten durch die drohende Haltung Ludwig XIV. erschreckt sich die
Hilfe des Brandenburgers für alle Fälle sichern wollten, so wünschte auch Leopold
vom Kurfürsten bei seinen Kämpfen gegen die Türken unterstützt zu werden
und zugleich alles für eine gemeinsame Abwehr neuer voraussichtlicher Ueber-
griffe des Königs von Frankreich vorzubereiten. Kaum hatte daher der Karfnist
im November 1684 den Kaiser durch ein eigenhändiges Schreiben ersucht für
die Reichskriegsverfassung zu sorgen, für eine strammere militärische Organisa-
tion des Reiches einzutreten und die Absendung eines hervorragenden Diplomaten
— Otto's von Schwerin — zu weiteren Verhandlungen dieser und anderer
Fragen in Aussicht gestellt, als auch der Wiener Hof, aller früheren Beschlüsse
uneingedenk, sich entschloss, die seit dem Frühjahre abgebrochenen Beziehungen
zum kurfürstlichen Hofe durch die Absendung eines neuen kaiserlichen Ge-
sandten wieder aufzunehmen.
Die Thätigkeit dieses letzten Vertreters Leopolds am kurfürstlichen Hofe
im Zeitalter Friedrich Wilhelms, die Thätigkeit des Baron Franz Heinrich
») Vertrag vom 20./30. April 1683. Vergl. Mömer 1. c. 439f.
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Einleitung. 1145
von Fridag') in diesem Zusammenhange zu schildern mag zu unterlassen ge-
stattet sein, da dieselbe vor kurzem an anderer Stelle eine eingehende Dar-
stellung gefunden hat^). Hoffentlich werden die im Nachfolgenden mitgetheilten
Documente dazu dienen, auch jene von der Richtigkeit des dort zum Ausdrucke
gebrachten Urtheils zu überzeugen, welche noch immer die ganze Schuld an
der Täuschung, welcher der alternde Kurfürst zum Opfer fiel, dem Baron Fridag
und der Wiener Regierung beimessen und in dem damaligen Kurprinzen ein
blosses Werkzeug in der Hand des kaiserlichen Gesandten sehen wollen. Nach
wie vor wird bei ruhiger Erwägung der Thatsachen zugestanden werden müssen,
dass von einer beabsichtigten Täuschung des Kurprinzen Friedrich, oder von
einer thatsächlichen Irreführung desselben bei den Verhandlungen über die
Rückgabe des schwibusischen Kreises keine Rede sein kann, dass der Kurprinz
ganz genau die Höhe des Zugeständnisses kannte, das er machte und dass er
sich aus freien Stücken entschlossen hat, auf den ihm von dem kaiserlichen
Gesandten gemachten Vorschlag einzugehen, um die seiner Ansicht nach noth-
wendige Einigung der beiden Mächte zu ermöglichen.
Die Berichte Fridags, der ununterbrochen bis zum Tode des Kurfürsten
Friedrich Wilhelm am Berliner Hofe thätig war, verrathen den beweglichen
lebhaften Geist und die Energie des Verfassers, der nach Lisola wohl der be-
gabteste der am Berliner Hofe im Zeitalter Friedrich Wilhelms wirkenden öster-
reichischen Staatsmänner war und wie dieser, wenn auch nicht in so hohem
Hasse, den Muth des Wagens, die Kunst des Versteilens und die Eignung be-
sass, sich über die geheimsten Pläne seiner Gegner die nothwendigen Kenntnisse
zu verschaffen. Ein Theil der im Folgenden mitgetheilten Actenstücke stammt
aus dem Archive des Ministeriums des Innern, woselbst dieselben vermuthlich
deshalb hinterlegt wurden, weil eine Reihe der in dieser Zeit ventilirten Fragen
als Lehensfragen aufgefasst und das auf diese bezügliche Material dem entspre-
chenden Fachministerium überwiesen wurde. Bei den Acten, die dem Archive
des Ministeriums des Innern entnommen sind, ist dies ausdrücklich hervorgehoben,
üeber Otto von Schwerins Aufenthalt in Wien haben sich, mit Ausnahme der
dis schlesische Satisfactionsfrage betreffenden Documente, keine weiteren Acten-
stücke vorgefunden.
Biographisches über ihn bei Kneschke, Adelslexikon 3, 346; Pribram, Oester-
reich und Brandenburg 1685—1686 p. 2 f.
^) Oesterreich und Brandenburg 1685—1686; Innsbruck 1884; Oesterreich und
Brandenburg 1688—1700 p. Iff.
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X. Mission Franz Heinrichs von Fridag.
Dec. 1684— April 1688.
Instruction für Franz Heinrich Fridag Freiherrn zu Gödeas.
Dat Wien 8. December 1884. (Or.)
[Gratulation zur Vermäblung des Kurprinzen. Allgemeine Schilderung der Lm^
Forderung der Turkenhilfe. Wunsch nach einem Bündnisse. Mittel sich ober &
Stimmung am kurfürstlichen Hofe zu Orientiren. Schlesische Satisfactionsangel«;»-
heit. Subsidiengelder.]
8. Dec. Fridag hat sich so schnell als möglich nach Berlin zu begeben, beim Kit-
fürsten, bei der Kurfürstin und beim Kurprinzen Audienz zu nehmen nnd des
Kaisers Neigung zum Kurhanse zu betonen, zugleich zu erklären, wie sehr da
Kaiser die Heirath des Kurprinzen *) freue, weil durch dieselbe nicht nur dk
Fortdauer des kurfürstlichen Hauses gesichert, sondern auch die Verbindoi^
der beiden Häuser Brandenburg und Braunschweig- Lüneburg, welche für dis
Wohl des Reiches so nothwendig sei, gefordert werde ^).
Es hat Demiich unser Abgesandter äusserlich Anfangs erscheineo zo
lassen, als wann er eigens um dieses Congratulationswesen wäre blöslich
abgeordnet worden, um denen Franzosen und ihren Anhang sich niebt
Anfangs allerdings blos zu geben. Inzwischen wird er, Abgesandter, bei
denen ministris, wie ihm selbige vorhin nicht unbekannt, sich dergestalt
zu insinuiren wissen, wie es zu guten Ausschlag des negotii am vortrag-
lichsten sein mag.
October 1684 hatte Friedrieb, der Kurprinz, Sophie Charlotte von HaonoTer
gebeiratbet.
^) Am 2. August war zwischen Brandenburg und den Herzogen von Braun-
schweig ein Defensivbündnis geschlossen worden; vergl. Mömer 1. c. 460 ff ; Puf. 1. c
XVni. 135.
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Instruction für Fridag. 1147
Nachdeme aber bei des Churfursten L^. er za der Audienz gelassen
iird, hat er derselben bestmögligst zn versichern, dass wir mit sonder-
eben hochen gnädigen Dank erkenneten und aufnehmeten die aufrichtige
od patriotische Meinungen, so I. L. bishero für das werthe Vaterland
Jid dessen Beruhigung gefnhret, vornehmlich, dass sie solches auf dem
(eichstag zu Regensburg ausfuhrlich dargethan und erwiesen, dass man
lemlich mit der Krön Frankreich zu keinem Bruch zu schreiten den
io DOthwendig und sehnlich verlangten zwanzigjährigen Stillstand endlich
errichtet und eingegangen '). Wir erkenneten die churförstliche hierunter
geführte consilia und vota mit gnädigen Dank und verhoffeten, es wurden
.8. L^. femers dahin bemühet sein, damit solch Ärmistitium zu Erhaltung
^^ ' Ruhe und Sicherheit im römischen Reich desto mehrers bekräftiget und
KJfs befestiget werde; allermassen wir nichts mehrers angelegen halten, als
mit der Eron Frankreich auf den Fuss solches angeregten Stillstands in
friedlicher Verständnis zu stehen, zu bleiben und einen ehisten vollkom-
menen Frieden zu erheben, hingegen auch im römischen Reich deutscher
Nation zwischen Haupt und Gliedern ein rechtschaffenes Vertrauen
zu stiften und zu pflegen; wozu wie des Churfursten L^. an ihren vornehmen
" ;'^ Ort dies heilsame Werk handzuhaben das meiste beitragen können, also
ersucheten wir hierum S. L^. freund- oheim- und gnädiglich, zweifelten
auch nicht, dass er Churfurst aus eingepflanzeter Liebe und Eifer zu
Erhaltung der deutschen Freiheit neben uns zu eben diesem End abziele.
Unter dessen müssten wir bedauren, dass zu Regensburg der punctus
'-' securitatis publicae zur Ausmachung noch nicht einmal angegriffen oder
in Deliberation gezogen, weniger festgesetzet seie; verlangeten demnach
mit des Churfursten L^. uns vertreulich einzu verstehen, wie inzwischen
gleichwohl dem Vaterlande bei entstehender Gefahrligkeit unter die
Arme gegriffen und dessen Vei^ewaltigung kräftigst abgekehret werden
könne. Es seie offenbarlich zu besorgen^ ob werde die Krön Frankreich
bei dem aufgerichteten Tractat ohne weiter um sich und in des Reichs
^ Granitzen zu greifen nicht stille sitzen wollen, indeme sie gegen alle Ver-
nunft hin und wider vorgibt, ob bemüheten wir uns den getroffenen
Stillstand umzustossen und die Waffen neuerlich zu ergreifen, da wir
doch weltkündiger Massen mit dem christlichen Erbfeind in einen Verderb*
und höchst gefahrlichen Krieg verwickelt, zu welchem wir alle äusserste
Kräften anwenden und leicht andere Kriegsempörungen zu erwecken uns
') Vertrag vom 15. Aug.; gedruckt bei Dumont 1. c. VII. 81 ff. Vergl. im allge-
meinen Möller I.e. I. 240ff.; Droysenl.c. III.i 772ff.
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1148 X- Mission Franz Heinrichs von Fridag. Dec. 1684 — April 1688.
ganz und gar aus dem Sinne schlagen müssen. Es seie ja bekannt in
welchen hochen Nothstand unsere auf die Spitze des Untergangs gestellete
Erbkonigreiche und Lande, einfolglich auch das romische Reich deutscher
Nation, nunmehro leider begriffen, nacbdeme die Belagerung Ofen durch
göttliche Verhängnis also widrig ausgeschlagen^), dass unsere Armee
sammt deren Auxiliarvölker nebenst allen Eriegsnothdurften in ginz-
liehen Abgang gerathen, die Länder von Freund und Feind verwüstet
liegen, die unter so schweren Kriegslast erschöpfete arme ünterthanen
zu fernerer Contribution untüchtig gemacht seien , also dass ohne gött-
lichen Beistand und kräftige Hülfe Chur, Fürsten und Stände des römi-
schen Reichs dem endlichen Unglück, der total Ruin, nicht wohl zu ent-
gehen. Wir erinnerten uns gar wohl, dass des Churfürsten L"*. uns die
wiederholete Versicherung geben lassen, wann nur mit der Krön Frank-
reich das angezielete Armistitium gestiftet und eingegangen würde, alles
mögliche und von uns nur immer begehrende einzugehen, insonderheit
aber wider den Türken eine ansehentliche Hülfe zu leisten Nun-
mehro hätten wir auf dem Reichstag zu Regensburg, Churfürsten, Fürst^
und Stände um schleunige und austrägliche Hilfe an Volk und Gelde
inständigst ersuchen lassen, weilen die von allen Orten erschallende
Nachrichten von Tag zu Tag der Türken Gewalt und blutdürstiges Vor-
haben ergrösserten ^. Dannenhero müssten wir an des Churfürsen L*'.
hiemit freund- oheim- und gnädiglich gesinnen, sie wollten nicht allein
die allgemeine Reichshülfe und unsere Reichsväterliche führende in-
tentiones an ihren hoch vermögenden Ort bestens secundiren, damit
ein fürderlicher Schluss zu unverlangter Hülfe in Zeiten erfolgen
möge; wir seind der gnädigen Zuversicht, dass nachdeme er, Chur-
fürst, mit so ansehenlichen vielen Ländern von dem allerhöchsten
Gott gesegnet, dass sie noch eine grosse Anzahl tapferer und wohl-
geübeter Soldaten bei Händen haben, S. L^ werden zu ihrer abson-
derlichen Glori und stets wehrendem Nachruhm über das ordinari
Matricularcontingent einen absonderlichen Succurs von angeregten dero
Kriegsvölker uns nacher Ungarn zukommen lassen; zumalen wir der
getrösteten Hoffnung lebeten, des Churfürsten L^ würden andern Chor,
Fürsten und Ständen, die sich hierinfalls um die Christenheit sonderbar
verdient gemacht, nicht nachgeben, sondern ihrem hohen Wohlvermögen
1) Vergl. Klopp, Das Türkenjahr etc. 392 f.
^ Decret Yom 28. September 1684; dict 23. Sept/3. October 1684; Paehner 1. c
II. 541 f.
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Instruction for Fridag. 1149
nach es selbigen vielmehr bevorthuen und ihr gethanes Versprechen mit
heroischen und patriotischen Gemüth erfüllen wollen